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Sind heute dreiunddreißig Jahr,
Seit ich kein Segel sah,
Es steht der Turm unwandelbar,
Die Kett' ist ewig da.
Sie haben gemauert den Delphin
In lichtlos Felsgestein
Und unerreichbar über ihn
Ein winzig Fensterlein.
Nicht, daß ich fern von Licht und Tag,
Macht mir das Herz so schwer,
Als daß ich dich nicht zu schaun vermag,
Mein heiliges blaues Meer!
Ich höre nicht, wie die Brandung rollt
Und keiner Möwe Geschrill,
Und wenn die Kette nicht rasseln wollt',
So wär' es totenstill.
Sie bauten wohl fern vom Meer den Turm,
Wo keine Woge prallt,
Kein Bootsmann pfeift und pfeift kein Sturm,
Kein Schuß den Sturm durchschallt.
Nicht, daß man in schweigende Nacht mich warf,
Macht mir das Herz so schwer,
Als daß ich dich nicht hören darf,
Mein tiefaufdonnerndes Meer!
Mein greises Gebein ist schwer und leer,
Mein Leib wird nimmer heil,
Die Faust schwingt nimmer die Lunte mehr
Und nimmer das Enterbeil! –
Die große Flagge auf dem Mast,
Die Breitseit' lasset sehn,
Und Jungens, wen aufs Korn ihr faßt,
Der Teufel hole den! –
Nicht, daß ich verwelkt in Haft und Bann,
Macht mir das Herz so schwer,
Als daß ich auf dir nicht fechten kann,
Mein kampferschüttertes Meer!
Nun drauf und dran, geentert keck,
Und feuert noch einmal!
Ha! Schiff an Schiff und Deck an Deck,
Und ich der Admiral! –
O fiel ich doch im Kugelgezisch!
Hier lieg' ich siech und wund,
Hinschmachtend wie im Sand ein Fisch,
Und sterbend wie ein Hund.
Nicht, daß ich sterbe Zoll um Zoll,
Macht mir das Herz so schwer,
Als daß ich auf dir nicht sterben soll,
Mein oft bewzungenes Meer!
Die Segel hängt das Schiff im Leid,
Ein schwarzes, verwitwetes Weib,
Die Flagge deckt als Sterbekleid
Den toten Heldenleib.
Er sinkt ins Meer von der Spiegelwand,
Das bebt in heiliger Scheu. –
Mich aber scharren sie in den Sand
Und schießen nicht einmal dabei!
Nicht, daß mein Leben hier verrann,
Macht mir das Herz so schwer,
Als daß ich in dir nicht schlafen kann,
Du Heldengrab, mein Meer! |