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Antwort an einen jungen Dichter.

1821

 

1.

Daß du bei Sinnenglut und Witzesgaben
Und Phantasie, in fremder Form Gewand,
Entbehren glaubst zu können den Verstand,
Und Geist, Bethörter, wähnest schon zu haben,

Mein Hohn wird sich daran fürwahr nicht laben;
Mich dauert's, wenn ein anvertrautes Pfand
Verschleudert wird in Übermut und Tand,
Und wenn ein junges Roß zu Tod will traben.

Auch hoff ich's ja, du lernst dereinst erkennen
Die Schranke deiner Kraft und wirst, geschult,
Mit Lust und Ernst auf rechter Bahn dich treiben:

Doch Andrer Freundschaft kann für dich entbrennen,
Erst wenn dein Ich nicht mit sich selbst mehr buhlt:
So lang laß uns geschiedne Leute bleiben.

 

2.

Was thu ich, deine Thorheit auszureuten!
Der Ernst, ich weiß es, nicht ist er für alle,
Auch du sprichst redlich, daß er dir mißfalle;
So laß dir mit der Schellenkappe läuten!

Ich will dein Herz mit einem Gleichnis deuten:
Mir kommt es vor wie eines Gasthofs Halle;
Das Haus ertönt von mannigfachem Schalle,
Von Herrn und Knechten, Dirnen wallt's und Bräuten.

Und ausgehängt als Schild hast eine Sonne
Von blankem Blech, die Lust dadrin zu malen,
Herbei zu locken vieler Zecher Schwärme;

Dann einmal übers andre rufst du: Wonne!
Legst drunter dich, als ob sie leucht' und wärme,
Ja, pflegst ein Blumenbeet mit ihren Strahlen.

 

3.

Das ist doch Hohn! das gleicht doch bittrem Spotte!
Ja, mein Versprechen hab ich schlecht gehalten,
Du kennst der Laune tückische Gewalten,
Sie spornt das Flügelpferd oft aus dem Trotte.

Doch spotte du der Spöttereien Rotte!
Denn hast du rechte Schätze zu verwalten,
Die fürchten keines Witzes Spukgestalten,
Und liegen, wo nicht Rost sie frißt, noch Motte.

Geh, nimm dir ein Sonett aus diesem Horte,
Fein, stolz, gedankenreich, mit giftger Spitze!
Schnell ab vom Bogen seine goldnen Worte!

Hier steh ich, Freund, und meine Brust ist offen.
So waffne dich doch nur mit einem Blitze!
Wie will ich jubeln, wenn ich bin getroffen!

 

4.

Zu guterletzt: – O wolltest du mich hören!
Könnt ich mit meinem Ernst, mit meinen Scherzen
Die beide quellen aus gleich warmem Herzen,
Dich in dem Thun, dem unheilvollen, stören!

O hätt ich Einen doch von jenen Chören,
Die Geister bei der Auferstehung Kerzen
Hineingesungen in die tiefsten Schwärzen
Der Seele Fausts, den Wahnsinn zu beschwören!

Schon setzt er an die giftgefüllte Schale,
Da klingt es leise mit den Engelszungen,
Er hält, er horcht, und seine Thränen fließen.

Du auch, du sitzest schon beim Götzenmahle,
Und Gift ist's, was du gierig willst genießen. –
O würd' ein Lied von Engeln dir gesungen.


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