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Geiserich's Abzug von Rom

Als nun mit ungeheuern Beutelasten
Die Flott' ins Meer ging durch den Tiberstrom,
Daß alle Schiffe kaum den Reichtum faßten
Und wie verwaist schien und erstorben Rom,
Da standen Marmorgötter an die Masten
Gebunden, Zierden sonst im Tempeldom,
Erzbilder, weggeführt aus heil'gen Nischen,
Sahn unter sich den Schaum der Woge zischen.

Gelagert in der Segel langen Schatten,
Bestaunten Krieger, was vom Capitol,
Was in den Villen sie geplündert hatten.
Gefiel sein Römerschwert dem Einen wohl,
So pries ein Andrer schwere Silberplatten,
Kunstwerke von Rubin und Karneol;
Armspangen, Ringe, goldner Ketten Splitter
Entschüttelte aus seinem Helm ein Dritter.

Und Vasen, Münzen, Leuchter, Gürtelbänder,
Trophä'n aus jedem Sieg, den Rom erfocht,
Pupurne Teppiche und Kriegsgewänder,
Dran wohl noch jüngst ein tapfres Herz gepocht.
Dies alles mit den Schätzen fernster Länder
Lag da in großen Ballen aufgejocht;
Daneben saßen stumm in Gram verloren
Gefangne Ritter, Frauen, Senatoren.

Oft, wenn ein Schiff sich um das andre wandte,
Erhob sich an den Borden Haupt um Haupt.
Hier rief ein Freund dem Freunde; Küsse sandte
Der lieben Tochter, die man ihr geraubt,
Dort eine Mutter zu; ein Sohn erkannte
Den Vater wieder, den er tot geglaubt;
Ein kurzer Augenblick voll Lust und Leiden
Vereinte Wiedersehn und neues Scheiden.

Wo ist nun euer Gott, der Weltenlenker?
Rief ein gefangner Römer, sprich du dort,
Du Mann des Kreuzes, sag mir, grauer Denker:
Bekämpfst du heute noch mein Zweifelwort?
Doch ja, dein Gott vergab ja seinem Henker,
Erlösend, sagst du, wirkt sein Leiden fort.
Nur – wenn vom Druck nicht, der uns jetzt betroffen,
Von welchem sollen wir Erlösung hoffen?

Der Herr erlöst uns aus der Haft der Sünden,
Aus keiner sonst, entgegnet ihm der Christ;
Doch statt den Grund des Bösen zu ergründen
Und wie der Schmerz der Sünde Sold nur ist,
Laß mich von jenem Bischof dir verkünden,
Den du im bleichen Schwarm dort walten siehst,
Wie nimmer müd' er sich zu allen wendet,
Verlassnen Trost, Arznei Erkrankten spendet.

Als einer Witwe einz'ger Sohn gefangen
An Bord geführt ward von der Sieger Hand,
Und Kind und Mutter weinend sich umschlangen,
Und tatlos klagend rings die Menge stand:
Da trat er vor, der Priester ohne Bangen,
Und sprach, zur beutegier'gen Schar gewandt:
Wollt ihr zur Arbeit einen Sklaven haben,
Nehmt mich, den Mann, statt dieses zarten Knaben!

Und als der Führer ihm erstaunt die Bitte
Gewährt, da streift er ab den Kreuztalar,
Und bietet, nicht, als ob er Schmerz erlitte,
Nein, lächelnd seinen Arm der Fessel dar.
Und hoch die reine Stirn, mit festem Schritte
Das Schiff betritt er in der Sklaven Schar.
Sprich Zweifler nun, wen so ein Gott begeistert,
Ob dessen Herz ein Übel noch bemeistert?

Der Alte schwieg und sah vertieft vom Rande
Des Schiffs, wie Schaum an Schaum vorüberfloß.
Da trat zu ihm ein Sohn der Morgenlande
Und sprach: Jehovah nur, der Herr, ist groß.
Was Titus einst geraubt im Tempelbrande,
Sieh jene goldnen Leuchter Salomos!
Jetzt führt sie jener König aus dem Norden
Hinweg, vor welchem Rom ein Spott geworden.

Doch diesem auch, und mag er noch so prächtig
Am hohen Seestrand thronen, einmal naht
Auch ihm die Wolke schwarz und mitternächtig,
Und tilgt vom fremden Boden fremde Saat.
Kein Reich wird durch erdrückte Völker mächtig,
Vergeltung zeugt sich jede Freveltat.
Wie viele Völker waren Zions Hasser
Und sind dahin wie Schaum auf diesem Wasser?

Am Steuer saß, umringt von erznen Streitern,
Karthago's Fürst. Jetzt winkt' er und befahl,
Mit Liedern, die ein banges Herz erweitern,
Mit Feuerwein und reichbesetztem Mahl
Die Seelen der Gefangnen zu erheitern.
Auch mir, so rief er, füllt den Festpokal!
Wer weiß von morgen! Weil wir's heute dürfen,
Laßt uns des Sieges froh Falerner schlürfen!

Der König rief's. Und bald in freudevollster
Bewegung war das Schiff; manch brauner Schlauch
Ward hergeschleppt, man legte Purpurpolster
Um Marmortisch' und Bretter schwarz von Rauch,
Und Heil'ges und Profanes ward in tollster
Vermischung nun verwandt zum Trinkgebrauch,
Vom Weine troff beim wilden Bacchanale
Der Kelch des Nachtmahls wie die Opferschale.

Doch als allmählich sich in Abendferne
Die letzte Küste dämmernder verlor,
Da kamen nicht wie sonst die goldnen Sterne,
Da stieg vom Norden schwarz Gewölk empor.
Von jedem Maste nun, als flücht' es gerne,
Bog ängstlich sich das weiße Segel vor;
An jedes Kiels umerzter Eichenwandung
Zischt' höher schon und rauschender die Brandung.

Laut sausend kommt der Sturm; da bäumt mit Grollen
Die Woge sich, eisgrün emporgeschwellt.
Die schaumgekrönten Flutgebirge rollen,
Von blauen Flammen schrecklich nun erhellt,
Nun wieder zugedeckt von schauervollen
Verfinstrungen, die der Orkan durchgellt.
Bald irrt nach allen Winden die zerstreute
Vandalenflotte mit der Römerbeute.

An Bord des Schiffs, auf welchem in Verbannung
Von Götterbildern ein Olymp entflog,
Trotzt' heldenkühn im Sturme die Bemannung.
So oft ein Windstoß tief die Masten bog,
So oft das Segel in der höchsten Spannung
Das Schiff fast mit sich in die Wogen zog,
Erhoben sie, das Element zu höhnen,
Ein lachend Lied in lauten Jubeltönen.

Doch wie nun Blitz um Blitz mit grellen Strahlen
Die Götterbilder flammend übergoß,
Erschienen wie belebt die kolossalen
Metallnen Glieder bleich und riesengroß.
Zu drohen schien ihr Antlitz den Vandalen,
Ein Zürnen wie erzürnter Geister schoß
Aus ihrem starren Blick und ließ hingegen
Erstarrung auf die Lebenden sich legen.

Ein Bild Neptuns stand zwischen Eichenkloben
Aufrecht gebunden an den Vordermast.
Wenn nun das Schiff vom Sturm emporgehoben
Hoch in die Wellen sprang mit seiner Last,
Erschien der Meergott wie in Wolken oben,
Den goldnen Dreizack hielt sein Arm gefaßt,
Und neben ihm, der finster niederdrohte,
Stand furchtbar Hermes da, der Götterbote.

Ein Steuermann rief aus: Gewiß beschwören
Den Sturm uns diese fremden Götzen nur;
Denn ihrer dunkeln Höllenmacht gehören
Noch stets die blinden Kräfte der Natur.
Wohlauf denn, Brüder, laßt uns sie zerstören,
Eh' das Verderben auf uns niederfuhr!
Kein Zaudern mehr! Ergreift die Waffen schnelle!
Zerschlagt und werft sie stückweis in die Welle!

Er ruft's, und Jene folgen ihm. Durchs Heulen
Des Sturmes brüllt ihr Kampfruf in die Nacht.
Mit Äxten, Schwertern, ries'gen Eisenkeulen
Beginnen sie die unerhörte Schlacht.
Schon trümmern Glieder von den Göttersäulen,
Da fährt der Blitz ins Schiff. Der Mast zerkracht,
Bordüber schlägt die Flut, entführt das Steuer,
Und durch die Taue prasselnd saust das Feuer.

So gegen Götter mit den halbverbrannten,
Halbnackten Leibern gleicht ihr Kampf dem Drohn
Der alten Himmelsstürmer und Giganten,
Wie sie mit Zeus im Zwist vom Pelion
Machtlose Schwerter gegen Blitze wandten.
Und so ihr Tod: die nächste Sturzflut schon
Begräbt mit donnerähnlichem Gedröhne
Ins Meer die nordischen Titanensöhne.

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