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Der Drache zu Sanct Barbara

Ein Kleines ob Sanct Barbara
Blinkt eines Bergsees Spiegel,
Dem aufgedrückt Frau Fabula
Der Sage zaubervolles Siegel.

Dem See entstieg ein Ungethüm
Einst von gewalt'gem Drachen,
Die Nüstern schnaubten ungestüm,
Und Feuer floß aus seinem Rachen.

Er ringelte den Schuppenleib
In furchtbar wilden Kreisen
Und zeigte Lust, so Mann als Weib
Mit Haut und Haaren aufzuspeisen.

Die Gegend kam in Aufruhr wie
Am Ende aller Tage;
Den wahrlich, jenes Drachenvieh
Schuf weit und breit nicht wenig Plage.

Wer's sah, wenn's schnaubend näher kroch,
Dem wurde angst und übel;
Der Bestie Athem stank und roch
Nach Bilsenkraut, Tabak und Zwiebel.

Den Boden übergoß sein Schleim
Mit einem Netz von Bächen,
Daß auch nicht eines Kräutleins Keim
Es wagte, aus dem Grund zu brechen.

Manch' Kalb und Rind fand seinen Tod,
Verheert ward Feld und Anger;
Schon nahgerückt stand Hungersnoth,
Jed' Lüftchen ging mit Krankheit schwanger.

Zu einem Mann der schwarzen Kunst
Zog fragend da der Haufe,
Ob nicht des argen Scheusals Gunst
Durch irgend etwas man erkaufe.

Wohl wußte der, wie Drachen sind
Und was sie meist begehren,
Rieth, ihm ein jungfräuliches Kind
Von über Vierzehn zu verehren.

Das Los ein Dirnlein roth erkor,
Das frisch ins Leben lachte ...
Dem Drachen kam bedenklich vor
Die Jungfrau'nschaft, die man ihm brachte.

Er schüttelte erzürnt den Kopf
Und gab sich nicht zufrieden;
Zwei Dutzend And're wies der Tropf
Zurück dann ebenso entschieden.

An's Losen kamen nun zuletzt,
An Runzeln reich, Matronen;
Das Unthier schaute d'rob entsetzt –
Rein waren dieser Tugendkronen.

Es schnitt das grimme Fabelthier
Recht sauere Gesichter
Und schien auf Flucht, ja Prügel schier,
Als solchen Höllenfraß erpichter.

»Für diese Atzung dank' ich euch,
Deshalb wird man kein Drache« –
So brummt es laut und that zugleich,
Als ob es aus dem Staub sich mache.

Erst stank's ein wenig, dann begann
Die Flügel es zu recken.
Man sieht, mit alten Jungfern kann
Man Drachen selbst von hinnen schrecken.

Die Mädchen von Sanct Barbara
Bedachten die Gefahren,
Die ihnen zum Entsetzen noch
Als Lohn für ihre Tugend waren.

Sie zogen daraus manche Lehr',
Und mögen's heut' noch üben;
Denn gar nicht Viele sind seither
Zu lange Jüngferleins geblieben.