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Viel der Gefühle
Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthî;, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.
Da nun begab sich Pañcakaṉgo der Baumeister dorthin wo der ehrwürdige Udāyî; weilte. Dort angelangt begrüßte er den ehrwürdigen Udāyî; ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Pañcakaṉgo der Baumeister also zum ehrwürdigen Udāyî:
»Wieviel Gefühle hat wohl, Herr Udāyî;, der Erhabene angegeben?«
»Drei Gefühle, Hausvater, hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl, das wehe Gefühl und das weder wohlig noch wehe Gefühl. Das, o Hausvater, sind die drei Gefühle, die der Erhabene angegeben hat.«
»Nicht drei Gefühle, Herr Udāyî;, hat der Erhabene angegeben, zwei Gefühle hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl und das wehe Gefühl. Was das weder wohlig noch wehe Gefühl anlangt, o Herr, das hat der Erhabene beim Tüchtigen als auserlesenes Wohl bezeichnet.«
Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach der ehrwürdige Udāyî; also zu Pañcakaṉgo dem Baumeister:
»Nicht zwei Gefühle, Hausvater, hat der Erhabene angegeben, drei Gefühle hat der Erhabene angegeben. das wohlige Gefühl, das wehe Gefühl und das weder wohlig noch wehe Gefühl. Das, o Hausvater, sind die drei Gefühle, die der Erhabene angegeben hat.«
Und zum zweiten Mal, und zum dritten Mal sprach Pañcakaṉgo der Baumeister also zum ehrwürdigen Udāyî:
»Nicht drei Gefühle, Herr Udāyî;, hat der Erhabene angegeben, zwei Gefühle hat der Erhabene angegeben: das wohlige Gefühl und das wehe Gefühl. Was das weder wohlig noch wehe Gefühl anlangt, o Herr, das hat der Erhabene beim Tüchtigen als auserlesenes Wohl bezeichnet.«
Und weder vermochte der ehrwürdige Udāyî; Pañcakaṉgo den Baumeister zu überzeugen, noch auch vermochte Pañcakaṉgo der Baumeister den ehrwürdigen Udāyî; zu überzeugen.
Es erfuhr aber der ehrwürdige Ānando das Gespräch, das zwischen dem ehrwürdigen Udāyî und Pañcakaṉgo dem Baumeister stattgefunden. Und der ehrwürdige Ānando begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend erzählte nun der ehrwürdige Ānando dem Erhabenen das ganze Gespräch des ehrwürdigen Udāyî mitPañcakaṉgo dem Baumeister. Nach diesem Berichte sprach der Erhabene also zum ehrwürdigen Ānando:
»Einen tauglichen Standpunkt, wahrlich, Ānando, hat Pañcakaṉgo der Baumeister Udāyî dem Mönche streitig gemacht: und einen tauglichen Standpunkt, wahrlich, Ānando, hat auch Udāyî der Mönch Pañcakaṉgo dem Baumeister streitig gemacht. Zwei Gefühle hab' ich, Ānando, angegeben je nach dem Standpunkte, und drei Gefühle hab' ich angegeben je nach dem Standpunkte, und fünf Gefühle hab' ich angegeben je nach dem Standpunkte, und sechs Gefühle hab' ich angegeben je nach dem Standpunkte, und achtzehn Gefühle hab' ich angegeben je nach dem Standpunkte, und sechsunddreißig Gefühle hab' ich angegeben je nach dem Standpunkte, und hundertacht Gefühle hab' ich angegeben je nach dem Standpunkte. Lies mit dem siam. Texte aṭṭhasatam pi vedanā vuttā. – Vergl, meine Anmerkung zu Vers 339 des Wahrheitpfades. Also hab' ich, Ānando, je nach dem Standpunkte die Lehre dargelegt. Wenn sie nun, Ānando, bei also von mir je nach dem Standpunkte dargelegter Lehre dem rechten Worte, der rechten Rede nicht gegenseitig zustimmen, beistimmen, beipflichten wollen, so ist von ihnen zu erwarten, dass sie zanken und streiten, mit einander hadern und scharfe Wortgefechte führen werden. Also hab' ich, Ānando, je nach dem Standpunkte die Lehre dargelegt. Wenn sie nun, Ānando, bei also von mir je nach dem Standpunkte dargelegter Lehre dem rechten Worte, der rechten Rede gegenseitig zustimmen, beistimmen, beipflichten wollen, so ist von ihnen zu erwarten, dass sie sich vertragen, einig, ohne Zwist, mild geworden, einander sanften Auges ansehn werden.
»Fünf Begehrungen, Ānando, giebt es da: und welche fünf? Die durch das Gesicht ins Bewusstsein tretenden Formen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Gehör ins Bewusstsein tretenden Töne, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geruch ins Bewusstsein tretenden Düfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch den Geschmack ins Bewusstsein tretenden Säfte, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden; die durch das Getast ins Bewusstsein tretenden Tastungen, die ersehnten, geliebten, entzückenden, angenehmen, dem Begehren entsprechenden, reizenden. Das sind, Ānando, die fünf Begehrungen. Was da Wohl und Glück, Ānando, diesen fünf Begehrungen gemäß geht nennt man Wohl des Begehrens.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da weilt, Ānando, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Anando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da verweilt, Ānando, ein Mönch in heiterer Ruhe, gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da erwirkt, Ānando, ein Mönch nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Überwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten Raumes. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Überwindung der unbegränzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da gewinnt, Ānando, ein Mönch nach völliger Überwindung der unbegränzten Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da erreicht, Ānando, ein Mönch nach völliger Überwindung der Nichtdaseinsphäre die Gränzscheide möglicher Wahrnehmung. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Wenn da nun, Ānando, einer behauptet: ›Das ist das höchste Wohl und Glück, das die Wesen genießen können‹, so gesteh' ich ihm das nicht zu: und warum nicht? Es giebt, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl. Was ist das aber, Ānando, für ein Wohl, das besser und erlesener als jenes Wohl ist? Da erreicht, Ānando, ein Mönch nach völliger Überwindung der Gränzscheide möglicher Wahrnehmung die Auflösung der Wahrnehmbarkeit. Das ist, Ānando, ein Wohl, das besser und erlesener ist als jenes Wohl.
»Möglich aber, Ānando, wär' es, dass da die Pilger anderer Orden sagten: ›Die Auflösung der Wahrnehmbarkeit verkündet der Asket Gotamo, und er bezeichnet sie als Wohl: was ist es damit, wie verhält es sich damit?‹
Auf solche Rede, Ānando, wäre den Pilgern anderer Orden solches zu erwidern: ›Nicht, ihr Brüder, bezeichnet es der Erhabene in Beziehung auf das wohlige Gefühl als Wohl; sondern, ihr Brüder: wo eben immerhin Wohl empfunden wird, das bezeichnet da der Vollendete eben immerhin als Wohl.‹
Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Ānando über das Wort des Erhabenen. Es mag hier auf die vollkommene Ähnlichkeit der formalen Gedankenfolge dieser und zahlreicher paralleler Reden mit einer Rede San Francescos von Assisi, im 8. Fioretto, hingewiesen sein.