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Es war einmal – in grauer Vorzeit, glaube ich – ein Volk, das hatte einen Gott.
Die Völker in der Runde lächelten aufgeklärt: »Sie haben einen Gott? – Gott, wenn man sonst nichts hat! – wir aber haben Güter.«
Das Volk aber, so einen Gott hatte, wurde unruhig und nahte seinem Gott mit Bitten: »Sieh, Herr, sie haben Güter und wir haben keine.«
»Es ist gut,« sprach Gott.
»Sieh, Herr, wir sind der Kräfte voll – mehr wie sie – dürfen wir nicht Güter schaffen?«
»Schaffen? ja – indessen, wenn ihr davon esset …«
Was folgte, hörten sie nicht mehr. Es ging unter in dem Stampfen neu erstandener Maschinen und im Feuerbrausen ihrer Essen. Und die Fabriken taten ihre Tore auf und spien Güter ohne Zahl. Endlos in Zügen rollten sie durchs Land, Klaviere, Bettvorlagen, Spiegel, Nagelfeilen, lauter Güter, Güter …
Von einer Fabrik gingen Rahmen hinaus, nur Rahmen. Anderthalb Millionen Rahmen im Jahre warf sie, schmiß sie auf den Markt.
Und Gott sah es und wunderte sich: »Wie kommt es. Daß ihr Güter machet, lauter Güter, und entbehret doch des Guts?«
»Herr, wir entbehren nichts, wir sind ein mächtig Volk geworden.«
»Ihr machet Rahmen, lauter Rahmen, und ihr habt doch nichts mehr, was zu rahmen sich lohnte?«
»Nicht lohnte? – o bitte, wir zahlen Riesendividenden!«
»Kinder, Kinder, habt ihr doch davon gegessen …!«
Aber wieder hörten sie nichts mehr im Lärme der Maschinen und der Gastereien und des Gläserklingens: »Prosit, sind wir nicht ein großes Volk und haben alle überflügelt?«
Die Völker in der Runde ergrimmten, und es gab einen langen Krieg. Am Ende dieses Krieges hatte jenes Volk alles verloren. Sie hatten keine Güter mehr. Und wieder nahten sie mit Bitten: »Herr, wir haben keine Güter mehr!«
»Es ist gut,« sprach Gott.
»Herr, was willst du uns an ihrer Stelle geben?«
»Mich,« sprach Gott.
»Herr, sie zwingen uns, für sie zu fronen.«
»Es ist gut,« sprach Gott.
»Herr, sollen wir denn ewig in der Knechtschaft –«
»Schaffet, aber esset nicht davon,« sprach der Herr.
Da begannen ihre Essen wieder zu rauchen, ihre Maschinen zu dröhnen, und die Fabriken taten ihre Tore auf und spien Güter ohne Zahl, in endlosen Zügen rollt er: sie in alle Länder, Klaviere, Bettvorlagen, Spiegel, Nagelpfeilen, Güter, lauter Güter für die Länder, denen sie fronen mußten.
Sie selber aber lebten schlicht und aßen nicht davon. Hemdsärmlig standen sie am Amboß und hämmerten und lobten Gott und wurden wieder froh.
Nur daß sie anderer Länder Knechte waren, fraß an ihren Herzen. Dann und wann, zwischen den Hammerschlägen, hoben sie zu Gott die Stirne: »Wann endlich werden wir der Knechtschaft ledig, Herre Gott?«
»Wenn ihr nicht mehr darnach fraget.«
Da fragten sie nicht mehr, sondern hämmerten, schmiedeten für die andren. Denen war's noch nicht genug. »Mehr!« schrien sie.
»Herr, hörst du sie, was sollen wir –?«
»Schaffet, aber esset nicht davon.«
Stärker dröhnten ihre Hämmer. Breiter floß der Strom der Güter. Ueber den Grenzen dehnten sie sich wohlig auf den Pfühlen: »Mehr!«
»Herr, hörst du sie, was sollen wir –?«
»Schaffet, aber esset nicht davon, denn wer davon isset …«
Ueber den Grenzen wurden die Arme schlaff, und sie bewegten nur noch ihre Kiefer, um zu essen und zu rufen: »Mehr!«
»Herr, hörst du sie, was sollen wir –?«
»Verschnaufet eine Weile. Aber esset nicht davon, denn wer davon isset …«
Da verschnauften sie eine Weile. Ueber den Grenzen aber fing es an zu zetern: »Sie werden störrisch – drauf und dran!«
Und sie steckten ihre mürb gewordenen Glieder in Rüstungen, die waren ihnen zu schwer, und sie erseufzten unter ihrer Last und brachen fast zusammen. Das Volk per Arbeit aber reckte seine stark gebliebenen Arme: »Herr, sollen wir –?«
Indessen standen sie drüben mit bloßen Füßen auf dem bloßen Boden und schrien nach den Bettvorlagen, Spiegeln, Nagelfeilen. Und beschuldigten sich gegenseitig falscher Nagelfeilenpolitik und fielen übereinander her und baten das Volk, so an den glühenden Essen stand, um seine Waffenarme.
»Herr, hörst du sie, was sollen wir?«
»Ei, was könnt ihr wollen, was ihr nicht schon hättet?«
Es waren aber etliche, die runzelten die Brauen: »Sollen die denn ewig unsre Herren spielen?«
»Sie spielen sie, ihr aber werdet's.«
»Herren, wir?«
»Sie können ohne euch nicht leben, ihr aber ohne sie – dünkt euch das nicht Sieg genug?«
Da klagten sie nicht mehr, sondern hämmerten und lachten und sangen bei der Arbeit und blieben guter Dinge. Denn über ihnen hing ein Schwert, ein scharfes: So ihr aber davon esset …