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Dieses kleine Buch will auf seine Weise werben für die Schönheit der Heimat. Daß ihre herrlichsten Schöpfungen vielen Bayern so gut wie unbekannt sind, auch gebildeten und feinen Menschen, sogar solchen, die schon viel und weit gereist sind, ist Tatsache. Man frage einmal in seinem Bekanntenkreise herum, wer die Amalienburg kennt, oder die Reichen Zimmer der Residenz, oder Blutenburg, oder die Wies bei Steingaden, Niederaltaich, Ottobeuren, Altomünster, Schongau mit Altenstadt, sogar Städte wie Burghausen, Passau, Straubing, Landshut, ja selbst Augsburg, Nürnberg, Bamberg, Würzburg, von Dinkelsbühl und Rothenburg gar nicht zu reden! Dabei ist die Amalienburg schöner als die Trianons in Versailles; ist süddeutscher Barock feiner, lebendiger, kraftvoller, reicher an Einfällen als französischer, insonderheit Pariser; ist die Wies baulich ungefähr ein ähnliches Juwel wie Mozarts »Figaro« musikalisch; ist Ottobeuren nur mit den ganz großen Klosteranlagen in Österreich zu vergleichen: Melk, Sankt Florian, Kremsmünster, Göttweig, Admont; und wenn Burghausen in Tirol läge, wäre es jedem Hochzeitsreisendenpaar in Erinnerung.
Seitdem die ersten dieser Wanderbilder erschienen, ist manches für die Entdeckung dieser schönen Städte geschehen. Einige Hilfsmittel seien hier angeführt:
An erster Stelle seien die beiden Baedeker-Bände »Südbayern« und »Nordbayern« genannt, beide an Richtigkeit und Genauigkeit der Angaben in jeder Beziehung unübertroffen. Kunstgeschichtlich unentbehrlich ist Hans Karlinger: Bayrische Kunstgeschichte, deren I. Band Altbayern und Bayrisch Schwaben behandelt. Ganz reizend sind die drei Bände des leider viel zu früh verstorbenen Hans Mayr: Bayrische Wanderschaft, Alte bayrische Erde, Vertrautes Land. Volkskundlich ist von höchstem Werte Leoprechtings »Lechrain«, wie auch Strobl »Altbayrische Mittel und Bräuch«, und »Altbayrische Feiertäg«.
Über Ingolstadt ist eine Darstellung von Hermann Schmidt mit guten Bildern erschienen. Das schönste Werk über Südtirol ist das von Josef Julius Schätz mit über 200 Bildern in Kupfertiefdruck.
Aber die Hauptsache ist: nicht Bilder anschauen, sondern die Sachen selbst aufsuchen. Nicht lesen, sondern gehen. Nicht immer nur fahren, sei es Bahn oder Kraftwagen, sondern gehen, wandern. »Gehören« tut uns ein Ort nur, wenn wir ihn zu Fuß aufgesucht (bei großen Städten ist es etwas anderes) und mindestens einmal dort übernachtet haben. Nur wer das Inntal zwischen Mühldorf und Rosenheim zu Fuß gegangen ist, weiß Au, Gars, Rott, Wasserburg ganz zu würdigen. Und nur wer von Freilassing an über Laufen und Tittmoning zu Fuß nach Burghausen wandert, kommt hinter die letzten Schönheiten des Rupertiwinkels. Vor allem die Wies wirkt nur als Wallfahrt so zauberhaft: eine ordentliche Tagesleistung, aber wie wird sie belohnt!
Rosenheim, Juni 1928