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Pack's an, sonst –

Da war im Werdenfelsischen eine Müllerin. Der war der Mann gestorben. Und die Leute steckten nach der Leichenfeier die Köpfe zusammen: »Ob sie's wohl dermachen wird mit all dem Umtrieb und dem Haufen grobem Mannsvolk in der Säg- und Mahlmühl'?«

»Wird sich schwer tun, so ein einsam's Weibsbild zwischen den Maschinen«, sagt der Pfarrer, »geht ihr doch ein wenig an die Hand, Herr Lehrer.«

Der Lehrer nickt, der Pfarrer geht, die Säge kreischt.

Der Pfarrer nickt, der Lehrer geht, die Säge kreischt.

Und ist der Lehrer nach acht Tagen wieder drin im Pfarrhof g'standen: »Die Müllerin, die ist so einsam nicht, Herr Pfarrer.«

Runzelt der die Brauen.

Lacht der Lehrer: »Hat einen bei sich, der hilft ihr sakrisch – hm jaso – also himmelherrgottsmäßig hilft er.«

»Wer?«

»Der Spruch.«

»Welcher Spruch, Herr Lehrer?«

»Pack's an, sonst packt's dich an! Herr Pfarrer.«

»Herr Lehrer, was erlaubt ihr euch –«

»Ich mir nichts, es ist der Spruch der Müllerin.«

Hat dann erzählt, wie ein neuer Säger eingetreten wäre. Hätte ihn die Müllerin zur Kreissäg' hingeführt: »Pack's an, sonst packt's dich an!« Hätt' der Bursch geglotzt, die Säg' gefunkelt. »Pack's an, sonst packt's dich an!« hätt' die Müllerin ein zweitesmal gesagt. Da sei's gewesen, wie wenn die Säg' als wildes Tier den Burschen an wollt' springen. Himmel, hätt' der zugegriffen. Grad' geflogen sei die Arbeit. Jetzt sei der Neue der fleißigste von allen.

»Und die Alten?« sagt der Pfarrer.

»Ich fragte einen, der sich gerne auf die faule Haut gelegt hat, als der Müller lebte. »Herr«, hat er gesagt, »das ist vorbei – die Müllerin kann hexen – meinen Mahlgang hat sie schwer behext – »Wenn er schlaft, der Sepp, so pack ihn an!« hat sie gehext – hab' ein bissel duseln wollen letzten Montag – nur solang ein Augenzwinker ist im Schlaf, ist der Mahlgang leergelaufen – richten sich die Mühlstein plötzlich auf – starr'n mich an, bei meiner Seel', und hätten mich erdrückt, Herr, hätt' ich nicht geschwind das Maul darüber mit Getreid' gestopft – 's ist eine Hex' mit Hexensprücheln, und mir scheint, die schönsten Zeiten hab' ich g'habt«, hat der faule Knecht geseufzt, Herr Pfarrer.«

»Und die Fleißigen?«

»Die sagen, so vergnügt sei's bei den Sägegattern und den Walzen lange nicht gewesen. Seit die Müllerin dazwischen umgeht, sei's, als sängen die Maschinen selber bei der Arbeit. Wie beim Tanzen ziehe einen der Gesang. Verstehen könnten sie es nicht, es sei lateinisch. Immer aber sei ganz deutlich »Pax!« zu hören, dasselbe was der Pfarrer sage, wenn er segne. Was das heiße?«

»Pax, der Friede,« sagt der Pfarrer ernst und langsam.

»Ja, Herr Pfarrer, neulich bat man ihn geschlossen zu Versailles. Und was ist heute? Ein paar Sägen geh'n und viele andre stehen still und die Mühlen laufen leer. Kalte Kessel fleh'n vergebens: Heizt uns! Spinnmaschinen recken umsonst die Gestänge: Laßt uns laufen! Das sind Kinder eines alten Fleißes. Sie verlangen ihr Naturrecht. Schon beginnen sie zu drohen. Aber faul ist unser Herz geworden. Niemand mehr, der seine Arbeit liebte. Ist der Herrgott tot?«

»Ihr irrt. Schon geht er leise um in den Arbeitsstätten. Zwischen Webestühlen, Walzen, Hacken, Schaufeln und verstaubten Tintenfässern hab' ich ihn gesehen. Die ihn hören wollen, hören schon sein Raunen: Pack's an, sonst packt es dich an …«

»Aber die ihr Ohr verschließen, Herr Pfarrer?«

»Denen wird das Auge übergehen, wenn sie's anpackt mit Gewalt, Gestäng, Gestühl und Zackenrädern –«

»Ach, sie glaubens doch nicht, daß ihr altes Werkzeug Arme haben soll und Zähne –«

»Also werden sie es spüren müssen. Saht ihr sie mit irren Augen, schrillen Reden durch die Städte rasen? Von den Walzenstühlen Gottes sind sie schon gepackt. Zähne fangen an zu mahlen. Pack's an, sonst packt es dich an! mahnt's ein letztes Mal im Guten aus den Höhen mit sanfter Stimme –«

»Meint ihr die Himmelsmutter, Herr Pfarrer?«

»Alle Mütter mein ich, die es heute mit der Müllerin dort drüben halten – sagt ihr einen Gruß von mir – wir hätten wenig Sprüche im Gebetbuch, die es ihrem Spruche halbwegs gleichtun – und: Pack's an, sonst packt es dich an! müßt' im Katechismus hinters Vaterunser eingeschoben werden …«


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