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Zur Erbauung der Stadt Herzberg oder Hirzberg, wie es die alten Diplomata schreiben, soll Folgendes Gelegenheit gegeben haben. Es hätte Albertus Ursus, Markgraf zu Brandenburg und Herzog zu Sachsen, der ein gewaltiger Jäger gewesen, einstens in den beerwaldischen Heiden, so unweit Herzberg gelegen, gejaget und einen starken wohlgehörnten Hirsch angetroffen, demselben fleißig nachgestellt, solchen aber niemals zum Stande bringen können, sondern es wäre derselbe stets, sobald er die Leute ansichtig worden, vor ihm geflohen; endlich hat er ihn doch nach vieler Mühe in der Gegend, da hernach die Stadt angeleget worden, gefällt und ihn durch den Kopf geschossen. Es soll solcher Hirsch nebst Alberti Brustschilde, daran Albertus Hand, einen Bogen führend, im Schloß Beerwalde im sechzehnten Seculo noch sein gesehen worden, auch solches mit der Stadt altem und großem Insiegel zu beweisen sein.
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Von einem Fürsten von Grubenhagen, der in Herzberg residirte, wird auch erzählt, daß er die Edeln wegen ihrer Hartherzigkeit vor einen Pflug gespannt habe und es soll sich bei Herzberg (nach einer Mittheilung aus Klausthal) noch ein Adelacker finden, der aber gewöhnlich nur der Acker genannt werde.
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Auf dem Güß, einem großen Wasser bei Herzberg, hat ein großer Ackerhof gestanden, worauf steinreiche Leute gewohnt haben. Einstmals ist ein Bettler nach diesem Ackerhofe gekommen und hat Nachfrage um ein bischen Brot gethan. Da hat ihm die Herrin ein bischen Brot gegeben, und der Bettler hat gesagt, sie möchten ihm doch auch ein wenig Butter geben, denn er wäre so alt und schwach und deshalb thäte ihm auch einmal ein bischen Zubröde gut, und solche Leute wie die auf dem Ackerhofe hätten es ja auch nicht gespürt an ihrem Reichthume, wenn sie dem Bettler auch ein bischen Zubröde gegeben hätten. – Da hat die Herrin das Brot zurückgenommen und Dreck auf das Stück geschmiert vom jüngsten Kinde, das sich soeben beschmutzt hat. Der Bettler, welcher altersblind gewesen, ist seiner Wege gegangen, ohne bemerkt zu haben, was auf seinem Brote gewesen ist. Unterwegs aber hat der Alte Appetit verspürt und sein Brot hervorgezogen, um es aufzuspeisen. Als er nun dabei merkt, was die reichen Leute gethan, denkt er bei sich selber, sie hätten doch an dir verdient, daß sie gleich sammt ihren Schätzen untergingen. In demselben Moment, daß er dies gesagt hat, ist sogleich das Schloß untergegangen, und sein Wunsch ist sogleich eine Strafe für die schlechten Menschen geworden, die ihnen Gott gesandt hat. Nach dieser Zeit ist ein Wassertaucher gekommen, der ist so lange in diesem Wasser gewesen wie in keinem andern. Wie derselbe herausgekommen ist, hat er gesagt: Nun und nimmer ginge er wieder in dieses Wasser, denn unten im Wasser wäre er auf ein Haus gekommen, vor demselben hätten vier große schwarze Pudelhunde mit feurigen Augen gelegen, die hätten Feuer gespien, und ihres Gleichen an Größe und Stärke hätte er auf der Erde noch nie angetroffen, denn ein Hund wäre wol so groß wie ein Löwe gewesen, und er hätte, wenn er sich nicht für einen Dachdecker aus dem Dache ausgegeben hätte, sterben müssen. Da sind einige Herren unter den Zuschauern gewesen, die haben dem Wassertaucher tausend Thaler geboten, wenn er einen Ziegel von dem Dache des Hauses hole. Der Wassertaucher, welcher geldgierig gewesen, ist noch einmal untergetaucht und nie wieder ans Tageslicht gekommen, vermuthlich haben ihn die vier Hunde zerrissen. Die vier schwarzen Hunde sind aber umschicht (abwechselnd) nachher in Herzberg umhergegangen und haben Jeden, der Nachts auf die Freit gegangen ist, ins linke Bein gebissen.
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In Herzberg hat ein Oberförster gewohnt, der hat keinen Jägerburschen behalten können, weil sie ihm immer von einem andern Förster, der Freikugeln hat schießen können, todt geschossen sind. Eine ganze Zeit lang hat er darum keinen Burschen gehalten. Einst kam ein Jägerbursche und bot seine Dienste bei diesem Oberförster an, der aber wollte ihn nicht annehmen und erzählte, wie es ihm noch bei jedem Burschen ergangen wäre. Der Jäger sagte: Wenn weiter nichts wäre, diesem Dinge wollte er schon den Pflock beistecken. Der Oberförster nahm also den Burschen an. Den andern Tag, als der nun ins Holz ging und der Freischütz nach ihm schießen wollte, stellte er seinen Hut zwanzig Schritt von sich und fing die Freikugel darin auf, lud sie in sein Gewehr und schoß den Förster todt. Von dieser Zeit an hat der Oberförster seine Burschen behalten.
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Bei Herzberg unter dem Schloßberge hat ein großes Haus gestanden, darin hat eine Mamsell gewohnt, zu der ist immer ein kleines Männchen gekommen und hat um Essen gebeten. Die Mamsell hat ihm auch immer etwas gegeben, und eines Tages unter dem Essen sagte er zu ihr: sie solle mit ihm gehen. Sie ging also mit ihm und der Zwerg führte sie in eine lange Höhle, aus der in einen tiefen Keller, aus dem Keller in eine Küche, worin viele Kohlen gelegen haben. Dort sagte er zu der Mamsell, sie solle sich eine Schürze voll Kohlen mitnehmen, das that sie auch, warf sie unter den Feuerherd und ging dann in ihre Stube. Als sie wieder herauskam, fand sie statt der Kohlen lauter Goldstücke unter ihrem Herde. Nach dieser Zeit hat man die Zwerghöhle nicht wieder finden können.
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Auf dem Hausberge unweit der Aschenhütte bei Hörden soll früher ein Nonnenkloster gestanden haben und in einem Kriege von Franzosen zerstört sein. Lange Zeit wurden die Nonnen in ihrem Kloster gefangen gehalten und die Feinde ließen sie bald verschmachten, und da wollten sie sich einen heimlichen Gang graben bis nach dem Forsthause Lüderholz, das an der Chaussee zwischen Herzberg und Osterode liegt. Dabei aber fanden sie eine silberne und eine goldene Glocke; wenn sie mit der silbernen Glocke läuteten, brachten Engel Speise, läuteten sie mit der goldenen, so brachten sie den schönsten Wein, und so wurden die Nonnen von den Engeln gespeist und getränkt, bis sie aus der Gefangenschaft erlöst waren.
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In der Nähe des Forsthauses Lüderholz liegt das Hegerfeld und daran gränzt das Bärenholz oder der Silberhai. Auf dem Hegerfelde aber hat ein Nagelschmiedemeister aus Herzberg Land gehabt, und als er eines Tages dort an seinem Acker gearbeitet hat, ist ein Handwerksbursche gekommen, der hat sich bei ihm in Dienst gegeben. Der Handwerksbursche aber hat statt der Nägel nur Geräthschaften geschmiedet, ist auch oft mit seinem Meister nach dem Hegerfeld gegangen, da haben sie ein Loch gegraben und viel Gold herausgeholt. Als nun der Meister davon wohlhabend geworden war und was im Burnus hatte, wurde der Gesell eines Tages so ängstlich und hieß seine Meistersleute einen Kessel mit Wasser herbeischaffen. Da ist auch alsbald eine Kugel in den Kessel geflogen, und der Gesell hat gesagt: die käme weit her und hätte ihn treffen sollen; hat sie auch sogleich wieder fortgeschickt und gesagt: jetzt träfe sie Den, der damit nach ihm gezielt hätte. Danach ist aber der Gesell fortgegangen und der Meister hat die Stelle auf dem Hegerfelde nicht wiederfinden können.
Ein andermal hat auch ein Mann an seinem Acker gearbeitet und hat sich niedergelegt zu schlafen, da hat er, wie er so dagelegen, einen eisernen Kasten erblickt, ist hingeeilt zu der Stelle und hat lauter zinnerne Schüsseln darin gesehen. Die hat er eben herausnehmen wollen, da ist aber seine Frau gekommen und hat ihm zugerufen: »Hans Heinrik, wat makest de denn da?« Wutsch war der Kasten mit dem Zinn und den Schüsseln fort.
Auch eine Jungfer mit Schlüsseln hat sich in der Nähe vom Hegerfeld und vom Forsthause Lüderholz gezeigt. Es soll auch auf dem Hegerfelde selbst früher das Dorf Hegerdorf gestanden haben.
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Zwischen Herzberg und Osterode ist ein Fuhrmann vom Eichsfelde mit einem vierspännigen Fuder Kartoffeln gefahren, da hat nicht weit von der Papenhöhe plötzlich ein weißes Männchen neben ihm gestanden. Da sind die Pferde niedergestürzt und die Wagenräder sind bis an die Axe in die Erde gesunken, dem Fuhrmann aber ist gewesen, als wäre der Wagen in lauter Granatbischen zersplittert. Das weiße Männchen ist auf den Wagen gestiegen und hat sieben oder neun Kartoffeln davon genommen, aus jedem Sack eine. Darauf hat es gesagt: jetzt hätte es sein Recht, und ist von dem Wagen heruntergestiegen. Sogleich sind Wagen und Pferde von selbst wieder in die Höhe gekommen und so leicht dahin gefahren, als wäre nichts geschehen.
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Bei Pöhlde auf dem Rothenberge ist eine Stelle zu sehen, da hat ein Kaiser heimlich einen Vogelherd gehabt. Auch die Kaiserin Mathilde hat in Pöhlde einmal gewohnt, die hat immer ihre Dienerinnen in den Wald geschickt, damit sie die Vögel haben füttern müssen nach des Kaisers Tode, um seiner Seele Ruhe zu geben.
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Die Mönche in Pöhlde müssen zu Zeiten ihrer Sünden wegen umgehen, und dann sieht man sie scharenweise in Pöhlde herumstreifen. Wenn die Leute zu Pöhlde das bemerken, so sagen sie: Die Mönche haben diese Nacht einmal wieder Auflage gehabt.
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Im Tumpenseesteiche zu Pöhlde sitzt eine Jungfer, die hat rothe Haare und läßt sich alle Nacht zwischen Elf und Zwölf sehen. Einem Burschen rief sie siebenmal zu, daß er ihr doch einmal an die rothen Haare greifen möchte, und als der es nicht wagte, sprach sie: nun müßte sie noch so lange wandern, bis aus einer Eichel eine Eiche aufwächst, die Eiche haubar und eine Hotze (Wiege) daraus gemacht würde; der Knabe, der dann in die Wiege zu liegen käme, könnte sie wieder erlösen.
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Dicht bei Pöhlde und dicht am Rothenberge ist ein Stück Land, das heißt die Krambude. Da ist einmal ein Kerl ohne Kopf herumgelaufen und hat einem Burschen, der da etwas gefahren hat, die Pferde ins Buchenholz hineindrängen wollen, das sich am Rothenberge hinzieht. Der Bursche aber gab das nicht zu; da verschwand der Mann ohne Kopf und dabei war er wie ein Feuerklumpen anzusehen, hatte auch einen langen feurigen Schwanz.
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Auf der alten Burg auf dem Rothenberge bei Pöhlde geht zur Nachtzeit ein goldenes Kalb, das zeigt sich besonders da, wo sonst das Thor gewesen ist.
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Bei Pöhlde befindet sich eine Stelle, die zu dem Kloster gehört hat, da ist eine eiserne Thür in der Erde und darunter ist viel nach Schätzen gesucht. Es soll aber einmal die Pest in Pöhlde geherrscht haben, da ist sie unter der eisernen Thür vergraben worden.