In Aargau steht ein hohes Schloß,
Vom Tal erreicht es kein Geschoß:
Wer hat's erbaut,
Das wie aus Wolken niederschaut?
Der Bischof Werner gab das Geld,
Graf Radbot hat sie hingestellt,
Klein aber fest,
Die Habichtsburg, das Felsennest.
Der Bischof kam und sah den Bau,
Da schüttelt er der Locken Grau,
Zum Bruder spricht:
»Die Burg hat Wall und Mauern nicht.«
Versetzt der Graf: »Was macht das aus?
In Strasburg steht ein Gotteshaus,
Das bautest du,
Doch Wall und Mauern nicht dazu.«
»Das Münster baut' ich Gott dem Herrn,
Dem bleiben die Zerstörer fern;
Vor Feindessturm
Beschützt ein Schloß nur Wall und Turm.« –
»Wohl hast du recht, ich räum' es ein,
Ja, Wall und Mauern müssen sein:
Gib morgen acht,
Ich baue sie in einer Nacht.«
Und Boten schickt der Graf ins Tal,
Die Mannen nahn im Morgenstrahl
Und scharenweis
Umstellen sie die Burg im Kreis.
Frohlockend stößt ins Horn der Graf
Und weckt den Bischof aus dem Schlaf:
»Die Mauern stehn!
Wer hat so schnellen Bau gesehn?«
Das Wunder dünkt den Bischof fremd,
Zum Erker springt er hin im Hemd
Und sieht gereiht
Der Helden viel im Eisenkleid.
Mit blankem Schilde Mann an Mann
Steht mauergleich des Grafen Bann,
Und hoch zu Roß
Hebt mancher Turm sich aus dem Troß.
Da spricht der Bischof: »Sicherlich,
An solche Mauern halte dich:
Nichts ist so fest
Als Treue, die nicht von dir läßt.
So schütze Habsburg fort und fort
Lebend'ger Mauern starker Hort,
Und herrlich schaun
Wird's über alle deutschen Gaun.« |