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Geboren um 1430 in Messina, gestorben 1479 zu Venedig
Viele Meister, die der zweiten Manier folgten, haben der Kunst der Malerei so mannigfaltige Förderung gebracht, daß man sie um ihrer Arbeiten willen wahrhaft sinnreich und trefflich nennen kann. Ohne Mühe und Kosten zu scheuen und ohne auf ihren eigenen Vorteil zu achten, suchten sie unermüdlich die Malerei zu besserem Ziel zu führen. In dieser ganzen Zeit hatte man auf Holztafeln und Leinwand stets nur in Tempera gemalt, ein Verfahren, mit dem um das Jahr 1250 Cimabue den Anfang machte, als er gemeinsam mit einigen Griechen arbeitete, und das von Giotto wie von allen beibehalten wurde, die bisher erwähnt sind. Man beharrte bei dieser Methode, obwohl die Künstler erkannten, daß den Temperamalereien eine gewisse Weichheit und Frische fehle, die geeignet seien, den Zeichnungen mehr Anmut, dem Kolorit mehr Reiz zu verleihen. Auch konnten sie dabei die Farben nur schwer ineinander verreiben, weil man bis dahin gewöhnlich mit der Spitze des Pinsels schattiert hatte. Viele forschten eifrig nach einer Verbesserung, keiner indes hatte eine Methode gefunden, die gut war, wenn sie auch flüssigen Firnis oder andere Arten von Farben unter die Tempera mischten. Zur Besprechung dieser Fragen pflegte eine große Zahl von Künstlern sich oft zu versammeln, sich zu beraten und zu streiten, ohne daß es Erfolg hatte.
Dasselbe Bedürfnis empfanden viele ausgezeichnete Geister, die sich außerhalb Italiens, in Frankreich, Spanien, Deutschland und anderen Ländern mit der Kunst der Malerei beschäftigten. Auf diesem Punkt standen die Dinge, als ein Maler in Flandern, Johann von Brügge,Jan van Eyck (um 1390 bis 1440). der sich durch seine Geschicklichkeit in der Kunst einen besonderen Ruf in jenem Lande erworben hatte, den Versuch machte, verschiedene Arten von Farben in der Malerei anzuwenden. Er fand Vergnügen an der Alchimie und mischte bei Bereitung seiner Firnisse und ähnlicher Dinge viele Öle untereinander, wie eben geistvolle Menschen auf allerlei Gedanken kommen. Unter anderem hatte er bei einem Bilde große Mühe aufgewandt und es mit Fleiß zu Ende geführt, zog den Firnis darüber und stellte es, wie üblich, zum Trocknen in die Sonne. Weil jedoch die Hitze zu groß oder das Holz schlecht gefugt oder nicht abgelagert war, sprang jene Tafel an den Stellen, wo man sie aneinandergepaßt hatte. Johann, der den Schaden sah, beschloß, künftig so zu Werke zu gehen, daß ihn bei seinen Arbeiten nie wieder solch ein Mißgeschick treffen könne. Da ihm der Firnis ebenso zum Überdruß geworden war wie das Malen in Tempera, sann er darüber nach, einen Firnis zu entdecken, der im Schatten trocknen könne und ihn der Notwendigkeit überhebe, seine Bilder der Sonne auszusetzen. Er versuchte vielerlei Dinge, einzeln und mit andern gemischt, und erkannte endlich, daß Lein- und Nußöl von allen, die er probierte, am leichtesten trockneten. Diese kochte er mit anderen Mischungen und fand so den Firnis, den er und alle Maler der Welt lange gewünscht hatten. Er stellte noch andere Versuche an und sah, daß, wenn er die Farben mit dieser Art von Öl anrieb, eine sehr haltbare Mischung entstand, die getrocknet durch Wasser keinen Schaden mehr erlitt, zugleich aber auch den Farben solches Feuer verlieh, daß sie für sich ohne Firnis schon Glanz hatten. Am allerwunderbarsten schien ihm, daß alles sich viel leichter verbinden ließ als bei der Tempera. Johann, der, wie sich leicht denken läßt, über diese Erfindung sehr erfreut war, lieferte nun eine Menge von Arbeiten, und diese zerstreuten sich zur größten Freude der Kunstfreunde und sehr zu seinem Vorteil im ganzen Land. Von Tag zu Tag gewann er mehr Erfahrung, vollführte immer mehr und bessere Arbeiten, und bald erscholl überall der Ruf von seiner Erfindung. Dadurch erwachte nicht nur in Flandern, sondern auch in Italien und vielen anderen Gegenden der Welt bei den Künstlern der dringende Wunsch, zu erfahren, wodurch er seinen Arbeiten eine solche Vollkommenheit zu geben vermöge. Sie sahen seine Werke, ohne zu erkennen, wie er dabei verfahren war, fühlten sich aber gezwungen, ihn durch höchstes Lob zu feiern und ihn zugleich in edlem Sinne zu beneiden, um so mehr, da er einige Zeit niemand bei seiner Arbeit zusehen lassen und niemandem sein Geheimnis mitteilen wollte. Eines Tages aber schickten einige florentinische Kaufleute, die in Flandern und Neapel Handel trieben, dem König Alfons ein Ölgemälde, worin Johann eine Menge Figuren dargestellt hatte. Es wurde wegen der Schönheit der Gestalten und der neuen Behandlung der Farben von dem Könige sehr hoch geschätzt und lockte alle Künstler seines Reiches herbei, die es höchlichst lobten.
Zu jener Zeit war Antonello aus Messina in seine Vaterstadt zurückgekehrt, ein Mann von hellem und richtigem Verstand und erfahren in seinem Beruf. Er hatte sich viele Jahre in Rom im Zeichnen geübt und sich dann zunächst nach Palermo zurückgezogen, wo er eine Menge Arbeiten ausführte und dort wie überall in seiner Heimat den Ruf eines, geschickten Malers, den er erworben hatte, bestätigte. Antonello begab sich, um verschiedene Geschäfte zu erledigen, einmal von Sizilien nach Neapel und hörte dort, König Alfons habe aus Flandern das obengenannte Bild erhalten, das Johann von Brügge in Öl in solcher Art gemalt habe, daß man es waschen könne, daß es jede Erschütterung ertrage und in allem vollkommen sei. Antonello durfte es sehen, und die Lebendigkeit der Farben wie die Schönheit und Einheit der Malerei übten eine solche Macht auf ihn aus, daß er alle anderen Gedanken und Pläne aufgab und nach Flandern reiste. In Brügge erwarb er sich die vertraute Freundschaft Johanns, indem er ihm eine Menge Zeichnungen, die nach italienischer Manier gemacht waren, samt vielen anderen Dingen schenkte. Johann, der zudem schon alt war, faßte wegen dieser Gaben und wegen der Verehrung, die Antonello ihm erwies, den Entschluß, ihm zu zeigen, in welcher Weise er in Öl male. Jener aber schied nicht eher aus Brügge, als bis er die langersehnte Methode völlig erlernt hatte.
Bald nachher starb Johann, und Antonello verließ Flandern, um sein Vaterland wiederzusehen und Italien das schöne und nützliche, die Malerei erleichternde Geheimnis zu überbringen. Er verweilte nur wenige Monate in Messina und ging dann nach Venedig, wo er als ein Mann, der in hohem Maße dem Vergnügen, besonders den Freuden der Liebe ergeben war, für sein ganzes übriges Leben zu bleiben beschloß, da er dort eine Lebensweise ganz nach seiner Neigung gefunden hatte. Er fing an, daselbst zu arbeiten und führte viele Ölbilder aus, wie er es in Flandern gelernt hatte.Von den von Vasari erwähnten zahlreichen Bildnissen besitzt Venedig heute nur noch ein männliches Porträt in der Galleria Giovanelli. Das Bildnis eines jungen Mannes bisher im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin; der sogenannte Condottiere im Louvre. Diese sind in den Häusern der Edelleute verstreut und wurden ihrer Neuheit wegen sehr geschätzt.Ein toter Christus, von Engeln unterstützt, im Museo Correr in Venedig. Viele andere schickte er nach verschiedenen Orten, und als er endlich großen Ruf und Namen erlangt hatte, bekam er den Auftrag, für San Cassiano, eine Kirche jener Stadt, ein Bild zu malen. Er vollführte es nach besten Kräften, ohne Zeit zu scheuen. Es wurde denn auch wegen der Neuheit der Malereien und der Schönheit der Figuren, die nach guter Zeichnung dargestellt sind, sehr gerühmt und wert gehalten.Die Madonna mit dem heiligen Michael und anderen Heiligen in San Cassiano ist seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts spurlos verschwunden. Als man außerdem erfuhr, welches Geheimnis er von Flandern nach Venedig gebracht hatte, erzeigten ihm die Edelleute dieser Stadt bis zum Ende seines Lebens stets viel Liebe und Freundlichkeit.
Unter den Meistern, die damals in Venedig berühmt waren, galt Meister Domenico als der vorzüglichste.Domenico Veneziano (1400 bis 1461). Dieser erwies Antonello, als er in jene Stadt kam, die allergrößten Höflichkeiten und Liebenswürdigkeiten, wie man sie nur einem werten und geliebten Freund antun kann. Antonello, der nicht durch die freundliche Art von Domenico übertroffen werden wollte, lehrte ihn nach wenigen Monaten das Geheimnis und die Methode, in Öl zu malen. Diese seltene Güte und Freundlichkeit galt jenem mehr als irgend etwas anderes – und sicherlich mit Recht, denn wie er erwartet hatte, wurde er deshalb immerdar in seiner Vaterstadt geehrt.
Antonello aber wurde krank und starb in seinem neunundvierzigsten Lebensjahr an einem Brustleiden. Die Meister seines Berufes, dankbar für das Geschenk, das er der Kunst durch Überbringung der neuen Technik verliehen hatte, ehrten ihn durch ein feierliches Begräbnis und durch folgende Grabinschrift: »Der Maler Antonius, der Hauptschmuck seines Messina und ganz Siziliens, wird von diesem Erdboden bedeckt. Nicht allein durch seine Gemälde, die eine eigenartige Kunst und Anmut zeigten, sondern auch, weil er als erster durch die Mischung der Farben mit Öl der italienischen Malerei Glanz und Ewigkeit gab, wird er stets mit höchstem Eifer von den Künstlern gefeiert werden.«