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Geboren 1431 zu Isola di Carturo bei Padua, gestorben am 13. September 1506 zu Mantua
Talente brauchen zu ihrer Förderung Anerkennung, das weiß jeder, der aus angeborener Gabe etwas schafft und dabei einige Belohnung erntet. Denn wer Ehre und Lohn zu erhoffen hat, empfindet weder Last noch Beschwerden, ja er fühlt sich stets mutiger und stärker, da seine Kunst täglich mehr hervortritt und strahlender wird. Sicher ist jedoch, daß Verdienste nur selten in dem Maße erkannt, gewürdigt und belohnt werden, wie es bei Andrea Mantegna geschah.
Von niederem Stande, in der Gegend von Padua geboren, hütete er als Knabe die Herden und wurde später vom Schicksal und seinem Talent so hoch erhoben, daß ihm der Adel erteilt wurde. Er kam schon ziemlich herangewachsen in die Stadt und lernte die Kunst der Malerei unter dem paduanischen Maler Francesco Squarcione.Francesco Squarcione (etwa 1394 bis 1474) ist mehr Sammler und Kunsthändler als Maler gewesen, hat aber überaus anregend auf die jüngeren Paduaner Künstler gewirkt. Von ihm selbst ein Hieronymusaltar im Museo civico in Padua und eine Madonna, bisher im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin. Dieser wußte, daß er nicht der vorzüglichste Maler der Welt sei, und da er wünschte, Andrea möchte mehr lernen, als er selbst konnte, ließ er ihn fleißig an Gipsabdrücken studieren, die nach Antiken gemacht waren und nach Gemälden, die er aus verschiedenen Orten, besonders aus Toskana und Rom kommen ließ. Durch diese und andere gute Anweisungen lernte Andrea in seiner Jugend ziemlich viel. Noch nicht siebzehn Jahre alt, malte er die Tafel für den Hauptaltar von Santa Sofia zu Padua. Sie ist so schön, daß sie von einem alten geübten Meister, nicht aber von einem Jüngling herzurühren scheint. Squarcione, der den Auftrag erhielt, die Kapelle des heiligen Christophorus in der Kirche der Augustiner-Eremiten in Padua mit Malereien zu verzieren, übergab diese Arbeit seinen beiden Schülern Andrea Mantegna und Niccolò Pizzolo. Der letztere stellte dort einen Gottvater dar, zwischen den Kirchenvätern thronend, ein Werk, das später für ebensogut galt wie die Bilder Andreas in derselben Kapelle. Niccolò, der nur wenige, aber lauter gute Arbeiten vollführte, würde sicher trefflich geworden sein, wenn er an der Malerei soviel Gefallen gefunden hätte wie an Waffenübungen, und würde vielleicht auch länger gelebt haben. So aber hatte er stets das Schwert in Händen, machte sich viel Feinde und wurde einstmals, als er von der Arbeit ging, angefallen und meuchlings getötet. Andrea, der nun allein blieb, malte in der genannten Kapelle die vier Evangelisten, die für sehr schön galten, und hierdurch und durch andere Arbeiten erweckte er große Erwartungen, so daß man Hoffnung hegte, er werde das Ziel erreichen, zu dem er später gelangte.
Er schloß sich dem Venezianer Bellini, Vater von Giovanni und Gentile und Nebenbuhler Squarciones, an, indem er eine seiner Töchter, eine Schwester Gentiles, zur Frau nahm. Als Squarcione dies hörte, erzürnte er sich so sehr mit Andrea, daß sie von nun an dauernd Feinde waren, und in demselben Maße, wie Squarcione früher die Arbeiten Andreas gerühmt hatte, tadelte er sie jetzt ganz öffentlich. Vor allem schalt er rücksichtslos die Malereien in der Christophoruskapelle. Er sagte, dieses Werk tauge gar nichts, denn Andrea habe dabei die antiken Marmorarbeiten nachgeahmt, an denen man die Kunst der Malerei nicht vollkommen erlernen könne. Der Stein habe immer Härte und nicht die zarte Weichheit des Fleisches und der Gegenstände der Natur, die sich biegen und verschieden bewegen. Viel besser hätte Andrea getan und jene Figuren würden weit vollkommener geworden sein, wenn er ihnen die Farbe des Marmors anstatt jener bunten Naturfarben gegeben hätte, da sie nicht lebenden Gestalten, sondern antiken Marmorstatuen oder ähnlichen Dingen glichen. Solcher Tadel verletzte Andrea, anderseits war er ihm von nicht geringem Nutzen. Er sah ein, daß Squarcione in vieler Hinsicht die Wahrheit redete, und fing jetzt an, lebende Personen darzustellen. Dies verschaffte ihm viel Belehrung; bei einem Bild, das er noch in jener Kapelle zu malen hatte, bekundete er deutlich, er verstehe das Gute nicht minder aus der Natur zu schöpfen als aus den Werken der Kunst. Bei alledem blieb er stets der Meinung, die guten antiken Statuen seien vollkommener und in ihren Teilen schöner als die Natur. Er glaubte an jenen Statuen zu erkennen, ihre trefflichen Meister hätten aus vielen lebenden Gestalten alle Vollkommenheiten der Natur, die selten einer einzigen die ganze Schönheit verleihe, zusammengenommen. Deshalb hielt er es für nötig, einen Teil dieser, den anderen jener Person nachzubilden. Davon aber abgesehen, schienen ihm auch die Statuen bestimmter und deutlicher in den Muskeln, Adern, Nerven und anderen Einzelheiten, welche die Natur bisweilen mit der zarten Weichheit des Fleisches so überdeckt, daß sie gewisse Härten weniger zeigt, außer an alten oder sehr mageren Körpern, die aus anderen Rücksichten von Künstlern vermieden werden. Daß Andrea dieser Meinung sehr fest anhing, erkennt man an seinen Werken, die wirklich nach etwas harter Manier gearbeitet und zuweilen mehr einem Steinbild als einem lebenden Körper ähnlich sind.
In der Zeit, als Andrea diese Kapelle ausschmückte, verfertigte er eine Tafel für den Altar des heiligen Lukas in Santa JustinaDer Altar jetzt in der Galerie der Brera in Mailand. und malte in Fresko das Bogenfeld über der Tür von Sant' Antonio, und darunter setzte er seinen Namen. In Verona arbeitete er eine Tafel für den Altar der Heiligen Christophorus und Antonius. In Santa Maria in Organo für die Mönche von Monte Oliveto malte er die sehr schöne Tafel für den Hauptaltar, ebenso eine andere Altartafel für die Kirche San Zeno. Andere seiner Werke, die er in Verona arbeitete, wurden nach verschiedenen Orten gesandt.
Zu der Zeit, da er in Mantua war, hatte Andrea in den Diensten des Markgrafen Ludovico Gonzaga gestanden. Dieser begünstigte und verehrte die Tüchtigkeit Mantegnas sehr und ließ ihn im Schloß von Mantua eine kleine Tafel für die Kapelle malen, historische Begebenheiten in nicht sehr großen, aber schönen Figuren. An demselben Ort malte er viele Figuren, die sich von unten gesehen verkürzen und sehr gerühmt werden, denn obwohl er im Wurf der Gewänder ein wenig hart und kleinlich war und seine Manier etwas Trockenes hat, ist doch jeder Gegenstand mit viel Kunst und Fleiß vollendet. Im Auftrag desselben Markgrafen wurde zu Mantua in einem Saale des Palastes San Sebastiano der Triumphzug Cäsars von Andrea dargestellt, das beste Werk, das er je zur Ausführung brachte. Hier sieht man in schönster Ausführung den herrlich verzierten Wagen, den Verspotter des Triumphators, Verwandte, Weihrauch, Wohlgerüche und Opfergeräte, Priester und zum Opfer bekränzte Stiere, Gefangene, von den Soldaten erbeutete Schätze, den geordneten Heereszug, Elefanten, eroberte Feldzeichen, Kunstwerke und Viktorien und auf verschiedenen Wagen nachgebildete Städte und Festungen, unzählige Trophäen auf Spießen und Stangen und auch mancherlei Schutzwaffen für Haupt und Rumpf, Geräte, Zieraten und zahllose Gefäße.Die Temperagemälde auf Leinwand wurden zunächst für das Castello Corte geschaffen, um den Theatersaal zu schmücken, 1506 dann in den Hauptsaal des Palastes bei San Sebastiano übertragen, 1630 an Karl I. von England verkauft; jetzt in der Orangerie zu Hampton Court. Andrea hat bei dieser Darstellung mit großem Urteil etwas beachtet, das ich schon früher hätte erwähnen können: den Boden, auf dem die Figuren stehen, hatte er höher als den Augenpunkt angenommen und stellte daher die vordersten Füße auf die erste Linie der Fläche, die folgenden allmählich tiefer nach innen und ließ Füße und Beine dem Auge verschwinden, wie es der Standpunkt erfordert, von dem aus man sie erblickt. Bei der Beute, den Vasen, Instrumenten und Schmuckstücken ist deshalb nur der untere Teil sichtbar und der obere verschwindet, wie es nach den Regeln der Perspektive geschehen muß.
Das Werk Andreas könnte, um es kurz zu sagen, nicht schöner noch auf bessere Art ausgeführt sein. Wenn daher der Markgraf ihn vorher schon schätzte, so liebte und ehrte er ihn von da an noch weit mehr. Ja, Andreas Ruf verbreitete sich in dem Maße, daß Papst Innocenz VIII., als er seine Trefflichkeit in der Kunst neben den anderen vorzüglichen Eigenschaften, mit denen er reich begabt war, rühmen hörte, nach ihm sandte, damit Andrea gleich vielen anderen Meistern durch seine Malereien die Wände des Belvedere zieren möchte, dessen Bau eben vollendet war. Weitgehend vom Markgrafen empfohlen, der ihn zu größerer Ehre in den Adelsstand erhob, begab Mantegna sich nach Rom und wurde vom Papst aufs huldvollste empfangen. Dieser befahl ihm alsbald, eine kleine Kapelle des genannten Palastes auszuschmücken, und Andrea malte diese mit Fleiß und Liebe so, daß Wölbung und Wände eher mit Miniaturen als mit Freskomalerei geziert zu sein scheinen. Man erzählt, der Papst habe, durch seine vielen Geschäfte gehindert, Mantegna nicht so oft Geld gegeben, wie er dessen bedurfte. Als er in jenem Werke einige Tugenden in grüner Erde malte, brachte er dabei die Bescheidenheit an. Wenige Tage danach kam Innocenz, um die Arbeit zu betrachten, und fragte, was diese Figur vorstelle. »Es ist die Bescheidenheit«, sagte ihm Mantegna. – »Willst du«, entgegnete der Papst, »ihr eine gute Begleitung geben, so male ihr die Geduld zur Seite.« – Der Maler verstand, was der Heilige Vater damit sagen wollte, und dachte gar nicht mehr an die Sache. Als er aber sein Werk vollendet hatte, schickte ihn der Papst reich beschenkt und mit Ehren zum Herzog zurück.
In der Zeit seines römischen Aufenthaltes malte er außer der genannten Kapelle ein kleines Bild der Madonna, die das schlafende Christuskind auf dem Arm hält. Im Hintergrund sind ein Gebirge und darin in einigen Grotten Steinmetzen zu sehen, die zu verschiedenen Zwecken Felsen brechen, so fein und mit so großer Geduld ausgeführt, daß es nur möglich scheint, mit der Spitze des Pinsels solches zu leisten.Jetzt in den Uffizien in Florenz.
Dieser Künstler fand gleich Pollaiuolo Vergnügen daran, Kupferstiche zu arbeiten, und unter anderem stach er seine Triumphzüge, von denen damals Großes gehalten wurde, weil man Besseres nicht kannte.
Unter seinen letzten Werken war eine Tafel für Santa Maria della Vittoria, eine Kirche, die Markgraf Francesco nach einer Zeichnung Andreas zum Andenken an seinen Sieg über die Franzosen am Fluß Taro erbaute. Diese Tafel ist in Tempera gemalt und wurde auf dem Hauptaltar aufgestellt. Auf einem Sockel sitzt die Madonna mit dem Kinde, zu ihren Füßen sieht man die Heiligen Michael, Anna und Joachim, die den Markgrafen empfehlen, und die Madonna reicht ihm die Hand.Jetzt im Louvre in Paris. Dies Werk wurde damals und wird noch jetzt von jedem mit Wohlgefallen betrachtet und stellte den Markgrafen außerordentlich zufrieden, der die Mühe und die Tüchtigkeit Andreas aufs freigebigste belohnte. Er durfte als Anerkennung und höchste Ehrung der Fürsten den Titel eines Ritters führen.
Andrea baute sich in Mantua ein schönes Haus, das er nach seinem Geschmack mit Malereien verzierte und bis an sein Ende bewohnte.Reste seines Hauses sind noch erhalten. Im Jahre 1506, in seinem sechsundsiebzigsten Jahre, ging er zu einem anderen Leben über und wurde in Sant' Andrea mit einem prunkvollen Begräbnis beigesetzt. Auf seinem Grabmal steht seine Büste aus Bronze.
Dieser Künstler war anmutig in seinem Betragen und rühmenswert in allen seinen Handlungen, deshalb wird ihm nicht nur in seinem Vaterland, sondern in der ganzen Welt immer ein ehrenvolles Gedächtnis bleiben. Und er verdiente nicht weniger wegen seiner liebenswerten Sitten, als wegen seiner Trefflichkeit in der Kunst von Ariost gerühmt zu werden, der am Anfang des dreiunddreißigsten Gesanges ihn unter die vorzüglichsten Maler seines Jahrhunderts zählt mit den Worten: »Leonardo, Andrea Mantegna, Gian Bellino.«