Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

8. Kapitel.
Neue Gefahren für das Haus Habsburg.

Als 1703 die Glocken das neue Jahr einläuteten, standen über der Hauptstadt des Kaisers wieder drohende Wetterwolken. Neuen Gefahren ging das Haus Habsburg entgegen, denn abgesehen von den Vorgängen auf dem großen Kriegsschauplatz rüttelten auch in Ungarn die aufrührerischen Madjaren wieder einmal ungestüm an den Säulen des Staates. Der alte Rebell Tököly hatte einen ebenbürtigen Nachfolger gefunden: Fürst Rákoczy entfaltete die Fahne der Empörung, und das ganze Land loderte im Widerstande gegen die Deutschen auf. Immer kühner wurden die Reiterscharen des unbotmäßigen Magnaten; schon dehnten sie ihre Streifzüge bis über die österreichischen Grenzen aus, und die Bürger Wiens begannen diesen unwillkommenen Besuch sehr zu fürchten. Von den Franzosen zum Trotz gegen den Kaiser aufgestachelt, spottete Rákoczy der schwachen Besatzungen, die jetzt in Ungarn standen. Auch die Türken mühte sich der Fürst kriegslustig zu stimmen, hoffte er doch mit ihrer Hilfe dem gehaßten Kaiser die Stephanskrone zu entreißen.

Den Fürsten Rákoczy war schon in der Kinderstube der Haß gegen die Oberhoheit Österreichs gelehrt worden, denn er ist der Stiefsohn des ränkevollen Emmerich Tököly, und seine Mutter, die Gräfin Helene, ward lange zu Wien in Haft gehalten als eine gefährliche Feindin des Erzhauses Habsburg. Eugenius kannte Rákoczy sehr wohl, waren doch beide in der Kaiserstadt Nachbarn und gingen täglich auf der Gasse aneinander vorbei. »Nicht erst von heute kenne ich seine List, seine Verstellungskünste,« rief Prinz Eugen aus, da er von Rákoczys Untreue gegen Kaiser und Reich erfuhr, »der Geist der Empörung hat feste Wurzeln in der Tiefe dieses Herzens geschlagen.«

Ein Mann von schöner, achtunggebietender Erscheinung war Fürst Rákoczy, und das Volk glaubte dem Hochverräter, dessen flammende Worte alle mit sich fortrissen. Von Stunde zu Stunde wuchs die Macht dieses Aufwieglers, dem sich namentlich der Adel zuwandte. Da war Alexander Karolyi, ein andres Haupt der Verschwörer, der hatte sich vorgenommen, das rechte Donauufer aufzuregen, und führte seine Horden daher über den Strom. Bald sahen die Wiener von den Wällen ihrer Stadt den Rauch der Dörfer aufsteigen, die in die Hände der Karutzen gefallen waren; so hieß das »mutwillige und treulose Gesindel« – um ein Wort Eugens zu gebrauchen.

Die lange Türkenherrschaft hatte Ungarn an den Rand des Abgrundes gebracht. Verödet lagen die Dörfer, wüsten Schutthaufen glichen viele Städte, und selbst Ofen, der wichtigste Ort im Lande, war nur noch eine riesenhafte Ruine. Zerschmettert und zerschossen, wie sie der Halbmond verlassen hatte, blieb die Hauptstadt, und es fehlte an Geld, sie in ihrer alten Pracht neu erstehen zu lassen, just so wie die übrigen Festungen. Und wie erbarmungswürdig sahen rings die fruchtbaren Ackergründe aus, die meilenweit brachliegen mußten, weil keine Hand den Pflug führte! Kaiser Leopold, von dem Willen beseelt, zu helfen und zu schirmen, erntete nur Undank von den Madjaren, die lieber dem Verführer Rákoczy folgten. Es schien fast, als sehnte sich das ungarische Volk wieder unter die Peitsche der Türken zurück, wenigstens versuchte ihr Abgott Rákoczy, die Osmanen gegen Österreich in Bewegung zu bringen.

Ein mildes Herz besaß der Prinz von Savoyen; ihm war zwecklose Grausamkeit verhaßt, und das blinde Wüten unter den Ungarn, wie es dort der General Heister eben übte, war ganz und gar nicht nach seinem Sinne. Aber für einen Hochverräter von der falschen Gesinnung Rákoczys besaß unser Prinz kein Mitgefühl. Bald mit unvernünftiger Nachgiebigkeit, bald mit übertriebener Härte hatten bisher die Vertreter des Kaisers in Ungarn gewirtschaftet. Der alten Politik des Zauderns und Schwankens ein Ende zu machen, war Eugen fest entschlossen, und da er an der Spitze der gesamten Heeresmacht stand, gelang es ihm, seinen segensreichen Willen durchzusetzen. Eugenius ging nach Ungarn; in Preßburg nahm er für kurze Zeit Aufenthalt, und es glückte ihm, den Aufruhr zu dämpfen, trotzdem noch immer Truppen und Geld recht rar waren. Als der Feldmarschall nach Wien zurückkam, schien auch die Ostgrenze des Reiches leidlich gedeckt und den Türken die Lust vergangen, sich weiter zu rühren. Dafür hatte die Weltlage eine seltsame Wendung genommen.

.

Fürst Leopold von Anhalt-Dessau. Nach einem Stich von G. P. Busch.

Der Streit um das spanische Erbe währte noch immer. Haßerfüllt schlugen die Völker gegeneinander los, und es war, als sollte der Friedensengel auf ewig sein Haupt verhüllen. Mächtige Bundesgenossen standen jetzt an der Seite des Kaisers. In den Niederlanden kämpften schon die Engländer wider den König von Frankreich, im Süden war es dem Prinzen Eugen gelungen, seinen wetterwendischen Vetter Viktor Amadeus den Franzosen abspenstig zu machen.

Jetzt bezog der alterprobte Markgraf von Baden in seiner Heimat die Wacht am Rhein. So standen zwei Armeen im Felde, und Preußens König sandte den grimmigen Dessauer, vor dessen Schnurrbart schon den Franzosen ein gelinder Schauer über den Rücken kroch. Das Deutsche Reich nahm Partei für seinen Kaiser, und Leopold hätte nun der nahen Entscheidung mit Ruhe entgegensehen dürfen, wäre nicht sein eigner Schwiegersohn um kleinlicher Vorteile willen freiwillig zum Vasallen des Sonnenkönigs herabgesunken. Max Emanuel, ein deutscher Fürst, schloß sich dem Erbfeinde an. Wie tieftraurig, daß die wackeren Bayern gegen das deutsche Vaterland kämpfen mußten! Sie führen eine eiserne Faust, davon kann der gallische Hahn ein Liedchen singen, denn um siebzig, einundsiebzig zausten sie ihm tüchtig die bunten Federn. Aber Kurfürst Max Emanuel war so in das Netz des Verführers geraten, daß er in seiner Verblendung, dem Feinde zu gefallen, ein einiges Deutschland nicht dulden mochte.

Der Kurfürst von Bayern mühte sich, Tirol in seine Gewalt zu bringen, um dort mit dem Marschall Vendôme, der von Italien heranmarschiert kam, zusammenzutreffen. Jämmerlich scheiterte dieser Versuch an der Treue der tapferen Bergbewohner, die unter ihrem Landpfleger Martin Sterzinger die Pässe so löwenmutig verteidigten, daß Max Emanuel zurückweichen mußte. Was in Tirol mißlang, glückte anderwärts. In Bayern rückten französische Streitkräfte ein, die Marschall Tallard herbeiführte, und das bayrisch-französische Heer beunruhigte nun das von Truppen entblößte Böhmen und auch die Kaiserlichen am Rhein.

Die Feinde des Kaisers frohlockten. Prinz Eugen, der Deutschland über alles liebte, war erbittert, die Franzosen wie Herren auf bayrischem Boden walten zu sehen. Nicht Tag und Nacht gönnte er sich Ruhe, setzte alle Hebel in Bewegung, und sein schöpferischer Geist fand auch jetzt wieder ein Zaubermittel, das Vaterland zu retten. Der Plan des Prinzen von Savoyen gründete sich auf ein Gebot, das erst die moderne Kriegsführung zu allgemeinem Ansehen gebracht hat. Getrennt marschieren und vereint schlagen, lautet diese oberste Feldherrnregel, und Eugenius beschloß, ehe er losschlug, die Heeresmacht des Markgrafen von Baden heranzuziehen und den Engländern die Hand zu reichen.

Zunächst muß hier ein Name genannt werden, dessen Träger für die weitere Entwicklung des Weltkampfes von höchstem Einfluß werden sollte, der Name des Herzogs von Marlborough. Sprich Marlbruh. Sein Klang hielt einst alle Völker Europas in Atem. Ursprünglich hieß der Herzog John Churchill, und erst der Gunst seiner Königin dankte er die Würde eines Duke of Marlborough. Ein großer Kriegsheld, der jahrelang das Waffenhandwerk mit Glück geübt, stand er am Hofe zu London dem Throne zunächst. Seine Gemahlin galt als die vertraute Ratgeberin der Königin Anna, und so beherrschte durch den Einfluß seiner Frau Marlborough ganz England. Denn die Tochter des willensstarken Wilhelm III., die Königin Anna, war eine schwache Fürstin und tat, was das Herzogspaar wollte. Marlborough hat aber seine Macht nie mißbraucht. Von edler Gesinnung und ritterlichem Wesen, bezauberte er alle; sein maßloser Stolz war die einzige unschöne Eigenschaft dieses auch von Gestalt schönen Mannes.

Unser Eugenius schätzte den Herzog schon lange, ehe ihn das Schicksal mit dem britischen Feldherrn zusammenführte, und auch Marlborough bewunderte seit Jahren das Genie des Prinzen. Nun sollten die beiden berühmten Heerführer Schulter an Schulter fechten, und aus dieser Waffenbrüderschaft erwuchs eine innige Freundschaft fürs Leben. Es war Marlborough zu danken, daß England jetzt so kraftvoll in den Streit eingriff. Der Herzog hatte unserm Prinzen die Botschaft gesandt, daß er mit ihm siegen oder sterben werde.

In weitem Bogen über Tirol und Vorarlberg mußte Eugen von Savoyen, um zur Front zu gelangen, reisen, da ihm der nächste Weg durch ein französisches Armeekorps unter Marschall Marsin verlegt war. Ungeduldig hatten die Soldaten ihren »Kleinen« erwartet, für den sie mit Begeisterung durchs Feuer gingen. Nun grüßten die Krieger jubelnd den Vater. Etwas kühler gestaltete sich die Begegnung Eugens mit dem Markgrafen von Baden.

Der Prinz war seinem alten Gönner vielen Dank schuldig und dachte nicht daran, diese Dankesschuld zu leugnen. Aber er hätte kein großer Schlachtenlenker sein müssen, um den schweren Fehler des Markgrafen Ludwig zu übersehen. Marschall Marsin hatte lange getrennt vom bayrischen Kurfürsten gestanden, und der Reichsfeldherr Ludwig hatte diese prächtige Gelegenheit zur Abrechnung nicht beim Schopf gefaßt. Anstatt die Franzosen, die ohne die Bayern schwach gewesen wären, frischweg anzugreifen, hatte Ludwig von Baden die Vereinigung des Feindes geduldet und war ihm nur zaudernd bis Ulm nachgezogen. Nun, der Fehler war einmal geschehen, und Prinz Eugen zählte nicht zu den Menschen, die Versäumtem nachtrauern. Er wußte Marlborough in der Nähe, und am 13. Juni 1704 hielten die drei Feldherren unter einer alten Linde zu Groß-Heppach ihren Kriegsrat. Noch heute steht dort der alte Baum im Garten des Gasthauses »Zum Lamm«, und die Schauer der Weltgeschichte umwehen diesen Platz. Damals wurde im Schatten der breitästigen Linde von Eugenius, Marlborough und dem Markgrafen von Baden beschlossen, den Feind über die Donau zu locken und dann mit vereinten Kräften anzugreifen. So kam der glorreiche Sieg bei Höchstädt zustande, von dem Emanuel Geibel singt:

Marlborough zieht aus zum Kriege, die Fahne läßt er wehn;
da reicht zu Kampf und Siege die Hand ihm Prinz Eugen.

Sie mustern ihre Truppen bei Höchstädt auf dem Plan:
»Gut stehn im Brett die Puppen, frisch auf, wir greifen an!«

Und wie sie mit den Haufen dem Feind entgegenziehn,
da kommt gejagt mit Schnaufen ein Hofkurier aus Wien.

Er springt im bunten Staate vom Roß und neigt sich tief:
»Vom hohen Kriegshofrate, Durchlauchtigster, ein Brief!«

Der kleine Kapuziner schiebt in die Brust ihn sacht:
»Der Herrn ergeb'ner Diener! Das les' ich nach der Schlacht.

Jetzt ist kein Zaudern nütze, jetzt heißt es: dran und drauf!
Schon spielen die Geschütze Tallards zum Kampf uns auf!«

Er wirft sich auf die Franzen, Marlborough bleibt nicht zurück;
bei Höchstädt an den Schanzen, das ward ihr Meisterstück.

Wohl kracht's von Wall und Turme, wohl sinken Roß und Mann,
Doch vorwärts geht's im Sturme, die Feldherrn hoch voran.

Im dichten Kugelregen, den Degen in der Hand,
erklimmen sie verwegen des Lagers steilen Rand.

Da packt den Feind ein Grausen, da flieht er fern und nah,
und hinter ihm mit Brausen erschallt's: Viktoria!

Und wie des Kaisers Reiter nachrasseln Stoß auf Stoß,
da frommt kein Haltruf weiter, geworfen ist das Los.

Ersiegte Fahnen prangen, zweihundert an der Zahl,
man bringt daher, gefangen, Tallard, den General.

Doch abends, als die Flaschen im Kreis ums Feuer gehn,
da zieht aus seiner Taschen sein Brieflein Prinz Eugen.

Studiert's und reicht's dem Briten, der blickt hinein und lacht:
»Parbleu! Die Herrn verbitten in Wien sich jede Schlacht.

Nur kluge Retirade sauvier' uns, meint der Wisch;
Erles'ner Senf! Nur schade, für diesmal Senf nach Tisch!«

Das Histörchen von dem Brief aus Wien ist eine hübsche Fabel, sie ist uns einmal schon nach der Schlacht bei Zenta begegnet und hier wie dort von den Forschern in das Reich der Dichtung verwiesen worden. Wahr aber bleibt an der Ballade Geibels der herrliche Sieg, von dem Prinz Eugen seinem Kaiser melden durfte: »Der Allerhöchste hat Dero gerechte und alliierte Waffen mit einer vor unvordenklichen Jahren nie erhörten, so vollkommen großen Viktori gesegnet.«

Der Tag von Höchstädt ist ein goldenes Lorbeerblatt im Ruhmeskranze unsers Prinzen. Eugen von Savoyen und Marlborough, diese bedeutendsten Feldherren ihres Jahrhunderts, haben gleichen Anteil an dem Erfolge. Während Markgraf Ludwig Ingolstadt belagerte, fand in der engen Talmulde südlich des Juragebirges unweit von Donauwörth das gewaltige Treffen statt. Die Glücksgöttin schwankte stundenlang, ehe sie für die Sache des Kaisers ihr Schwert in die Wagschale warf. Es muß dem Prinzen Eugen seltsam vorgekommen sein, daß er diesmal seinen einstigen Führer und alten Kriegskameraden, den Kurfürsten Max Emanuel, an der Spitze der Feinde sah. Hätten die Bayern auf der andern Seite des Treffens gestanden, so wäre der Gegner nicht einmal an Zahl den Verbündeten überlegen gewesen. Doch Eugenius war gewohnt, gegen eine Übermacht zu streiten, und in seiner Bescheidenheit trat er vor Höchstädt dem britischen Feldherrn sogar die größere Anzahl der Truppen ab und war selbstlos genug, Marlborough den Befehl über die Reserve anheimzustellen.

Prinz Eugen kommandierte den rechten Flügel, dem die brandenburgischen Grenadiere unter Leopold von Dessau zugeteilt waren; auch die Infanterie der Dänen und eine aus den verschiedensten Fürstentümern Deutschlands rasch zusammengeborgte Reiterei zählten zu den Truppen des Prinzen. Diesem Flügel der Alliierten warf sich Kurfürst Max Emanuel mit seiner trefflichen Armee entgegen. Marlborough, unter dessen Fahnen auch die Holländer kämpften, hatte es mit dem Marschall Tallard zu tun, und die Mitte der feindlichen Schlachtlinie, die sich über eineinhalb Stunden weit ausdehnte, hielt General Marsin. Fünf Brücken mußten die Soldaten des Prinzen über den Fluß schlagen und dabei das fürchterlichste Geschützfeuer aushalten. Den engen Platz zwischen der Donau und dem Dorfe hatte der Feind durch eine Wagenburg gesperrt, die von vier Regimentern abgesessener Dragoner verteidigt wurde. Nach Eugens eignem Zeugnis gab es keine Schwadron und kein Bataillon unter seinen Leuten, das nicht mindestens viermal zum Sturmangriff vorrücken mußte. Während das kaiserliche Heer und die Engländer einander ausgezeichnet in die Hände arbeiteten, gingen der Kurfürst und Tallard jeder nach seinem eignen Kopfe vor. So schlug Marlborough die Franzosen, Eugenius die Bayern, und der tollkühne Dessauer hat wacker dabei mitgeholfen.

Die Schlacht vom 13. August 1704 war geschlagen. Das Recht hatte über das Unrecht gesiegt und deutsche Kraft den Neid der romanischen Welt zunichte gemacht. Der Triumph von Höchstädt war die erste große Abrechnung Deutschlands mit dem übermütigen Gallier. Solch ein Vergeltungstag bleibt unvergessen im Leben eines Volkes, und so ist der edle Ritter, Prinz Eugen von Savoyen, des ewigen Dankes der Deutschen für den herrlichen Sieg bei Höchstädt gewiß. Hat doch dieser Tag für unser Vaterland eine ähnliche Bedeutung wie die Völkerschlacht von Leipzig, die 1813 alle Erniedrigungen und Unbilden Deutschlands rächen durfte.

Die Feinde waren vernichtet, siebenundzwanzigtausend Franzosen gefallen oder in Gefangenschaft geraten. Bleich vor Entsetzen starrte Marschall Tallard auf seine Leute, die gleich einer Hammelherde in sinnloser Verwirrung davonliefen. Vergebens bemühte sich der Marschall, die fliehenden Massen zum Stehen zu bringen, und während dieses aussichtslosen Versuches wurde Tallard selbst gefangengenommen. Die Franzosen hatten große Eile, über den Rhein zu kommen, sie gaben Fersengeld und blieben nicht eher stehen, bis sie sich sicher wußten. Denn Eugen, der am liebsten bis nach Paris marschiert wäre, um dort dem hochnäsigen Sonnenkönig den Frieden zu diktieren, mußte schnell nach Italien, weil der neue Bundesgenosse des Kaisers, Herzog Viktor Amadeus von Savoyen, allein nicht imstande war, die Franzosen aus den besetzten Gebieten im Süden hinauszujagen. Und Marlborough, der auch nicht ungern Paris einen bewaffneten Besuch abgestattet hätte, war gezwungen, mit seinen Tapferen rasch nach Holland aufzubrechen, um das entblößte Land vor der Wut der geschlagenen Franzosen zu schützen.

So konnte der unvergleichliche Sieg bei Höchstädt nicht in dem Maße ausgenutzt werden, wie es das große Feldherrnpaar ersehnte; aber Ludwig XIV. war gründlich gedemütigt und ganz Bayern im Besitz der Kaiserlichen. Man hoffte jetzt in der Wiener Hofburg, den Kurfürsten Max Emanuel zum Frieden zu zwingen. Das wäre der schönste Erfolg der Schlacht bei Höchstädt gewesen und hätte das getrübte Bildnis des tapferen Fürsten in alter Reinheit wieder erstrahlen lassen. Doch der Kurfürst blieb unversöhnlich, und alle Versuche, ihn umzustimmen, scheiterten. Vielleicht, wenn Max Emanuel gewußt hätte, daß der Engel des Todes schon hinter seinem kaiserlichen Schwiegervater stand, hätte er die Hand nicht von sich gewiesen, die bald erkalten sollte. So starb Kaiser Leopold, ohne den Spanischen Erbfolgekrieg beendet zu haben. Stets hatte dieser Monarch den Frieden gewollt, und doch zwang ihn ein bitteres Schicksal, seitdem er die schwere Last der Krone getragen, zu den blutigsten Fehden. Ein Mann von milder Gemütsart, schlicht und sittenstreng, griff er nur ungern zum Schwert und fand seine höchste Freude an der Musik. Er war dankbaren Herzens für die, die ihm Treue erwiesen, und den Prinzen Eugen liebte er wie einen Sohn. Wenige Tage, bevor Kaiser Leopold I. die Augen für immer schloß, schrieb er noch einen väterlichen Brief an Eugenius und beschwor ihn, seine Gesundheit mehr zu schonen. So hat unser Prinz, als ihn die Trauerbotschaft in Italien erreichte, seinen besten Freund beweinen dürfen.

.


 << zurück weiter >>