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Der goldene Fisch

An einem einsamen See lebte einmal ein armer Fischer, der war noch jung und war fleißig vom Morgen bis zur Nacht, aber er hatte es zu nichts Rechtem gebracht, denn es war, als ob die Fische alle wüßten, wo seine Netze standen, und er gewann gerade nur soviel Beute, daß er davon leben und jedes Jahr das Dach seiner Hütte flicken konnte. Aber er war trotz seiner Armut immer fröhlich und hilfsbereit, und die wenigen Leute, die an seiner Hütte vorbeikamen, blieben gern ein bißchen sitzen und sahen ihm zu, wie er seine Netze flickte, oder baten ihn, eines seiner Lieder zu singen, denn es gab niemanden am ganzen Ufer entlang, der eine so schöne und liebliche Stimme hatte wie er.

Es lebte ihm nur ein einziger Nachbar an dieser Seeseite, und von dem sagte man, daß er eine glückliche Hand habe, denn wenn der junge Fischer seine Netze mit ein paar Weißfischen oder mit einem jungen Hecht herauszog, wimmelte dem anderen ein ganzer Scheffel der schönsten Schleien in seinem Garn, und seine Fischkästen waren immer gefüllt, weil er nicht nötig hatte, jeden Fang gleich zur Stadt zu tragen.

Da wäre wohl ein anderer neidisch geworden oder hätte sein Gewerbe mit Unlust an den Nagel gehängt. Aber der junge Fischer war es zufrieden, wenn er sein Leben fristen konnte, und da er ein weiches Herz hatte, so dauerte ihn alles ein bißchen, was er fing, und die jungen Fische warf er gleich über Bord und sah ihnen fröhlich nach, wie sie sich kopfüber in das dunkle Wasser warfen.

Eines Nachts nun war ein Gewitter lange über dem See gestanden, und der Fischer dachte, einen besonderen Fang zu tun, denn er wußte, daß die Fische unruhig vor dem Gewitter waren und immer hin und her wanderten und so die Netze füllten. Er stand also besonders früh auf, als die Morgennebel sich gerade vom Wasser hoben, und als er hinausfuhr, sah er seinen Nachbarn schön eine schwere Last nach der andern aus der Flut ziehen. Da dachte er auch einmal einen goldenen Morgen zu haben und begann vorsichtig die Netze einzuziehen.

Aber es wurde ihm nun doch etwas bitter zumute, als er eines der Netze nach dem anderen leer herauszog, und nur die silbernen Wasserblasen hingen zwischen den Maschen und vergingen, sobald die Morgenluft sie berührte.

Da wurde er zum erstenmal ein wenig mutlos, ließ das Ruder sinken und sann darüber nach, weshalb es wohl Menschen gebe, denen die Hände immer leer blieben.

So kam er zu seinem letzten Garn, und er hob es nur auf, damit es im Wasser nicht ganz verderbe. Und wie er es aus dem dunklen Wasser immer höher und höher zog, war ihm, als sei es schwerer als die anderen, und als er das Ende über den Kahnbord hob, schimmerte etwas Goldenes in den zusammengewickelten Maschen. Da wagte er zuerst nicht hinzusehen, aber als er dann das Garn vorsichtig entwirrt hatte, lag ein goldener Fisch vor ihm auf dem Boden des Kahnes, der war wohl zwei Spannen lang, hatte eine kleine Krone aus grünem Edelstein auf dem Kopf und sah ihn mit feuchten, traurigen Augen an.

Da wußte der Fischer kaum, wie ihm geschah. Er wußte nur, daß dieser Fang ausreichen würde, um ihm für Lebenszeit Kleidung und Nahrung und ein heiles Dach zu geben und wahrscheinlich noch etwas darüber. Aber dieses vergaß er gleich, sobald er das gedacht hatte, und verwunderte sich, wie ein solches Wesen in seinen See und gar in seine Netze kommen konnte. Denn bisher war ihm nichts davon bekanntgeworden, daß ein Zauber oder ein ähnliches Wesen über diesem stillen Wasser liege.

Und wie er nun wieder auf die goldene Beute zu seinen Füßen blickte, erschrak er noch mehr, denn der Fisch öffnete seinen Mund und sprach zu ihm. »Lieber Fischer«, sagte er, »ich denke, daß du mir nichts zuleide tun wirst. Denn wenn du mich in das Haus des Königs trägst, so gewinnst du wohl einen einmaligen großen Lohn, aber nicht mehr. Lässest du mich aber wieder in mein Reich zurück, so will ich es nicht vergessen und es dir für alle Zeit reichlich vergelten.«

Da sagte der Fischer: »Es kommt mir nicht auf meinen Gewinn an, obwohl ich arm genug bin. Und das brächte ich wohl nicht über mein Herz, ein goldenes Wesen wie dich in die Gefangenschaft zu schleppen, damit tausend neugierige Hände dich betasten. Willst du also wieder zurück in dein Reich, so soll es gerne geschehen. Aber es wäre schön, wenn du mir vorher erzähltest, was es für eine Bewandtnis mit dir hat.«

»Habe nur Geduld mit mir«, erwiderte der Fisch, »und bestehe jetzt nicht darauf. Alles wird zu seiner Zeit kommen. Und sollte es einmal sein, daß du meiner bedürftest, so singe nur eines deiner schönen Lieder, die ich so oft gehört habe, dann will ich versuchen, dir zu helfen, wo du auch immer seist.«

Da war es der Fischer zufrieden, nahm den Fisch behutsam in beide Hände und ließ ihn langsam in das Wasser gleiten. Er sah einen goldenen Streifen, der langsam in die schwarze Tiefe sank, und es war ihm, als hörte er eine zauberhafte Musik aus dem Wasser heraufklingen. Aber dann war alles still und leer, und er saß in seinem Boot, und von den nassen Netzen tropfte das Wasser eintönig auf den Boden des Kahnes.

Da war er zuerst ein bißchen traurig, daß sein großes Abenteuer so schnell zu Ende gegangen war, aber dann meinte er doch, das Rechte getan zu haben, und fuhr fröhlich an das Ufer zurück, und dabei sang er eines der schönen Lieder, denen die Leute so gern zuhörten.

Der Nachbar aber meinte, er habe einen großen Fang getan, und kam voller Neid zu seiner Hütte gegangen, um zu sehen, wieviel es sei. Aber als er die leeren Netze erblickte, lachte er schadenfroh und fragte, ob auch die hungrigen Vögel sängen.

»Die gerade am schönsten«, erwiderte der Fischer. »Und mancher Fang, den man nicht sieht, ist kostbarer als tausend, die man sieht.«

Da sah der Nachbar sich um, lachte noch mehr und sagte »Mache es nur auch mit deinem Brot so, das du issest. Vielleicht wirst du vom unsichtbaren satter als vom sichtbaren.«

Aber der Fischer sang schon wieder, hängte seine Netze auf die Stangen und war so guter Dinge, daß der Nachbar unwillig davonging.

Am nächsten Morgen aber, als der Fischer gerade aus seiner Hütte trat, kam der Nachbar schon eilends vom Ufer gelaufen, schwenkte ein Netz in seiner Hand und schrie schon von weitem: »Nun rate, was ich gefangen habe, du Herr des Unsichtbaren! Nun rate es schnell!«

Da erschrak der Fischer, und er mußte sich an seine Tür lehnen, so zitterten ihm die Knie. Und er wagte gar nicht hinzusehen, als der Nachbar seine Beute aus dem Garn nahm und in beiden Händen hielt.

»Ein goldener Fisch«, sagte er endlich mühsam.

»Ja«, erwiderte der Nachbar, »aus reinem Gold, und dafür soll der König mir tief in seine tiefste Truhe greifen.«

Der Fischer aber dachte mit aller Kraft nach, wie er den armen Gefangenen retten könnte, der ihn mit seinen feuchten Augen so traurig ansah. »Höre, Nachbar«, sagte er, »ich gönne dir deinen Fang von Herzen, aber ich denke, daß du unklug handelst, wenn du ihn jetzt zur Stadt trägst. Fühle, wie die Sonne sticht. Ein Gewitter hängt in der Luft, und es heißt, daß solche Wesen der Tiefe dabei vergehen und zu nichts als Schaum und Wasser werden. Tue es also in deinen stärksten Fischkasten, hänge ein schweres Schloß davor, und morgen in der Frühe, wenn die Luft wieder kühl ist, trage es zum König und nimm deinen Lohn dafür.«

Der Nachbar meinte, daß das eine verständige Rede sei, trug ihm unter Bitten und Drohungen auf, gegen jedermann davon zu schweigen, und schloß den Fisch in seinen schwersten Kasten.

Der Fischer aber lag den ganzen Tag im Schilf des Ufers und sann, wie er sein Werk zur Nacht vollbringen könnte.

Als es dunkelte, sah er den Nachbarn zum See hinuntergehen und am Ufer niedersitzen, von wo er den Kasten mit der goldenen Beute sehen konnte. Und dort würde er wohl die ganze Nacht sitzen, denn der helle Mond stand über dem See, und kein Boot konnte unbemerkt über das Wasser gelangen.

Da ging der Fischer ein großes Stück das Ufer hinauf, wartete, bis eine Wolke den Mond verhüllte, streifte sein Kleid ab, nahm die Zange zwischen seine Zähne und ließ sich lautlos in das Wasser gleiten.

So kam er im Wolkenschatten leise bis an den Fischkasten, klopfte kaum hörbar an das Holz und flüsterte: »Ich bin da.«

Da hörte er die Stimme des goldenen Fisches leise sagen: »Lege deine rechte Hand auf das Schloß und sprich: ›Springe auf! Springe auf! Um der armen Seelen willen springe auf!‹«

Da tat der Fischer, wie ihm geheißen worden war, und das Schloß sprang lautlos auf. Er hob den Deckel, tauchte seine Hand hinein und hielt den Fisch zwischen seinen Fingern. Die grüne Krone schimmerte verstohlen im Mondlicht.

»Ich danke dir«, sagte der Fisch, »und ich will es dir nie vergessen. Schwimme nun leise zurück, und was auch geschehen mag, vertraue nur auf mich.«

Und damit glitt er lautlos in die Tiefe, und das Wasser schloß sich funkelnd hinter ihm wieder zusammen.

Der Fischer aber schwamm leise den weiten Weg wieder zurück, lief dann nach seiner Hütte und hüllte sich auf seinem Lager zitternd in seine alte Decke.

Er erwachte erst, als die Häscher des Königs und sein Nachbar vor ihm standen. »Du bist es gewesen«, rief dieser zornig. »Seht, er hat noch eine Wasserpflanze im Haar, und das Haar ist noch feucht an seinem Nacken.«

Die Häscher überzeugten sich, daß er wahr gesprochen hatte, und nahmen ihn mit in den Königspalast. Dort erzählte er alles, wie es gewesen war, und daß er seine Tat nicht bereue. Er könne seine Hand nicht dazu bieten, daß ein unschuldiges Tier, mit dem es eine besondere Bewandtnis habe, gefangen gehalten werde zum Vergnügen der Menschen, und wenn es noch einmal so käme, würde er genau das gleiche tun.

Da ward der König zornig, daß ihm ein solcher Schatz entgangen war und daß ein armseliger Fischer wagte, ihm das Seine zu entziehen. Ließ ihn also in einen Kerker bringen, der lag wie ein steiler Felsenwürfel im See, so daß niemand seine Wände ersteigen konnte, und gab ihm drei Tage Frist, zu bedenken, ob er den Fisch wieder herbeischaffen wolle. Und wollte er das nicht tun, so würde sein Kopf unter dem Beile fallen.

Da saß nun der Fischer in seiner dunklen Zelle aus Stein auf zwei Brettern, die ihm zum Lager dienten, und blickte durch das kleine vergitterte Fenster auf das blaue Wasser, über dem die Sonne schien und die weißen Möwen kreisten. »So haben wir also unser Los gewechselt«, dachte er, »und so ist es auch gut. Denn ich bin nicht aus Gold und trage keine Krone aus grünem Edelstein. Und um mich wird niemand eine Träne vergießen. Er aber hat sicherlich Eltern und Geschwister, die ein unsichtbares Reich beherrschen, und Jubel und Freude werden jetzt dort sein, daß er nicht in Menschenhand gefallen ist.«

So saß er still, brach ein bißchen von seinem Brot, trank aus dem irdenen Krug und sah zu, wie die Sonne um den See herumging. Es war ihm leid, daß die Wände ihn beengten und er nicht den Sand des Ufers unter seinen bloßen Füßen fühlte, und das Herz wurde ihm langsam schwer. Aber als am Abend der Kanzler des Königs kam und ihn fragte, ob er es bedacht habe, erwiderte er nur, daß da nichts zu bedenken sei.

Auch der zweite und der dritte Tag gingen dahin, einer immer langsamer und schwerer als der andere, und am Abend des dritten Tages sagte der Kanzler: »Morgen in der Frühe wirst du ohne Sorgen sein.«

»Es ist schon recht, Herr«, erwiderte der Gefangene.

In der Nacht aber konnte er lange nicht einschlafen, saß auf seinem Lager und blickte noch einmal auf den See hinaus, der im Mondlicht silbern glänzte. Und leise begann er eines seiner Lieder nach dem anderen zu singen und vergaß dabei alle seine Not. Die Wächter am Ufer aber hielten ihren Schritt an und lauschten und sagten: »Es ist doch schade um so ein junges Blut.«

Aber als der Fischer nun sein letztes Lied gesungen hatte und das Echo noch einmal über den See zurückkam, hörte er plötzlich eine leise Stimme unter seinem Kerkerfenster, die sagte: »Hättest du nicht gesungen, so würde ich nicht den Weg zu dir gefunden haben. Nun lege deine Rechte auf die Gitterstäbe und sprich: ›Fallet nieder! Fallet nieder! Um der armen Seele willen fallet nieder!‹«

Da tat der Fischer, wie es ihm befohlen war, und die Eisenstäbe lösten sich aus dem Felsen und fielen ins Wasser. Er legte seine Kleider ab, zwängte seinen Leib durch die Öffnung und ließ sich geräuschlos in die Flut gleiten.

Da atmete er nun tief die süße Nachtluft ein, sah die Sterne sich rings in der Runde spiegeln und sagte: »Wie soll ich dir nun danken dafür, daß du mich vom Tode gerettet hast?«

Der goldene Fisch schwamm neben ihm her und erwiderte: »Was du zweimal an mir getan hast, habe ich einmal getan, aber es ist noch nicht alles geschehen, was geschehen muß. Warte nun, bis wir am Ufer sind.«

Und als der Fischer in einer stillen Bucht aus dem Wasser gestiegen war, sagte der Fisch: »Sammle nun von dem Kraut, das auf dem Grunde wächst, und bekleide dich damit.«

Der Fischer tat es, und als er das kühle Kraut um seine Schultern und Lenden gelegt hatte, verwandelte es sich in ein blaues Gewand, das war so leicht wie eine Feder und so weich wie die Wolle junger Lämmer, und er wollte seinen Augen nicht trauen.

»Sammle nun trockenes Reisig«, sagte der Fisch weiter.

Und als der Fischer es getan hatte, befahl er ihm, von dem Vergißmeinnicht zu pflücken, das am feuchten Ufer wuchs, und es über die Äste zu streuen. Und wie die ersten Blüten auf das Holz fielen, stand eine blaue Flamme über dem Reisig und entzündete es, so daß ein warmer roter Schein unter den Bäumen stand.

Da sagte der Fisch wieder: »Willst du mir nun eine große Liebe erweisen und, ohne zu murren, tun, was ich dich heiße?«

Da versprach es der Fischer, aber es wurde ihm nun bange ums Herz, weil so viel Wunderbares geschah.

»Hebe mich heraus aus dem Wasser«, sagte der Fisch, »und lege mich in das Feuer. Und sprich nichts dagegen, wenn du mich nur ein bißchen lieb hast!«

Da gehorchte der Fischer, aber seine Hände zitterten, und als er den goldenen Fisch in das Feuer gelegt hatte und sehen mußte, wie die goldenen Schuppen sich in der Hitze krümmten, weinte er vor Herzeleid, und seine Tränen fielen in die Glut.

Aber wie seine erste Träne auf den Leib des Fisches fiel, stieg mit einem Mal eine große blaue Flamme empor, die reichte fast bis zu den Wipfeln der Bäume. Und als sie langsam zusammensank, war sie wie ein blaues leuchtendes Gewand, und in dem Gewande stand eine Jungfrau, die war schöner als alles, was er je gesehen hatte, und trug eine grüne Edelsteinkrone auf dem Haupt und sah ihn liebreich an und sagte: »Nun danke ich dir erst aus Herzensgrund, denn du hast mich erlöst, und nun kann ich wiederkehren zu den Meinigen und leben, wie ich früher gelebt habe.«

Der Fischer aber war auf seine Knie gesunken und wußte nicht, ob er wache oder träume, und er sah sich um, ob nicht der Henker des Königs hinter ihm stehe, denn die Sonne stieg gerade rot aus dem Wasser herauf und seine Frist war abgelaufen.

Aber die Jungfrau tröstete ihn, daß alle Not vorüber sei, und hieß ihn sich am Ufer neben sie setzen und sagte: »Ich will dir nun erzählen, was du mir Gutes getan hast. Ich war ein Königskind, weit im Süden von hier, und ich war wie alle Kinder, nur daß ich stumm war, wenn mir jemand etwas Liebes oder Böses tat. Ich konnte nicht dafür, wenn mein Vater oder meine Mutter mich beschenkten und ich vor Glück nicht wußte, wie mir ums Herz war, verschloß sich mein Mund, so daß ich kein Wort sagen konnte, ob man mich auch liebkoste oder schlug. Mein Vater war nur traurig darüber, weil er dachte, daß mein Herz hart sei, aber meine Mutter war böse, und da sie eines großen Zauberers Tochter war, so verwünschte sie mich und verwandelte mich in einen goldenen Fisch und sagte: ›So sollst du stumm sein für alle Zeit, bis ein nackter Mann dich über das Feuer halten wird.‹ Und da sie wußte, daß ich schamhaft war, so meinte sie, daß es nie eine Erlösung für mich geben würde. Du aber hast mich losgesprochen, und auch mein Mund ist nun entsiegelt, und du kannst dir alles wünschen, was du willst, denn ich habe gesehen, daß dein Herz rein und gütig ist zu aller Kreatur.«

Da sagte der Fischer: »Es ist nicht viel, was ich mir wünsche, Prinzessin, denn am Wasser bin ich aufgewachsen und am Wasser will ich sterben. Hast du also einen stillen See in deinem Lande, wo keine bösen Nachbarn wohnen, und du kannst mich über dieses Wasser setzen, daß ich meine Nahrung daraus ziehe, so will ich es wohl zufrieden sein.«

Da versprach die Königstochter es ihm und nahm seine Hand und ging mit ihm durch die Täler und über die Berge zu ihrer Heimat.

Der König aber, als der Henker am Morgen den Kerker leer gefunden hatte, ergrimmte vor Zorn, daß der Fischer wie der goldene Fisch ihm entgangen war, und machte sich mit seinem Kanzler und dem bösen Nachbarn auf, um des Entflohenen wieder habhaft zu werden. Und da sie die schnellsten Pferde genommen hatten, die der Marstall besaß, so erblickte der Fischer sie, als er am ersten Abend ein Feuer in der Heide anzündete, damit die Königstochter nicht friere.

»Nun wünschte ich, ein großes Wasser wäre da«, sagte er, »und du wärest wieder ein goldener Fisch.«

Die Königstochter aber war ohne Furcht. »Laufe zu jenem Waldrand«, sagte sie, »und hole mir drei Espenblätter, so schnell du kannst.«

Und als die drei Verfolger schon die Funken aus dem Feuer steigen sahen und schon frohlockten, ließ die Königstochter die drei Espenblätter in die Flamme fallen und sagte: »Leib zu Stamm und Haar zu Blatt!« Und da blieben die drei, die schon aus dem Sattel gesprungen waren, auf ihrem Platz gebannt, wo sie gerade standen, und statt ihrer stiegen drei hohe Espen aus dem Heideboden empor, deren Blätter zitterten im Abendwind, wie Espenblätter zu tun pflegen, und die Abendsonne schien noch auf ihre hohen Wipfel, als ob sie goldene Kronen trügen.

Im Volksmund aber heißen die drei Bäume noch heutzutage die Königsespen.

* * *


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