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Die Glocken waren mir ein Heiligthum. Sie hingen in dem alten Glockenstuhl Von graubemoostem Holz. Ich pochte dran geheimen Schauers voll mit spitzem Knöchel Und horchte, wie ein schwingend leiser Ton Um die metallne Rundung lief und wünschte, Und wünschte brennend als das Höchste mir, Dass einst im Lauf der Zeiten käm' ein Tag Da ich sie läuten dürfte und auch könnte Wie unser Küster, der ihr Meister war, Doch glaubt' ich kaum, so Hohes zu erreichen. Wie oft am Sonntag sah ich still ihm zu, Wenn er zur Kirche beierte voll Kunst: An eine andre Glocke hab' seitdem Mir blieb, wie einst, mein kleines Glöckchen nur |
Du Kirchlein grau, aus Feldstein aufgebaut, Von tausend leichten Schwalben froh umschwirrt, Du Kirchhof grün mit den zerfallnen Hügeln Und deiner Linden hold vertrautem Rauschen, Ich kenn' dich wohl und oft zur Abendzeit, Wenn eine Stille wird in meinen Herzen, Und manch Erinnern durch die Seele geht, Tauchst du empor, du Spielplatz meiner Kindheit! Wie oft mit einem neuen Buch voll Märchen, Das mir ein Goldschatz däuchte wonniglich, Im Schatten lag ich lesend zwischen Gräbern. Ringsum der Sommertag – der wusste nichts Von Tod und Sterben – Blumen liess er blühn, Und Voge1sang war seine lust'ge Stimme! Der wusste nichts von Mären und Geschichten: »Die Welt ist schön« das war sein Ein und Alles Er neckte mich, der lustige Geselle! Er schickte seinen Sonnenschein in's Kraut, Der klopfte mit dem leichten Strahlenfinger Alljegliches Gethier heraus, das lustig Sein Wesen treibt im wohldurchsonnten Gras. Da hüpfte mir ein Heupferd, grossgeaugt, Mit keckem Sprung hin auf das weisse Blatt Und drehte sich, und hopp! da sass es schon Am nächsten Grashalm, der sich schwankend neigte. Er schickte kleines kribbelndes Gethier, Das froh auf mir spazieren ging und indiskret Nicht Grenzen kannte seiner frechen Märsche. Er schickte mir der Mücken singend Volk, Das zierlich, feingebeint und zartgeflügelt, Aetherisch fast, doch nichts als Blutdurst kennt Er schickte mir die leichten Gaukeltruppen, Der Schmetterlinge flatterndes Geplänkel – Das Pfauenauge und den bunten Fuchs – Citronenfalter gelb mit rothen Pünktchen! Es lockte mich der Fink im Lindenbaum Mit seines Liedes schmetternder Fanfare; Hinschoss die Schwalbe mit gesenktem Flug Und rief: »Quiwit, komm mit!« Es kam der Wind, Der Sommerwind, der duftgetränkte, lose Uind blättert' um verschmitzt das Buch, allein Es liess mich nicht – im Zauberbann befangen Phantastischer Gebilde – las ich fort. Ich sah nur ihn, den tapfren Königssohn. Ich sah nur sie, die strahlende Prinzessin, Ich litt sie all', die unerhörten Leiden, Ich kämpfte all' die fürchterlichen Kämpfe. Es liess mich nicht das Buch, bis ich's bezwungen, Und wie im Traume ging ich dann einher Und sah die Welt durch einen Nebelschleier Und trug das Haupt voll lichter Phantasieen Und heitrer Wunder. – Einmal nur, ach einmal, So denk' ich oft, wenn müde und verdrossen Mein Auge jetzt durch Bücherzeilen schweift, Und all' die kleinen Teufel kritisch meckern, Ach einmal noch möcht' so ich lesen können Wie damals in der gläubigen Kinderzeit! |
Im schatt'gen Winkel zwischen Busch und Baum Lag eine Grabkapelle tief versteckt. Es war dort einsam, selbst des Mittags Glanz vermochte nicht den Schauer zu vertilgen, Der diesen Ort umfing. Die »junge Gräfin,« Sie ruhte dort. – Ich hatte sie gesehen Auf dunklem Postament, im weissen Kleid, Im schwarzverhangnen Saal des Grafenschlosses So bleich und schön. Die schmalen weissen Hände, Sie ruhten stillgefaltet auf dem Busen, Und Blumen ringsumher. Die Lichter brannten, Und war doch draussen heller Sommertag. – Nun schlief sie hier allein in dunkler Gruft. – An's Gitter wohl, erfüllt von stillem Graun, Zuweilen drückt' ich mein Gesicht und starrte In's Finstre ängstlich' bis der schwarze Sarg, bedeckt von Blumen und verdorrten Kränzen, Verschwommen vortrat aus der Dämmerniss. So stand ich einst an einem Sommertag |