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Es lag etwas Weiches und etwas Schlichtes in dem kleinen Zimmer, das der Kaiser mit dem Antiquar betrat. Und weich und schlicht war auch die Art, in der die beiden Herren von der Familie in dem kleinen Zimmer empfangen wurden. Im Nebenzimmer hörte man leise Klavier spielen – alte sehr einfache Musik, die im Kaiserreich Utopia immer mehr in Vergessenheit geriet.
Der Hausherr hatte einen grauen Bart und sehr treuherzige Augen und langsame Bewegungen, und seine Frau war ganz ebenso.
Und man sprach von der alten Zeit, und die beiden Töchter des Hauses mußten alte Silbersachen und altes Porzellan – alte Ledersachen und alte Stickereien – alte Holzschnitzereien und alte Elfenbeinarbeiten – alte Bücher und alte Zeichnungen – herbeitragen und zeigen.
Und dabei unterhielt man sich mit dem Kaiser, als wär er ein alter Freund und schon mit allen alten Dingen so vertraut.
Und es gefiel dem Herrn Bartmann – Alles, was er sah, und auch Alles, was er hörte. Und er sprach mit der alten Dame des Hauses von der Seele der Menschheit – und daß die doch grade in den alten Sachen stäke.
»Aber auch«, meinte er, »hinter den alten Sachen steckt noch mehr, als man so sieht.«
Und das wurde lebhaft – auch von den beiden Töchtern – bejaht. Alle waren eifrig bemüht, zu beweisen, wie lebendig die alten Möbel und die alten Schmucksachen seien – man erklärte sich die alte intime Symbolornamentik, betonte die Wichtigkeit der immer wiederkehrenden Motive, lobte die alten gedämpften Farben, das Abgegriffene, das Altväterliche und besonders immer wieder die alten Ornamentmotive – die Rosetten, Kränze, Blumenschüsseln, die alten Schnörkel und die alten Kronen.
Und der Herr Bartmann hatte das Gefühl, als versinke er in all diesem Plunder, und als er beim Abendbrot bemerkte, daß er beinahe das Alte ganz lebendig vor sich fühle, und von den Eindrücken seiner Kindheit plauderte und diese mit all den alten Sachen in Verbindung brachte und immer wieder betonte, daß man so zwischen alten Sachen in einer ganz anderen Welt lebe und daß man diejenigen, die so zwischen alten Sachen in einer anderen Welt leben, ja nicht stören und sie durch nichts herausreißen dürfe – da glaubten Alle, daß Herr Bartmann das Ziel seiner Wünsche erreicht hätte.
Und die alte Dame des Hauses ließ den ältesten Wein bringen und dachte dabei gleichzeitig an ihre älteste Tochter – und hörte zuweilen garnicht ordentlich auf das, was gesagt wurde – und – und es schien dem Kaiser so, als versinke er in eine weiche schlichte alte Zeit – und das Klavierspiel der ältesten Tochter vermehrte dieses Gefühl des Versinkens immer mehr, sodaß der Gast ganz schweigsam wurde.
Wie aber der Herr Bartmann einen Augenblick mit Herrn Citronenthal allein war, warf er plötzlich hart den Kopf zurück und machte mit einem Ruck alle seine Glieder ganz straff und sagte leise aber bestimmt:
»Herr Citronenthal, jetzt müssen wir unbedingt ein Glas Bier zusammen trinken.«
Der Antiquar stimmte natürlich zu, und ihm war dabei so, als hörte er in der Ferne eine alte utopianische Hochzeitsmusik.
Es war aber eine Sinnestäuschung.
Zum Abschiede bat der Herr des Hauses seinen neuen Gast, doch eine alte Schnupftabaksdose – eine sehr feine Silberarbeit mit Email-Miniaturen – zum Andenken anzunehmen.
Und der Kaiser mußte das Geschenk schon annehmen, und er verabschiedete sich von den beiden Alten und den beiden Töchtern mit den dankbarsten Worten, sodaß die Vier garnicht ahnten, wie weit fort die Gedanken ihres Gastes waren.
Draußen zog der Kaiser die Stirn in der Mitte zusammen und rollte mit den Augen.