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Wer immer den lumpigen Komfort der Helyschen Wohnung kennt und dabei in Erwägung zieht, daß der ohnedies geringe Raum nicht selten dadurch eingeengt wurde, daß der an Abhärtungen gewöhnte Hausherr seinen Schnapsrausch auf den Dielen liegend ausschlief, der wird es begreifen, daß der Held unserer Erzählung den traulichen Familienkreis beharrlich floh und sich lieber in der Nachbarschaft herumtrieb als um die den Familienstand schützenden Penaten, vor deren Altar auch seine Mutter, wenn sie ja einmal erziehlich auf ihr Kind einzuwirken versuchte, dies mit keinem andern Mittel, als mit dem Kochlöffel glaubte besorgen zu können.
Da war der Kuhstall des freundlichen Lehrers, wo der Knabe in den Wintertagen auf eine behagliche Wärme rechnen konnte, wenn er es vorzog, sich mit wirklichem Rindvieh zu befassen statt mit den geträumten Kühen des ägyptischen Joseph, wie man sie ihm in der biblischen Geschichtsstunde vorführte. Da war im Stalle geborgen ein Schafbock, dem die Hörner spiralförmig um die Ohren gewachsen waren. Dieses Tier, feinfühlig in seinen Ehrbegriffen, ärgerte sich, wenn man es Spitzbub nannte, und begegnete einer solchen Verbalinjurie schlagfertig durch einen direkten Angriff mit seinen Hörnern. Zwischen dem Knaben, der die leichte Reizbarkeit des Schafes kannte, und dem Tiere bestand nun ein regelrechter Paukkomment, in welchem beide Fechter ihre Muskeln stärkten und ihre Gewandtheit vermehrten.
Freilich gedieh bei dieser Erziehungsmethode die Viehzucht des Lehrers besser als die geistige Entwicklung des Knaben; allein man war damals noch allgemein der Überzeugung, daß Lesen und Schreiben Dinge seien, die den Menschen von seinem eigentlichen Beruf, der Handarbeit, höchst überflüssiger Weise abzögen. Man überließ die Erlernung derartiger Künste den Reichen, die damit die Zeit vergeuden mochten, während der Arme nach dem Wort der Bibel im Schweiße seines Angesichtes sich abmühte, mit seiner Hände Arbeit sein Brot zu verdienen.
In Zeiten einer gesteigerten Nachfrage nach Särgen bot ausnahmsweise auch der engere Familienkreis dem Knaben öfters Stoff zu amüsanter Unterhaltung. Da traf es sich denn wohl, daß eine neue dringliche Bestellung vorlag, bevor noch der Erlös aus der vorigen Arbeit den Weg durch die Kehle des Meisters gefunden hatte, so zwar, daß notgedrungen eine Arbeitsperiode in eine Trinkperiode hereinfiel. Daß beide Zustände sich gegenseitig in ihrer Wirkung einengten und störten, ist klar; aber gerade hieraus entwickelte sich eine Reihe von komischen Situationen, die für den Knaben zu einer Quelle reinster Freude wurden.
Wenn er dem trunkenen Vater helfen mußte die langen, zu den Särgen zugeschnittenen Bretter über die Straße zu tragen, richtete er es so ein, daß dieser rückwärts gehen mußte, während er selber vorwärts ging. Wenn er dann Glück hatte, so daß ein kleiner Graben, ein Stein oder ein Stück Holz in dem Kurse lag, den Vater und Sohn steuerten, dann erlebte er regelmäßig die Freude, seinen Erzeuger vom Brette plattgedrückt wie eine Schildkröte auf dem Rücken liegen zu sehen, während Arme und Beine in der Luft herumfuchtelten und nach einem festen Punkte suchten, von dem aus sie zunächst ihren Inhaber lupfen und dann vielleicht wie der Hebel des Archimedes die Welt aus ihren Angeln heben könnten. Solche Momente äußerster Hilflosigkeit, die er nicht selten durch einen verstohlenen Stoß gegen das Brett geradezu herbeiführte, benützte dann der Schlaue, nachdem er sich ausgelacht hatte, um seinem Alten allerlei Konzessionen zu entreißen als z. B., daß er an der Familientafel keine gewürfelte Kartoffelsuppe mehr zu essen brauche und daß er aus dem Apfelbrei die Mücken herauslesen dürfe. Denn obwohl er diese unvorsichtigen Geschöpfe, wenn sie sich in eine Blutwurst verirrt hatten, recht gerne aß, so war der Feinschmecker doch der Ansicht, daß es gegen alle Regeln der feinen Küche sei, sie in einer Süßspeise zu servieren.
In seiner Notlage bewilligte der Alte alles. War er aber erst einmal aus der Horizontalen in die Senkrechte übergeführt, so machte es dieser Hausvater wie weiland unsere deutschen Landesväter auf dem Wiener Kongreß; er behandelte den mit Fußtritten, der ihm auf die Beine geholfen hatte.