Moritz von Strachwitz
Gedichte
Moritz von Strachwitz

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Einst

              Es streckt in die Nacht, in die Mondscheinnacht,
    Der Turm sein Haupt, das starre,
Durch die Mondscheinnacht tönt liebentfacht
    Das klagende Lied der Guitarre.

Die Laute schmachtet, die Laute fleht,
    Der Mond wird heller und heller,
Das Fräulein auf dem Söller steht,
    Der Junker unter dem Söller.

Den Turm umklettert ein Rosenstrauch
    Mit Ranken schweifend und lose.
Ich weiß nicht, fiel sie vom Windeshauch,
    Doch nieder fiel eine Rose.


Auf tausend Helmen die Sonne blitzt,
    Es flattert die Scharlachfahne,
Er auf dem bäumenden Schimmel sitzt,
    Sie sitzt auf hohem Altane.

Den Speer gesenkt, die Zügel verhängt,
    Das Haupt auf die Faust gebogen,
So kommt er durch die Schranken gesprengt,
    Die Federn nicken und wogen.

Sie faltet die Hände im Todesschreck:
    »Gott sei dem Liebsten gnädig!«
Ihr Liebster wiegt sich im Sattel keck,
    Des Gegners Hengst ist ledig.


Durch die Nacht, durch die mondlos finstre Nacht,
    Vom Fenster baumelt die Leiter,
Durch die finstre Nacht, da schreiten sacht
    Zwei Rosse und ein Reiter.

Er schlägt in die Hand, ein, zwei, dreimal:
    »O Dame, steige hernieder,
Meiner Rosse Gebein ist all von Stahl,
    Dein Vater kriegt uns nicht wieder!«

Sie jagen von dannen Knie an Knie,
    Im Takte setzen die Tiere,
Sein geharnischter Arm umklammert sie,
    Seine Lippe berührt die ihre.

 


 


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