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I.
Des wilden Jägers Jagdzug wird auf dem Oberharze zumeist in der Gegend der Altenau und des Bruchbergs, an den Vorbergen des Brockens erblickt und es scheint, daß man ihn meist vom Brocken herkommend denkt, wo er einen Ausjageplatz hat und sich dort auf dem alten Wetterberge mit Wind und Wetter zu schaffen macht. In Lerbach sagt man, daß der wilde Jäger während des Gewitters umhergehe und rufe: »Wer will Fleisch?« Dann darf ihm aber bei Leibe Niemand antworten. – Vor vielen Jahren sind einmal zwei Frauen, eine Namens W.... und die andere Namens L....., aus der Altenau ins Gras nach dem Ochsenberge, der wol eine Stunde von der Altenau liegt, gegangen. Weil es nun sehr heiß gewesen ist, so haben sie Alles, was sie angehabt haben, bis aufs Hemd und den Rock ausgezogen. Beide haben sich schon ihre Trachten geschnitten und sind eben am Zurechtmachen derselben, als sie auf einmal ein Sausen und Brausen und Etwas wie Pferdegewieher in der Luft hören. Schnell laufen sie, Grastracht, Zeug und Alles, was sie bei sich gehabt haben, im Stiche lassend, davon, nach Hause. Wie sie aber wol meinen, daß der wilde Jäger, denn sie haben gedacht, daß derselbe es gewesen, durchgezogen sei, da gehen sie mit Zittern und Beben wieder hin an den Ochsenberg nach ihrer Grastracht, ziehen ihr Zeug geschwind an, hocken ihre Tracht auf und machen sich davon.
II.
Zimmerleute hauten einmal zur Winterszeit am Bruchberge Bauholz. Als sie da des Abends in ihrer Köthe um das Feuer herumlagen, ihr Abendbrot verzehren und eben den Braten vom Feuer nehmen wollten (es ist ein Hinterzimmer von einem Reh gewesen, das sie gehabt), da ging's hinten im Walde: »Hoho! hoho!« und dazwischen klafften die Hunde. Den Zimmerleuten wurde angst und bange, einer aber war keck, fürchtete sich vor nichts und sprach: »Was gilt's? Das ist der wilde Jäger! Den muß ich sehen.« Gleich darauf kam auch der wilde Jäger heran mit seiner ganzen Schar. Der kecke Zimmermann ging vor die Köthe und als der Jagdzug vorüber war, schrie er spottweise: »Hoho! hoho! hoho!« Im Augenblicke kehrte die Schar wieder um, vor der Köthe vorbei, und der Zimmermann bekam eine Ohrfeige, daß er wie todt niederfiel. Zur Thür herein aber flog eine schwarze Masse und stürzte ins Feuer, daß den Zimmerleuten die Kohlen und die Asche um die Köpfe flogen. Als sie sich erholt hatten und Licht anzündeten, war der Rehbraten verschwunden und statt seiner lag eine Pferdelende aus dem Herde. Der Zimmermann aber, der die Ohrfeige bekam, hat seit der Zeit nie wieder den wilden Jäger nachgekabbelt.
III.
Den wilden Jäger, so erzählte mir Jemand, habe ich zweimal gesehen; das eine Mal bewachte ich mit einem Kameraden im Herbst die Kartoffeln. Wir hatten ein Feuer angezündet; als ich das Jauzen wie von einem wilden Schwein oder von einem Eseltreiber: Hoi! hoi! vernahm, ging ich eine Strecke weit vom Feuer weg, um ihn zu erblicken. Doch sah ich ihn später deutlicher, als ich in einer Bucht (Köhlerhütte) war. Da zog er über die Bucht weg, kaum hundert Schritt entfernt. Er kam vom großen Breitenberg und zog in der Waldung durch nach dem Voshai. Tausend Stimmen hörte ich aus der Luft, sah aber nur den wilden Jäger. Er sah ungefähr aus wie ein Förster und hatte an sich viel grünes Kram. Ob er durch die Lüfte ging oder schritt, konnte ich nicht unterscheiden, es war fast als ob er flöge und als ob sich ein Fittich rege, doch kann es auch ein Mantel gewesen sein, den er auseinanderschlug. Sein Aufzug war zu vergleichen, wie wenn die Sonne schnell über einen Ort hinzieht. Deshalb konnte ich ihn auch diesmal noch nicht genau sehen, doch erkannte ich deutlich, daß es Derselbe war, den ich, nur noch weniger deutlich, auf dem Felde gesehen hatte. Beide Male verhielten wir uns ganz ruhig. Denn den Eseltreibern, die am Brocken gelagert waren und das Hu! hu! und das Bellen der Hunde nachahmten, als er vorüberjagte, warf er die Lende von einem todten Pferde zu und rief: weil sie ihm hätten geholfen jagen, sollten sie auch helfen knagen, die Pferdelende solle ihnen zur Weisheit dienen, daß sie ihn künftig nicht wieder nachmachten.
IV.
In Andreasberg erzählt man vom wilden Jäger: er hätte durch den Eber seinen Tod gefunden und sich dabei gewünscht, nicht zu verwesen und zu jagen bis an den jüngsten Tag. Darum verwest der wilde Jäger nicht und muß jagen bis an den jüngsten Tag. Viele haben das Hundebellen und den Jagdruf: Hoi! hoi! in der Luft gehört. Einstmals hat ihm Jemand am Breitenberge unter dem Brocken nachgejagt, d.h. er hat auch Hoi! hoi! gerufen, da hat der wilde Jäger auch gerufen:
Hast du geholfen jagen,
Sollst du auch helfen knagen,
und hat ein todtes Pferd heruntergeworfen. Da hat der aber verlangt, er solle ihm Kümmel und Salz dazu bringen, und das hat er nicht gekonnt. Da hat der brauchen das todte Pferd nicht zu essen.
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Am Bruchberge und besonders in einer bestimmten Gegend desselben waren früher so viele Wölfe, daß, wer dort übernachten mußte, auf die Klippe, die deshalb Wolfswarte genannt wird, sich begab und dort ein Feuer anzündete, sie zu verscheuchen. Einstmals kohlte ein Köhler unweit der Wolfswarte, der erwartete vom Sonnabend bis Sonntag Morgen seine Frau, welche ihm Lebensmittel bringen sollte. Da sie auch am Sonntag Morgen nicht kam, so wollte er ihr entgegengehen, da begegnete ihm ein Wolf, der hatte die Schnauze voll rother Fasern, die waren von dem rothen Rocke der Köhlersfrau, welche er etwas weiterhin zerfleischt und getödtet hatte. Zuletzt wurden die Waldungen am ganzen Bruchberge wegen der reißenden Thiere, besonders der Wölfe, abgebrannt, und das ist der Grund, weshalb er noch jetzt an vielen Stellen so kahl ist.
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Beim Beerenpflücken am Ackergebirge, das zum Bruchberge gehört, haben sich einmal vor alten Zeiten drei Bauersleute aus dem Lande verirrt und sind zuletzt, weil sie sich gar nicht wieder fortfinden konnten, da umgekommen. An der Stelle, wo sie nach längerer Zeit gefunden und begraben wurden, stehen am Acker bis auf den heutigen Tag drei Steine. Ein Hirtenknabe ist einmal, als es am Bruchberge noch so ganz öde war, am Acker bis unter die Arme in den Bruch (Morast) versunken und hat sich da acht Tage durch Schnecken, die um ihn her gelegen haben, ernährt.
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Am Wolfskopfe hat sich der Waldarbeiter Nothdurft mit einem scharfen Beile in den Fuß gehauen und ist daran gestorben, er läßt sich nun dort in der Gegend des Ackergebirges sehen. Zwei Brüder lagen in einer Bucht (Köhlerhütte, auch Köhlerköthe) zur Nachtzeit, als der Eine von ihnen erwachte und Nothdurft sah. Er weckte den Andern, dieser war sehr beherzt und da er nichts erblickte, so trat er zur Bucht hinaus und ging, um frische Lust zu schöpfen, in der hellen Nacht ganz um dieselbe herum, ohne Jemand zu bemerken. Kaum aber hatte er sich dann wieder neben seinem Bruder niedergelegt, als Nothdurft sich ganz zur Thür der Bucht hereinlegte. Die Brüder, welche ihm nun nachblickten, sahen ihn nach der Stelle hingehen, an welcher er sich gehauen. Dabei schrie er fortwährend: Hoi! hoi! hoi! wie ein Eseltreiber oder eine Eule.
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Es ist einmal ein Fuhrmann Namens Dehne aus der Altenau mit seinen Pferden über den Bruchberg gefahren. Da sah er auf einmal vom Wege aus ein Loch, worin gelbe Erde war. Er dachte, du sollst dir einmal einen Brotbeutel voll davon mitnehmen; kratzte also einen Haufen zusammen und that denselben in seinen Brotbeutel. Diesen nahm er mit nach Hause. Hernach hat er gedacht, das könnte vielleicht Werth haben, hat die Erde nach Goslar genommen und da verkauft. Dazwischen ist auch Gold gewesen. Darauf ist er einmal wieder über den Bruchberg gefahren, da hat er wieder daran gedacht und hat wieder zusehen wollen, ob er das Loch hat wieder finden können. Da ist aber von keinem Loche eine Spur zu sehen gewesen, so eifrig er auch gesucht hat.
Auch sind einmal zwei Männer aus der Altenau, Einer hat Fedisch und der Andere hat Schmidt geheißen, ins Holz gegangen. Sie streiften so im Walde herum, trockenes Holz zu suchen, und dabei kamen sie ins Kellwasser. Auf einmal kamen sie an einen großen grünen Platz, in dessen Mitte ein Loch war. Sie guckten hinein. Da war's in demselben so wie gelber Letten (Lehm). Sie dachten, ihr sollt euch doch einmal von dem Krame ein Bischen mitnehmen; machten sich also Jeder so einen Klumpen, wie ein großer Schneeball groß ist, zurecht und nahmen ihn mit. Auf dem Wege besah Schmidt seinen Lehm und sagte zu seinem Kameraden: was sie doch mit dem Lehme wollten, den könnten sie hinter ihrem Hause finden, den brauchten sie so weit nicht zu schleppen, kurzum er warf seinen Lehm fort. Der Fedisch ist aber klüger gewesen und hat seinen Klumpen behalten. Wie er nach Hause kam, legte er seinen Klumpen oben aufs Kandelbrett über den Fenstern. Da ist auch einmal ein Schacherjude gekommen, der auch in Gold und Silber geschachert hat. Sowie er in die Stube trat und da oben auf das Brett guckte und den Klumpen gewahr ward, so sagte er zu dem Fedisch, er solle ihm doch das einmal zeigen. Er nahm den Klumpen herunter, und wie der Jude ihn besehen hat, so bot er ihm gleich einen Gulden; er war damit zufrieden, und der Jude gab ihm einen Gulden und ging mit dem Klumpen fort. Da ist auch in dem Lehm Gold gewesen. Wie nun der Fedisch und der Schmidt einmal wieder beieinander kamen, da sagte der Fedisch zu ihm, daß er für seinen Klumpen einen Gulden bekommen habe. Das ärgerte den nun, daß er seinen Klumpen weggeworfen hatte, und er beredete den Fedisch, noch einmal dahin zu gehen und Etwas davon zu holen. Aber wie sie ins Kellwasser kamen, da sahen sie von keinem Lehme etwas und der ganze Platz war mit Rasen bewachsen.
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I.
Vor vielen Jahren ist in der Altenau ein Jäger gewesen, welcher auf einer Wiese im Schulthale gelegen und geschlafen hat. Auf einmal sind ein Paar Männer gekommen, welche Venetianer gewesen sind. Diese Männer sind immer nach dem Bruchberge gegangen und haben Gold herausgeholt, was kein anderer Mensch hat zu finden gewußt. Sie haben ihn aufgeweckt und ihn gefragt, ob er ihnen nicht den Weg nach dem Bruchberge zeigen könnte. Der Jäger hat hier in der Gegend gut Bescheid gewußt und also gesagt, den könne er ihnen wol zeigen. Darauf sind sie mit ihm fortgegangen nach dem Bruchberge. Da sind sie miteinander nach einer kleinen Grube gegangen, welche wie ein Stollen in den Berg hineingeführt hat. Hier haben sie die gelbe Erde, welche sich in derselben gefunden, ausgewählt und in einen Beutel gethan. Das ist aber das pure Gold gewesen. Wie sie fertig sind, haben sie sich hingelegt und geschlafen. Wie sie aber aufwachen, da sind sie Alle in Venedig. Der Jäger hat sich nun aber in der großen Stadt nicht zu finden gewußt, da haben ihn seine zwei Gefährten in der ganzen Stadt herumgeführt, ihm in ihrem Hause auch ihre ganzen Schätze gezeigt, die sie gehabt. Sehr viele Schränke zeigten sie, wo Alles, was man nur hat erdenken können, von Silber und von Gold gewesen ist; auch alle Mineralien. In dem einen Schranke ist eine ganze Jagd gewesen, Hirsche, Rehe, wilde Schweine und alle wilden Thiere, entweder von Gold oder von Silber. Der Jäger hat einen silbernen Hirsch zum Andenken bekommen. Des Abends legen sie sich zu Bette und wie sie am andern Morgen aufstehen, da ist der Jäger wieder im Schulthale auf der Wiese, wo er gelegen hat, und die Venetianer sind in Venedig geblieben. Seinen silbernen Hirsch hat der Jäger bei sich gehabt. Hernach hat der Jäger einmal wieder nach der Grube gewollt, um sich von der Erde auch was zu holen, da hat er aber weder den Weg zu der Grube noch die Grube selbst finden können.
II.
Dieselbe Sage wird auch folgendermaßen am Oberharz erzählt: Ein Revierförster ging eines Morgens in seinem Revier, da sah er von Weitem sechs Menschen kommen. Er ging auf sie zu, fragte, was sie da machten, kannte aber Keinen davon, weil sie so unscheinbar waren und keine rechte menschliche Statur hatten. Er drohte ihnen und sagte, sie möchten ihm sein Revier nicht verruiniren, ging aber von ihnen fort, ohne sie weiter zu verstören. Am andern Morgen ging er wieder an diese Stelle, um nach den Männlein zu sehen. Da traf er Niemand mehr an, dachte, das sei wol nicht die Zeit, wo die Männlein da wären, setzte sich hin und schlief ein. Als er aufwachte, war er in einer Gegend, wo er noch niemals gewesen war. Nun ging er da umher und gelangte an ein großes Wasser. Da kam ein großer Hund und erbot sich, ihn über das Wasser zu tragen. Als er nun über das Wasser hinüber war, fand er einen großen Garten. Darin waren Vögel, die konnten sprechen und ein Haus, das war so durchsichtig wie Krystall. Da kamen die sechs Leute und führten ihn in dies Haus, da war Alles, was hier auf Erden ist, von Golde – auch das ganze Wild – Hirsche, Schweine, Hasen, Füchse. Da sagten die Leute: er solle sich davon Etwas wünschen und der alte Förster wünschte sich darauf einen Zehnender. Nun nöthigten sie ihn auch zum Essen; die Speise waren weiße Schlangen. Der Förster sagte anfangs, die könne man nicht essen, mußte aber essen. Nun mußte er sich in ein Bett legen und als er aufwachte, saß er an dem Baume, wo er an dem Tage hingegangen war. Er schaute um und um, ob er träume; da war unter ihm ein Born, da kam eine Statur heraus und sagte, daß er nicht träume, hier sei der Hirsch, den er sich gewünscht habe. Der Förster nahm den Hirsch, die Statur war verschwunden, und er ging mit seinem goldenen Zehnender nach Hause.