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Achter Theil
Fünfte Rede

Māgandiyo

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Kurū-Lande, bei einer Stadt der Kurūner Namens Kammāsadammam, Diese lectio, und nicht Kammāssadammam, wird die richtige sein; vergl. Jātakam vol. V. p. 511. am Opferherde eines Brāhmanen aus dem Bhāradvājer-Geschlechte, auf einer Strohmatte. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Kammāsadammam um Almosenspeise. Und als der Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und begab sich dann in ein nahe gelegenes Waldgehölz, für den Tag. Im Inneren dieses Waldgehölzes setzte sich der Erhabene am Fuß eines Baumes nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

Da nun kam Māgandiyo, ein Pilger, auf einem Spaziergange lustwandelnd, zum Opferherde des Bhāradvājer-Brāhmanen hin. Und er sah dort die Strohmatte zurechtgelegt, und als er das bemerkt hatte, sprach er also zum Bhāradvājer-Brāhmanen:

»Für wen ist wohl hier am Opferherde des Herrn Bhāradvājo die Strohmatte zurechtgelegt? Sie sieht aus wie ein Asketensitz.«

»Es ist, o Māgandiyo, der Asket Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat! Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Für diesen Herrn Gotamo ist der Sitz hier zurechtgemacht.«

»Schlechtes, wahrlich, o Bhāradvājo, haben wir gesehn, die wir den Sitz jenes Herrn Gotamo, des Kernhauers, gesehn haben!«

»Lasse, Māgandiyo, solche Rede, lasse, Māgandiyo, solche Rede! Gar viele gelehrte Fürsten und gelehrte Priester, gelehrte Bürger und gelehrte Asketen sind von diesem Herrn Gotamo ganz begeistert, heilig und acht eingeweiht, in heilsames Recht.«

»Und wenn uns gleich, o Bhāradvājo, jener Herr Gotamo zu Gesicht käme, so würden wir es ihm ins Gesicht sagen: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag' ich: und warum sag' ich das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen vorgeht.‹«

»Wenn es Herrn Māgandiyo genehm ist, will ich das dem Asketen Gotamo mittheilen.«

»Nicht wollt' ich Herrn Bhāradvājo damit bemühen, doch mag er's sagen.«

Es vernahm aber der Erhabene mit dem himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, dieses Gespräch des Brāhmanen aus dem Bhāradvāj er-Geschlechte mit Māgandiyo dem Pilger.

Als nun der Erhabene gegen Abend die Gedenkensruhe beendet hatte, kehrte er zum Opferherde des Bhāradvājer-Brāhmanen zurück und nahm auf der bereitgelegten Strohmatte Platz. Da kam denn der Bhāradvājer-Brāhmane zum Erhabenen heran, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Und als der Bhāradvājer-Brāhmane zur Seite saß, wandte sich der Erhabene also an ihn:

»Hast du wohl, Bhāradvājo, mit Māgandiyo dem Pilger über diese Strohmatte hier irgend eine Unterhaltung gehabt?«

Auf diese Worte erwiderte Bhāradvājo der Brāhmane, schauernd ergriffen, dem Erhabenen also:

»Das eben wollten wir jetzt Herrn Gotamo mittheilen: aber Herr Gotamo hat mich ja nun verstummen machen!«

Und kaum hatte diese Unterredung des Erhabenen mit dem Bhāradvājer-Brāhmane begonnen, da kam Māgandiyo der Pilger, auf seinem Spaziergange lustwandelnd, zum Opferherde des Bhāradvājer-Brāhmanen zurück; und er schritt zum Erhabenen hin, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Und als Māgandiyo der Pilger zur Seite saß, wandte sich der Erhabene also an ihn:

»Das Auge, Māgandiyo, fröhnt den Formen, freut sich der Formen, ergetzt sich an Formen: das hat der Vollendete gebändigt, gewartet, gezäumt und gezügelt; ihm Zügel anzulegen zeigt er die Lehre. Hast du etwa, Māgandiyo, daran gedacht als du sprachst: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo‹?«

»Darein eben, freilich, o Gotamo, hab' ich gedacht als ich sprach: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag' ich: und warum sag' ich das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen vorgeht.‹«

»Das Ohr, Māgandiyo, fröhnt den Tönen, die Nase, Māgandiyo, fröhnt den Düften, die Zunge, Māgandiyo, fröhnt den Säften, der Leib, Māgandiyo, fröhnt den Tastungen, der Geist, Māgandiyo, fröhnt den Gedanken, freut sich der Gedanken, ergetzt sich an Gedanken: den hat der Vollendete gebändigt, gewartet, gezäumt und gezügelt; ihm Zügel anzulegen zeigt er die Lehre. Hast du etwa, Māgandiyo, daran gedacht als du sprachst: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo‹?«

»Daran eben, freilich, o Gotamo, hab' ich gedacht als ich sprach: ›Ein Kernhauer ist der Asket Gotamo, sag' ich: und warum sag' ich das? Weil er als solcher gegen unsere Satzungen vorgeht.‹«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: es sei da erst einer mit den durch das Auge ins Bewusstsein tretenden Formen bedient, mit den ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; der habe dann später eben der Formen Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die Lust an den Formen verworfen, das Fieber an den Formen verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt: was möchtest du nun, Māgandiyo, gegen einen solchen einwenden?«

»Nichts weiter, o Gotamo!«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: es sei da erst einer mit den durch das Ohr ins Bewusstsein tretenden Tönen, mit den durch die Nase ins Bewusstsein tretenden Düften, mit den durch die Zunge ins Bewusstsein tretenden Säften, mit den durch den Leib ins Bewusstsein tretenden Tastungen bedient, mit den ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; der habe dann später eben der Tastungen Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die Lust an den Tastungen verworfen, das Fieber an den Tastungen verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt: was möchtest du nun, Māgandiyo, gegen einen solchen einwenden?«

»Nichts weiter, o Gotamo!«

»Ich habe früher, Māgandiyo, auch im Hause gelebt und war mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt: der durch das Auge ins Bewusstsein tretenden Formen, der durch das Ohr ins Bewusstsein tretenden Töne, der durch die Nase ins Bewusstsein tretenden Düfte, der durch die Zunge ins Bewusstsein tretenden Säfte, der durch den Leib ins Bewusstsein tretenden Tastungen, der ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Und ich besaß, Māgandiyo, drei Paläste, einen für den Herbst, einen für den Winter, einen für den Sommer. Das indische Jahr wird in diese drei Hauptzeiten zu je vier Monaten eingetheilt. Der Herbst ist die Regenzeit. Vergl. Mantrabrāhmanam II, v. 11:

Grīṣmo, hemanta uta no vasantah,
śaradvarṣāḥ suvitanno astu:
teṣām ṛtūnām śataśāradānāṃ
nivāta eṣām abhaye syāma.

In ebendiese Hauptzeiten ist das Jahr auch bei Asoko eingetheilt, Jaugoḍo-Edikt II, 1. 15: Iyaṃ ca lipī a(nu)cātuṃmāsaṃ sotaviyā tisena. Die alte Eintheilung ist bis heute die volksthümliche geblieben. Siehe Bühlers lehrreiche Ausführungen in der Epigraphia Indica vol. II. p. 261–265; Zeitschr. d. deutsch, morgenländ. Ges. Bd. 41, S. 28. Auch Journal Royal As. Soc. [N.S.] vol. V. p. 182–184, Inschrift 1, 2, 4–7. –Dīghanikāyo, ed. Siam, vol. II. p. 286.
Und ich brachte, Māgandiyo, die vier herbstlichen Monate im Herbstpalaste zu, von unsichtbarer Musik bedient, und stieg nicht vom Söller herab. Später hab' ich dann eben des Begehrens Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen; und ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl heranreichte: solcher Freude genießend mocht' ich Gemeines entbehren, keine Freude daran finden.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Hausvater wäre, oder der Sohn eines Hausvaters, reich, mit Geld und Gut mächtig begabt, im Besitz und Genuss der fünf Begehrungen. Der sei in Werken, Worten und Gedanken auf dem rechten Wege gewandelt und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, auf gute Fährte, in himmlische Welt gelangt, zu den Dreiunddreißig Göttern empor. Und er lebte dort im Wonnigen Walde, im Reigen von Huldinen, im Besitz und Genuss der himmlischen fünf Begehrungen. Und er nähme einen Hausvater wahr, oder den Sohn eines Hausvaters, der die fünf Begehrungen besitzt und genießt. Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde da etwa dieser Göttersohn, der im Wonnigen Walde im Reigen von Huldinen die himmlischen fünf Begehrungen besitzt und genießt, jenen Hausvater, oder Sohn eines Hausvaters, beneiden und die menschlichen fünf Begehrungen vermissen, sich menschlichen Begierden zuwenden?«

»Gewiss nicht, o Gotamo!«

»Und warum nicht?«

»Menschlichen Begierden, o Gotamo, sind himmlische Begierden voranzusetzen und vorzuziehen.«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, hab' ich früher im Hause gelebt und war mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt. Später hab' ich dann eben des Begehrens Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen; und ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl heranreichte: solcher Freude genießend mocht' ich Gemeines entbehren, keine Freude daran finden.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib ausdörren ließe. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er gebrauchte dieses Heilmittel und würde vom Aussatz befreit und wäre genesen, fühlte sich wohl, unabhängig, selbständig, könnte gehn wohin er wollte. Und er erblickte einen anderen Aussätzigen, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, wie er Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib ausdörren lässt. Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde da etwa dieser Mann jenen Aussätzigen beneiden und die glühende Kohlengrube und den Gebrauch des Heilmittels vermissen?«

»O nein, o Gotamo!«

»Und warum nicht?«

»Ist man krank, o Gotamo, so braucht man ein Heilmittel: ist man nicht krank, braucht man es nicht.«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, hab' ich früher im Hause gelebt und war mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt. Später hab' ich dann eben des Begehrens Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet, habe den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes erlangt. Und ich sah wie die anderen Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen; und ich konnte sie nicht beneiden, keine Freude daran finden: und warum nicht? Weil ja, Māgandiyo, meine Freude, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, bis an himmlisches Wohl heranreichte: solcher Freude genießend mocht' ich Gemeines entbehren, keine Freude daran finden.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib ausdörren ließe. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er gebrauchte dieses Heilmittel und würde vom Aussatz befreit und wäre genesen, fühlte sich wohl, unabhängig, selbständig, könnte gehn wohin er wollte. Und zwei kräftige Männer ergriffen ihn unter den Armen und schleppten ihn zu der glühenden Kohlengrube bin. Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde da nun dieser Mann auf jede nur mögliche Weise den Leib zurückziehn?«

»Gewiss, o Gotamo!«

»Und warum das?«

»Jenes Feuer, o Gotamo, ist ja gar schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend.«

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: ist etwa jetzt erst das Feuer schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, oder war es schon früher schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend?«

»Jetzt eben, o Gotamo, ist das Feuer schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, und auch früher war das Feuer schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend. Jener Aussätzige, freilich, o Gotamo, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt waren: Fetzen davon herabreißend war er sinnesverwirrt geworden, und indem er das Feuer nur schmerzlich ertrug wähnte er ›Das thut wohl‹.«

»Ebenso nun aber, Māgandiyo, waren auch die Begierden der Vergangenheit gar schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, und werden auch die Begierden der Zukunft gar schmerzlich zu ertragen sein und furchtbar versengend und furchtbar versehrend, und sind auch heute die Begierden der Gegenwart gar schmerzlich zu ertragen und furchtbar versengend und furchtbar versehrend. Doch diese Wesen, Māgandiyo, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, sind sinnesverwirrt geworden, und indem sie die Begierden nur schmerzlich ertragen wähnen sie ›Das thut wohl‹.

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn ein Aussätziger, dessen Glieder mit Geschwüren bedeckt, faulig geworden, von Würmern zerfressen, von den Nägeln wund aufgekratzt sind, Fetzen davon herabreißend an einer Grube voll glühender Kohlen den Leib ausdörren lässt; je mehr und mehr nun, Māgandiyo, jener Aussätzige den Leib da ausdörren lässt, desto mehr und mehr füllen sich ihm seine offenen Wunden eben nur weiter mit Schmutz, Gestank und Eiter an, und doch empfindet er ein gewisses Behagen, einen gewissen Genuss indem er die offenen Wunden abreibt: ebenso nun auch, Māgandiyo, fröhnen die Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden; und je mehr und mehr nun, Māgandiyo, die Wesen, dem Begehren hingegeben, von begehrendem Dürsten verzehrt, von begehrendem Fieber entzündet, den Begierden fröhnen, desto mehr und mehr nur wächst in ihnen die begehrende Lust, werden sie vom begehrenden Fieber entzündet, und doch empfinden sie ein gewisses Behagen, einen gewissen Genuss indem sie den fünf Begehrungen nachgehn.

»Was meinst du wohl, Māgandiyo: hast du etwa einen König oder einen Fürsten gesehn oder von einem solchen gehört, der, mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt, ohne die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet zu haben, den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden hat, oder findet, oder finden wird?«

»Das wohl nicht, o Gotamo!«

»Gut, Māgandiyo: auch ich hab' es, Māgandiyo, weder gesehn noch gehört, dass ein König oder ein Fürst, mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt, ohne die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet zu haben, den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden hat, oder findet, oder finden wird. Aber wer immer auch, Māgandiyo, von den Asketen oder den Priestern den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden hat, oder findet, oder finden wird, ein jeder hat eben des Begehrens Entstehn und Vergehn, Labsal und Elend und Überwindung der Wahrheit gemäß verstanden und die begehrende Lust verworfen, das begehrende Fieber verleugnet, also den Durst bezwungen und die Ebbung des eigenen Gemüthes gefunden, oder findet sie, oder wird sie finden.«

Und der Erhabene ließ bei dieser Gelegenheit folgenden Ausspruch vernehmen:

»Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil,
Der achtmal ächte bester Pfad
Um ewig sicher auszugehn.«

Auf diese Worte sprach Māgandiyo der Pilger zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie da Herr Gotamo so richtig gesagt hat:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Auch ich hab' es, o Gotamo, gehört, das Wort der früheren Pilger und ihrer Meister und Altmeister:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Mit ihnen, o Gotamo, stimmt es überein!«

»Was du aber da, Māgandiyo, gehört hast, das Wort der früheren Pilger und ihrer Meister und Altmeister:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil‹,

was bedeutet da Gesundheit, was bedeutet da Wahnerlöschung?«

Also gefragt fuhr sich Māgandiyo der Pilger mit der Hand eben über Augen und Stirne:

»Das, was, o Gotamo, Gesundheit bedeutet, das bedeutet da Wahnerlöschung; so bin ich jetzt, o Gotamo, gesund, fühle mich wohl, nichts gebricht mir.«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre: der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne und nicht Mond und nicht Sonne. Und er hörte das Wort eines Sehenden:

›Schicklich, fürwahr, lieber Mann, ist ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er suchte sich ein solches zu verschaffen. Und es täuschte ihn ein anderer Mann mit einem ölrußgeschwärzten Schinderhemde: Zu sāhulo cf. sopāko; Manus X, 37, 38; hu von √ han, lo Suffix (Rāghulo). Suttanipāto 137. ›Da hast du, lieber Mann, ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er nahm' es entgegen und bekleidete sich damit, und damit bekleidet ließ' er zufrieden fröhliche Rede ergehn: ›Schicklich, fürwahr, ist das weiße Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Was meinst du wohl, Māgandiyo: hätte nun etwa dieser Blindgeborene wissend und sehend jenes ölrußgeschwärzte Schinderhemd entgegengenommen, angelegt und zufrieden seine fröhliche Rede ergehn lassen, oder weil er dem Sehenden glaubte?«

»Ohne es zu wissen, freilich, o Gotamo, ohne es zu sehn hätte der Blindgeborene jenes ölrußgeschwärzte Schinderhemd entgegengenommen, angelegt und zufrieden seine fröhliche Rede ergehn lassen, weil er dem Sehenden glaubte.«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, sind die anderen Asketen und Pilger blind und augenlos, wissen nichts von Gesundheit, sehn nichts von Wahnerlöschung, und doch sagen sie den Spruch:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil.‹

Die ehedem dagewesen, Māgandiyo, die Heiligen, vollkommen Auferwachten haben den Spruch gesagt:

›Gesundheit ist das höchste Gut,
Die Wahnerlöschung höchstes Heil,
Der achtmal ächte bester Pfad
Um ewig sicher auszugehn.‹

Das ist jetzt allmälig im Volke Sprichwort geworden. Lies mit den barm. und siam. Texten puthujjanagāthā; cf. munigātha, theragāthā.

Ähnlich die gleichzeitige Parœ,mie:

Υγιαινειν μεν αριδτον ανϑρι, ϑν,ατψ

Bei Goethe: Ist nicht Gesundheit Allen uns das höchste Gut? Prolog, Halle den 6. August 1811.
Aber dieser Leib da, Māgandiyo, ist ein sieches Ding, ein bresthaftes Ding, ein schmerzhaftes Ding, ein übles Ding, ein gebrechliches Ding; und von diesem Leibe, der ein sieches Ding, ein bresthaftes Ding, ein schmerzhaftes Ding, ein übles Ding, ein gebrechliches Ding ist, sagst du: ›Das, was, o Gotamo, Gesundheit bedeutet, das bedeutet da Wahnerlöschung.‹ Dir fehlt eben, Māgandiyo, das heilige Auge: mit diesem begabt wüsstest du was Gesundheit ist, sähest die Wahnerlöschung.«

»So viel trau' ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo kann mir die Lehre derart zeigen, dass ich die Gesundheit gewahren, die Wahnerlöschung sehn mag!«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre: der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne und nicht Mond und nicht Sonne. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, und er gebrauchte dieses Heilmittel und könnte die Augen nicht lösen, könnte die Augen nicht läutern. Was meinst du wohl, Māgandiyo: würde sich da nicht jener Künstler ganz vergeblich geplagt und abgemüht haben?«

»Allerdings, o Gotamo!«

»Ebenso nun auch, Māgandiyo, mag ich dir wohl die Lehre darlegen, was da Gesundheit, was da Wahnerlöschung ist, und du möchtest die Gesundheit nicht wahrnehmen, die Wahnerlöschung nicht sehn: und es wäre mir Plage gewiss und Anstoß.«

»So viel trau' ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo kann mir die Lehre derart zeigen, dass ich die Gesundheit gewahren, die Wahnerlöschung sehn mag!«

»Gleichwie etwa, Māgandiyo, wenn da ein Blindgeborener wäre: der sähe keine schwarzen und keine weißen Gegenstände, keine blauen und keine gelben, keine rothen und keine grünen, er sähe nicht was gleich und was ungleich ist, sähe keine Sterne und nicht Mond und nicht Sonne. Und er hörte das Wort eines Sehenden: ›Schicklich, fürwahr, lieber Mann, ist ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er suchte sich ein solches zu verschaffen. Und es täuschte ihn ein ariderer Mann mit einem ölrußgeschwärzten Schinderhemde: ›Da hast du, lieber Mann, ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber.‹ Und er nahm' es entgegen und bekleidete sich damit. Und seine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern bestellten ihm einen heilkundigen Arzt, und dieser heilkundige Arzt gäbe ihm ein Heilmittel, ließ' ihn nach oben und nach unten sich ausleeren, Salbe, Balsam und Nießpulver gebrauchen. Und er unterzöge sich dieser Behandlung, und die Augen lösten sich ihm. läuterten sich: und wie er zu sehn begänne verginge ihm die Lust und Freude an dem ölrußgeschwärzten Schinderhemde; und er hielte jenen Mann für seinen Feind, hielt' ihn für seinen Widersacher und dächte wohl gar daran, dass er ihm nach dem Leben trachtete: ›Lange Zeit hindurch, wahrlich, bin ich von jenem Manne betrogen, getäuscht, hintergangen worden mit dem ölrußgeschwärzten Schinderhemde: ›Da hast du, lieber Mann, ein weißes Kleid, gar fein, ohne Flecken und sauber‹‹: Ebenso nun auch, Māgandiyo, mag ich dir wohl die Lehre darlegen, was da Gesundheit, was Wahnerlöschung ist, und du möchtest die Gesundheit wahrnehmen, die Wahnerlöschung sehn: und es würde dir wie du zu sehn begännest die Lust und Freude an den fünf Stücken des Anhangens vergehn und du würdest denken: ›Lange Zeit hindurch, wahrlich, bin ich von diesem Herzen betrogen, getäuscht, hintergangen worden! Denn ich war der Form eben anhänglich angehangen, dem Gefühl eben anhänglich angehangen, der Wahrnehmung eben anhänglich angehangen, den Unterscheidungen eben anhänglich angehangen, dem Bewusstsein eben anhänglich angehangen. So entsteht mir aus Anhangen Werden, aus Werden Geburt, aus Geburt Altern und Sterben, Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung: also kommt dieses gesammten Leidensstückes Entwicklung zustande.‹«

»So viel trau' ich Herrn Gotamo zu und glaube, Herr Gotamo kann mir die Lehre derart zeigen, dass ich von diesem Sitze entblindet aufstehe!«

»Wohlan denn, Māgandiyo, sei du den Guten gesellt; und wirst du, Māgandiyo, den Guten gesellt sein, so wirst du, Māgandiyo, gute Lehre hören; und wirst du, Māgandiyo, gute Lehre hören, so wirst du, Māgandiyo, der Lehre gemäß leben; und wirst du, Māgandiyo, der Lehre gemäß leben, so wirst du, Māgandiyo, eben selbst erkennen, selbst sehn: ›Das ist das Sieche, Bresthafte, Schmerzhafte, da wird das Sieche, Bresthafte, Schmerzhafte ohne Überrest aufgelöst. So löst sich mir durch Auflösung des Anhangens Werden auf, durch Auflösung des Werdens Geburt, durch Auflösung der Geburt Altern und Sterben, Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung: also kommt dieses gesammten Leidensstückes Auflösung zustande.‹«

Nach diesen Worten wandte sich Māgandiyo der Pilger also an den Erhabenen:

»Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar manigfach dargelegt. Und so nehm' ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir Herr Gotamo Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

»Wer da, Māgandiyo, erst einem anderen Orden angehörte und in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht in das Mönchthum: denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren.«

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten, wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchthum, so will ich vier Jahre bleiben: und nach Verlauf von vier Jahren sollen mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche aufnehmen und einweihen in das Mönchthum.«

Es wurde Māgandiyo der Pilger vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

 

Nicht lange aber war der ehrwürdige Māgandiyo in den Orden aufgenommen, da hatte er, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Māgandiyo der Heiligen geworden.


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