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Sakuludāyī
II
Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen. Um diese Zeit nun hielt sich der Pilger Sakuludāyī im Pilgerhaine auf, am Pfauenhügel, in Gesellschaft vieler Pilger. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und wanderte gegen Rājagaham, um Almosenspeise. Und es gedachte der Erhabene: ›Allzu früh ist's noch, in der Stadt um Almosenspeise zu stehn; wie, wenn ich nun zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel ginge, Sakuludāyī den Pilger besuchen?‹ Und der Erhabene begab sich zum Pilgergarten, nach dem Pfauenhügel hin.
Um diese Zeit aber war Sakuludāyī der Pilger, im weiten Kreise der Pilgerschaar sitzend, in lebhaftem Gespräche begriffen; und sie machten lauten Lärm, großen Lärm und unterhielten sich über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige, über Räuber, über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über Städte und Länder, über Weiber und Weine, über Straßen und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen, über Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und dergleichen mehr.
Und Sakuludāyī der Pilger sah den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden zur Ruhe:
»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben: da kommt der Asket Gotamo heran! Und er liebt nicht lauten Lärm, dieser Ehrwürdige, Ruhe preist er; vielleicht mag ihn der Anblick einer lautlosen Versammlung bewegen seine Schritte hierher zu lenken.« Zu dieser typischen Bemerkung cf. das Wort vom lehrreichen Gespräche und dem heiligen Schweigen, in der Einleitung zur 26. Rede p. 161, welche Stelle noch von Parakramabahus I. auf seiner schönen großen Galvihare-Felseninschrift (b) 1. 35, 36 wörtlich citiert ist, No. 137 von ED. MÜLLERS Ancient Inscriptions in Ceylon. – Aus gleichen Vorbedingungen zu feiernder, lautloser Versammlung, die des rechten Redners gewärtig ist, ist die Upanisat hervorgegangen, ja schon das Sattram, beide von √ sad sitzen.
Und so schwiegen denn diese Pilger still. Und der Erhabene kam näher zu Sakuludāyī dem Pilger heran. Und Sakuludāyī der Pilger sprach zum Erhabenen also:
»Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der Erhabene hoffen lassen, mich einmal hier zu besuchen. Möge sich, o Herr, der Erhabene setzen: dieser Sitz ist bereit.«
Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Sitz. Sakuludāyī aber, der Pilger, nahm einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. Zu Sakuludāyī dem Pilger, der da beiseite saß, wandte sich nun der Erhabene also:
»Zu welchem Gespräche, Udāyī, seid ihr jetzt hier zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«
»Sei es, o Herr, um jenes Gespräch, warum wir hier beisammen sind: schwerlich, o Herr, wird dem Erhabenen etwas entgehn, wenn es auch später zur Sprache kommt. Wann ich, o Herr, fern von dieser Gesellschaft weile, dann ist sie zu Gesprächen über allerhand gemeine Dinge versammelt: wann ich aber, o Herr, diese Gesellschaft aufgesucht habe, dann richten sich ihre Blicke zu mir empor: ›Was uns der Asket Udāyī wird lehren, dem wollen wir lauschen.‹ Hat nun, o Herr, der Erhabene diese Gesellschaft aufgesucht, dann richten sich ebenso meine Blicke wie die der Übrigen zum Erhabenen empor: ›Was uns der Erhabene wird lehren, dem wollen wir lauschen.‹«
»Wohlan denn, Udāyī, da soll eben von dir die Ansprache ausgehn, wie sie von mir ausgehn mag.«
»Die vergangenen Tage, o Herr, vor einiger Zeit, hab' ich ihm, der alles weiß, alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit bekennt – ›Ob ich geh' oder stehe, schlaf oder wache, jederzeit hab' ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig‹ – von Anfang an Fragen gestellt: er aber ist von einem auf ein anderes übergegangen, vom Gegenstande abgeschweift, hat Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag gelegt. Da hab' ich, o Herr, eben an den Erhabenen mit Freuden gedacht: ›Ja der Erhabene, ja der Willkommene, der wird gewiss dieser Dinge kundig sein!‹«
»Wer ist es denn, Udāyī, der alles weiß, alles versteht, unbeschränkte Wissensklarheit bekennt – ›Ob ich geh' oder stehe, schlaf oder wache, jederzeit hab' ich die gesammte Wissensklarheit gegenwärtig‹ – der von dir, von Anfang an befragt, von einem auf ein anderes übergegangen, vom Gegenstande abgeschweift ist, Verdrossenheit, Hass und Misstrauen an den Tag gelegt hat?«
»Nāthaputto, Herr, der Freie Bruder.«
»Wer sich, Udāyī, mancher verschiedenen früheren Daseinsform erinnerte, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, und so weiter-, wer sich also an manche verschiedene frühere Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen, erinnern kann: mag der von Anfang an mir Fragen stellen, oder mag er von Anfang an mich fragen lassen, so wird er, wie er sich von Anfang an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden stellen, oder wird, wie er mich von Anfang an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden geben. Wer Der Text hat natürlich yo. da, Udāyī, mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sähe, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, erkennen kann wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren: mag der vom Ende an mir Fragen stellen, oder mag er vom Ende an mich fragen lassen, so wird er, wie er sich vom Ende an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden stellen, oder wird, wie er mich vom Ende an die Fragen lösen lässt, sich zufrieden geben. Aber, Udāyī, sei es um den Anfang, sei es um das Ende: die Satzung werd' ich dir aufweisen. Wenn Jenes ist, wird Dieses, durch die Entstehung von Jenem entsteht Dieses; wenn Jenes nicht ist, wird Dieses nicht, durch die Auflösung von Jenem wird Dieses aufgelöst. Siehe die 38. Rede, Seite 609–614 der Übersetzung.
»Ich kann mich dessen, o Herr, was ich nur in meiner gegenwärtigen Erscheinung alles erlebt habe, durchaus nicht je einzeln ganz genau erinnern: woher sollt' ich mich gar an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, und so weiter, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen, gleichwie etwa der Erhabene? Ja, o Herr, nicht einmal ein Irrlicht vermag ich jetzt wahrzunehmen: woher sollt' ich gar mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, und erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren, gleichwie etwa der Erhabene? Was mir nun erst, o Herr, der Erhabene da gesagt hat: ›Aber, Udāyī, sei es um den Anfang, sei es um das Ende: die Satzung werd' ich dir aufweisen. Wenn Jenes ist, wird Dieses, durch die Entstehung von Jenem entsteht Dieses; wenn Jenes nicht ist, wird Dieses nicht, durch die Auflösung von Jenem wird Dieses aufgelöste das ist mir noch viel weniger klar geworden. O dass ich nur, o Herr, bei meinem eigenen Lehrsatze dem Erhabenen durch die Lösung der Fragen zustimmen könnte!«
»Was hast du denn, Udāyī, für einen eigenen Lehrsatz?«
»Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz.‹«
»Was du aber da, Udāyī, als eigenen Lehrsatz also angiebst, ›Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz‹, was ist das für ein höchster Glanz?«
»Ein Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz.«
»Und was ist das, Udāyī, für ein höchster Glanz, über den es keinen größeren und helleren giebt?«
»Jener Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz.«
»Lange noch kannst du also, Udāyī, fortfahren, wenn du sagst ›Jener Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz‹, und diesen Glanz nicht erklärst. Gleichwie etwa, Udāyī, wenn ein Mann also spräche: ›Ich habe nach ihr, die da im ganzen Lande die Schönste ist, Verlangen, habe Sehnsucht nach ihr‹; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, ob es eine Fürstin oder eine Priestertochter, ein Bürgermädchen oder eine Dienerin ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, weißt du wie sie heißt, wo sie herstammt oder hingehört, ob sie von großer oder von kleiner oder von mittlerer Gestalt ist, ob ihre Hautfarbe schwarz oder braun oder gelb ist, in welchem Dorf oder welcher Burg oder welcher Stadt sie zuhause ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die du nicht kennst und nicht siehst, nach der verlangst du, sehnst dich nach ihr?‹; und er gäbe ›Ja‹ zur Antwort; was meinst du wohl, Udāyī: hätte nun nicht, bei solcher Bewandtniss, jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben?«
»Allerdings hätte, o Herr, bei solcher Bewandtniss, jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben.« Zu appatihirakatam bhasitam cf. Anm. 109.
»Ebenso nun auch, Udāyī, hast du gesagt ›Jener Glanz, o Herr, über den es keinen größeren und helleren giebt, das ist der höchste Glanz‹, und hast diesen Glanz nicht erklärt.«
»Gleichwie etwa, o Herr, ein Juwel, ein Edelstein,
von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet, auf lichter Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, ebenso glänzend ist die Seele, nach dem Tode genesen.«
Dogma der
Samkhyas: cf. Lieder der Mönche (1. Auflage) S. 33 Anm. – Vergl. hiermit den verwandten Spruch im Cherubinischen Wandersmann I, 60
Die Seel ist ein Kristall, die Gottheit ist ihr Schein,
ein Bild, das auf eine im Mittelalter wohlbekannte Vorlage zurückweist, e.g. bei
Walther von der Vogelweide, im Leich v. 35.
»Was meinst du wohl, Udāyī: ein Juwel, ein Edelstein, der von reinem Wasser, achteckig, wohlbearbeitet ist, auf lichter Decke liegend leuchtet und funkelt und strahlt, oder aber ein Glühwurm, ein Leuchtkäfer
Zu
kimi khajjopanako cf. Chandogyopanisat, VI, 7,5 = Jatakam vol. VI. p. 371; Ancient Inscriptions in Ceylon, Obelisk No. 149 b, 1. 14;
Trenckner, Pali Miscellany p. 59. Cf.
Shakespeare, Pericles II, 3:
a glow-worm in the night,
The which has fire in darkness, none in light. in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«
»Ein Glühwurm, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht, ein Leuchtkäfer, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«
»Was meinst du wohl, Udāyī: ein Glühwurm in dunkler, finsterer Nacht, ein Leuchtkäfer, oder aber eine Öllampe in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«
»Eine Öllampe, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«
»Was meinst du wohl, Udāyī: eine Öllampe in dunkler, finsterer Nacht, oder aber eine mächtige Fackel in dunkler, finsterer Nacht: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«
»Eine mächtige Fackel, o Herr, in dunkler, finsterer Nacht, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«
»Was meinst du wohl, Udāyī: eine mächtige Fackel in dunkler, finsterer Nacht, oder aber der Morgenstern in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«
»Der Morgenstern, o Herr, in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«
»Was meinst du wohl, Udāyī: der Morgenstern in dämmernder Frühe, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, oder aber am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mitternacht der Mond: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«
»Der Mond, o Herr, am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mitternacht, dieser von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«
»Was meinst du wohl, Udāyī: der Mond am Feiertage im halben Monat, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mittemacht, oder aber im letzten Monat der Regenzeit, im Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mittag die Sonne: wer von den beiden hat größeren und helleren Glanz?«
»Die Sonne, o Herr, im letzten Monat der Regenzeit, im Herbste, wann die Wolken und Nebel verzogen und verschwunden sind, unbeschränkt um Mittag, diese von beiden hat da größeren und helleren Glanz.«
»Nun sind es zwar, Udāyī, mehr als viele der Götter, deren Licht sich mit dem von Sonne und Mond nicht vergleichen lässt, und ich kenne sie: dennoch aber sag' ich nicht ›Ein Glanz, über den es keinen größeren und helleren giebt‹; während, Udāyī, du dagegen von jenem Glänze, der dem Glühwurm, dem Leuchtkäfer nachsteht, unterlegen ist, sagst ›Das ist der höchste Glanz‹, und diesen Glanz nicht erklärst.«
»Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch!«
»Warum denn, Udāyī, sagst du: ›Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch‹?«
»Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Das ist der höchste Glanz, das ist der höchste Glanz‹: und da sind wir, o Herr, vom Erhabenen über unseren eigenen Lehrsatz befragt, ausgeforscht, unterrichtet, hohl und leer und eitel befunden worden.«
»Sag' mir, Udāyī: giebt es ein vollkommenes Wohlsein, giebt es einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«
»Wir haben, o Herr, einen Lehrsatz, der lautet: ›Es giebt ein vollkommenes Wohlsein, es giebt einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichend‹«
»Und was ist das, Udāyī, für ein deutlich bezeichneter Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«
»Da hat einer, o Herr, das Tödten verworfen, vom Tödten hält er sich fern, Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern, Ausschweifung hat er verworfen, von Ausschweifung hält er sich fern, das Lügen hat er verworfen, vom Lügen hält er sich fern; oder er hat noch andere Büßerpflicht auf sich genommen. Das ist, o Herr, der deutlich bezeichnete Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.«
»Was bedünkt dich, Udāyī: zu einer Zeit wo man das Tödten verworfen hat, sich vom Tödten fernhält, fühlt man sich zu einer solchen Zeit vollkommen wohl, oder wohl und weh?«
»Wohl und weh, o Herr!«
»Was bedünkt dich, Udāyī: zu einer Zeit wo man das Nehmen des Nichtgegebenen, Ausschweifung, Lüge verworfen hat, sich davon fernhält, fühlt man sich zu einer solchen Zeit vollkommen wohl, oder wohl und weh?«
»Wohl und weh, o Herr!«
»Was bedünkt dich, Udāyī: zu einer Zeit wo man noch andere Büßerpflicht auf sich genommen hat, fühlt man sich zu einer solchen Zeit vollkommen wohl, oder wohl und weh?«
»Wohl und weh, o Herr!«
»Was bedünkt dich, Udāyī: hat man nun aber den Pfad betreten, der Wohl und Wehe mit sich bringt, kann man da vollkommenes Wohlsein erreichen?«
»Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch!«
»Warum denn, Udāyī, sagst du: ›Abgeschnitten hat der Erhabene das Gespräch, abgeschnitten hat der Willkommene das Gespräch‹?«
»Unser eigener Lehrsatz, o Herr, der lautet: ›Es giebt ein vollkommenes Wohlsein, es giebt einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen‹: und da sind wir, o Herr, vom Erhabenen über unseren eigenen Lehrsatz befragt, ausgeforscht, unterrichtet, hohl und leer und eitel befunden worden. Wie nun, o Herr: giebt es ein vollkommenes Wohlsein, giebt es einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«
»Es giebt, Udāyī, ein vollkommenes Wohlsein, es giebt einen deutlich bezeichneten Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.«
»Und was ist das, o Herr, für ein deutlich bezeichneter Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen?«
»Da weilt, Udāyī, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt er die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe verweilt er gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten Schauung. Das ist, Udāyī, der deutlich bezeichnete Pfad, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.«
»Wie kann das, o Herr, der deutlich bezeichnete Pfad sein, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen? Erreicht hat man ja da schon, o Herr, vollkommenes Wohlsein!«
»Nicht hat man, Udāyī, da schon vollkommenes Wohlsein erreicht: der deutlich bezeichnete Pfad ist es nur, um das vollkommene Wohlsein zu erreichen.«
Auf diese Worte brachen die Jünger Sakuludāyī des Pilgers in lebhafte Rufe aus, in lauten Lärm, in großen Lärm:
»So haben wir unsere Lehrsätze verloren, so haben wir unsere Lehrsätze wiedergefunden! Lies panassāma, cf. vol. I. p. 177 1.20; von naśate+pra. Darüber hinaus begreifen wir nichts Höheres mehr.«
Und Sakuludāyī der Pilger beschwichtigte sie und sprach dann also zum Erhabenen:
»Inwiefern hat man nun, o Herr, vollkommenes Wohlsein erreicht?«
»Da erwirkt, Udāyī, der Mönch nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Und so da Geister sich vollkommen wohl befinden, geht er sie an und pflegt Rede und Rath mit ihnen. Insofern hat man, Udāyī, vollkommenes Wohlsein erreicht.«
»Und gewiss, o Herr, führen die Mönche um dieses vollkommene Wohlsein zu erreichen das Asketenleben beim Erhabenen?«
»Nicht doch, Udāyī, um dieses vollkommene Wohlsein zu erreichen führen die Mönche bei mir das Asketenleben; es giebt, Udāyī, noch andere Dinge, die besser und vorzüglicher sind, um deren Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.«
»Was sind das aber, o Herr, für bessere und vorzüglichere Dinge, um deren Erreichung die Mönche das Asketenleben beim Erhabenen führen?«
»Da weilt, Die sīlāni und jhānāni von idha bis so sind interpolierte Iteration. Udāyī, der Mönch solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, und richtet das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. Er erinnert sich an manche verschiedene frühere Daseinsform, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, und so weiter, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. Das aber ist, Udāyī, ein besseres und vorzüglicheres Ding, um dessen Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.
»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, kann er die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. Das aber ist, Udāyī, ein besseres und vorzüglicheres Ding, um dessen Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.
»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da. Das ist, Udāyī, ein besseres und vorzüglicheres Ding, um dessen Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.
»Das sind, Udāyī, die besseren und vorzüglicheren Dinge, um deren Erreichung die Mönche bei mir das Asketenleben führen.«
Nach diesen Worten wandte sich Sakuludāyī der Pilger also an den Erhabenen:
»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder Licht in die Finsterniss brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«
So sprach Sakuludāyī der Pilger. Aber seine Jünger wandten sich also an ihn:
»Nicht darf Herr Udāyī beim Asketen Gotamo das Asketenleben führen, nicht darf Herr Udāyī, längst ein Lehrer, als Schüler in die Lehre gehn! Gleichwie etwa wenn man, längst geschmückt, einen jeden Schmuck ablegte, ebenso würde das Herrn Udāyī anstehn. Lies udekamaṇiko assa. – Cf. das Gleichniss am Ende der 5. Rede; dann ebenso der 15., welches auch in der Chāndogyopaniṣat VIII, 8 gegeben ist. Nicht darf Herr Udāyī' beim Asketen Gotamo das Asketenleben führen, nicht darf Herr Udāyī', längst ein Lehrer, als Schüler in die Lehre gehn!«
Und so hielten denn Sakulud6#257;yī den Pilger seine Jünger vom Asketenleben beim Erhabenen ab.
Die allerhand gemeinen Dinge, wie Könige u.s.w., zu Beginn der letzteren Reden öfters erwähnt (S. 363, 394, 431, 443) haben, nebenbei gesagt, ganz die nämliche großartig heitere Abweisung von
Pope erfahren, zu Beginn seines Meisterwerkes:
Awake, my St. John! leave all meaner things To low ambition, and the pride of kings.