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Da sagen die Leute immer, der Teufel wandle auf krummen Pfaden, und des Herrgotts Wege seien gerade; ist aber eitel Unverstand, was sie von sich geben. Wäre zu wünschen, solche Art würde klüger durch die ergötzliche und seltsame Geschichte, so diesen Worten auf dem Fuße folgt.
Es können einige hundert Jahre her sein oder mehr, da geschah es dem dummen Teufel einmal, daß ihm sein Höllenfeuer ausging, und weil ihn fror, kroch er aus seinem Loch heraus, wußte nun aber nicht unterzukommen. Da faßte er sich ein Herz und klopfte beim Herrgott an, und weil der ein gar milder Mann ist, ließ er ihn ein und fragte, was er wolle. Nun schämte sich der Teufel zu gestehen, daß er sich nur wärmen möchte, gab sich deshalb ein Ansehen und sagte: »Das einzige Recht möcht' ich üben, das Ihr mir lassen mußtet, als Ihr mir alles übrige Regiment genommen habt. Ich bin gar nicht zufrieden mit Eurer Wirtschaft, und mit Eurer gnädigen Erlaubnis möcht' ich ein bißchen nörgeln dürfen.«
»Du darfst deine Meinung frei und offen sagen,« erwiderte der Herrgott.
»Frei und geradeheraus?« sagte der Teufel bedenklich. »Ja, wer euch großen Herren nur trauen könnte! Wenn's Euch recht ist, brächt' ich's Euch lieber durch ein Gleichnis bei. Wollt Ihr mir zu Willen sein, so seht einmal hinab auf die Erde. Sagt mir, was Ihr auf jenem Pfade bemerkt, den mein Finger Euch bezeichnet.«
»Nichts, was mir auffiele.«
»Nichts? O, und jener Mann dort, und schräg links vor ihm der Knabe?«
»Nun freilich,« sagte der Herr mit Gleichmut, »die beiden seh' ich; doch dünkt es mich nichts Besonderes. Sie scheinen nach der Stadt zu wollen, die ein Stündlein Wegs vor ihnen liegt.«
»So ist es,« grunzte der Teufel mit Behagen. »Und nun sagt mir, was seht Ihr Unterschiedliches an dem Alten und dem Jungen?«
»Gar nichts.«
»O, o! Erlaubt mir die Bemerkung, Eure Augen werden alt, Herr. Gar nichts? Und doch sieht unsereins auf den ersten Blick, daß der Mann nicht viel rechts noch links schaut; er bleibt hübsch auf der festen Straße und setzt bedachtsam einen Fuß vor den andern; auch will mich bedünken, daß sein Auge nicht abläßt von seinem Ziel. Dagegen das Bürschlein, das weicht bald rechts, bald links vom Wege ab, watet hier durch eine Pfütze, springt dort über einen Graben oder streicht durch das Gestrüpp; bald läuft es weit voraus, bald kehrt es in großem Bogen zurück, und ich wette, was Ihr wollt, daß es sich zuletzt noch verirren wird.«
»Und was soll dies dein Gleichnis bedeuten?« fragte lächelnd der Herr.
»Daß Ihr es nicht erraten könnt!« rief der Teufel frohlockend. »Ihr seht dort die kindische Art der vergeblichen Wege, und solcher Art gleicht Eure Weltregierung auf ein Haar, vor allem, wenn Ihr die Menschen leitet.«
»Sprich dich deutlich aus,« sagte der Herr in langmütiger Geduld.
»Wohlan, Ihr laßt Euch den Gott der Wahrheit nennen und gebt doch zu, daß sich die Menschlein in die undurchdringliche Wirrnis des Irrtums verstricken. Seht einmal dort tief unten das Heer der Mörserdrescher, sitzen in ihren Räucherkammern, scheiden tausend Stoffe und verrühren sie dann wieder zu einem schrecklichen Brei. Gold wollen sie machen, die Narren! Was duldet Ihr, daß sie sich erfolglos mühen um des Unmöglichen willen?«
» Damit sie erfinden lernen.«
»Erfinden, hm! Und jene Sterngucker, die jede Nacht den Himmel absuchen und aus den Stellungen der Gestirne Geburt und Tod, Glück und Unglück der Erdenwürmer lesen wollen? Ihr wißt, daß nichts dergleichen darin geschrieben steht, warum also gebt Ihr solche Torheit zu?«
» Damit sie entdecken lernen.«
»Entdecken? Ihr versteht zu antworten. Doch dann sagt mir zum Schluß noch eins. Ihr kennt jene Wortverdreher, die aus Bibelfetzen Glaubenslehren machen, die da beweisen, daß dreimal eins gleich eins sei und an dem, was unfaßbar ist, die Fechterkunststücke ihres Geistes zeigen. Warum schweigt Ihr, obgleich sie durch solches Unwesen tausend mal tausend Bücher füllen?«
» Damit sie denken lernen.«
»Denken? Das fass' ich nicht. O Herr, es war nicht gut, daß Ihr mich abgedankt habt! Ich hätte nie zugegeben, daß die bejammernswürdigen Geschöpfe solch vergebliche Wege gingen.«
Nun war es aber dem Herrn genug, sagte also, um dem andern sein gottlos Maul zu stopfen: »Wohlan, du dummer Teufel, ich setz' dich wieder in dein altes Amt, wenn du etwelche Sach' besser machen kannst, denn ich selber. Siehst du den Berg dort? Er ist wohl hoch, und wer ihn erklimmen wollte, hätte seine Plage daran. Nun wollen wir beide einen Weg bauen, du jenseits, ich diesseits, und soll ihn jeder machen ganz nach seiner Wahl, daß er leicht und schnell zu ersteigen sei. Dann sollst du dir einen Menschen suchen, ganz nach deiner Wahl, daß er auf deiner Straße gehe, und ich will mir einen Menschen wählen, der auf meinem Pfade schreite. Dann werden wir achtgeben, wer zuerst den Gipfel erreicht, und also wird kund werden, wessen Wege die besten sind.«
Da war der Teufel zufrieden und ging unverweilt ans Werk. Weil er aber dachte: Kurzer Weg, rascher Weg! so baute er ihn geradeswegs vom Fuße bis zur Höhe und schaffte sauber alle Steine beiseit. Und auch der Herr baute seinen Weg, dreimal so lang als des Teufels Weg, der stieg im Zickzack die Berglehne hinauf und war anzusehen wie eine Schlange, die durch scharfes Gras geht. Und als sie fertig waren, bestellte sich jeder einen Menschen, maßen sie beide und fanden, daß sie von gleichen Kräften seien, und wurden auf ihren besonderen Weg gestellt. Sagte darauf Satanas zu seinem: »Geh rasch, dein Weg ist viel kürzer, da kann dir's nicht fehlen!«
Der Herrgott aber sagte: »Geh langsam, guter Freund, und laß dich's nicht verdrießen, daß dein Pfad immer vor dem Ziele wegzulaufen scheint.«
Darauf fingen beide an zu steigen, wie ihnen befohlen war. Und des Satans Mensch vermaß sich in seinem Herzen, bald oben zu sein, stieg rasch und hielt nirgend inne, kam auch ein gut Stück hinauf in einem Lauf. Aber da hämmerte ihm das Herz, und die Lungen gingen wie Blasbälge, so daß er verschnaufen mußte. Dann stieg er wieder ein wenig und verschnaufte wieder ein wenig; aber weil der Weg immer steiler und sein Atem immer kürzer wurde, so ward die Zeit des Verschnaufens immer länger und die des Steigens immer kürzer, hoffte aber dennoch, als Erster oben zu sein.
Derweil setzte des Herrgotts Mann seine Füße bedächtiglich den einen vor den andern, stieg allmählich bergauf und spürte kaum, daß ihm der Atem rascher ging, hastete nicht, rastete aber auch nicht und hielt nicht inne im Zweifel, wenn sein Weg sich vor dem Gipfel zu fürchten schien. So dauerte es nur ein paar Stündlein, und er war frisch und munter oben. Da sah er sich um nach des Teufels Menschen und fand ihn weit unter dem Gipfel platt am Boden liegen; ihm waren zuletzt bei jedem Schritt auf dem glatten Weg die Füße talwärts gerutscht, und nun jappte er wie einer, dem die Leber herausgeschossen ist.
Also hatte der Herrgott gesiegt, lachte sich eins und sprach zum Teufel: »Siehst du nun wohl, Meister Valand, daß des Herrgotts Wege doch besser sind als deine, wenn sie auch ein wenig in die Kreuz und Quere gehen?«
Hat der dumme Teufel solches wirklich eingesehen und sich seit jenem Tage nimmer in des Herrgotts Regiment gemischt.
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