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Sobald ich in unser Vorzimmer trat, stürzte mir unser Dienstmädchen ganz außer sich entgegen. Ich erriet sofort aus ihrem Gesichtsausdrucke, daß zu Hause während meiner Abwesenheit etwas Schlimmes vorgefallen war. Ich erfuhr auch wirklich, daß vor einer Stunde aus dem Schlafzimmer meiner Mutter ein gellender Schrei erklungen war; das herbeigeeilte Dienstmädchen hatte sie in tiefer Ohnmacht auf dem Boden liegen gefunden. Als meine Mutter zu sich kam, sah sie ganz erschrocken und verstört aus und mußte sich zu Bette legen; sie sprach kein Wort, beantwortete keine Frage, sah sich immer erregt um und zitterte. Das Mädchen schickte den Gärtner nach einem Arzt. Der Arzt kam und verschrieb ihr ein Beruhigungsmittel, doch wollte meine Mutter auch ihm nichts sagen. Der Gärtner behauptete, er hätte einige Augenblicke nach dem Aufschreien meiner Mutter einen unbekannten Mann gesehen, der über die Gartenbeete zum Tor gelaufen sei. (Wir bewohnten ein einstöckiges Haus, dessen Fenster nach einem ziemlich großen Garten gingen). Das Gesicht des Fremden hatte der Gärtner nicht sehen können; er sei aber hager und mit einem niederen Strohhut und einem langschößigen Rock bekleidet gewesen . . . »Die Kleidung des Barons!« ging es mir sofort durch den Kopf. Der Gärtner konnte ihn nicht einholen, man hatte ihn auch gleich ins Haus gerufen und nach dem Arzte geschickt. Ich ging zu meiner Mutter hinein. Sie lag auf dem Bette, blasser als das Kissen, auf dem ihr Kopf ruhte. Als sie mich erkannt hatte, lächelte sie matt und streckte mir ihre Hand entgegen. Ich setzte mich zu ihr und begann sie auszufragen; anfangs wich sie meinen Fragen aus, zuletzt gestand sie aber, daß sie etwas gesehen hätte, wovor sie so erschrocken wäre. – »Ist hier jemand gewesen?« fragte ich sie. – »Nein,« sagte sie hastig, »es war niemand hier, aber es schien mir . . . es kam mir vor . . .« Sie schwieg und bedeckte die Augen mit der Hand. Ich wollte ihr schon sagen, was ich vom Gärtner erfahren hatte, auch über meine Begegnung mit dem Baron wollte ich ihr berichten, aber die Worte erstarben mir, ich weiß nicht warum, auf den Lippen. Ich erlaubte mir jedoch, der Mutter zu bemerken, daß Gespenster am hellen Tage nicht zu erscheinen pflegen . . . »Laß mich,« flüsterte sie, »laß mich, bitte, quäle mich jetzt nicht. Du wirst es schon einmal erfahren . . .« Sie schwieg wieder. Ihre Hände waren kalt, der Puls ging schnell und ungleichmäßig. Ich gab ihr die Arznei ein und trat ein wenig zur Seite, um sie nicht zu beunruhigen. Sie blieb den ganzen Tag im Bette. Sie lag still und unbeweglich da, seufzte nur zuweilen tief und öffnete erschrocken die Augen. Wir alle waren ganz ratlos.