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Lucrezia wird als Prima Donna d'Italia von ihrer Tante Adriana zusammen mit Julia Farnese, genannt »die Schöne«, aufgezogen.
Die beiden jungen Mädchen wetteifern miteinander an Schönheit und Grazie.
Jeden Abend, wenn die Tante zu Bett gegangen, treten sie nebeneinander nackt vor den Spiegel.
Sie beobachten, wie ihre Brüste sanft sich zu runden beginnen, wie immer dichter der Flaum zwischen ihren Schenkeln sproßt.
Jede ist auf die andere eifersüchtig und jede preist verlogen die Schönheit der andern.
Julia sagt:
Wie wunderschöne kornblonde Haare du hast, Lucrezia!
Lucrezia sagt:
Wie zart die Wölbung deiner Brüste! Es sind die beiden Hälften der Erdkugel, die aus dir hervorquellen.
Sie funkeln sich haßerfüllt an.
Julia sagt spitz:
Wie meinst du das, mit dem »Hervorquellen«? Bin ich dir vielleicht zu dick?
Lucrezia kräuselt die Lippen:
Aber Julia! Du bist schlank wie ein Knabe – so schlank wie Cesare.
Julia wird rot wie ein Hummer:
Also bin ich zu mager, wie?
Sie fährt auf Lucrezia los und ihr mit dem Kamm ihrer Finger durch das gelöste blonde Haar.
Lucrezia schreit auf und beißt Julia in die Schulter, daß das Blut rinnt.
Julia läßt los:
Du bist grob!
Und du bist schlecht erzogen.
Genau wie du – von Tante Adriana.
Sie sehen sich unter Tränen an.
Dann lächeln sie plötzlich.
Sie stürzen sich in die Arme und selig spürt jede den nackten heißen Leib der andern.
Lucrezia ließ sich, aus diplomatischen Gründen ohne Widerrede und ohne daß sie ihn auch nur gesehen hätte, fünfzehnjährig mit Giovanni Sforza in absentia vermählen.
Wenn er kein Borgia ist, so ist ein Mann wie der andere. Wenn er einmal die Woche badet, sich zweimal täglich den Mund spült und dreimal des Nachts seine eheliche Pflicht erfüllt, wird sich mit ihm leben lassen.
Einige Wochen nach der Hochzeit verfolgte sie auf einem Spaziergang rechts des Tibers ein stattlicher junger Mann, dem sie nicht zu entgehen vermochte.
Sie floh in einen Olivenhain.
Der Jüngling folgte ihr.
Da er ihr gefiel, gab sie sich ihm hin.
Erst später, als er sich vorstellte, zeigte es sich, daß es Giovanni Sforza, ihr Mann, war, mit dem sie, ohne es zu wissen, die Ehe vollzogen hatte.
Diese Ehe sollte nicht lange dauern. Die Gründe, die Rodrigo zu dieser Ehe bewogen hatten, bestanden bald nicht mehr.
Die Sforza konnten ihm nicht mehr von Nutzen sein.
Er hatte sich getäuscht.
Er korrigierte sich sofort.
Er ließ von einem Kardinalskollegium die Ehe der Lucrezia Borgia und des Giovanni Sforza wegen »impotentia coeundi« des Ehemannes trennen.