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Man schmiert nicht ungestraft mit Schwefelsäure anstatt mit Oel. In Ellen's Maschine rasselte und schnurrte es wie in einer Sägemühle. Einmal war Starke's Reinigung nur eine erste und oberflächliche gewesen, er hatte am anderen Tage sie sorgfältiger wiederholen wollen, aber Ellen war ja nicht geblieben, und dann musste die Vergiftung eine Kennerhand vorgenommen haben, überall und gerade in die empfindlichsten Theile war die Säure eingespritzt worden, immer neue Knurrtöne machten sich bemerkbar.
Nun, in Springfield ist Alles zu haben, was der Radler braucht, auch Maschinen jeder Fabrik aus aller Welt.
Um 4 Uhr brachen sie auf, in zwei Stunden erschienen die ersten Häuser, die schon zu Springfield gehörten, jedenfalls würde Ellen durch ihres Mentors Zauberei Punkt 7 Uhr vor einem Hôtel absteigen können.
Zuerst aber erwartete sie eine Ueberraschung, welche grosse Aehnlichkeit mit der eben gehabten hatte.
Da stand an der Strasse ein Gasthaus, und aus diesem sprang jetzt ein gleichfalls carrirter Mann, nur dass das Muster kleiner und gelb und schwarz war und sich auf den Reisemantel bezog, welcher die lange Gestalt bis an die Füsse einhüllte. Dieser lange Mantel, dazu diese Mütze, dieses impertinente Gesicht mit den Bartcoteletten – ein reisender Engländer, wie er im Buche steht, es konnte gar nicht anders sein.
»Hip, hip, hip, hurrah für Oldengland!« schrie er und schwang in der Rechten einen grossen Zinnkrug, in dem das Bier überschäumte.
»Hip, hip, hip, hurrah für die Champion-Lady von England, hip, hip, hip, hurrah für den Stolz von England!«
Und so hippte er noch einige Male, immer den Zinntopf schwenkend, dass das Bier herumspritzte. Was sollte Ellen machen– das galt doch offenbar ihr – sie stieg vor ihm ab.
»Ich bin es, ich, Victor Jenkin, welcher der berühmtesten Lady der Welt den ersten Willkommtrunk reichen darf. Heil der Weltenfahrerin, Heil den englischen Damen, Heil Oldengland! Trinken Sie!
Ellen dankte und nahm den Zinnkrug, beim Trinken hätte sie sich vor Lachen bald verschluckt, der reisende Engländer fing nämlich an, Rule Britannia zu singen, aber mit einer grässlichen Stimme, und schlug dabei den Tact mit beiden Armen, dass er gerade wie eine flatternde Vogelscheuche aussah.
»Das ist kein amerikanisches Bier, das ist echt englischer Porter, nur solchen darf eine Ellen Howard trinken – verzeihen Sie, berühmte Personen nennt man einfach mit Namen,« so sagte er nach dem ersten Verse, Ellen den Krug wieder abnehmend. »Oh happy England, oh glückliches England!«
Ein Mr. Schade in anderer Ausgabe, dachte Ellen, als sie sich noch den Mund abwischte
»Wie komme ich denn zu dieser Ehre? Woher kennen Sie mich?«
»Woher ich Sie kenne?« rief jener wieder mit Pathos. »Oh, wer in der Welt kennte nicht Ellen Howard! Wer spräche nicht von der kühnen Engländerin! Und auch ich bin ein Engländer! Oh, welche Lust, welcher Stolz, solch' eine Lady als Landsmännin zu haben! Oh du stolzes England, du hast ein Recht, stolz zu sein. Oh du mein happy England! Nun lassen Sie uns den zweiten Vers singen. Erst aber trinken auch Sie, Curt Starke, Sie Ritter ohne Furcht und Tadel, Sie Ritter dieser Dame.«
Er bot Starke den Becher. Dieser aber, welcher den Mann von oben bis unten betrachtet hatte, wurde wieder einmal grob; er schüttelte den Kopf und blickte zur Seite, nach dem Wagen, welcher neben dem Gasthause stand. Mr. Jenkin beachtete das abweisende Verhalten nicht, schien sich auch gar nicht beleidigt zu fühlen, er fing gleich wieder an, weiter zu schwärmen, und unter zahllosen Phrasen, unter denen das »happy England« die Hauptrolle spielte, hatte er herausgebracht, dass er von Miss Howard's Welttour in London gelesen habe, und sofort sei er entschlossen gewesen, die kühne Dame zu begleiten, um Augenzeuge solch' englischen Heldenmuths zu werden. Der ganzen Welt dürfe nicht das Geringste verloren gehen. Hier nun habe er sie endlich eingeholt. »Oh mein happy England!«
Es war ein wunderliches Zeug, was er da schwatzte. Ellen aber machte ein etwas langes Gesicht.
»Sie wollen uns begleiten, mein Herr?«
»Gewiss, gewiss. Millionen von Menschen, die ganze Welt, Australien, Indien und besonders mein happy England muss von mir lesen, was die Engländerin Ellen Howard geleistet hat. Deshalb werde ich Sie begleiten, nicht zu Rad, dazu bin ich zu alt, aber zu Wagen, zu Pferd, und ich werde Ihr Diener sein, Ihr Sclave; setzen Sie Ihren Fuss auf meinen Nacken und zertreten Sie mich. Oh du happy England!«
»Sie sind doch nicht etwa – Schriftsteller?« fragte Ellen plötzlich stutzig.
»Gewiss, was denn sonst! Ich will Ihre Reise verherrlichen, die ganze Menschheit soll anbetend vor Ihnen auf den Knieen liegen.«
Also wieder solch' ein verrückter Scribifax, nur in englischer Ausgabe! Jacob und Jenkin, beide fingen sogar mit dem J an. Es lag übrigens auf der Hand, dass sich Literaten mit dieser Radtour beschäftigen würden, besonders im sensationslüsternen Amerika, und wenn Ellen sich überall länger aufgehalten hätte, wäre sie gewiss in jedem Städtchen interviewt und photographirt worden, sie hätte wenigstens von Stadt zu Stadt immer ein grosses Gefolge von Zeitungsschreibern um sich gehabt.
»Da habe ich doch nicht etwa gar die Ehre, den berühmten Verfasser von »Happy England« vor mir zu sehen,« fuhr sie jetzt mit immer grösser werdenden Augen fort.
Mr. Jenkin versuchte, seinen scharf markirten Zügen einen verlegenen Ausdruck zu geben, was ihm freilich schlecht gelang; diesem Antlitz hatte die Unverschämtheit ihren Stempel schon zu tief eingegraben.
»Ihnen gegenüber, Miss Howard, will ich mich zu erkennen geben – ja, mein Schriftstellerpseudonym ist Nunquam.«
Das »Happy England« von Nunquam ist ein Büchelchen, welches vor einigen Jahren den englischen Büchermarkt beherrschte, welches noch heute, schlicht gebunden, in keiner Hütte fehlt, in Goldschnitt auf jedem Salontisch liegt, in der Schule als Lesebuch dient und nach den Colonien schiffsladungsweise geht. Ein junges Ehepaar macht die Hochzeitsreise per Tandem durch England und Wales. Aber keine Abenteuer, nur Land und Leute werden beschrieben. Das ist der ganze Inhalt, eine Beschreibung Englands. Nun ist allerdings England reich an landschaftlichen Reizen, und diese werden auch noch durch die Brille eines Flitterwöchlers betrachtet, dazu ein eleganter Styl, eine colossale Lobhudelei, strotzend von den Briten schmeichelnden Phrasen – kurz, wenn das Leiblied des Engländers das »Rule Britannia« ist, weil er darin zum Beherrscher aller Meere erklärt wird, so ist er in »Happy England« an seiner allerschwächsten Seite gepackt worden. Leider hat sich der Verfasser Nunquam – das Pseudonym liegt schon in diesem Worte ausgedrückt– bisher nicht zu erkennen gegeben, er scheint Nationalsubscriptionen und Denkmäler nicht zu lieben oder nicht nöthig zu haben.
Ellen aber war vor Freude ganz verwirrt, sie fühlte sich wirklich äusserst geehrt, sie verschwendete viele Worte der Anerkennung und auch Mr. Jenkin complimentirte mit vielen Schmeicheleien und bot ihr immer den Zinntopf an, Starke gar nicht mehr beachtend, bis man doch einmal an das Weiterfahren denken musste. Die Miethskutsche wurde herbeigewinkt, Mr. Nunquam stieg ein, Ellen fuhr neben ihm, und noch viel wurde über das glückliche England gesprochen.
»Was ist das mit Ihrer Maschine?« unterbrach er seine Schwärmerei.
Ellen erklärte ihm mit kurzen Worten, was für ein Streich ihr in Indianopolis gespielt worden sei, wie bisher keine Gelegenheit gewesen sei, sich eine neue anzuschaffen, und nun pfiff die Maschine auf dem letzten Loche. Mr. Jenkin war höchlichst entrüstet, wenn er es auch nur für den Streich eines dummen Jungen hielt.
»Steigen Sie ab, steigen Sie ab und benutzen Sie meinen Wagen, der Kutscher nimmt das Rad auf den Bock,« bat er, »ich sehe es Ihnen an, mit welcher Anstrengung Sie die Maschine vorwärts bringen.«
»Nein, dann hätte ich ja meine Wette bereits verloren,« lachte Ellen, als er schon dem Kutscher auf den Rücken klopfte und den Schlag öffnen wollte, »ich darf doch kein anderes Fahrzeug benutzen, als nur ein Rad.«
»Ah richtig, das hatte ich ganz vergessen. Aber dann gestatten Sie wenigstens, dass ich Ihnen ein neues Rad zur Verfügung stelle, bitte, nehmen Sie es von mir an, lassen Sie mir die stolze Freude, dass Ellen Howard die Weiterfahrt auf einem Rade unternimmt, welches ich ihr zur Verfügung gestellt habe.«
Damit war Ellen einverstanden, sie dankte freundlich.
»In welchem Hotel werden Sie absteigen? Das Union-Hôtel schlage ich vor, es ist das beste in Springfield, in herrlicher Lage, auch ich wohne darin. Darf ich nach dort die Räder zur Auswahl bestellen? Das Hotel liegt frei, Sie haben die beste Gelegenheit, sie auf der Strasse zu prüfen.«
»Mr. Starke, sind Sie damit einverstanden, dass wir im Union-Hôtel logiren?« fragte Ellen zurück.
»Meinetwegen, es ist ein gutes Hôtel, ich kenne es, es liegt neben einem Teich,« entgegnete Starke, welcher sich bisher hinter dem Wagen gehalten hatte, jetzt aber vorfuhr und Rathschläge ertheilte, welche Marken der Herr nach dem Hotel zur Auswahl bestellen möchte.
Nach Verabredung bog der Wagen in eine andere Strasse ein, Mr. Jenkin, welcher sich schon einen Tag in Springfield aufhielt und daher die Geschäfte schon etwas kannte, wollte sofort die Räder beordern, die beiden Anderen fuhren noch eine Strecke geradeaus, bis sie vor dem Union-Hôtel abstiegen, schön an einer Allee und an einem grossen Schwanteich gelegen.
»Kennen Sie das berühmte Buch >Happy Englandâ<?« hatte Ellen schon zuvor gefragt, ehe sie das Hotel erreichten.
»Ich kenne es.«
»Denken Sie, das ist nun der unbekannte Verfasser!«
»Warum nicht, ein Mensch muss es doch geschrieben haben.«
»Was sagen Sie nun dazu: er will mich begleiten und meine Reise literarisch verwerthen. Soll ich es gestatten?«
»Das dürfen Sie gar nicht, das geht gegen die Wettbedingungen.«
»Oh, darüber haben wir uns doch schon einmal ausgesprochen. Für mich handelt es sich um Vollbringen der Leistung, nicht um Gewinn oder Verlust des Geldes. Wenn dieser bekannte Schriftsteller meine Reise beschreibt, so ist es doch etwas ganz anderes, als wenn ich selbst Artikelchen liefere. Wenn ich es auch nicht für möglich halte, dass er mich immer zu Wagen oder zu Pferde begleiten kann, so kann er doch von Station zu Station vorausreisen, er wird für meine Bequemlichkeiten und alles Nöthige besser zu sorgen wissen, er scheint ein praktischer Mann zu sein und ein angenehmer Gesellschafter dazu. Nur möchte ich erst Ihre Meinung wissen, ob es Ihnen angenehm ist.«
»Wenn Sie damit einverstanden sind, so kommt meine Meinung gar nicht in Betracht. Thun Sie, was Sie wollen.«
Obwohl in Starke's ruhiger Stimme nicht eine Spur von Gereiztheit lag, so hörte Ellen dennoch das Herbe heraus; und es that ihr stets weh, ihn so sprechen zu hören; er wollte immer nur ihr Diener sein. Zugleich aber wurde sie auch von etwas wie von Freude erfüllt. War das nicht Eifersucht? Natürlich, sie sollte keinen anderen Begleiter haben als nur ihn. Gut; nun wollte sie Mr. Jenkin gerade auffordern, sie zu begleiten, und dann, wenn die Gelegenheit dazu war, wollte sie Starke als den Bevorzugten bezeichnen, ihn mit Liebenswürdigkeiten überhäufen und jenen vernachlässigen.
Wie gewöhnlich wurden sie im Hôtel für die erste halbe Stunde getrennt, dann meldete Ellen ein Kellner, Mr. Jenkin wünsche sie zu sprechen, er sei unten vor dem Hôtel mit einigen Fahrrädern.
Ellen bestellte nach der Karte ein Abendessen und begab sich hinab. Auf der Allee vor dem Schwanteich hatte der »Pferdemarkt« begonnen; drei junge Leute führten sechs verschiedene Fahrräder vor, der Inhaber oder Vertreter der Handlung pries als Pferdejude ihre Vorzüge; der lange Reise-Engländer spielte den Sachverständigen, hob die Hufe, griff in's Kreuz und guckte den Rädern ins Maul, nach den Zähnen. Starke, mit übereinander geschlagenen Armen dastehend, war der kalte Kritiker, der sich nicht beschwatzen lässt, und auch das Marktpublicum fehlte nicht, darunter sogar ein Constabler mit dem Hikoryknüppel.
Nun kam noch Ellen als die Hauptperson hinzu.
»Wie finden Sie die Räder, Mr. Starke?«
»Das hängt von einer Prüfung ab. Gestatten Sie, dass ich die Maschinen besteige und fahre?« wandte er sich an Mr. Jenkin.
»Selbstverständlich, dazu habe ich Sie ja eben herkommen lassen; und Sie sind doch der beste Kenner. Bitte, besteigen Sie.«
Starke nahm das erste Rad her, setzte den linken Fuss auf die Trittstange, ein kleiner Stoss, er liess sich in den Sattel und – stand breitbeinig auf einem Trümmerhaufen.
»Hat die Probe nicht bestanden,« sagte er trocken, nahm das zweite Rad her, setzte sich darauf und – brach wiederum mit dem Rade zusammen.
Und ehe nur einer der Zuschauer zur Besinnung kam, lagen schon fünf solche Trümmerhaufen, und Starke nahm dem mit offenen Munde dastehenden Geschäftsjüngling die sechste Maschine ab.
»Halt, um Gotteswillen halt!« schrie da Mr. Jenkin, endlich wieder Leben bekommend. »Ich muss ja die Räder bezahlen!«
Er stürzte auf den Rädermörder wie ein Rasender zu – zu spät, eben knackte Starke auch mit der sechsten Maschine zusammen, obgleich durchaus nicht zu bemerken war, dass er sich mit Wucht auf den Sattel fallen liess.
»Ich kann Ihnen die Räder nicht empfehlen, Miss Howard.«
»Sie haben die Räder mit Absicht zerbrochen!« schrie Mr. Jenkin.
»Sie haben die Räder bestellt, mein Herr,« sagte der Geschäftsvertreter mit kühler Ruhe zu dem Carrirten.
»Wie kommen Sie dazu, die Räder zu zerbrechen!« heulte Mr. Jenkin nochmals. »Ich bezahle Sie nicht.«
»Sie sind ein Schwindler.«
Nach diesem letzten Worte von Starke war Mr. Jenkin plötzlich ganz ruhig geworden, er starrte den Hünen an, der auch noch dicht vor ihn getreten war.
»Was – was – wie nennen Sie mich?« stotterte er.
»Einen Schwindler.«
»Mein Herr ...!«
»Ruhe. Sie sind ein Schwindler, Mr. Jenkin, und wenn Sie jetzt noch ein einziges Wort zu mir sagen, liegen Sie dort im Teich, und haben Sie nicht schwimmen gelernt, so thut es mir sehr leid.«
»Ich ...«
Ein langer Mantel mit zwei Stiefeln wirbelten durch die Luft, das Wasser spritzte auf, und als der von der Erde verschwundene Mr. Jenkin wieder erschien, machte er im Teiche Schwimmbewegungen.
Ellen glaubte eine Geistererscheinting zu haben. In 18 Secunden hatte Starke die sechs Räder zerknackt, 10 Secunden hatten die Wechselreden in Anspruch genommen, so dass von der Frage, ob Starke die Räder probiren dürfe, bis zu Jenkin's Kopfsturz noch keine halbe Minute vergangen war.
Das war so etwas für das amerikanische Publicum! Nicht nur die Strassenjungen klatschten und jubelten Bravo, auch der Constabler, der Vertreter des Gesetzes, lachte aus vollem Halse mit.
Was ging es ihn an? Es fiel ihm gar nicht ein, sich hineinzumischen. Einmal befand man sich in Amerika; Mensch, hilf dir selbst! Dann ist das »In den Teich werfen« recht üblich in Amerika, nicht minder in England, und hat sich etwa ein Volksredner missliebig gemacht – wie z. B. wenn jetzt ein Pro-Buer öffentlich spricht, so holt man ihn von der Rednerbühne herunter; und wenn auch der nächste Teich meilenweit entfernt ist, man trägt ihn hin, um ihn dort hineinzuwerfen. Und dann zum Letzten und nochmals: man befand sich in Amerika, im Lande der Selbsthilfe, der Sensation, wo jedes Bravourstückchen begeisterten Jubel erweckt. Zudem verrieth der Mann durch seine Sprache, besonders, weil ihm die Nasallaute fehlten, den Engländer, und der Engländer ist in Amerika gründlich verhasst.
Ja, wäre der Mann in Todesgefahr gekommen, da wäre der Constabler schon eingeschritten. Aber er konnte ja schwimmen. Nun mochte er sehen, wie er mit dem Gegner fertig wurde, und erst wenn Waffen gezogen wurden, dann war wieder der handfeste Schutzmann mit dem Hickoryknüppel da.
Starke erwartete am Ufer den Schwimmenden.
» God damned you bloody bastard!«
»Wenn Sie noch einmal den Mund aufthun, liegen Sie wieder im Teich!«
Das wirkte. Wie ein nasser Pudel stand Mr. Jenkin regungslos da, die Fäuste geballt, zitternd vor Wuth, aber Lippen wie Zähne fest aufeinandergepresst, er wagte kein Wort mehr zu sagen.
»Von jetzt ab bin ich Ihnen gegenüber ein Desperado,« fuhr Starke fort. »Wissen Sie, was das ist, ein Desperado? Wenn Sie in meiner Gegenwart einmal die Hand in die Tasche stecken oder hinter meinen Rücken zu kommen suchen, oder nur irgend eine Bewegung machen, welche mir verdächtig erscheint, so schiesse ich Sie auf der Stelle nieder. Sie sind gewarnt. Nun gehen Sie, Sie Schwindler!«
Und Mr. Jenkin ging, verschwand im Hôtel und ward nicht mehr gesehen.
Nur der Radhändler war ihm gefolgt, und der würde schon zu seinem Gelde kommen, hierbei stand das Gesetz auch ganz auf seiner Seite.
Ellen wusste gar nicht, wie sie in das Hôtel zurückgekommen war, ein wahrhaftes Entsetzen hatte sie befallen, und so blickte sie Starke an.
»Was hat Ihnen der arme Mann gethan, dass Sie ihn so behandelten?«
»Er hat Sie belogen, und da ich zugegen war, auch mich. Dieser arme Mann ist ein Schwindler. Mir gefiel er sofort nicht, er hat ein böses Auge, und Schriftsteller ist er so wenig wie ich. Den Verfasser jenes albernen Buches kenne ich, es ist H. M. Bredford, der Herausgeber und Redacteur des socialdemokratischen Blattes »Justice«. Er hat sich gehütet, seinen Namen zu nennen, dann wäre die schöne Goldquelle niemals geflossen, welche er zur Propaganda seiner Partei verwendet, hauptsächlich mit dem Gelde seiner Feinde. Und dieser Mr. Jenkin ist es auch, welcher die Säure in Ihr Rad gegossen hat, nun will er hier als Ritter auftreten, sich beliebt machen, alles Uebrige können Sie sich wohl denken, und die Falle haben Sie wohl auch bemerkt, wie er Ihnen seinen Wagen anbot. Wenn er in dieser Weise uns befehden will, haben wir ihn nicht zu fürchten, und im Uebrigen weiss er nun, mit wem er es zu thun hat. Ein Rad werde ich Ihnen nachher besorgen.«
Ellen war sehr zerknirscht, sie fand kein Wort der Erwiderung. Dass Starke Recht hatte, daran konnte sie nicht zweifeln, und sie bat ihm im Geheimen ab. Gern hätte sie noch einmal Mr. Jenkin gesprochen, aber dieser war eben nicht mehr zu sprechen.