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Der gepfändete Kopf

Ein junger Künstler hat unter schwersten persönlichen Opfern im Berliner Osten eine Arbeiter-Kunst-Ausstellung zusammengebracht. Was da ausgestellt ist, sind zum Teil wesentliche Talentproben; der gewöhnliche kritische Maßstab ist allerdings nicht anzulegen, da die meisten dieser Arbeiten nicht von Berufskünstlern geschaffen und zudem nach schwerem Tageswerk entstanden sind. Jedenfalls ein Unternehmen, das Beachtung und Förderung verdient. Da entdeckte die hochlöbliche Polizei dazwischen einige Bilder und Zeichnungen linksradikaler Tendenz, und sofort wurde die Ausstellung unter Kreuzfeuer genommen, d. h., man verbot sie nicht, aber belegte den Veranstalter ausgiebig mit Geldstrafen, weil er zu unerlaubter Zeit Besuchern Eintritt gewährte u. dgl. mehr, und als auch das noch nichts fruchtete, meldete sich die – – Lustbarkeitssteuer. Und da der arme Mann wirklich nicht in der Lage war, diese Rechnungen zu begleichen, so pfändete man ihm den letzten Stuhl weg, und da auch das noch nicht der beleidigten Gerechtigkeit genügte, so pfändete man aus der Ausstellung einen Bronzekopf Karl Liebknechts; vermutlich, weil es das schwerste Stück war. Irgendein Kunstfreund unter den Herren Beamten schien aber doch noch seine Zweifel zu haben, ob nicht am Ende doch mit Ölfarbe zugedeckte Leinwand wertvoller sei, und so schritt man denn zur feierlichen Anfrage an den Ausgepfändeten, wie hoch eigentlich der Wert des gepfändeten Liebknecht sei. Da riß dem jungen Manne endlich die Geduld, und er antwortete mit einem unwirschen Briefe, der in verschiedenen Zeitungen wiedergegeben wurde. Ja, der Brief war grob, aber bei weitem nicht grob genug. Ich hätte an seiner Stelle kurz und bündig geantwortet: daß dieser Bronzekopf Liebknechts jedenfalls mehr wert sei als die Gipsköpfe der bureaukratischen Schikaneure zusammengenommen.

(Monistische Monatshefte, 1. September 1921)


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