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84

Neunter Theil
Vierte Rede

Madhuro

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige Mahākaccāno bei Madhurā, im Riedmoor.

Und es hörte König Madhuro von Avanti reden: ›Ein Asket, und zwar der würdige Kaccāno, weilt bei Madhurā, im Riedmoor. Diesem würdigen Kaccāno geht aber allenthalben der frohe Ruhmesruf voran: ›Gelehrt ist er und weise und tiefsinnig, er hat viel erfahren, ist wohlberedt und weiß was frommt, ist alt und ehrwürdig. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!‹‹

Und König Madhuro von Avanti ließ viele prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr also mit überaus reichem königlichen Gepränge aus der Stadt hinaus, den ehrwürdigen Mahākaccāno zu besuchen. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und ging dann zu Fuße dorthin wo der ehrwürdige Mahākaccāno sich aufhielt. Dort angelangt wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm und setzte sich seitwärts nieder. Zur Seite sitzend wandte sich nun König Madhuro von Avanti also an den ehrwürdigen Mahākaccāno:

»Die Priester, o Kaccāno, reden also: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahma gebildet, Erben Brahmas. Vergl. Sprüche wie sarve viprapara narah, brahmano dvipadam sresthah, janmana brahmano jñeyah (cf. 98. Rede v. 3: jatiya brahmano hoti); Lieder der Mönche p. 347 Anm. 2. Auch das recht bezeichnende Wort des Ūrvas im Harivaṃśam I, 45, 53:

Brahmayonau prasūtasya
brāhmaņasyānuvartinaḥ
brahmacaryaṃ sucarita ṃ
Brahmāņam api cālayet.

Mit brāhmaņā va sukko vaņņo, kaņho añño vaņņo vergl. brāhmaņaḥ śvetavarņaḥ ... śūdraḥ kŗṣņavarņaḥ;, in der Eingangsupanischad zur Vajrasūcī, Webers Ausgabe (Abhandlungen der königl. Ak. d. Wiss. Berlin von 1859) p. 212, 1. 10, 11; in der Bombayer Hundertacht Upanischaden Ausgabe von 1895 p. 536a, 1. 7, 8.
Was hält nun Herr Kaccāno davon?«

»Gerede nur, großer König, ist es unter den Leuten. Darum muss man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: so da ein Krieger zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und Gold, mag da ein Krieger vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist? Und mag ein Priester, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist?«

»So da ein Krieger, o Kaccāno, zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und Gold, mag wohl ein Krieger vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist; und mag ein Priester, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist.«

»Was meinst du wohl, großer König: so da ein Priester, so da ein Bürger, so da ein Diener zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und Gold, mag da ein Priester vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist? Und mag ein Krieger, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist?«

»So da ein Priester, o Kaccāno, so da ein Bürger, so da ein Diener zu Reichthum gelangt, an Geld und Gut, an Silber und Gold, mag wohl ein Priester vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist; und mag ein Krieger, und mag ein Bürger, und mag ein Diener vor ihm aufstehn und nach ihm sich hinlegen, seinen Befehlen gehorchen, thun was ihm angenehm, reden was ihm recht ist.«

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger Mörder und Dieb, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit; mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil, oder nicht so, oder wie denkst du darüber?«

»Ein Krieger, o Kaccāno, der da Mörder und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil: so denk' ich darüber, und so hab' ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast. Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, es sei da ein Bürger, es sei da ein Diener Mörder und Dieb, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit; mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil, oder nicht so, oder wie denkst du darüber?«

»Ein Priester, o Kaccāno, ein Bürger, ein Diener, der da Mörder und Dieb ist, ein Wüstling, Lügner, Verleumder, ein Zänker und Schwätzer, voll Gier und Hass und Eitelkeit, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, abwärts gerathen, auf schlechte Fährte, in Verderben und Unheil: so denk' ich darüber, und so hab' ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast. Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger kein Mörder und Dieb, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt; mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt, oder nicht so, oder wie denkst du darüber?«

»Ein Krieger, o Kaccāno, der da kein Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt: so denk' ich darüber, und so hab' ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast. Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, es sei da ein Bürger, es sei da ein Diener kein Mörder und Dieb, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt; mag der, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt, oder nicht so, oder wie denkst du darüber?«

»Ein Priester, o Kaccāno, ein Bürger, ein Diener, der da kein Mörder und Dieb ist, kein Wüstling, Lügner, Verleumder, kein Zänker und Schwätzer, nicht begehrlich, nicht gehässig, recht gesinnt, der mag wohl, bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte gerathen, in himmlische Welt: so denk' ich darüber, und so hab' ich es auch von den Heiligen gehört.«

»Gut, gut, großer König: es ist gut, großer König, dass du so denkst, und gut auch, dass du es von den Heiligen gehört hast. Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.« Vergl. Lieder der Mönche v. 612. – Ähnlich der treffliche Hans Sachs, Fastnachtspiel ed. Goetze 15, 89–90:

... ich hab ... vernumen,
Von tugent sey der adel kumen.

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste: die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger, der breche in Häuser ein, oder raube fremdes Gut, oder stehle, oder betrüge, oder verführe Ehefrauen; und wenn deine Leute ihn fassten und dir brächten: ›Hier, o König, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was du ihm bestimmst, diese Strafe gebiete!‹; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, hinrichten, oder ächten, oder bannen, oder je nach dem Falle züchtigen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Krieger bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Räuber wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, sei da ein Bürger, sei da ein Diener, der breche in Häuser ein, oder raube fremdes Gut, oder stehle, oder betrüge, oder verführe Ehefrauen; und wenn deine Leute ihn fassten und dir brächten: ›Hier, o König, ist ein Räuber, ein Verbrecher: was du ihm bestimmst, diese Strafe gebiete!‹; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, hinrichten, oder ächten, oder bannen, oder je nach dem Falle züchtigen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Priester, oder als Bürger, oder als Diener bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Räuber wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nach dem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹ Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Krieger, der habe sich Haar und Bart abgeschoren, das fahle Gewand angelegt, sei aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen, habe das Tödten verleugnet, das Stehlen verleugnet, das Lügen verleugnet, zufrieden mit einer Mahlzeit, keusch wandelnd, tugendrein, edelgeartet; was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung, Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit anzunehmen, würden ihm wie sich's gebührt Schutz und Schirm und Obhut angedeihen lassen.« Ebenso bekennen auch die altsiṇhalesischen Könige auf ihren Inschriften, den Mönchen zum Heile diese vier Erfordernisse, catari paceni, darzubieten: so Gayabahugamini von Anurādhapura, auf Ed. Müllers Ancient Inscriptions in Ceylon No. 5, 1. 6.

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Krieger bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Asket wird er schlechthin geheißen.«

»Was meinst du wohl, großer König: es sei da ein Priester, sei da ein Bürger, sei da ein Diener, der habe sich Haar und Bart abgeschoren, das fahle Gewand angelegt, sei aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen, habe das Tödten verleugnet, das Stehlen verleugnet, das Lügen verleugnet, zufrieden mit einer Mahlzeit, keusch wandelnd, tugendrein, edelgeartet: was würdest du da mit ihm machen?«

»Wir würden ihn, o Kaccāno, ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung, Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit anzunehmen, würden ihm wie sich's gebührt Schutz und Schirm und Obhut angedeihen lassen.«

»Und warum das?«

»War er da, o Kaccāno, als Priester, oder als Bürger, oder als Diener bekannt, so hat er nun diesen Namen verloren: Asket wird er schlechthin geheißen.« Sehr schön, und ganz übereinstimmend, berichtet Megasthenes, Indica ed. Schwanbeck p. 125: Μουνον σφισεν ανειται εχ παντος γενεος γενεσφαι, ότι ου μαλδαχα τοισι σοδιστησιν εισι τα πρηγματα, αλλα παντων ταλαιπωροτατα.

»Was meinst du wohl, großer König: ist es also, sind da diese vier Kasten einander gleich, oder sind sie es nicht, oder wie denkst du darüber?«

»Allerdings, o Kaccāno, ist es also, da sind diese vier Kasten einander gleich, und ich kann hierbei keinerlei Unterschied merken.«

»Darum soll man es eben, großer König, je nachdem Umstand beurtheilen, ob es bloßes Gerede ist unter den Leuten: ›Die Priester nur sind höchste Kaste, verworfen andere Kaste; die Priester nur sind helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von ächter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās.‹«

Nach diesen Worten wandte sich König Madhuro von Avanti also an den ehrwürdigen Mahākaccāno:

»Vortrefflich, o Kaccāno, vortrefflich, o Kaccāno! Gleichwie etwa, o Kaccāno, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch ist von Herrn Kaccāno die Lehre gar vielfach gezeigt worden. Und so nehm' ich bei Herrn Kaccāno Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich Herr Kaccāno betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

»Nicht bei mir, großer König, wolle du Zuflucht nehmen: sondern bei Ihm, dem Erhabenen, nimm Zuflucht, bei dem ich Zuflucht genommen.«

»Wo aber, o Kaccāno, weilt Er jetzt, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte?«

»Erloschen ist Er nun, großer König, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte.«

»Wenn wir da hörten, o Kaccāno, Er, der Erhabene, sei dreißig Meilen fern, so würden wir eben dreißig Meilen wandern, Ihn, den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Wenn wir da hörten, o Kaccāno, Er, der Erhabene, sei sechzig Meilen fern, sei neunzig Meilen, hundertzwanzig Meilen, hundertfünfzig Meilen fern, so würden wir eben hundertfünfzig Meilen wandern, Ihn, den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Und wenn wir da hörten, o Kaccāno, dreihundert Meilen sei Er, der Erhabene, fern, so würden wir eben dreihundert Meilen wandern, Ihn, den Erhabenen zu sehn, den Heiligen, vollkommen Erwachten. Weil nun aber, o Kaccāno, Er, der Erhabene, erloschen ist, so nehmen wir eben bei Ihm, dem Erhabenen, der erloschen ist, unsere Zuflucht, und bei der Lehre und bei der Jüngerschaft; als Anhänger möge mich Herr Kaccāno betrachten, von heute an zeitlebens getreu.« König Madhuro von Avanti war Gebieter über Mālavā, eines der blühendsten Reiche Mittelindiens, dessen Hauptstadt Ujjenī viele Jahrhunderte hindurch ein Hort des Buddhismus gewesen. Ebenda hat später Kālidāsas und noch mancher minorum gentium, bei Hofe willkommen, gelebt und gedichtet. Noch heute ragt hier im Lande, einen sanften Hügel krönend und rings bis zum fernen Horizont die schimmernden Auen und Wälder beherrschend, edelgewölbt wie die Peterskuppel, der sonnenhelle Sāñci-Dom auf, ein Denkmal großer Vergangenheit. Vergl. die epigraphischen Merktafeln, Lieder der Mönche S. 361 Anm. 1.

Den klassischen neun Dichterfürsten mit Kālidāsas als vornehmstem am Hofe der Könige von Mālavā steht die berühmte Neunzahl der griechischen Lyriker gegenüber, gleichwie den Sieben vedischen Sehern die Sieben griechischen Weisen u.s.w., ohne dass man hier an geschichtliche Begriffe zu denken brauchte, wie etwa bei der sonderbaren indo-iranischen, gnostisch-christlich-latomischen Dreiunddreißig, Anm. 255.


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