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Borgia
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XXX

Ohne Widerstand zu finden, marschierte Karl VIII. in Neapel ein.

König Alfons II. von Neapel hatte sich aus dem Staube gemacht.

Der französische König triumphierte.

Er stand auf dem Posilip, sah die Stadt Neapel zu seinen Füßen, im Westen das blaue Meer mit den Inseln Capri und Ischia, im Süden den Vesuv, um dessen Haupt eine Rauchwolke lag.

Er fuhr mit seiner kleinen, dicken, mit zahlreichen Warzen bedeckten Hand flach über die Landschaft.

Ich habe den Höhepunkt meiner Macht erreicht.

Dies alles – ist mein.

Mir, dem Häßlichen, ist diese schöne Landschaft untertan.

Und wunderlich fühlte er, der Ungeliebte, Lieblose, sich zur Liebe angeregt.

Er ließ einige Fischermädchen aus Santa Lucia kommen und vergnügte sich mit Laura, der schönsten, einer jungen sechzehnjährigen Capreserin, bis in den frühen Morgen. Halb ohnmächtig vor Ekel taumelte sie nach Santa Lucia zurück, fuhr in einem winzigen Boot nach Capri hinüber und stürzte sich von der geliebten Heimaterde bei den Faraglioni in das ersehnte heimatliche Meer.

Delphine tanzten um ihren sinkenden, im grünen Wasser phosphoreszierenden Leichnam,

Ein Sägefisch durchschnitt ihr barmherzig die Brust und ein junger Hai fraß zärtlich ihren rechten Arm.

Dann nahm die friedevolle Tiefe sie auf. Meerspinnen schritten leicht und doch gewichtig über sie dahin. In ihren Augenhöhlen richteten sich Krebse wohnlich ein. Ein Tintenfisch ruhte, nach einem unentschiedenen Kampf mit einem Hummer, sich bei ihr aus.

Cesare Borgia flog stürmisch in die Arme seines Vaters:

Gerettet!

Der Papst strich ihm zärtlich über den Hinterkopf:

Ich bin nicht müßig gewesen. Wir bringen eine »Heilige Liga zur Aufrechterhaltung der Würde des Heiligen Stuhles« zusammen. Warte ein halbes Jahr: der Kaiser in Deutschland, der König von Spanien und die Mehrzahl der italienischen Fürsten und Städte werden unserm Bund gegen Gewährung von Sonderablässen, Steuernverzicht, Gewährung von Subsidien beitreten. Triunfo Borgia!

Triunfo Borgia! wiederholte Cesare und faßte an den Dolch in seinem Wehrgehenk.

 

Karl VIII. wurde des Besitztums von Neapel nicht froh.

Mit dem geflohenen Borgia hatte ihn sein Glück verlassen.

Prinz Dschem, die türkische Geisel, starb wenige Tage später, wie offiziell verlautbarte, an einem verdorbenen Thunfisch. Es gab aber nicht wenige, die den Verdacht äußerten, der Borgia habe ihm noch vor seiner beschleunigten Abreise ein weißes Pulver in den Abendtrunk geschüttet.

Ratlos umstanden Arzt und Krankenpfleger sein Sterbelager.

Niemand verstand Türkisch.

Der König schrie ihn mit erregten Gestikulationen an.

Hilflos wie ein sterbendes Tier riß der Türke die entzündeten Augen auf.

Seine letzten Worte waren:

Hajwan ölür Szemeri Kalyr, inszamölür ady Valyr –

Unter dem Einfluß des heißen neapolitanischen Klimas lockerte sich nach und nach im Heere Karls bedenklich die Disziplin.

Die französischen Soldaten gerieten in einen Taumel von Hurerei. Am hellichten Tag stolperte man in dunklen Gassen und auf Treppen über verschlungene und verkrampfte Paare.

Es brach in der französischen Armee eine Epidemie aus, die man die Franzosenkrankheit nannte und die Tausende von Soldaten hinraffte.

Karl war verzweifelt.

Er erhielt durch reitende Kuriere die Nachricht vom Zusammenschluß der »Heiligen Liga zur Aufrechterhaltung der Würde des päpstlichen Stuhles« und von der Weigerung des Papstes, trotz Vertrag, ihn mit Neapel zu belehnen.

Die Würde dieses päpstlichen Stuhles wollen sie aufrechterhalten! Ch – t –! Auf einen Wort- und Vertragsbruch mehr kam es diesem . . ., er fand kein Schmähwort niedrig genug, nicht an.

Karl trat den Rückzug von Neapel an: mit einer dezimierten, deprimierten Soldateska.

Rom hatte der Papst vorsichtigerweise verlassen und hielt sich in Orvieto verborgen. Karl fand ihn nicht vor.

Bei Fortenuovo stand das Heer der Liga, bereit, Karl völlig zu vernichten.

Durch einen Trugmarsch gelang es ihm, die Schlacht zu vermeiden und die französische Grenze zu überschreiten.

In Paris angekommen, brach er zusammen. Er wollte keine Menschen mehr sehen.

Ein Rabe, ein Affe und ein schwarzer Hund leisteten ihm bei seinem Tode Gesellschaft.

Ludwig XII. bestieg den französischen Thron.


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