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Vor der Vesper, um die Teestunde, kam Afonka: er suchte nicht im Hof nach dem Hintereingang, sondern klingelte an der Vordertür. Dunja öffnete, blickte ihn einen Augenblick zögernd an, erkannte ihn und sagte halblaut:
»Wie nobel du dich herausgeputzt hast! … Wen willst du sprechen, den Herrn selber oder die Gnädige?«
»Kaßjan Parmjonytsch, in Geschäften.«
»Nanu, ihn?« Und sie lächelte ihm wieder – nur mit den Augen – verschmitzt zu, als wollte sie sagen: Mir machst du nichts vor, mein Lieber – ich bin auch nicht auf den Kopf gefallen.
Er hatte sich die Haare nach russischer Art rund um den Schädel schneiden lassen, so daß die roten Strähnen, in der Mitte gescheitelt, gleich lang um Ohren und Hals hingen und sich unter der Mütze hervor wild kräuselten – alles Wasser, das er darauf getan hatte, um sie glatt zu kriegen, hatte nichts geholfen. Als sie ihm in zottiger Mähne bis auf die Schultern herabhingen, war seine Nase nicht so aufgefallen, jetzt aber stak sie erschrecklich hervor; auch die Bruchstelle am Nasenbein war noch auffälliger geworden; die Stirn, entblößt, die Backenknochen, nicht mehr halb verdeckt durch das Haar wie früher, traten ebenfalls stark hervor, ja selbst seine kleinen Augen quollen ihm noch bemerkbarer als vorher aus den Höhlen. Die rote Mähne hatte seine Schultern verdeckt; jetzt, da sie gefallen war, schienen sie unverhältnismäßig breit. Er selbst fühlte sich so ungewohnt in seinem neuen Aufzug, daß er scheu an sich hinabsah und auf der Straße gefürchtet hatte, man würde mit Fingern auf ihn weisen. Im Vorzimmer blickte er in den Spiegel und dachte, nur ein Knüppel in der Hand fehle ihm noch, um sich als Straßenräuber unter der Brücke an der Landstraße auf die Lauer zu legen.
Der Hausherr erschien, sah Afonka lächelnd an.
»Meiner Treu, du siehst aber wirklich grausig aus! Komm herein, heut bist du Gast, von morgen an bitten wir um Nachsicht.«
Der Fußboden in der Stube, aus weißen ungestrichenen Bohlen, war mit im Hause geknüpften Teppichen und von Bauern geflochtenen Brücken bedeckt; wie üblich stand ein Ikonenschrein in einer Ecke und davor, nach alter Tradition, ein mit schwarzem Samt überzogenes Gebetpult, darauf silberne Leuchter prunkten.
Afonka bekreuzigte sich inbrünstig vor den Heiligenbildern und sah sich begeistert um.
»Ich trete in Ihr Haus wie auf ein Schiff, um über das Meer des weltlichen Lebens zu schwimmen.«
Er verschluckte sich beinahe, als Marja Karpowna eintrat. Mit scheuer Miene verneigte er sich von ferne vor ihr, mit einer Hand den Boden berührend.
»Die Hausfrau, meine Gattin – Marja Karpowna.«
Sie reichte ihm die Hand zur Begrüßung, und in seinen Augen glomm ein verschlagenes Flämmchen auf, als wollte er sagen: Na, spiele ich meine Rolle gut? Und all das tue ich für dich allein!
Vom Montag an begann für Afonka der werktätige Alltag in der kleinen Kammer unter der Hintertreppe. An den Markttagen hatte er von früh bis spät mit Besen und Schaufel auf dem Hofe zu tun. Wenn er sich des Abends in seine Kammer zurückzog, begann er gleich zu psalmodieren, um den alten Klimow zu rühren. Er streckte sich auf dem aus rohen Brettern gezimmerten Bett aus, auf dem eine Strohmatratze lag, und sang, bis er in Schlaf fiel, denn oben über seiner Kammer befand sich die Bet- und Schlafstube des alten Klimow. Auch wenn auf dem Hof der Alte oder sonst jemand vorüberkam, flüsterte er Gebete vor sich hin.
Kaßjan Parmjonytsch sagte bedauernd:
»Du hast jetzt gar keine Zeit mehr zum Beten.«
»Ich tu es des Nachts, Kaßjan Parmjonytsch.«
»Ja, ja, ich höre, ich höre es … Bist wahrlich ein frommer Mönch.«
Afonka zog züchtig die Lippen ein und senkte den Blick demütig zu Boden.
Des Sonnabends ging Afonka mit dem Alten in die Johanniskirche, stellte sich vor den Kerzenstand und machte kniefällige Verneigungen. Unterwegs erzählte er dem Hausherrn von der hohen Glaubenstat der Mönche im Kloster Solowki, die sich da oben auf einer kleinen Insel im Weißen Meer angesiedelt hatten; ganz gerührt wurde dem Alten dabei ums Herz.