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Seit dem Morgen des 14. Juli hatte sich die Aufmerksamkeit des Pariser Aufstandes auf die Bastille gerichtet – auf diese düstere Festung mit ihren dicken und hohen, schreckenden Türmen, die sich inmitten der Häuser eines volkreichen Stadtviertels beim Eingang in den Faubourg St. Antoine aufrichtete. Die Historiker sind noch dabei, sich zu fragen, wer die Aufmerksamkeit des Volkes in diese Richtung gelenkt habe, und einige haben behauptet, der Permanente Ausschuß im Rathaus sei es gewesen, der dem Aufstand ein Ziel habe geben wollen und ihn darum gegen dieses Symbol des Königtums gelenkt habe. Nichts indessen bestätigt diese Behauptung, während eine Anzahl wichtiger Tatsachen ihr widersprechen. Es war vielmehr der Instinkt des Volkes, der schon am 12. oder 13. einsah, daß in dem Plan des Hofes, die Pariser Bewegung niederzuschlagen, die Bastille eine wichtige Rolle spielen mußte, und der darum beschloß, sich ihrer zu bemächtigen. In der Tat weiß man, daß der Hof im Westen die 30 000 Mann Besenvals hatte, die auf dem Marsfeld ihr Lager hatten, und daß er im Osten die Türme der Bastille als Stützpunkte hatte, deren Kanonen auf den revolutionären Faubourg Saint-Antoine und seine Hauptstraßen gerichtet waren und ebenso auf die andere große Verkehrsader: die Rue Saint-Antoine, die nach dem Rathaus, dem Palais-Royal und den Tuilerien führt. Die Bedeutung der Bastille war also nur zu offenkundig, und seit dem Morgen des 14. Juli, sagen die ›Deux Amis de la Liberté‹, gingen diese Worte: Zur Bastille! von einem Stadtende zum andern von Mund zu Mund.
Es ist richtig, daß die Garnison der Bastille nur 114 Mann stark war, nämlich 84 Invaliden und 30 Schweizer, und daß der Gouverneur nichts getan hatte, sie mit Proviant zu versehen; aber das beweist nur, daß man den Gedanken an einen ernsthaften Angriff auf die Festung für absurd und unmöglich hielt. Indessen wußte das Volk, daß die royalistischen Verschwörer auf die Festung zählten, und es erfuhr von den Einwohnern des Viertels, daß in der Nacht vom 12. auf den 13. Pulvervorräte vom Arsenal in die Bastille geschafft worden waren. Man bemerkte auch, daß der Kommandant, der Marquis de Launay, schon früh am Morgen des 14. seine Kanonen bereitgestellt hatte, um auf das Volk schießen zu können, wenn es in Massen dem Rathaus zuströmte.
Man muß auch sagen, daß das Volk immer einen Haß gegen die Gefängnisse gehabt hatte, wie Bicêtre, den Turm von Vincennes, die Bastille. Während der Aufruhrbewegungen von 1783, als der Adel gegen die willkürlichen Verhaftungen protestierte, beschloß der Minister Breteuil, Vincennes als Gefängnis aufzugeben, der berühmte Turm wurde in ein Kornmagazin umgewandelt, und um der öffentlichen Meinung zu schmeicheln, erlaubte Breteuil die Besichtigung der furchtbaren Verliese der für Lebenszeit Eingekerkerten. Man sprach, sagt Droz, viel von den Greueln, die man bei der Gelegenheit sehen konnte, und es versteht sich, daß man sich sagte, in der Bastille müsse es noch schlimmer sein.
Auf jeden Fall ist es sicher, daß schon am Abend des 13. einige Flintenschüsse zwischen Abteilungen der bewaffneten Pariser, die an der Festung vorbeikamen, und ihren Verteidigern ausgetauscht wurden und daß am 14. Juli in den ersten Morgenstunden die mehr oder weniger bewaffneten Massen, die die ganze Nacht durch auf den Straßen gewesen waren, sich auf den Wegen anzusammeln begannen, die zur Bastille führten. Schon während der Nacht war das Gerücht umgegangen, die Truppen des Königs kämen auf der Seite der Barrière du Trône im Faubourg St. Antoine heran, und die Menge strömte nach Osten und baute Barrikaden auf den Straßen im Nordosten des Rathauses.
Ein gelungener Angriff des Volkes auf das Hôtel des Invalides schaffte ihm Waffen und Kanonen. In der Tat hatten schon am Tag vorher Bürger, die von ihren Distrikten abgeordnet waren, sich ins Invalidenhaus begeben und Waffen verlangt, indem sie sagten, ihre Häuser würden von den Räubern mit Plünderung bedroht, und der Baron von Besenval, der die königlichen Truppen in Paris befehligte und sich im Invalidenhaus befand, hatte versprochen, ihnen welche zu geben, wenn der Marschall von Broglie die Erlaubnis gäbe. Die Erlaubnis war noch nicht eingetroffen, als am 14. gegen sieben Uhr morgens – die Invaliden, die Sombreuil kommandierte, standen an ihren Geschützen und waren, die Lunte in der Hand, fertig zum Feuern – eine Menge von sieben- bis achttausend Mann plötzlich im Laufschritt aus den drei benachbarten Straßen hervorbrach. Sie überschritt ›im Nu‹ – einer half dem andern – den acht Fuß tiefen und zwölf Fuß breiten Graben, der um den Platz vor dem Hotel des Invalides herumging, stürmte auf den Platz und eroberte dort zwölf Geschütze (Vierundzwanzigpfünder, Achtzehnpfünder und Zehnpfünder) und einen Mörser. Die Invaliden, die schon vom ›Geist des Aufruhrs‹ angesteckt waren, verteidigten sich nicht, und die Menge verteilte sich nach allen Seiten und gelangte bald in die Kellergewölbe und die Kirche, wo 32 000 Flinten und ein Vorrat Pulver verborgen waren. Diese Flinten und diese Kanonen taten noch am selben Tag bei der Eroberung der Bastille ihren Dienst. Pulver hatte das Volk schon am Tag vorher sechsunddreißig Fässer abgefangen, die nach Rouen gehen sollten; sie wurden ins Rathaus gefahren, und die ganze Nacht über teilte man das Pulver an das Volk aus, das sich bewaffnete.
Das Wegschaffen der Flinten vom Invalidenhaus ging sehr langsam vor sich, und man weiß, daß die Menge um zwei Uhr noch nicht damit fertig war. Man hätte also Zeit genug gehabt, Militär herbeizuholen und das Volk auseinanderzusprengen, um so mehr, als Infanterie, Kavallerie und selbst Artillerie ganz in der Nähe, in der École Militaire und auf dem Marsfeld, stationiert war. Aber die Offiziere dieser Truppen hatten kein Vertrauen zu ihren Soldaten, und dann mußten sie selbst angesichts dieser zahllosen Massen zaudern, denn 300 000 Menschen jeden Alters und Standes wogten seit zwei Tagen auf den Straßen. Die Faubourgs, die sich mit etlichen Flinten, mit Spießen, Hämmern, Äxten oder auch bloßen Knütteln bewaffnet hatten, waren in der Tat auf die Straße gestiegen, und die Massen drängten sich auf der Place Louis XV. (heute Place de la Concorde), in der Nähe des Rathauses und der Bastille und auf den Zugangsstraßen. Das Pariser Bürgertum war selbst beim Anblick dieser bewaffneten Massen auf der Straße von Schrecken ergriffen.
Als der Permanente Ausschuß des Rathauses erfuhr, daß die Zugänge zur Bastille vom Volke überschwemmt seien, schickte er schon am Morgen des 14. Unterhändler an de Launay, den Gouverneur der Festung, um ihn zu ersuchen, die Kanonen, die auf die Straßen gerichtet waren, zurückzuziehen und keinerlei Feindseligkeit gegen das Volk zu begehen; dagegen versprach der Ausschuß, der sich damit eine Macht anmaßte, die er nicht besaß, das Volk ›werde sich in keinerlei gefährlichen Absicht gegen den Platz bewegen‹. Die Abgeordneten wurden vom Gouverneur sehr gut aufgenommen und verweilten sich beim Frühstück mit ihm sogar bis gegen Mittag. De Launay suchte wahrscheinlich Zeit zu gewinnen, um bestimmte Ordres von Versailles abzuwarten, die er aber nicht erhielt, weil sie morgens vom Volk abgefangen worden waren. Wie alle andern Befehlshaber sah de Launay voraus, daß es ihm schwerfallen würde, dem Volk von Paris, das in Massen auf die Straße gestiegen war, Widerstand zu leisten, und er suchte Zeit zu gewinnen. Für den Augenblick ließ er die Kanonen vier Fuß nach rückwärts fahren, und damit das Volk sie nicht durch die Schießscharten hindurch sehen sollte, ließ er Bretter davornageln.
Gegen Mittag schickte der Distrikt Saint-Louis-la-Culture zwei Abgeordnete, die in seinem Namen mit dem Gouverneur sprechen sollten: der eine von ihnen, der Advokat Thuriot de la Rozière, erhielt vom Marquis de Launay das Versprechen, er werde nicht schießen lassen, wenn man ihn nicht angriffe. Gegen ein Uhr und gegen drei Uhr wurden vom Permanenten Ausschuß zwei neue Abordnungen an den Gouverneur entsandt, die aber nicht empfangen wurden. Die eine wie die andere sollte vom Gouverneur verlangen, er solle die Festung einer Bürgermiliz übergeben, die sie zusammen mit den Soldaten und den Schweizern bewachen würde.
Aber alle diese Verhandlungen wurden vom Volk vereitelt, das vollkommen begriff, daß es sich um jeden Preis der Bastille bemächtigen müßte. Es besaß die Flinten und Kanonen vom Invalidenhaus, und seine Begeisterung stieg fortwährend. Die Massen erfüllten die der Bastille benachbarten Straßen und ebenso die Höfe, die die Festung umgaben. Bald entspann sich das Schießen zwischen dem Volke und den Invaliden, die auf den Wällen standen. Während der Permanente Ausschuß die Glut der Angreifer zu dämpfen suchte und Anstalten traf, auf dem Grèveplatz verkünden zu lassen, Herr von Launay habe versprochen, es solle nicht geschossen werden, wenn man ihn nicht angreife, drängten die Massen unter den Rufen: »Wir wollen die Bastille! Die Brücken herunter!« gegen die Festung. Man sagt, der Gouverneur sei, als er von den Wällen aus, auf die er mit Thuriot gestiegen war, den Faubourg St. Antoine und die benachbarten Straßen ganz schwarz von Menschen gesehen hätte, die gegen die Bastille marschierten, fast in Ohnmacht gefallen. Es scheint sogar, er stand im Begriff, die Festung auf der Stelle an den Ausschuß der Miliz zu übergeben, aber die Schweizer widersetzten sich.
Die ersten Zugbrücken des Außenteils der Bastille, der l'Avancée hieß, waren dank einer kühnen Tat einiger Männer, wie sie bei solchen Gelegenheiten nie ausbleiben, bald heruntergebracht. Acht oder zehn Männer, denen ein großer und kräftiger lustiger Patron, der Krämer Pannetier, half, erkletterten von einem Hause aus, das an die Avancée anstieß, die Mauer; sie rutschten rittlings auf ihr weiter, bis sie an ein Wachtstubenhaus kamen, das in der Nähe der kleinen Zugbrücke der Avancée war, und von da sprangen sie in den ersten Hof der eigentlichen Bastille; das war der Gouvernementshof, in dem das Haus des Gouverneurs lag. Dieser Hof war nicht besetzt, da die Invaliden sich mit Launay nach dem Weggang Thuriots in die eigentliche Festung zurückgezogen hatten. Mit Axtschlägen ließen die acht oder zehn Männer, die in diesen Hof gestiegen waren, erst die kleine Zugbrücke herunter, und dann zertrümmerten sie das Tor und ließen die große herunter, worauf mehr als dreihundert Menschen in den Gouvernementshof stürzten und den beiden andern Zugbrücken zueilten, der kleinen und der großen, die über den großen Graben der eigentlichen Festung führten. Diese beiden Brücken waren selbstverständlich hochgezogen.
Hier tritt nun der Zwischenfall ein, der die Wut der Pariser Bevölkerung zum äußersten brachte und im weiteren Herrn de Launay das Leben kostete. Als die Menge auf den Gouvernementshof strömte, fingen die Verteidiger der Festung oben zu schießen an, und es wurde sogar ein Versuch gemacht, die große Zugbrücke der Avancée wieder hochzuziehen, um die Menge daran zu verhindern, den Gouvernementshof zu verlassen, und sie gefangenzunehmen oder niederzumetzeln. Dieser Versuch wurde, wie man heute behauptet, nicht auf Befehl Launays gemacht, sondern aus freien Stücken von einigen Invaliden, die aus gewesen waren, um Proviant einzukaufen, und nun zurückkehrten. Das scheint mir sehr unwahrscheinlich, daß drei oder vier Soldaten, die inmitten dieser Menge verloren waren, so etwas getan haben sollen. Und dann – wozu sollte es dienen, diese Menge einzusperren, wenn man sie nicht als Geiseln gegen das Volk benutzen wollte? So strichen gerade in dem Augenblick, wo Thuriot und Corny dem Volk auf dem Grèveplatz verkündeten, der Gouverneur habe versprochen, nicht zu schießen, die Musketenschüsse der Soldaten, die auf den Wällen postiert waren, über den Gouvernementshof, und das Geschütz der Bastille schleuderte seine Kanonenkugeln in die benachbarten Straßen. Nach all den Verhandlungen, die am Morgen stattgefunden hatten, wurde dieses Feuer aufs Volk offenbar als Akt des Verrats von Seiten Launays aufgefaßt, den das Volk beschuldigte, er habe die zwei ersten Zugbrücken der Avancée selbst herablassen heißen, um das Volk unter das Feuer der Wälle zu locken.
Es war in diesem Augenblick ungefähr ein Uhr. Die Nachricht, die Geschütze der Bastille schössen auf das Volk, verbreitete sich in ganz Paris und hatte einen zweifachen Erfolg. Der Permanente Ausschuß der Pariser Miliz beeilte sich, eine neue Abordnung zum Kommandanten zu schicken, die ihn fragen sollte, ob er geneigt wäre, eine Milizabteilung in die Festung aufzunehmen, die im Einvernehmen mit den Truppen die Bastille bewachen sollte. Aber diese Abordnung kam nicht vor den Kommandanten, weil in der ganzen Zeit das Schießen zwischen den Invaliden und den Angreifern ununterbrochen weiterging. Die Angreifer standen gebückt hinter einigen Mauern und schossen hauptsächlich auf die Soldaten, die die Geschütze bedienten. Überdies begriff das Volk, daß die Deputationen des Ausschusses den Sturm nur hinderten: ›Eine Deputation wollen sie nicht mehr; sie belagern die Bastille; sie wollen das furchtbare Gefängnis niederreißen; sie verlangen mit lauten Rufen den Tod des Gouverneurs‹, so berichteten die Abgesandten bei ihrer Rückkehr.
Das hinderte den Ausschuß im Rathaus nicht, eine dritte Deputation zu entsenden. Herr Ethis de Corny, königlicher und städtischer Prokurator, und einige Bürger wurden beauftragt, noch einmal die Begeisterung des Volkes zu dämpfen, den Angriff zu hemmen und mit Launay zu parlamentieren, er solle eine Miliz des Ausschusses in der Festung aufnehmen. Die Absicht, das Volk daran zu hindern, sich zum Herrn der Bastille zu machen, war offenbar. Das Volk aber, das von seinem revolutionären Instinkt geleitet war, handelte, sowie sich die Nachricht von dem Schießen in der Stadt verbreitet hatte. Es holte die Kanonen, die man im Hôtel des Invalides erobert hatte, zum Rathaus, und gegen drei Uhr, als die Deputation de Corny auf dem Rückwege war, um von ihrem Mißerfolg Mitteilung zu machen, traf sie ungefähr dreihundert Gardisten und eine Anzahl bewaffnete Bürger, die von einem alten Soldaten namens Hulin kommandiert wurden. Sie marschierten zur Bastille und führten fünf Kanonen mit sich. In diesem Augenblick dauerte das Schießen schon mehr als drei Stunden lang. Das Volk ließ sich durch die große Zahl Tote und Verwundete nicht entmutigen und setzte die Belagerung fort. Es nahm dabei zu verschiedenen Hilfsmitteln Zuflucht; zum Beispiel fuhr man drei Wagen Stroh und Dünger herbei, um einen Rauchschleier zu machen, hinter dem der Angriff auf die zwei Eingangstore (an der kleinen und großen Zugbrücke) leichter vor sich gehen konnte. Die Gebäude des Gouvernementshofes waren schon angezündet worden.
Die Kanonen kamen gerade im rechten Augenblick an. Man zog sie in den Gouvernementshof und stellte sie nur in dreißig Meter Entfernung gegenüber der wichtigsten Zugbrücke und dem Tore auf.
Man kann sich leicht die Wirkung vorstellen, die diese Kanonen in den Händen des Volks auf die Belagerten hervorbringen mußten! Es war kein Zweifel, daß die Zugbrücken bald fallen mußten und daß die Tore gesprengt wurden. Die Menge wurde immer drohender und strömte in immer dichteren Scharen herbei.
Nun war der Augenblick gekommen, wo die Verteidiger einsahen, daß länger Widerstand leisten so viel hieß, wie sich mit Gewißheit niedermetzeln lassen. De Launay beschloß, sich zu ergeben. Die Invaliden, die sahen, daß sie mit ganz Paris, das herbeikam, sie zu belagern, nicht fertig werden konnten, hatten seit einiger Zeit zur Kapitulation geraten, und gegen vier Uhr oder zwischen vier und fünf Uhr nachmittags ließ der Kommandant die weiße Fahne aufpflanzen und die Schamade schlagen – das heißt den Befehl, das Feuer einzustellen und von den Wällen herunterzukommen.
Die Garnison kapitulierte und verlangte das Recht, die Festung mit den Waffen verlassen zu dürfen. Es ist möglich, daß Hulin und Elie, die der großen Zugbrücke gegenüberstanden, in ihrem Namen einwilligten, aber das Volk wollte nichts davon hören. Der Ruf: Brücken herunter! erhob sich mit neuer Wut. Da ließ um fünf Uhr der Kommandant aus einer Schießscharte in der Nähe der kleinen Zugbrücke einen Zettel mit folgenden Worten herunterwerfen: ›Wir haben zweihundert Zentner Pulver; wir sprengen das Stadtviertel und die Garnison in die Luft, wenn ihr die Kapitulation nicht annehmt.‹ Hätte er daran gedacht, dieser Drohung Folge zu geben, hätte es die Garnison niemals zugegeben; und Tatsache ist, daß de Launay selbst den Schlüssel hergab, damit das Tor zur kleinen Zugbrücke geöffnet wurde . . . Sofort strömte das Volk in die Festung, entwaffnete die Schweizer und die Invaliden und ergriff de Launay, der zum Rathaus geführt wurde. Während des Transports schmähte ihn die Menge, die über seinen vermeintlichen Verrat wütend war, auf jede Weise: er wäre zwanzigmal getötet worden ohne die heldenhaften Bemühungen Cholats und eines andern, die ihn mit ihren Leibern deckten. Einige hundert Schritte vor dem Rathaus wurde er ihnen aus den Händen gerissen und enthauptet. Von Hue, der Kommandant der Schweizer, rettete sein Leben durch die Erklärung, daß er sich der Stadt und der Nation übergebe, und dadurch, daß er auf ihr Wohl trank; aber drei Offiziere vom Stab der Bastille und drei Invaliden wurden getötet. Flesselles, der Vorsteher der Kaufmannschaft, der Beziehungen zu Besenval und der Polignac unterhielt und der – wie aus einer Stelle in einem seiner Briefe hervorgeht – viele andere Geheimnisse zu verbergen hatte, die für die Königin sehr kompromittierend waren, sollte vom Volke gerichtet werden, als ein Unbekannter ihn mit einem Pistolenschuß tötete. Dachte der Unbekannte, daß nur die Toten nicht reden können?
Sowie die Brücken der Bastille heruntergelassen waren, strömte das Volk in die Höfe und durchsuchte die Festung, um die Gefangenen zu befreien, die in den Verliesen begraben waren. Es war ergriffen und vergoß Tränen beim Anblick dieser Gespenster, die aus ihren Kerkern hervorkamen, geblendet vom Licht und betroffen über den Ton so vieler Stimmen, die ihnen zuriefen; man führte diese Märtyrer des Königsdespotismus im Triumph durch die Straßen von Paris. Bald war die ganze Stadt im Taumel, als man erfuhr, die Bastille sei in den Händen des Volks, und verdoppelte den Eifer, die Eroberung zu sichern. Der Staatsstreich des Hofes war fehlgeschlagen.
So begann die Revolution. Das Volk hatte seinen ersten Sieg errungen. Es hatte einen tatsächlichen Sieg dieser Art gebraucht. Die Revolution hatte kämpfen müssen und war als Siegerin aus dem Kampfe hervorgegangen. Das Volk hatte seine Stärke gezeigt und seinen Feinden Achtung eingeflößt. Überall in Frankreich wurde Mut und Begeisterung erweckt; überall drängte man zum Aufstand, zur Eroberung der Freiheit.