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Es war der bekannte Bediente des Rittmeisters, der die Vokation an den Subrektor Füchslein hatte. Zum letztern sollte der gute Mensch diesen Wildruf ins Pfarramt tragen; aber er distinguierte elend zwischen Sub- und Kon-Rektor und hatte überhaupt seine guten Gründe, warum er zu diesem kam: denn er dachte: »Wer wills weiter kriegen, als der den vorigen Sonntag predigte und aus dem Dorfe her ist, und der ja mit unserer Fräulein Thiennette im Gerede ist und dem ich ja schon eine Uhr und die Zopfdukaten habe bringen müssen.« – Er stellte sich gar nicht vor, daß sein gnädiger Herr den leiblichen Paten übergehen könnte.
Fixlein las die Adresse der Bestallung: »An des Pfarrer Fixlein zu Hukelum Wohl-Ehrwürden.« Er mußte notwendig den Fehlgriff des Lakaien tun und die fremde Bestallung erbrechen als eigene; und da er noch dazu in der Vokation nur von einem Schul-Unterbefehlshaber (statt Subrektor) etwas fand, so mußt' er in seinem Irrtum verharren. Eh' ichs gut erkläre, warum der Gerichtshalter, der Former der Vokation, diese so dumm aufsetzte: wollen wir zwei, ich und der Leser, d. h. mehr Menschen, als je in einen Kirchensprengel gehen, uns bei Fixleins freudigen Springfüßen aufhalten – bei seinen dankbar-nassen Augen – bei seiner hämmernden Brust – bei seinen bringenden Händen, diesen Handhaben eines verschenkten Mußteils – beim Gratial von zwei Zopfdukaten, die er an den Infulträger so gern fahren lässet als den pädagogischen Zopf, der ihm nächstens auf der Kanzel abfället. – – Wußt' er wohl, was er denken sollte (vom Rittmeister) oder schreiben (an eben diesen) oder auftischen (für den Lakai)? – Zog er nicht Erkundigungen von dem gnädigen Befinden seines Wohltäters zu wiederholten Malen ein, ob ihm gleich der Bediente schon recht gut auf die erste geantwortet hatte? – Und wurde nicht dieser Mensch, der zum spottsüchtigen, achselzuckenden und achselträgerischen Menschen-Sortiment gehörte, durch die Freude, die er mitgebracht, endlich so gerührt, daß er sich auf der Stelle vornahm, dem Aktus des neuen Herrn Pfarrers, obgleich kein einziger vom Adel darin war, seine Gegenwart zu schenken? – Fixlein siegelte vorher die Dankadresse ein und hielt höflich beim Adelsbrief-Träger an, ihn oft in der Pfarre zu besuchen und heute bei seiner Mutter vorbeizugehen und ihr den Text zu lesen, warum sie gestern nicht geblieben sei, da sie heute bei der Vokation durch seine gnädige Patronatsherrschaft hätte mit sein können.
Als er fort war, fing er vor Freude ordentlich an, skeptisch zu werden – und ängstlich, daher er das Vokations-Instrument, der Mauserei wegen, gut in den Koffer mit zwei Vorlegschlössern einsperrte (- und andächtig und weich, weil er Gott ohne Scheu für alles dankte, dessen ewigen Namen er sogar nie anders schrieb als mit Kanzleischrift und mit bunter Dinte, wie der jüdische Abschreiber diesen namenlosen Namen nur im Ornat und frischgewaschen schriebEichhorns Einleit. ins A. T. 2. T. – und taub wurde der Pfarrer), daß er kaum die Aktus-Schäferstunde schlagen hörte – und zerstreuet, weil eine schönere bei Thiennetten mit ihren Rosenstauden und ihrem Rosenhonig nicht aus seiner Seele wollte. Er, der schon das Glück, wenn es ihm ein schiefes Maul schnitt, so lange, wie Kinder einander, anlachte, bis er wirklich selber anfangen mußte zu lächeln – er flog jetzt gleichsam immer höher geschnellet auf einem Schwungbrette empor...
Aber vor dem Aktus wollen wir den Gerichtshalter verhören. Fixlein statt Füchslein schrieb er aus einer Unwissenheit in der Namen-Orthographie, die durch die Rechtschreibung des Testaments noch größer und natürlicher geworden war. » Von«, diesen Ehrenbogen durft' er nicht vor Füchsleins neuen Namen stellen, weils Aufhammer untersagte, der dessen ahnen-reine Abkunft anfiel und nicht bedachte, was überhaupt ein Edelmann sich zu getrösten habe, da schon Christus in seinem von Matthäus gefertigten Stammbaum vier bekannte – Huren zählt, die Thamar, Rahab, Bathseba und Ruth. Endlich hatte der Bestallungs-Macher die Unart Campens an sich, daß er alles verdeutschen wollte, was man erst nach der Verdeutschung nicht mehr verstand, als wenn ein Wort sich um eine bessere Naturalisationsakte zu bewerben hätte, als die ihm seine allgemeine Verständlichkeit erteilt. An und für sich ists doch einerlei – um so mehr, da alle Sprachen wie alle Menschen miteinander verschwistert und verschwägert sind –, ob ein Wilder oder ein Ausländer ein Wort erfand, ob es wie Moos unter den deutschen Wäldern aufwuchs oder wie Festungsgras in den Pflastersteinen des römischen Forums. Der Gerichtshalter hingegen verfocht, es ist zweierlei, und ließ es seinen Parteien unverhohlen, daß Tagefahrt Termin bedeute und Appellieren Berufen. Daher zog er dem Wort Subrektor die fremde Livree Unterbefehlshaber an. Und diese Version vertierte auch den Schulherrn in einen Pfarrherrn: so sehr wächset unser bürgerliches Glück – nicht unser menschliches, sich auf unserem inneren Grund und Boden nährendes Wohlsein – bloß auf der Flugerde von Zufälligkeiten, Konnexionen, Bekanntschaften und der Henker oder der Himmel weiß von was. –
Bei Gelegenheit! Von einem Gerichtshalter würd' ich mehr Verstand erwarten, ich würde (ich kann mich irren) voraussetzen, er wisse, daß die Akten, die sonst (s. Hofmanns deutsche oder undeutsche Reichspraxis § 766) lateinisch ausgefertigt wurden, wie vor Joseph die ungarischen, heutzutage, wenn man es ohne Beleidigung sagen darf, vielleicht mehr deutsch als lateinisch geschrieben werden; und ich darf mich hierin auf ganze deutsche Zeilen steifen, die in den Reichs-Kammergerichts-Erkenntnissen stehen. Ich will aber nicht glauben, daß der Jurist darum, weil Inchhofer die römische Sprache für die Muttersprache des zweiten Lebens erklärt, sich von einem Dialekte loszumachen suche, durch den er so viel wie der römische Adler oder später der römische Fischreiger (der römische Stuhl) in seinen Adlers-Fängen entführte. – –
Man läute immerhin den Aktus ein, man ströme immer hinein: wer fragt darnach? Weder ich noch der Ex-Konrektor. Die sechs pygmäischen Ciceros wollen sich vergeblich vor uns in prächtiger Einkleidung ihrer Gedanken und Leiber vortun. Der Zugwind des Zufalls hat vom Aktus den Strahlen- und Pudernimbus weggeblasen, und der gewesene Konrektor hat eingesehen, wie wenig man sich mit einem Katheder brüsten könne (der nicht voll Schiffs-, sondern voll Gelbschnabel ist), und wie viel im Gegenteil mit einer Kanzel: »Ich hätte nicht gedacht«, (dachte er jetzt) »da ich Konrektor wurde, daß es noch etwas Größeres geben könne, ich meine einen Pfarrer.« Der Mensch hinter seiner ewigen Augen-Binde, die er nur anders färbt, und nicht dünner legt, trägt seinen Stolz von einer Stufe zur andern und tadelt auf jeder höhern nur den Stolz auf der tiefern.
Das Beste am Aktus war, daß ihm der Regimentsquartier- und Metzgermeister Steinberger beiwohnte, emballiert in einen langen Schafspelz. Unter der Feierlichkeit warf der Subrektor Hans von Füchslein mehrere vergnügte und fragende Blicke auf den Schadecker Bedienten, der ihn gar nicht ansah: Hans hätte sich darauf totschlagen lassen, nach dem Aktus beruf' ihn der Kerl. Als endlich die sechs-hälsige kleine Hahnen-Voliere auf ihrem Miste abgekrähet hatte, d. h. peroriert: bestieg der amtierende Schuldiener, über den nun eine höhere Dienstfahne flatterte, selber die Bühne und stattete dem Scholarchat, dem Subrektorat, der Vormundschaft und der Herrndienerschaft seinen gehorsamen Dank für ihre Gegenwart ab, meldete ihnen aber mit wenigem dabei: »Gott hab' ihn indes von seinem Posten zu einem andern abgerufen und ihm die Seelsorge über die Hukelumer Pfarrgemeinde so wie über das Schadecker imparochierte Filial unwürdigermaßen anvertrauet.«
– Diese kleine Anrede schoß dem Ansehen nach den zeitigen Subrektor Hans von Füchslein beinahe vom Sessel herab, und sein Gesicht sah vermengt aus wie roter Bolus, grüne Kreide, Rauschgelb und vomissement de la reine.
Der lange Quartiermeister richtete sich in seinem Pelze ziemlich auf und sumsete, in glücklichem Selbstvergessen, laut genug: »Der Daus! – Pfarrer??« –
Der Subrektor fuhr wie ein Schwanzstern vor dem Bedienten vorbei, befahl ihm, er sollte bei ihm ein Billett an seinen Herrn mitnehmen, sprang nach Haus und setzte da an den Patronatsherrn, der daheim auf einen langen Dankpsalm aufsah, so gut er in der Eile konnte, eine kurze satirische Epistel auf und untermengte sie mit einigen Verbalinjurien.
Der Staatsdiener überreichte seinem Herrn miteinander Fixleins Dankgesänge und Füchsleins Invektiven. Der Dragonerrittmeister, aufgebracht über den Grobian und gebunden an sein Wort, das der Konrektor öffentlich im Aktus abgelesen, schrieb dem neuen Pfarrer zugleich die Verwechslung und die Ratifikation derselben zurück – und Fixlein ist und bleibt nun zu unserer aller Freude ordentlicher wohlbestallter Pfarrer zu Hukelum.
Sein zurückgesetzter Nebenbuhler Füchslein hat noch den Trost, daß er im Wespenneste der Neuen allgemeinen deutschen Bibliothek mitsitzet. – Sollte einmal der Pfarrer sich in einen Autor verpuppen: so kann die Schlupfwespe herausfliegen und ihren Stachel in die Puppe drücken und ihre Brut an die Stelle des erstochenen Schmetterlings setzen. Da der Subrektor überall herumschlich und frei drohte, seinen Kollegen zu rezensieren: so wundere sich das Publikum nicht, daß es Fixleins errata und seine masorethischen exercitationes noch bis diese Stunde nicht in Händen hat.
Im Frühling macht das Gnadenjahr der Witwe seinen Sabbatsjahren Platz – und wie es da zugehen wird, wenn er unter einem Thronhimmel von Blütenbäumen die Braut Christi (die christliche Kirche) in die eine Hand nimmt, und seine eigne in die andere, das würde ohne einen achten Zettelkasten, der in diesem Falle ein wahres Schmuckkästchen und eine RegenbogenschüsselDer Aberglaube nimmt an, auf der Stelle, wo der Regenbogen aufstehet, sei eine goldne Schüssel. werden kann, sich niemand denken können als der Sponsus allein.