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Geboren 1374 zu Quercia bei Siena, gestorben 1438 zu Siena
Quercia, ein Ort in der Umgegend von Siena, ist die Vaterstadt des Bildhauers Jacopo di Maestro Piero di Filippo. Er war nach dem Pisaner AndreaAndrea Pisano (um 1290 bis 1349), Bildhauer. Sein Hauptwerk ist die erste Bronzetür, jetzt an der Südseite des Baptisteriums in Florenz. Vergleiche dazu die Biographie Ghibertis. und nach OrcagnaAndrea di Cione, genannt Orcagna (gestorben um 1368), Maler, Bildhauer und Architekt in Florenz. Seine Hauptwerke sind die Fresken in der Cappella Strozzi in Santa Maria Novella. Als Bildhauer schuf er das schöne Tabernakel in Or San Michele, an dessen Bau er auch beteiligt war. Vasari schreibt ihm auch Fresken im Campo Santo in Pisa zu, die ihm aber jetzt abgesprochen werden. der erste, der anfing, in seiner Kunst mit mehr Studien und Sorgfalt zu arbeiten und zu zeigen, daß man sich dem Leben nähern könne. Er war der erste, der anderen den Mut und die Hoffnung gab, die Natur in gewissem Sinne zu erreichen. Sein frühestes Werk, das der Beachtung wert ist, verfertigte er in seinem neunzehnten Jahre zu Siena bei folgender Veranlassung: die Sienesen hatten ein Heer gegen die Florentiner im Felde, das Gian Tedesco und Giovanni d'Azzo Ubaldini als Feldhauptleute befehligten. Giovanni d'Azzo jedoch wurde im Lager krank, man brachte ihn nach Siena, wo er starb. Die Sienesen, denen sein Tod sehr naheging, veranstalteten für ihn ein ehrenvolles Leichengepränge und ließen ihm ein hölzernes Gestell in Form einer Pyramide errichten, auf die sie eine Statue von der Hand Jacopos setzten, die Giovanni zu Pferd in Überlebensgröße darstellt. Diese Figur war mit viel Einsicht und Erfindung gearbeitet, da Jacopo eine Methode fand, die bis dahin noch nicht bekannt gewesen war. Die Knochen des Pferdes und der Gestalt wurden nämlich von Holzstücken und schmalen Bohlen angefertigt, die man aneinanderfügte und dann mit Heu, Werg und Seilen umwickelte. Alles wurde fest verbunden, und darüber kam eine Verkleidung von Erde, die Jacopo mit Scherwolle von Tuch, mit Teig und Leim vermischte; ein Verfahren, das wirklich für solche Dinge das beste ist, weil Arbeiten dieser Art als massiv erscheinen, fertig und getrocknet aber sehr leicht sind und, mit Weiß überzogen, ein dem Marmor ähnliches und dem Auge sehr gefälliges Aussehen gewinnen. Außerdem bekommen Statuen, die mit diesen Mischungen gearbeitet sind, keine Risse, wie es geschehen würde, wenn sie bloß von Ton wären. Heutzutage verfertigt man die Modelle zu den Bildwerken in dieser Art, was den Künstlern zu großem Nutzen gereicht, denn dadurch haben sie immer ein Vorbild und das richtige Maß der Werke, die sie arbeiten, vor Augen. Jacopo aber, dem als Erfinder dieser Sache großer Dank gebührt, verfertigte nach Vollendung dieser Statue zwei Tafeln von Lindenholz und führte die Figuren, die Bärte und Haare mit solcher Geduld aus, daß es bewundernswert bleibt. Diese Tafeln wurden im Dom aufgestellt, und für die Fassade desselben Gebäudes verfertigte Jacopo aus Marmor einige Propheten in nicht sehr großem Maßstab. Er würde auch an jenem Bauwerk fortgearbeitet haben, wenn nicht Pest und Hungersnot und die Kämpfe der sienesischen Bürger nach manchem Aufruhr jene Stadt in einen schlimmen Zustand versetzt und Orlando Malevolti vertrieben hätten, durch dessen Gunst Jacopo mit Ehren in seiner Vaterstadt beschäftigt worden war.
Er verließ daher Siena und begab sich mit Unterstützung einiger seiner Freunde nach Lucca, wo er im Auftrag von Paolo Guinigi, dem Gebieter jener Stadt, in der Kirche San Martino ein Grabmal für dessen Gemahlin verfertigte, die kurz vorher gestorben war. Auf dem Sockel dieses Werkes führte er einige Kinder, die ein Laubgeflecht halten, so fein in Marmor aus, daß sie wie von Fleisch erscheinen, stellte auf dem Sarge, den dieser Sockel trägt, mit unendlicher Sorgfalt die Gattin von Paolo Guinigi dar, die darin beigesetzt wurde, und arbeitete aus demselben Stein, zu ihren Füßen ruhend, einen Hund in erhabenem Relief als Sinnbild der Treue gegen ihren Gatten.
Jacopo, der unterdes gehört hatte, die Zunft der Wollweber zu Florenz wolle eine der Bronzetüren der Kirche San Giovanni arbeiten lassen, war nach Florenz gegangen, damit er dort bekannt werden möchte. Denn diese Arbeit sollte demjenigen übertragen werden, der bei Anfertigung einer Darstellung in Bronze von sich und seiner Kunst den besten Beweis geben würde. In Florenz arbeitete er nicht nur das Modell, sondern führte auch das sehr gut entworfene Bild bis zur letzten Politur aus, und dieses gefiel so gut, daß man ihm jenes große Werk übertragen hätte, wenn er nicht den trefflichen Donatello und Filippo Brunelleschi zu Mitbewerbern gehabt hätte, die ihn mit ihren Arbeiten übertrafen.
Da die Sache fehlgeschlagen war, begab er sich nach Bologna, wo ihm durch die Gunst des Giovanni Bentivoglio von den Werkmeistern von San Petronio der Auftrag gegeben wurde, die Haupttür jener Kirche in Marmor zu verzieren. Um nicht den Stil, in dem dieses Werk begonnen war, zu stören, setzte er nach deutschem Geschmack die Arbeit fort, indem er über der Reihe von Pfeilern, welche die Gesimse und den Bogen tragen, die noch fehlenden Reliefs einfügte, die er mit unendlichem Fleiß im Verlauf von zwölf Jahren verfertigte. Die Bolognesen, die geglaubt hatten, man könne kein besseres, ja nicht einmal ein gleich schönes Marmorwerk zustande bringen, wie jenes, das die Sienesen Agostino und Agnolo nach alter Art in San Francesco am Hauptaltar verfertigt hatten, sahen mit Erstaunen, daß diese Arbeit um vieles herrlicher war als jene.
Dann wurde Jacopo gebeten, nach Lucca zurückzukehren, und folgte gern dieser Aufforderung. Dort arbeitete er in San Friano für Federigo di Maestro Trenta del Veglia eine Tafel aus Marmor, auf der er die Jungfrau mit dem Sohn im Arm, die Heiligen Sebastian, Lucia, Hieronymus und Sigismund nach guter Methode und Zeichnung und mit Anmut darstellte. Auf der Staffel sah man unter jedem Heiligen eine Begebenheit aus dessen Leben in Halbrelief ausgeführt. Alles dies nahm sich sehr gut aus und erwarb reichen Beifall, denn Jacopo hatte mit großer Kunst die Figuren allmählich zurücktreten und nach dem Hintergrund zu flacher werden lassen. Auch stärkte er andern den Mut, durch neue Erfindungen ihren Werken Reiz und Schönheit zu verleihen, indem er auf zwei großen Grabsteinen Federigo, für den er das ganze Werk arbeitete, und dessen Gemahlin in Basrelief nach dem Leben abbildete.
Von Lucca begab sich Jacopo nach Florenz, und die Werkmeister von Santa Maria del Fiore, die ihn sehr hatten rühmen hören, gaben ihm Auftrag, den Vorgiebel über der Tür nach der Annunziata in Marmor zu arbeiten. Dort stellte er in einem spitzen Oval die Madonna dar, die von einem Chor singender und musizierender Engel zum Himmel getragen wird, die alle schöne Stellungen und Bewegungen haben und in ihrem Fluge Kraft und Gewandtheit zeigen, wie es bis dahin noch niemals gesehen worden war.
Jacopo wünschte seine Vaterstadt wiederzusehen und kehrte daher nach Siena zurück, wo ihm seinem Wunsch entsprechend bald Gelegenheit gegeben wurde, ein ehrenvolles Andenken von sich zu stiften. Denn die Signoria von Siena, entschlossen, eine reiche Marmorverzierung um die Quelle verfertigen zu lassen, welche die Sienesen Agostino und Agnolo im Jahre 1343 nach dem Hauptplatz geleitet hatten, übertrug Jacopo dieses Werk für den Preis von zweitausendzweihundert Goldgulden. Er verfertigte ein Modell, ließ den Marmor kommen und begann die Arbeit, die er zu größter Zufriedenheit seiner Mitbürger vollendete, die ihn von nun an nicht mehr Jacopo della Quercia, sondern Jacopo della Fonte nannten. Den Mittelpunkt des Werkes bildet die glorreiche Jungfrau Maria, die vornehmste Schutzpatronin jener Stadt, etwas größer als die anderen Figuren, in anmutiger und ungewöhnlicher Weise dargestellt. Ringsum sieht man die sieben theologischen und Kardinaltugenden, deren Köpfe Jacopo zart arbeitete und ihnen einen angenehmen Ausdruck gab. Man erkennt daraus, daß er angefangen hatte, das Gute und die Schwierigkeit der Kunst einzusehen und dem Marmor Reiz zu geben. Denn er verbannte den alten Stil, den die Bildhauer bisher anwandten, die ihren Gestalten durchaus keine Anmut zu verleihen wußten, während Jacopo sie lieblich und voll darstellte und den Marmor mit Geduld und Zartheit ausmeißelte. Zur Verzierung jenes Brunnens arbeitete er außerdem einige Begebenheiten aus dem Alten Testament, wie die Erschaffung der ersten Menschen und den Genuß des verbotenen Apfels, wobei man in dem Angesicht Evas einen so schönen Ausdruck und in der ehrfurchtsvollen Stellung, in der sie Adam den Apfel hinreicht, einen solchen Liebreiz gewahrt, daß es wirklich scheint, als könne er sich nicht weigern, ihn zu nehmen. Das übrige Werk ist nicht minder einsichtsvoll gearbeitet und mit schönen Kindern und anderen Verzierungen, mit Löwen und Wölfen, die zum Wappen der Stadt gehören, geschmückt, was Jacopo alles im Verlauf von zwölf Jahren mit sorgsamem Fleiß und vieler Übung ausführte.Von der sogenannten Fonte Gaia, dem Freudenbrunnen, steht heute eine Nachbildung in Siena. Reste des Originals, von dem nur das Relief mit der Vertreibung aus dem Paradies vollständig erhalten ist, im Dommuseum zu Siena. Durch diese Werke gelangte er zu immer größerem Ruhm in der Kunst, und durch sein tugendhaftes Leben wurde er bekannt als ein Mann von edlen Sitten. Deshalb ernannte die Signoria von Siena ihn zum Ritter und bald nachher zum Werkmeister des Doms. Dieses Amt übte er so, daß es weder vorher noch nachher besser versehen worden ist, und obgleich er seit der Übernahme des Amtes nur noch drei Jahre lebte, hat er doch bei jenem Bau viel rühmliche und nützliche Verbesserungen veranlaßt.