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Vorbemerkung des Herausgebers
von H. Laubes gesammelten Werken, deren neunter Band die vorliegende Ausgabe der Bandomire bildet.

Den wirkungsvollen Hintergrund der Erzählung » Die Bandomire« bildet die politische Zerrüttung Kurlands um das Jahr 1700, sie zeitigt Zustände, wie sie noch in den Ereignissen unserer allerjüngsten Vergangenheit in jenen Landstrichen aufs neue wieder auflebten. Die »Bandomire« sind ein farbenstrotzendes Kriegsbild von einer Energie der Erfindung, einer markigen Charakteristik, besonders in den Haupthelden des untergehenden Geschlechtes der Bandomire, und einer gedrungenen Geschlossenheit der Komposition, daß diese Erzählung an die Spitze der novellistischen Produktion Laubes zu setzen ist. Das Temperament des Dramatikers hat sich hier zu seinem größten Vorteil in den Zwang der Novelle gefügt.

Wie kam Laube zu diesem fernliegenden Stoff? Bis auf seine Jugend, auf die Erzählung eines kurischen Barons, der in Laubes Elternhaus zu Sprottau gewohnt hat, zurückzugehen, geht nicht an, da diese Kindheitserinnerung eine zu flüchtige war, wenn auch das Interesse für das ehemalige Deutschordensland dadurch angeregt oder gesteigert sein mag. Niemals ist er auch sonst in dieses Milieu zurückgekehrt, und doch bildet die Grundlage der Erzählung ein so reicher historischer Apparat, daß eine genaue Kenntnis der kurländischen Begebenheiten und damit verbundene umfangreiche Studien vorausgesetzt werden müßten. Dennoch hat das Beste an dieser Erzählung der Dichter geschaffen, der die Geschichte mit berechtigter Freiheit behandelte, und die historischen Studien Laubes waren keineswegs weit her, sie wurden ihm fertig ins Haus geschickt in Form von historischen Regesten und ähnlichem Material, und es ist nur um so bewundernswerter, in welch trefflicher, resoluter Art sich Laube des Stoffes bemächtigt, und wie er eine nie gesehene Welt mit einer Anschaulichkeit zu schildern verstanden hat, die noch heute von Ortsansässigen als völlig naturwahr bezeichnet wird. Diese stoffliche Sonderstellung der Erzählung innerhalb seines novellistischen Schaffens hat sogar bis heute Zweifel angeregt, ob überhaupt die Autorschaft Laubes zu Recht bestände, und diese Zweifel haben sich bis zu der Behauptung verstiegen, daß der Fiskal Blank in Jakobstadt in Wahrheit der Verfasser der Novelle sei. Auch zu Laube selbst sind solche Vermutungen gedrungen, und er hat sich über die Entstehung der 1841 von ihm geschriebenen Novelle in einem Briefe vom 24. Juni 1877 so klar ausgesprochen, daß ein weiterer Zweifel gegenstandslos geworden ist. Der Brief ist erst neuerdings durch Geheimrat Prof. Dr. Ludwig Stieda in Königsberg in der »Düna-Zeitung« vom 13. Dezember 1907 (Nr. 289) veröffentlicht worden; er gab einem nicht genannten Frager folgende Auskunft über die Entstehung des Werkes:

»Die Novelle ›Die Bandomire‹ ist durch die Reyhersche Buchhandlung in Mitau entstanden. Sie sendete mir das Material, ein Geschichtsbuch Kurlands, die Daten der Bandomire-Affäre und eine Sammlung vortrefflicher Spezialkarten. Von einer eigentlichen Vorarbeit des Romans weiß ich nichts. Soviel ich mich erinnere, habe ich die Komposition der Erzählung selbständig erfunden und ausgeführt. Ich hatte Zeit genug dazu gehabt, denn ich hatte obiges Material jahrelang auf Reisen bis nach Algier – mit mir herumgeschleppt. Die Nachricht, daß Herr Blank eine Bearbeitung des Stoffes verfaßt hat, kann sich wohl nur auf die obengenannten Daten der Bandomire-Affäre beziehen, welche mir die Reyhersche Buchhandlung zugesandt hat. Das sind aber eben nur Daten gewesen, welche erst zu einem romantischen Kunstwerk komponiert werden mußten, den Titel einer Bearbeitung aber nicht ansprechen konnten. Mit Herrn Blank selbst bin ich meines Wissens nie in Verbindung gewesen.«

Die Originalausgabe der Novelle erschien im Verlag von G. A. Reyher, Mitau und Leipzig, 1842 und ging in den achtziger Jahren in den Verlag von N. Kymmel in Riga über. Die künstlerische Reife und Abrundung dieser Erzählung macht es um so überraschender, wenn Laube am 18. Januar 1842 an den Fürsten Pückler schrieb, daß er diese Arbeit ohne sonderliches Interesse, nur des Geldverdienstes wegen, vollendet habe, und selbst darüber erstaunt war, daß sie von allen Seiten so günstig aufgenommen wurde.


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