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An Julie Kleefeld in Danzig.

als ich ihr Buch mit Auszügen zurücksandte, den Tag vor meiner Abreise.

Hier, wo so viele Dir nur eigne Schmerzen
In trüben, fremden Bildern vor Dir stehn,
Wo Du das Weh von zahllos heißen Herzen
Als Wiederschein des eignen nur gesehn,
Hier möcht' ich wohl, bei so viel bitt'ren Klagen,
Ein bittend, tröstlich Wort Dir scheidend sagen.
      Wenn Dich des Lebens feindlich fremde Leere
      Im Laufe hemmt, das Ziel dem Aug' entrückt,
      Und Du in fruchtlos unbestimmter Wehre
      Zu retten strebst, was einstmals Dich entzückt,
      Und doch verlierst, Dich selber fühlst erkalten,
      Schon im Versuch, das Schöne festzuhalten:
      Dann blick' auf mich, auf Deine reiche Liebe,
      Die, unerworben, Du mir frei geschenkt! –
      Wenn dies Gefühl in seiner Stärke bliebe
      Wie's jetzt Dein Herz dem Kopf zum Trotze denkt!
      War's nicht der Mühe werth, das Erdenleben,
      Da's solchem Herzen solch Gefühl kann geben? –
Und wenn die Blüthen nun uns all' vergehen,
Und diese Blüthe auch vom Stamme fällt,
Und wenn wir nun und nimmermehr uns sehen,
Und keine Sehnsucht unser Glück erhält,
War es nicht da? – Haben wir's nicht genossen?
Darf Ewiges dem ird'schen Keim entsprossen?
      Drum, daß es war, das halte Dich im Leben,
      Dort oben blühen einst die Sterne auf,
      Hier ist den Blumen kurze Lust gegeben.
      Begegnen nur gewährt des Daseins Lauf!
      Die schönste Frucht ist Grabmal ihrer Blüthe,
      Die ferne Treu wird nie der Nähe Glück –
      Der Blumen Bild den Glauben Dir behüte,
      Der Frucht Genuß rufe sie Dir zurück.

1820, den 22. Juni.


An Julie Kleefeld in Danzig, als ich ihr Buch mit Auszügen zurücksandte, den Tag vor meiner Abreise

H 1, Seite 8 f. – Signatur Sibyllens: A.


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