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Der Hirte von Teinach.

1816

Bei Teinach lag ein Hirte
Und schlief im grünen Gras,
Derweil sein Herdlein irrte
Und frische Kräuter las;
Den führt' um ein Jahrhundert
Ein seltner Traum zurück,
Er stand und warf verwundert
Ins Dörflein seinen Blick.

Die Häuser, die er wachend
Als alt und grau gekannt,
Sie standen jung und lachend
Mit roter Ziegelwand.
Und wo jetzt ist zu schauen
Das schöne Gotteshaus,
Fing man erst an zu bauen
Und hieb den Grundstein aus.

Die Maurer waren fertig,
Sie ruhten aus vom Fleiß,
Und des Befehls gewärtig
Noch standen sie im Kreis;
Da kam ein Zug gegangen
In feierlicher Pracht,
Mit Federn, Mänteln, Spangen,
Nach jener Zeiten Tracht.

Und ohne lang zu fragen,
Ward's ihm im Traume klar,
Daß der im goldgen Kragen
Der Herzog selber war.
Das neuste drein zu stiften,
Tritt der zum hohlen Stein,
Mit blanken Münzen, Schriften
Und neuem, edlem Wein.

Da wird erst von der Gabe
Ein hohes Glas gefüllt,
Damit zu süßer Labe
Der Herr den Durst sich stillt.
Und sieh, da fällt dem Fürsten
Der Hirt in das Gesicht,
Er sieht ihm an sein Dürsten,
Reicht ihm das Glas und spricht:

»Trink, Freund! es ist der beste
Aus meinem Neckarthal,
Du kommst zu solchem Feste
Doch wohl nicht noch einmal.«
Schon fühlet an den Lippen
Der Hirte sich das Glas,
Und eben wollt er nippen, –
Da wacht er auf im Gras.

Er blickt um sich erschrocken,
Er fühlt die Hand sich leer,
Er fühlt den Mund sich trocken,
Und ach! es fehlt noch mehr!
Wein läßt sich wieder kaufen,
Doch wie er träumet hier,
Ist ihm davon gelaufen
Der Herde schönster Stier.

Er richtet sich mit Fluchen
Vom leeren Boden auf,
Den flüchtigen zu suchen
Beginnt er seinen Lauf;
Bis wo in Büschen stille
Sich birgt ein alt Gestein,
Von dort hört er Gebrülle,
Und mählich dringt er ein.

Ihm ist, als träumt' er wieder,
Er steht in einem Hohl,
Die Steine hangen nieder,
Das war ein Keller wohl!
Und hinten in der Ecken
Da liegt und schlürft der Stier,
Was mag sich dort verstecken?
Springt eine Quell herfür?

Fürwahr es ist die Quelle,
Von der du träumtest, Hirt!
Ein Wein ist's, klar und helle,
Der das Gestein durchirrt.
Das Faß ist lang zerstoben,
Er selbst ward rings zu Stein,
Drinn er sich aufgehoben
Als hundertjährgen Wein.

Von diesem selben Weine,
Wie dir geträumet hat,
Liegt in dem hohlen Steine
Des Kirchengrunds der Stadt.
Laß dich nur nicht gereuen,
Daß du erwacht so bald;
Du hättst getrunken Neuen, –
Jetzt ist er wunderalt!


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