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Als unsere Ehe jung war, schrecklich jung, bekamen wir die Berta. Die Berta kaufte, kochte, wusch, deckte auf und räumte ab. Daß ich's in eines zusammenfasse: Berta diente.
»Ach, Berta,« sagten wir zu ihr, »wenn wir Sie nicht hätten –«
»Is scho recht,« sagte Berta still und ging hinaus und diente.
Fesenmaiers nebenan – wir erfuhren das erst später – gönnten uns die Berta nicht. Heimlich suchten sie, sie auszuspannen. »Seh'n Sie, Berta,« sagten sie, »bei uns bekommen Sie auch höheren Lohn, von besserer Behandlung ganz zu schweigen …«
»Is scho recht,« sagte Berta ruhig, ging hinaus und diente uns.
Es kamen trübe Zeiten, Gelder wurden schmal und schmäler. »Berta,« sagten wir bedrückt, »Sie werden gehen müssen – kaum daß es noch für uns langt –«
»Is scho recht,« sagte Berta freundlich, ging hinaus und diente ohne Lohn.
Die Zeiten wurden besser, wurden gut, wurden ausgezeichnet. Bertas Lohn war nachbezahlt. Die Gäste mehrten sich im Hause. Aufrecht, unverwandt stand Berta im Gewimmel und machte keinen Knix und sagte allen geradeaus, was sie dachte.
»Das geht nicht länger,« hieß es, »sie blamiert uns.« Und wir beschlossen, ihr zu kündigen. Schonend, während sie das Essen auftrug.
»Schönes Wetter heute, Berta … hm ja, da sehnt man sich hinaus … hm ja, wir würden uns nicht wundern, sehnten Sie sich auch mal fort … hm ja, in ihre Heimat oder sonstwohin.«
Bombe mit Zeitzündung. Wir beobachteten gespannt. Jetzt, jetzt – »Is scho recht,« sagte Berta mild, ging hinaus und diente.
Wir sahen uns an. »Is scho recht,« erkläre ich, »bedeutet bedingungslose Annahme nach Paragraph 336 des Bürgerlichen –«
»Und wenn sie diesen Paragraphen gar nicht kennt?«
Austrittslos verging der Erste. »Wir müssen es auf eine andere Art versuchen,« sagte meine Frau.
»Ja, jetzt mit Trommelfeuer,« sagte ich beherzt.
Mit den Tellern stand sie da, als es um sie hagelte: »Kündigen – nächsten Ersten – Donnerwetter – überhaupt – kündigen, kündigen – Donnerwetter – nächsten Ersten …!«
»Is scho recht,« sagte sie, ging hinaus und diente.
»Gewonnen!« rief ich.
»Warte ab,« die Frau.
Der Erste kam. Der Erste ging. Die Berta blieb.
»Ich sehe schon,« sagte meine Frau, »der Fehler ist, daß du es immer anders machst als and're Leute. Wir müssen kündigen, wie es alle Welt tut, schlicht und recht.«
Als Berta mit den Schüsseln dastand, sagte meine Frau krampfhaft, schlicht und recht: »Berta wir kündigen Ihnen hiermit rechtens auf den nächsten Ersten.«
»Is scho recht,« sagte Berta freundlich, ging hinaus und diente.
»Siehst du,« sagte meine Frau, »so macht man so was!«
»Wart' den Ersten ab.«
Der Erste kam. Der Erste ging. Die Berta blieb. Was jetzt?
»Jetzt müssen wir es umgekehrt versuchen,« sagte ich, »es gibt Widerhaarige, die immer hü geh'n, wenn man hott sagt – ich bin Psycholog, laß mich machen.«
Sie ließ mich machen. »Berta,« sagte ich, »nicht, daß Sie meinen. Sie dürften Ihren Dienst verlassen – Sie bleiben hier, verstanden!«
»Is scho recht,« sagte Berta gütig, blieb und diente über unzählige Erste hinaus. Denn was ich hier erzähle, wird so an die zwanzig Jahre her sein. Und die Berta ist noch immer da und … Kanzler kamen, Kanzler gingen – Berta dient. Reiche blühten, Reiche stürzten, und der Weltkrieg stampfte über diese Erde – Berta dient.
Wir sind grau geworden, meine Frau und ich, und fast so still, wie Berta es von Anfang war.
Meine Frau hat neulich aus der Zeitung aufgeschaut: »Weißt du, Mann, wie mir die Berta vorkommt – nicht lachen, bitte – wie Hindenburg.«
Ich lachte nicht. Ich sah den alten Recken durch die Zeiten wandeln: unbekannt – umbraust – vergöttert und – gekündigt. Und hat zu allem nur gesagt, was unsere Berta sagte: »Is scho recht,« und ging hinaus und diente, diente …
So saßen wir und schauten über unsere Zeitung in den Abend: Lasten tragend ging die Berta durch den Horizont – Lasten tragend schritt der Marschall hin –
»Da geht noch ein Drittes,« sagte leise meine Frau, »ein Größtes – doch ich kann's nicht klar erkennen – hilf mir –«
Und als ich half, erkannten wir es beide: Unser Vaterland, das durch die Welt ging und die Zeiten, unbekannt – umworben – verkannt – und gekündigt, jetzt – dienend dennoch, schweigend dienend: »Ist schon recht« …