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Liebesgedichte aus der ersten Lebenshälfte


22

Wie lebt' ich glücklich, da es mir vergönnt,
O Liebe! siegreich deiner Wuth zu widersteh'n –
Jetzt elend netz' mit Thränen ich den Busen
Ganz wider Willen, deine Kraft erfuhr ich.

Einst kamen deine schädlichen Geschosse
Nie meinem Herzen, deinem Ziele, nahe,
Nun kannst du dich durch diese schönen Augen
Mit Streichen rächen, die mich tödtlich treffen.

Entgeht beschwingt ein Vöglein vielen Schlingen
Und vielen Netzen durch des Schicksals Bosheit
Durch Jahre, um dann schlimm'ren Tod zu finden,

O seht! so hat auch mich, ihr Frauen, Liebe
Entkommen lassen lange Zeit, ich seh's,
Damit ich unter ärg'ren Qualen sterbe.

23

Der Alles schuf, er schuf die Einzeldinge
Und wählte dann das Schönste unter allen,
Um seiner Werke Hoheit uns nun hier
Mit seiner Kunst, der göttlichen, zu weisen.

24

Wer ist's, der mit Gewalt mich zu dir führt,
O wehe, wehe, weh mir!
Wer hat mich Freien ach! so eng gefesselt?
Wenn ohne Ketten du in Ketten schlägst,
Mich fingest ohne Arme, ohne Hände,
Wer schützet mich vor deinem schönen Antlitz?

25

Wie kann's doch sein, dass ich nicht mehr mein eigen?
O Gott! o Gott! o Gott!
Wer nahm mich selber mir?
Wer ist's, der näher mir
Und mehr vermag in mir als ich?
O Gott! o Gott! o Gott!
Was drang in's Herz mir ein,
Ohn' dass es mich berührte?
Was ist es, Liebe, sprich,
Was durch die Augen eintritt
Und drinnen wächst im engen Raum des Herzens,
Je mehr es strömt nach aussen?

26

In Bologna

1507–1508

Wie freut sich, heiter und von Blumen schön
Gewunden, auf dem goldnen Haar der Kranz,
Wie drängt sich Blüthe neben Blüthe vor,
Als erste ihr die Stirne sanft zu küssen.

Den Tag hindurch, wie dankbar ist das Kleid,
Die Brust ihr zu umfah'n, hinabzuwallen,
Und nimmer müde wird das Goldgewebe,
Die Wangen und den Hals ihr zu berühren.

Doch gröss're Freude scheint dem Band zu werden,
Das goldgesäumt, den Busen, den es hüllet,
Mit leisem Drucke lind berühren darf.

Der schlichte Gürtel, wie er sich verknüpft,
Zu sagen scheint: will ewig sie umfangen!
Was würden da erst meine Arme thun?

27

Wie werd' den Muth ich finden
Zu leben ohne dich, mein höchstes Gut,
Kann scheidend deine Hülf' ich nicht erfleh'n?
Mein Schluchzen, ach! die Thränen und die Seufzer,
Mit denen Euch gefolgt dies arme Herz,
Die haben grausam, Herrin, Euch gezeigt
Mein Leiden und wie nahe mir der Tod.
Doch ist es wahr, dass selbst Entfernung nimmer
Euch meine treuen Dienste lässt vergessen,
So bleibt mein Herz bei Euch, nicht mehr mein eigen.

(Von Tromboncino 1518 komponirt.)

28

Grausames herbes, mitleidloses Herz,
In süsser Hülle, aber voll von Bitt'rem,
Ach! deine Treu', vergänglich, währet kürzer,
Als eine Blum', erblüht in mildem Winter.

Die Zeit bewegt sich und sie theilt die Stunden,
Ein schlimmstes Gift für unsre Lebenskraft!

— — — — —  — — — —

Die Treu' ist kurz, die Schönheit dauert nicht,
Die eine zehrt sich mit der andern auf,
Wie deine Schuld mit meinem Leid: so willst du's.

29

Oh! wie viel wen'ger Schmerz doch, rasch zu sterben,
Als stündlich tausend Tode zu erfahren,
Da sie statt Liebe meinen Tod verlangt.
      Ach! unermess'nes Leid,
Das tief ich fühle, kehrt mir's in den Sinn,
Dass sie, die so ich liebe, mich nicht liebt!
      Wie leb' ich weiter doch?
Denn sagt sie nicht, mir gröss'res Leid zu wecken,
Dass sie sich selbst nicht liebt, und glauben muss ich's.
Wie kann ich hoffen, dass sie mich beklagt,
Wenn sie sich selbst nicht liebt: o traurig Loos,
So würde es doch wahr, – ich muss d'ran sterben?

30

Jedwede Probe hat
An Frauen und an Mädchen
Natur gemacht, bis Diese sie erschuf,
Die nun mein Herz in Gluth und Eis versetzet.
D'rum fühlte gröss'ren Schmerz
Auch nie ein andrer Mensch,
Denn Angst und Weh und Jammer
Sind um so grösser, als die Ursach stärker.
Doch im Entzücken auch
War froher Keiner, wird kein Andrer sein.

— — — — —  — — — —

31

Wie niemals Etwas ihrer Schönheit glich,
So gab es niemals auch so grossen Schmerz,
Als sie nicht mehr zu hören und zu sehen.

— — — — —  — — — —

32

Nur dich seh' ich befriedigt durch mein Leiden –
Sieh! welch' ein Mitleid, Herrin, dich bewegt,
Scheint dir mein Tod noch nicht mein grösstes Übel!

Bei wem kann Huld erhoffen ich und wo?
Ach! wer, da tödtlich feind der Mensch dem Menschen,
Tritt zwischen deinen Grimm und mein Erdulden?

Nur Amor, welcher unsren Streit entscheidet,
Sei Richter zwischen uns, und hab' ich Unrecht,
Geb' er den Bogen Dem, der mich verlacht!

Welch' Tribunal steht dem Gefang'nen offen,
Der grausam wider Recht verurtheilt ward,
Wenn nahe die Gefahr, der Trost entfernt?

Geliebte! du, so anmuthvoll, so schön,
Wie kann, wer dich verehrt, dich mitleidlos,
Hoffärtig, widerspänstig, boshaft machen?

Es färbt mit Todesschatten deine Schönheit,
So scheint's, die Edelsten zumeist und zwingt
Den Liebenden, zu lieben, was ihm schadet.

O grausam wilde Arme, mordbereit!
O Hände, höhnend Den, der für euch stirbt!
O Augen, spottend des euch treu Ergeb'nen!

Nicht glaub' ich, dass so ungezähltes Schönes,
Des Himmels freie Gabe: Ehr' und Tugend
Nur Unbill, Schmach und Tod für uns bedeuten,

Nein, dass vielmehr sie in die Welt gekommen
In wohldurchdachter Absicht, uns zu zeigen,
Welch Leben uns erwartet, fällt die Hülle!

Doch du, undankbar, die mit deiner Schönheit
Du zeugen könntest von dem Göttlichen,
Du lebst uns nur zu Schaden, Schmach und Tod.

Wer Himmelsauftrag hat und wissentlich
Ihn nicht verwirklicht, der verdient, statt Schaden
Zu bringen Andren, Schaden selbst zu leiden.

Mich lehrt die Liebe deine Pflicht erkennen
Und zwingt mich, sie zu nennen dir und zeigen,
Damit du der Verzeihung würdig werdest.

Thu' dir Gewalt an, merk' auf meine Leiden,
Verachte nicht die Welt, für die du schön
Geschaffen wurdest, sei nicht taub den Bitten!

Es ist der Tugend Ziel, nicht nur sich selbst
Zu helfen, nein! auch dort, wo sie nicht ist:
Dem Blinden spendet hellstes Licht der Himmel.

Dass du zu geizig mit dir selber bist,
Ist unser Tod, doch ungestraft bleibst du,
Die Zeugin höh'ren und gerecht'ren Lebens.

Wie war es jemals in der Welt erhört,
Dass ohne Rettung Liebe, Mitleid, Treue
In Mühsal sich, in Qual, in Tod verwandeln!

32a

Andere Version von 32

Nur dich allein seh' ich mit meinem Tod zufrieden:
Die Erde weint, der Himmel ist um mich bewegt,
Doch dich rührt Mitleid schwächer nur, je mehr ich leide.

O Sonne, welche rings die Erde du erwärmst,
O Phoebus, ew'ges Licht der Sterblichen, warum
Verdunkelst du dich mir allein und keinem Andern?

33

In dir mich sehend, ruf ich fern mich her,
Um meiner Himmelsheimath mich zu nähern,
Gleichwie den Fisch die Angelschnur, so zieht
Des Ew'gen Abbild mich zu dir empor.

Und da ein Herz, getheilt, nur wenig lebt,
Gab beide Theile ich zu eigen dir:
So bleibt – du kennst mich ja – von mir nur wenig.
Nur, was von höh'rem Werth, erwählt die Seele:
So muss ich, will ich leben, stets dich lieben,
Ich bin nur Holz, doch du bist Holz in Feuer.

34

Aus einem wundersam anmuth'gen Dinge,
Aus einem Mitleidsquell entspringt mein Leid.

35

Geschieht es, dass ein Holz, auch nur entwurzelt,
Die eig'ne Feuchtigkeit nicht wahren kann,
Wie sollt es nicht, der Hitze preisgegeben,
Vertrocknen, nicht, in Brand gesetzt, verbrennen?

So auch mein Herz, das, mir geraubt auf immer,
Von Klagen lebte und von Gluth sich nährte, –
Wie, nun es seinem Wohnsitz ward entfremdet,
Wie sollte ihm nicht Alles tödtlich werden?

36

Flieht, Liebende, die Liebe, flieht das Feuer,
Die Gluth ist scharf und tödtlich ist die Wunde:
Denn nach dem ersten Ansturm nützt euch nimmer
Gewalt, noch Klugheit, noch des Orts Veränd'rung.

D'rum flieht, mein Beispiel kann euch deutlich lehren,
Wie stark ihr Arm ist und wie scharf ihr Pfeil:
In meinem Antlitz leset eure Leiden,
Erbarmungslos und gottlos ist ihr Spiel.

O flieht, und zögert nicht beim ersten Blicke,
Auch ich war in dem Wahne, Zeit zu haben –
Nun fühl' ich's und ihr seht: in Flammen steh' ich.

— — — — —  — — — —

37

Wer sich mit Liebe wappnet, der besiegt
Den Zorn, das Elend, Zwang und Missgeschick.

38

Da mir von Stund' zu Stunde schmeichelnd naht
Erinn'rung ihrer Augen und die Hoffnung,
Die mehr als Leben: Seligkeit mir schenket,
So zwingen, scheint's, mich inn'rer Drang, Vernunft,
Mich Liebe, die Natur und alter Brauch,
Euch allzeit anzuschaun, so lang's vergönnet.
Und ändert' ich den Zustand,
In dem ich lebe, würd' ich sterben müssen,
Denn Mitleid fänd' ich nicht,
Wo jene Augen fehlen.
O Gott! Wie schön sie sind!
Wer nicht von ihnen lebt, ward nicht geboren,
Und wer zu spät geboren –
Ich sag' es unter uns –
Der muss, zum Leben kaum gelangt, gleich sterben
Denn wer in diese Augen
Sich nicht verliebt, der lebt nicht!

— — — — —  — — — —

39

Aus der Geliebten Augen bricht hervor
Ein Strahl, so glühend und so hellen Lichtes,
Dass durch geschloss'nes Aug' in's Herz er dringt!
D'rum seh' ich Amor hinken,
Denn ungleich ist die Bürde, die er trägt:
Mir giebt er Licht und nimmt von mir sich Dunkel.

40

O rein gebor'ner Geist, in dessen Leibe,
Dem keuschen, theuren, man sich spiegeln sieht,
Was Himmel und Natur hier schaffen können,
Wenn höchste Schönheit einem Werk sie spenden!

O holder Geist! was sich im Antlitz zeiget,
Muss auch, so hofft und glaubt man, sein im Innern:
Mitleid und Huld und Liebe, die so selten,
Dass niemals so der Schönheit sie sich einten.

Die Liebe fasst, die Schönheit fesselt mich,
Doch Mitleid, Huld – in süssen Blicken scheinen
Dem Herzen sich're Hoffnung sie zu bringen.

Sagt, welcher Brauch und welch' Gesetz auf Erden
Gebietet grausam, früher oder später,
Dem Tod, solch' schönes Werk nicht zu verschonen?

41

Es jammert die Vernunft, beklagt sich laut,
Dass von der Liebe Glück ich mir erwarte;
Mit starkem Beispiel und mit wahrem Wort
Gemahnt sie mich an meine Schmach und spricht:

»Was wird dir deine Lebenssonne Andres,
Als Tod bereiten, und du bist kein Phönix!«
Doch wenig frommt es, denn wer fallen will,
Den hält selbst schnelle Retterhand nicht auf.

Den Schaden wohl erkenn' ich, seh' die Wahrheit
Und mach' mich doch zur Herberg' für ein Herz,
Das meinen Diensten mit Vernichtung lohnt.

Mit Doppeltod bedroht mein Herr mich, Amor,
Den einen flieh' ich, fasse nicht den andern –
Indess' ich schwanke, stirbt mir Leib und Seele.

42

Ob's auch sehr kostbar, hab' ich doch ein wenig
Von etwas Gutem für dich eingekauft,
Damit am Duft ich deinen Weg erkenne.
Wo immer du auch sei'st in meiner Nähe,
Werd' klar und sicher ich dadurch geleitet;
Verbirgst du dich vor mir, verarg' ich's nicht:
Trägst allzeit du die Gabe nur bei dir,
So find' ich dich, und wär' ich blindgeboren!

43

Hier in der Nähe war's, wo meine Liebe
Durch Huld das Herz mir raubte, ja! das Leben!
Hier war's, wo ihre schönen Augen Hülfe
Versprachen und der Hülfe mich beraubt;

Hier hat sie mich gefesselt, hier befreit,
Hier weinte ich um mich, endlosen Schmerzes
Sah ich von diesem Steine aus sie scheiden,
Sie, die mich selbst mir nahm und mich nicht wollte!

— — — — —  — — — —

44

Natur! du sorgtest weise – mind're Schönheit
Gehörte nicht zu solcher Grausamkeit,
Denn, was sich feind, das dämpft sich gegenseitig:
Ein flücht'ges süsses Lächeln Eurer Züge
Vermag zu sänft'gen meine grössten Qualen
Und, sie erleichternd, zu besel'gen mich.

45

Grausamer Stern! Nein, unbarmherz'ger Richter,
Der du mein Können und mein Wollen fesselst!

— — — — —  — — — —

46

Wie dürres Holz in Feuersgluten möcht' ich
Verbrennen, lieb' ich nicht von Herzen dich,
Verlustig geh'n der Seele, fühlt sie Andres.

Wenn andrem Schönen sich als deinen Augen
Der Liebesgeist verdankt, der mich entzündet,
Sei ihrer ich beraubt, durch die ich lebe.

Und bet' in Lieb' ich dich nicht an, so seien
Die muthigsten Gedanken mir so zage,
Als fest und stark sie sind in deiner Liebe!

47

Bestürmt bisweilen mich dein gross' Erbarmen,
So fürcht' ich's minder nicht als deine Härte,
Denn Übermaass des einen wie des andern
Verwundet tödtlich, sind es Amors Pfeile.

— — — — —  — — — —

48

Nur dich seh' ich befriedigt durch mein Leiden,
Und meine grosse Liebe will's nicht anders,
Da Frieden nur in meinem Schmerz du findest
Und selbst des Todes Wohlthat mir nicht gönnst.

Denn häufe ich im Herzen
Das Leid, bis deinem Wunsch es ganz entspricht,
Und schwindet mir das Leben –
Wie mitleidslos verwehrst du,
Zu sterben mir, von Todesqual zerrissen?
Wie kurz ist Tod, gedenk' ich
Der Dauer deiner wilden Grausamkeit!
Doch darf, wer unrecht leidet,
Erbarmen und Gerechtigkeit erhoffen,
Und so erträgt und dienet
Die Seele ohne Falsch und hofft auf Das,
Was du nicht geben kannst:
Martyrium findet Lohn nicht hier auf Erden.

Burlesken

49

Du hast ein Antlitz, süsser als der Most,
'ne Schnecke scheint darüber hingegangen,
So hell erglänzt es, schöner als 'ne Rübe:
Wie Pastinake weiss sind deine Zähne,
So dass du selbst den Papst verliebt wohl machtest!
Des Theriaks Farbe haben deine Augen,
Und weiss wie Zwiebeln sind die blonden Haare,
D'rum würd' ich sterben, wenn du mir nicht beistehst!

Viel schöner scheint mir alle deine Schönheit,
Als an die Kirchenwand gemalt ein Mann,
Dein Mund, er dünkt mich einer Börse gleich,
Die voll von Bohnen ist, ganz wie die meine;
Gefärbt die Brauen, wie 'ne russ'ge Pfanne,
Und mehr geschwungen als ein Syr'scher Bogen,
Und weiss und roth die Wangen, wenn du siebst,
Dem Mohn vergleichbar zwischen frischem Käse.

50

Und wärst du auch von Stein, ich sollte meinen,
Mein treues Lieben würde dich bewegen,
In gleichem Schritt mich wandernd zu begleiten;
Ich würde, wärst du todt, dich reden machen,
Wärst du im Himmel, zög' ich dich herab
Mit meinen Thränen, meinen Seufzern, Bitten:
Doch da im Fleisch du lebend bei uns weilst,
Was darf erwarten, wer dir liebend dient?

Zu thun vermag ich nichts, als nur dir folgen,
Und sonder Reue unterfang' ich's mich.
Bist du doch nicht wie eine Kleiderpuppe,
Die, wie man immer sie bewegt, sich reget:
Und wenn du der Vernunft dich nicht entfremdest,
Wirst du mich einst, so hoff' ich, noch beglücken.
Die Schlange selbst, thut man ihr wohl, verlernet
Den Biss; den Zähnen nimmt der Wein die Schärfe.

Es frommet gegen Demuth keine Kraft,
Noch kann die Grausamkeit der Liebe trotzen.
Und wie die Freudigkeit den Schmerz besiegt,
So triumphirt ob aller Härte Mitleid;
Es muss so hoher, nie geseh'ner Schönheit,
Wie deine ist, des Herzens Art entsprechen,
Denn eine Scheide, die von g'rader Form,
Kann innen nicht ein krummes Messer bergen.

Und nimmer kann es sein, dass nicht ein wenig
Dir meine grosse Knechtschaft theuer sei.
O denke d'ran, nicht findet allerorten
Sich Freundestreue, die so selten ist!

— — — — —  — — — —

Vergeht ein Tag, dass ich dich nicht erblicke,
So kann an keinem Ort ich Frieden finden,
Und seh' ich plötzlich dich, kommt's über mich,
Wie Speise wirkt auf Den, der lang gefastet.

— — — — —  — — — —

Es gleitet nicht ein Tag mir durch die Hände,
Dass ich Sie nicht im Geiste fühl' und sehe;
Kein Herd, kein Ofen hat so starke Hitze,
Dass meine Seufzer ihn nicht heisser machten:
Und wenn's geschieht, dass Sie in meiner Nähe,
So sprüh' ich Funken, wie in Gluth ein Eisen,
Und möchte, hört Sie mich, ihr so viel sagen,
Dass ich vor Eifer wen'ger sag', als sonst.

Geschieht's, dass Sie mir nur ein Lächeln schenkt,
Mich mitten auf der Strasse freundlich grüsst,
So lodr' ich auf, wie Pulver, das entzündet
An einem Mörser, einem Feldgeschütz;
Und fragt Sie mich etwas, so steigt das Blut
Zur Wange mir, die Sprache fehlt zur Antwort,
Und all mein grosses Sehnen zeigt sich hülflos:
Was ich erhofft, vereitl' ich durch mich selbst.

Ich führ in mir Gott weiss! wie grosses Lieben,
Bis zu den Sternen hebt es mich empor,
Und will ich's einmal aus dem Innern ziehen,
Giebt's keine Öffnung, gross genug im Körper,
Als dass es nicht, geäussert, kleiner dünkte,
Und wen'ger schön erschien', was ich besitze.
Denn Gnade nur vergönnt der Liebe Ausdruck,
Und wer am höchsten fliegt, hat keine Worte.

Ich denke d'ran zurück, wie einst ich lebte,
Wie mir's erging, bevor ich dich geliebt:
Da war kein Einz'ger je, der mich geachtet,
Und alle Zeit verlor ich früh bis Nachts.
Kam's damals in den Sinn mir wohl, zu dichten,
Und aus der Menge abzusondern mich?
Jetzt nennt man meinen Namen, tadelnd, lobend,
Und weiss doch in der Welt, dass ich vorhanden!

In's Auge drangst du mir: das macht mich weinen –
Der Traube gleich, gepresst in ein Gefäss,
Die sich verbreitet, wo der Raum am weit'sten,
So wächst dein Bild, das, Thränen mir entlockend,
Durch's Auge in mich drang, in meinem Innern
Und macht mich schwellen, wie das Mark die Rinde.
Doch da du in mich kamst so engen Weges,
Nicht fürcht' ich mehr, du kommest je hinaus.

So wie die Luft, in eine Kugel dringend,
Mit gleichem Druck, wie das Ventil von aussen
Sie öffnet, sie von innen es verschliesst,
Fühl' ich das schöne Bildniss deines Antlitz'
Bis in die Seele mir durch's Auge dringen,
Und, diese öffnend, drinnen sich verschliessen.
Dem Balle gleich, vom Schlag getrieben, flieg ich,
Von deinem Blick geschleudert, himmelwärts.

Wohl g'nügt es nimmer einer schönen Frau,
Von Einem nur geliebt, gerühmt zu werden;
Leicht stürb' sonst ihrer Schönheit Preis mit ihr –
D'rum, huldigt auch mein Herz dir, liebergeben,
Entspricht doch deinem Werth mein Lallen nicht;
Mit einem Trägen selbst hält Schritt kein Lahmer,
Und nicht für einen Einz'gen scheint die Sonne,
Nein! Jedem, der gesunden Auges schaut!

Nicht fass' ich's, wie verbrennen kann dein Blick
Mein Herz, da er durch Augen dringt, so nass,
Dass nicht nur ihn, nein Feuer sie verlöschten.
So ist denn alle Abwehr schwach und eitel!
Vermag selbst Wasser Feuer zu entzünden,
Dann hilft, vom Leiden, das ich selbst beschwor,
Mich zu befrei'n, ein Einz'ges nur: das Feuer –
O Wunder! Feuer heilt des Feuers Übel!


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