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Die Priesterin der Isis in Rom

Heucheln soll ich Zauberkünste,
In den Flammen trüber Dünste
Spähen nach verborgnem Sinn;
Aus der Vögel hohen Flügen
Soll ich Prophezeiung lügen
Um verhaßten Goldgewinn.
Ob nicht bald ein Freier werbe,
Ob ein grauer Schurke sterbe,
Welch ein Frevler ihn beerbe,
Fragt man die Ägypterin.

Völkern hier ein Licht zu schenken
Und zur Wahrheit sie zu lenken,
Wähnte die Prophetenbraut;
Weh, nun muß ich hier bei Kesseln
Schauen, wie mit Lolch und Nesseln
Schlangenhaut und Kröte braut,
Muß mein edles Wissen schänden,
Hohes sehn aus Sklavenhänden
Und am Dreiweg Feuerbränden
Niederstreu'n das Lorbeerkraut.

Ich, des großen Landes Tochter,
Wo zuerst auf unterjochter
Erdkraft sich der Geist vernahm,
Jenes Landes, dessen Lehre
Leuchtend über Land und Meere
Einst an alle Völker kam.
Ja, wir waren's, die am frühsten
Halt geboten Meer und Wüsten,
Mit Gesang die Sterne grüßten,
Tiere zogen fromm und zahm!

Jene Weisheit ist verloren,
Unter Gaukler, unter Toren
Stößt ein fremder Pöbel mich;
Weh, was ließ ich den geliebten
Strand des Nils, o dich, Ägypten,
Grab der Könige und dich!
Wo beim Staub der Pharaonen
Teure Seelenwandrer wohnen,
Könnt' auch ich im Schatten thronen
Hochgeehrt und priesterlich.

Hier ist alles wie zerrissen;
Nirgends knüpft ein Allmachtwissen
Erdennacht und Himmelspol.
Durch bedeutungslose Ferne
Irren tonlos hier die Sterne,
Alles tönt mir leer und hohl.
Ihr zerreißt den Isisschleier,
Aber saget nun, Entweiher:
Sehet die Natur ihr freier,
Seit zertreten ihr Symbol?

Fromme Vögel seh' ich schweben
Nach dem tempelreichen Theben,
Bald fliegt meine Seele mit;
Wenn der Sternenkreis vollendet,
Wenn zum Tal der Nil sich wendet,
Siegeshoch im Segensschritt,
Nimmer weil' ich dann hienieden;
Hohe Nacht der Pyramiden,
Nimm mich auf, wenn ich um Frieden
Deine goldnen Tore bitt'!


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