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Borgia
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IV

Calixtus III. berief das Heilige Kollegium zusammen. Die Kardinäle Estruteville, Capranica, Bessarione versuchten, sich der Ernennung Rodrigos zum Kardinal zu widersetzen.

Es half ihnen nichts. Calixtus bestach den Rest mit einträglichen Pfründen und Abteien.

Kaum saß Rodrigo Borgia im Kollegium, als er den schwächlichen und kränklichen Oheim und alle schwachen Charaktere des Kollegiums zu beherrschen begann. Er veranlaßte als erstes, daß sofort zwei weitere Borgia hohe Kirchenämter empfingen: Don Luis Borgia wurde Bischof von Segorlia und Lea; Pedro Borgia wurde Präfekt der Stadt Rom und machte alsbald den Orsini und Colonna zu schaffen.

Männer und Frauen zitterten in Rodrigos Gegenwart, und es hieß, es schlügen selbst die Heiligen auf den Gemälden des Vatikans die Augen nieder, wenn er heiter an ihnen vorüberschritt und guten Mutes über sie das Kreuz schlug.

Er las die erste Messe, noch kaum der frommen Bräuche kundig. Aber wo ihm ein lateinisches Wort mangelte, da setzte er ein: Borgia! Borgia! an seiner Statt. Die Hostie brach er zu früh entzwei und ließ auch zuweilen lässig ein Stück fallen. In seinem ganzen Leben zelebrierte er höchst ungern und nahm es mit der Hostie nicht genau. Auch stimmte es bei seiner Messe nie: bald waren die Kerzen, bald die Sänger, bald Baldachin oder Weihrauchkessel und bald er selbst nicht zur Stelle.

 

Höre, Oheim, sprach er zu Calixtus, es ist recht gescheit von dir, den Kreuzzug gegen die Türken, die uns im übrigen ja nichts getan haben, zu unterstützen – denn du machst dich und damit den Namen Borgia populär bei der Christenheit –, aber vergiß nicht, das Fundament für die Dynastie der Borgia unverrückbar festzulegen. Du hast mich mit den Pfründen von Benevent und Terracina belehnt. Schön. Ich trage das rote Gewand. Gut. Aber ich habe nunmehr Ambitionen auf das Amt des Vizekanzlers. Es ist das höchste Amt nach deinem – du bist alt, verzeihe, wenn ich dich daran erinnere, aber es kann dir etwas zustoßen –, du mußt unsere Stellung und unseren Einfluß für alle Fälle sichern.

Der Papst, der ein Glas mit einer grünen Magentinktur vor sich stehen hatte, die er verabscheute, schloß die wimperlosen Lider und dachte über seinen Neffen nach. Dann öffnete er sie.

Du hast Recht. Ich werde das Nennungsdekret morgen unterzeichnen.

Rodrigo Borgia ging einen Schritt auf ihn zu, daß jener sich fast zu fürchten begann: Morgen? Heute, Oheim, heute, jetzt, in diesem Augenblicke werdet Ihr das Dekret unterzeichnen, das ich selbst, um Euch die Mühe des Schreibens zu ersparen, aufsetzen werde. »Wir Calixtus III....«


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