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Die Zeit, von der nachfolgende Erzählung ein Bild geben soll, ist jene, da Ludwig IV., genannt der Bayer (1314-1347), König war im »römischen Reiche deutscher Nation«.
Zeiten, Umstände und Wandlungen hatten es mit sich gebracht, dass aus den von Gott nach seinem Ebenbilde frei erschaffenen Menschen Freie und Unfreie oder Hörige geworden und dass jene Zeiten danach getan waren, aus dem Stande der Freien den sogenannten Kriegsadel herauswachsen zu lassen. Der Landesherr konnte nicht überall sein, und so setzte er zur Aufrechterhaltung der Ordnung Pfleger, zur Verteidigung der Marken und Grenzen Grafen und Gaugrafen, und zu seinen Stellvertretern Vizdome oder Statthalter ein, und hierzu erwählte er gewöhnlich die tüchtigsten, erfahrensten und umsichtigsten Kriegsleute oder Ritter. Mit den übertragenen Diensten war gewöhnlich auch die Verleihung eines »Lehens« verbunden, und mit der Zeit wurden diese Lehen erblich, und die Herren und Ritter nannten sich nach ihrem Stammsitze, z. B. Peter der Eckher oder Peter vom Eck, Markwart von Chamerau usw.
Die Herren und Ritter und anderen Adeligen bildeten bald einen eigenen Stand, und nichts war natürlicher und selbstverständlicher, als dass ihre Söhne eine solche Erziehung genossen, die sie zu ihren Nachfolgern geeignet machte.
Ein solcher Statthalter wurde Peter der Eckher, von dem alten Schlosse Eck bei Metten stammend, eingangs der Erzählung Pfleger auf Mitterfels. Die Geschichtsschreiber schildern ihn als einen rechten, alleweg auf den Vorteil seines Herrn bedachten und strengen, ja geradezu harten Mann. Der Aufruhr der Straubinger Bürger brachte ihm die Stellung als Vizedom ein, und von seinem Reichtume nahmen sowohl Herzog Heinrich als auch später König Ludwig IV. Darlehen. Ersterer verpfändete ihm dafür die Veste Natternberg bei Deggendorf, letzterer die Grafschaft Cham im Walde.
Am 20. Dezember 1340 starb zu Landshut König Ludwigs IV. Mündel, Johann, der Sohn des Herzogs Heinrich XV. von Niederbayern; Ludwig erbte Niederbayern, und der Vizedom Peter der Eckher ward und blieb auch da Statthalter in Straubing.
Als Karl von Mähren zum Gegenkaiser gewählt worden, traf dieser Anstalten, in Bayern einzufallen, und so kam es denn am 18. Oktober 1347 zu dem Treffen zwischen Furth und Cham, wo des Vizedoms Peter Sohn fiel. Manche Geschichtsschreiber melden, es wäre Peter, der Sohn des Vizdoms, gefallen; andere erzählen, ein Sohn dieses Vizdoms, des Eckhers, sei schmählich geflohen, und diesen hätte nachher sein Vater auf der Schranne zu Straubing öffentlich hinrichten lassen.
Da solches nicht zu ermittel, was recht oder richtig ist, hat sich Gotswin, der Schreiber nachstehender Erzählung, die Poetenfreiheit genommen, beide Meinungen und Meldungen zu verwenden. Den trüben Lebensabends Peter des Eckher, des allweg treuen Dieners seines Herrn, beschreibt der Endabsatz der Erzählung.
Die Erzählung will aber nicht nur die Zeit des höchsten Glanzes und des folgenden Erlöschens eines deutschen Herrengeschlechtes erzählend vorführen, sie will auch nicht bloß, damit verbunden, ein Stück bayerischer und deutscher Geschichte widerspiegeln, sie will vielmehr ein mehr oder minder anschaulich Kulturbild jener Zeit geben, und selbst in der Schreibweise und der Sprache jenen Zeiten so nahe als angänglich kommen.