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Tausend und eine Nacht. Band V
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Hundertundsiebzigste Nacht.

Die Geschichte des Prinzen Kamar es-Samân.Der Mond der Zeit.

Glückseliger König, in alter Zeit lebte einmal ein König, Namens Schahrimân, der viele Soldaten, Eunuchen und Leibgarden hatte, doch war er hochbetagt und verdorrt, ohne daß ihm ein Kind geschenkt wäre. Da versank er in Gedanken und ward betrübt und unruhig und klagte hierüber zu einem seiner Wesire und sprach: »Ich fürchte, daß, wenn ich sterbe, das Reich zu Grunde geht, da ich keinen Sohn habe, der es nach mir regieren könnte.« Der Wesir entgegnete ihm hierauf: »Vielleicht läßt Gott doch noch ein Ereignis eintreten; vertrau' nur auf Gott, o König, vollziehe die Waschung, beuge deine Kniee zweimal beim Gebet und ruhe dann bei deinem Weib; vielleicht erreichst du so deinen Wunsch.« Da ruhete er bei seinem Weib, und es ward zur selbigen Stunde schwanger; und, da ihre Monate vollendet waren, gebar sie ein Knäblein gleich dem glänzenden Vollmond in dunkler Nacht, und er nannte es Kamar es-Samân und freute sich über ihn, so sehr er es nur vermochte, während das Volk die Stadt schmückte, die Tamburins wirbelten, und die Freudenbotschaft sich verbreitete; und die Ammen und Wärterinnen trugen ihn, und er ward in Glanz und Nachsicht erzogen, bis er das fünfzehnte Lebensjahr erreicht hatte und unvergleichlich geworden war an Schönheit und Anmut, Wuchs und Ebenmaß. Sein Vater aber liebte ihn so sehr, daß er sich weder bei Tag noch bei Nacht von ihm trennen konnte; er klagte deshalb einem seiner Wesire das Übermaß seiner Liebe zu seinem Sohne und sagte zu ihm: »Wesir, ich bin für meinen Sohn Kamar es-Samân vor den Unfällen und Mißgeschicken der Zeit besorgt und möchte ihn noch bei meinen Lebzeiten vermählen.« Da erwiderte ihm der Wesir: »Wisse, o König, Heiraten ist ein hohes Verdienst, und kann es nichts schaden, daß du deinen Sohn noch bei Lebzeiten vermählst.« Infolgedessen befahl der König Schahrimân: »Her mit meinem Sohne Kamar es-Samân!« und Kamar es-Samân erschien vor ihm und senkte sein Haupt bescheiden vor seinem Vater zu Boden. Sein Vater aber sagte zu ihm: »Kamar es-Samân, wisse, ich will dich vermählen und noch bei Lebzeiten meine Freude an dir haben.« Da erwiderte ihm Kamar es-Samân: »Wisse, mein Vater, mir thut das Heiraten nicht not, und meine Seele neigt sich nicht zu den Weibern, weil ich Bücher fand mit Berichten über ihre Listen. Wunderdinge sind durch ihre Verschlagenheit geschehen, und der Dichter sagt:

Wenn ihr mich fragt nach den Weibern, so will ich euch Rede stehen,
Ein Meister bin ich, erfahren in Weiberart.
Wenn des Mannes Kopf grau oder sein Geld knapp wird,
So hat er keinen Anteil an ihrer Liebe.

Und ein anderer Dichter sagt:

Gehorch' nicht den Weibern, denn das ist der schöne Gehorsam;
Kein Glück hat der Mann, der den Weibern seinen Halfter giebt.
Sie werden ihn hindern an seiner Kenntnisse Vollendung,
Wollte er auch tausend Jahre sich der Wissenschaft befleißigen.«

Nach diesen Versen setzte er noch hinzu: »Mein Vater, das Heiraten ist ein Ding, das ich nimmer thun werde, und sollte ich des Todes Becher trinken müssen.«

Als der Sultan Schahrimân diese Worte seines Sohnes vernahm, ward das Licht in seinem Angesichte Finsternis, und er grämte sich schwer über den Ungehorsam seines Sohnes Kamar es-Samân, –

Hundertundeinundsiebzigste Nacht.

doch sprach er in seiner großen Liebe zu ihm nicht weiter hierüber und zürnte ihm auch nicht, sondern zeigte sich freundlich und gütig zu ihm und behandelte ihn mit aller Liebe, die nur ein Herz gewinnen konnte, während Kamar es-Samâns Schönheit, Anmut, Eleganz und Grazie von Tag zu Tag zunahmen. So geduldete sich der König Schahrimân mit seinem Sohne ein volles Jahr, bis er vollkommen geworden war in der Kunst der Rede und in Schönheit, und alle Welt von seiner Schönheit bezaubert wurde; jedes sanfte Lüftchen kündete nun von seiner Holdseligkeit, und er war eine Verführung für alle Liebenden geworden, und eine blühende Aue für die Sehnsuchtsentflammten; seine Rede war süß, sein Antlitz beschämte den Vollmond, und sein Wuchs und Ebenmaß, seine Eleganz und Grazie waren vollkommen, daß er war wie der Zweig des Bân oder der Schaft des Bambus; seine Wange stand ein für die Noomânsanemonen, sein Wuchs für den Zweig des Bân, und sein Wesen war voll Grazie, wie der Dichter sagt:

Er erschien, und da hieß es: Gesegnet sei Gott,
Ihm sei die Ehre, der ihn geformt und gebildet!
König ist er aller Schönen allzumal,
Sie alle sind unterthan ihm geworden.
Sein Speichel ist süß wie geschmolzener Seim,
Und seine Zähne sind Perlen aus einer Schnur.
In ihm allein ist aller Schönheit Vollkommenheit,
Und alle Welt verirrt sich in seinen Reizen.
Auf seine Wange hat die Schönheit geschrieben:
Ich bezeug's, holdselig ist keiner denn er allein.Eine Anspielung auf das Bekenntnis: Ich bezeug's, es ist kein Gott etc..

Als nun der Prinz Kamar es-Samân ein weiteres Jahr vollendet hatte, rief ihn sein Vater, der König Schahrimân, zu sich und sagte zu ihm: »Mein Sohn, willst du mir nicht gehorchen?« Da sank Kamar es-Samân vor seinem Vater in Ehrfurcht und Bescheidenheit zu Boden und erwiderte: »Mein Vater, wie sollte ich dir nicht gehorchen, wo Gott mir befohlen hat, dir gehorsam zu sein und deinem Befehle nicht zu widersprechen?« Und der König Schahrimân sagte nun zu ihm: »Wisse, mein Sohn, ich will dich vermählen und noch bei Lebzeiten meine Freude an dir haben und dich zum Sultan über mein Reich vor meinem Tode einsetzen.« Als Kamar es-Samân von seinem Vater diese Worte vernahm, senkte er sein Haupt eine Weile zu Boden; dann aber hob er es wieder und sagte: »Mein Vater, das thue ich nimmermehr und sollte ich den Becher des Todes trinken müssen. Wohl weiß ich, daß Gott mir geboten hat dir gehorsam zu sein, aber bei Gott beschwöre ich dich, belästige mich nicht mit dem Heiraten und glaube nicht, daß ich mich in meinem ganzen Leben je vermähle, denn ich habe in den Büchern der Alten und Neuen gelesen und kenne all das Unglück und Mißgeschick, das ihnen durch die Verführung und die endlosen Ränke der Weiber zugestoßen ist, und all das Unheil, das sie angestiftet haben. Wie schön sagt doch der Dichter:

Wen je die Falschen gefangen haben, der findet kein Entrinnen.
Und wollt' er auch tausend Burgen mit bleiernen Panzern bauen,
Ihre Erbauung nützte ihm nichts, und die Kastelle wären vergeblich.
Die Weiber sind voll Falsch gegen jeden, ob fern ob nahe,
Die Finger färben sie sich und flechten Bänder in ihre Zöpfe,
Die Wimpern schminken sie sich und reichen einem den Tod zu schlucken.

Als der König Schahrimân diese Worte von seinem Sohne vernahm und den Inhalt der Verse begriff, gab er ihm in seiner großen Liebe keine Antwort hierauf, sondern war noch huldvoller und gütiger zu ihm. Jene Sitzung ward aber unverzüglich beendet, und der König Schahrimân berief nach Schluß derselben seinen Wesir zu sich und sprach zu ihm vertraulich: »Wesir, –

Hundertundzweiundsiebzigste Nacht.

sag' mir, was ich in der Sache meines Sohnes Kamar es-Samân thun soll. Ich fragte dich um Rat, ob ich ihn verheiraten sollte, bevor ich ihn zum Sultan einsetzte, und du rietest mir dazu und gabst mir gleichfalls den Rat, mit ihm über die Heirat zu reden, doch widersprach er mir, als ich es that. Nun rate mir jetzt, was du für gut erachtest.« Da sagte der Wesir: »Mein jetziger Rat, o König, ergeht dahin, daß du dich noch ein Jahr mit ihm geduldest, und dann, wenn du mit ihm über die Heirat sprechen willst, es nicht vertraulich thust, sondern zu ihm darüber an einem Gerichtstage sprichst, wenn alle die Emire und Wesire anwesend sind, und alle Soldaten vor dir stehen. Wenn sie alle versammelt sind, dann schicke zu deinem Sohne Kamar es-Samân und laß ihn zu dir entbieten. Ist er erschienen, so sprich zu ihm über die Heirat in Gegenwart aller Emire, Wesire, Kämmerlinge, Vicekönige, Großen des Reiches und der Soldaten und Kriegsmannen, vor denen er sich schämen und in deren Gegenwart er dir nicht widersprechen wird.«

Als der König Schahrimân diese Worte von seinem Wesir vernahm, freute er sich mächtig, da er den Rat des Wesirs billigte, und schenkte ihm ein kostbares Ehrenkleid. Alsdann geduldete sich der König Schahrimân ein weiteres Jahr mit seinem Sohne Kamar es-Samân, welcher mit jedem Tage, der verstrich, an Schönheit, Anmut, Liebreiz und Vollkommenheit zunahm, bis er nahezu sein zwanzigstes Lebensjahr erreicht, und Gott ihn in das Gewand der Anmut gekleidet und mit der Krone der Vollkommenheit gekrönt hatte. Seine Augen waren größere Zauberer als Hīrût und Mīrût,Zwei Engel, welche zur Verführung der Menschen auf die Erde geschickt wurden, sich hier aber von Weibern verführen ließen, so daß sie zur Strafe in eine Felsenkluft bei Babel an den Füßen aufgehängt wurden. und das Spiel seiner Blicke verführerischer als Et-Tīghût,Bezeichnung eines Verführers, dann besonders des Teufels, ursprünglich ein arabischer Götze. seine Wangen schimmerten rot, seine Lider schmähten das scharfe Schwert, seine weiße Stirn glich dem leuchtenden Mond, sein schwarzes Haar war dunkel wie die Nacht, seine Taille dünner als ein Sommerfaden und sein Gesäß schwerer als Sandhaufen, so daß sich seine Taille über sein schweres Gesäß beklagte, und alle Welt von seinen Reizen bestrickt wurde.

Als nun das Jahr verstrichen war und ein Festtag nahte, –

Hundertunddreiundsiebzigste Nacht.

an welchem die Emire, Wesire, Kämmerlinge und Großen des Reiches und die Soldaten und Kriegsmannen vollzählig um den König versammelt waren, schickte der König nach seinem Sohne Kamar es-Samân. Als derselbe erschien, küßte er die Erde dreimal vor dem König und stellte sich mit auf dem Rücken gekreuzten Armen vor seinen Vater. Sein Vater aber sprach zu ihm: »Mein Sohn, ich habe dich diesmal vor diese Versammlung und all die vor uns erschienenen Kriegsmannen nur deshalb entboten, um dir einen Befehl zu erteilen, dem du mir nicht widersprechen wirst; du sollst dich nämlich vermählen, da ich wünsche, daß du eine Prinzessin heiratest, damit ich noch vor meinem Tode Freude an dir habe.«

Als Kamar es-Samân von seinem Vater diese Worte vernahm, senkte er sein Haupt eine Weile zu Boden; dann erhob er es wieder und antwortete ihm, vom Wahnsinn der Jugend und von kindischer Unvernunft gepackt: »Was mich anlangt, so werde ich niemals heiraten und müßte ich den Becher des Todes trinken, du aber bist ein alter Mann von kindischem Verstand. Hast du mich nicht schon zweimal vor dem heutigen Tage über das Heiraten befragt, und gab ich dir nicht die gleiche Antwort?« Darauf löste Kamar es-Samân seine Hände und streifte in seiner Wut seine Ärmel über seine EllbogenDie Ärmel hängen tief über die Hände herunter, und gilt es für unanständig dieselben zu zeigen. vor seinem Vater zurück, so daß sich sein Vater schämte und verlegen wurde, daß sich dieses vor den Großen seines Reiches und den am Feste anwesenden Truppen abgespielt hatte. Dann aber schrie der König Schahrimân, von königlicher Energie entflammt, seinen Sohn an, bedrohte ihn und rief die Mamluken heran und befahl ihnen ihn festzunehmen. Nachdem sie seinem Befehle nachgekommen waren, gebot er ihnen ihm die Hände auf dem Rücken zusammenzubinden, und sie fesselten ihn und führten ihn vor den König, während er vor Furcht und Schrecken sein Haupt senkte, der Schweiß ihm in Tropfen auf Stirn und Angesicht stand, und tiefe Scham ihn bedrückte. Der König aber schalt und schmähte ihn und schrie ihn an: »Wehe dir, du Dirnensohn und Brut der Schande, wie darfst du mir solche Antwort vor meinen Garden und meinem Heere geben? doch bis jetzt hat dich noch keiner gezüchtigt.

Hundertundvierundsiebzigste Nacht.

Weißt du nicht, daß, wenn irgend einer aus dem gemeinen Volk sich so benommen hätte, es eine Ruchlosigkeit gewesen wäre?« Darauf befahl der König den Mamluken ihm die Fesseln zu lösen und ihn in einen der Schloßtürme einzusperren; und die Kammerdiener begaben sich in das Turmgemach, kehrten es aus, scheuerten sein Pflaster, stellten dort Kamar es-Samâns Polster auf, legten ihm über das Polster eine Matratze und ein Leder, und brachten ihm ein Kissen, eine große Laterne und eine Wachskerze, da jener Raum am Tage finster war. Alsdann brachten die Mamluken Kamar es-Samân in diesen Raum und stellten vor die Thür des Turmgemachs einen Eunuchen.

Wie sich nun Kamar es-Samân hier eingesperrt sah, setzte er sich mit gebrochenem Herzen und bekümmerter Seele auf das Polster, machte sich Vorwürfe, und sprach, indem er sein Benehmen gegen seinen Vater bereute, wo ihm die Reue nichts mehr nützen konnte: »Gott verdamme das Heiraten und die Mädchen und falschen Weiber! Hätte ich doch auf meinen Vater gehört und mich verheiratet, dann brauchte ich nicht in diesem Gefängnis zu sitzen.«

So viel, was Kamar es-Samân anlangt; sein Vater aber verweilte den Rest des Tages auf dem Thron seines Reiches bis zur Abendzeit, worauf er sich mit seinem Wesir zurückzog und zu ihm sagte: »Wisse, Wesir, du bist an alledem, was zwischen mir und meinem Sohne vorgefallen ist, durch den Rat den du mir erteiltest, schuld. Was rätst du mir nun?« Da antwortete ihm der Wesir: »O König, laß deinen Sohn fünfzehn Tage lang im Gefängnis, dann laß ihn vor dich kommen, befiehl ihm die Heirat, und er wird dir nimmermehr widersprechen.«

Hundertundfünfundsiebzigste Nacht.

Der König nahm den Rat des Wesirs an und legte sich zur Nacht schlafen, doch war sein Herz voll Unruhe über seinen Sohn, weil er ihn heiß liebte und keinen andern Sohn hatte. Da er außerdem nicht eher einzuschlafen pflegte, als bis er seinen Arm unter den Nacken Kamar es-Samâns geschoben hatte, verbrachte er die Nacht voll Unruhe im Herzen um seinetwillen und wälzte sich von einer Seite zur andern, als ob er auf den Kohlen des höllischen Feuers läge. Von Unruhe gepackt, vermochte er die ganze Nacht über keinen Schlaf zu finden, seine Augen vergossen Thränen, und er sprach das Wort des Dichters:

»Meine Nacht währt lang, und die Verleumder schlafen;
Laß dir's genügen, daß dein Herz durch die Trennung erschreckt ist;
Ich spreche, während die Sorge meine Nacht hinausdehnt:
O du helles Morgenlicht, kehrst du nicht wieder?«

Soviel, was den König anlangt. Was aber Kamar es-Samân anlangt, so hatte ihm der Eunuch, als die Nacht hereinbrach, die Laterne gebracht, hatte ihm die Kerze angezündet und in einen Leuchter gesteckt und ihm auch etwas zu essen hingesetzt. So aß er denn ein wenig und schalt sich fortwährend über sein ungezogenes Benehmen gegen seinen Vater, den König Schahrimân, und sprach bei sich: »Weißt du nicht, daß der Mensch seiner Zunge unterthan ist, und daß die Zunge es ist, welche den Menschen in Abgründe stürzt?« In dieser Weise ließ er nicht ab sich zu tadeln und Vorwürfe zu machen, bis ihn die Thränen überwältigten, sein Herz brannte, als ob es springen wollte, und er auf das tiefste das Vergehen seiner Zunge gegen seinen Vater bereute und die Verse sprach:

»Es stirbt der Jüngling ob eines Fehltritts seiner Zunge,
Und der Mann, der mit dem Fuße strauchelt, bleibt am Leben.
Wer mit dem Munde strauchelt, sühnt seinen Fehltritt durch den Tod,
Doch der Fehltritt des Fußes wird gemächlich geheilt.«

Nachdem er dann gegessen hatte, verlangte er Wasser, und der Eunuch wusch die Speisereste von seinen Händen. Alsdann vollzog er die Waschung, betete das Abend- und Nachtgebet –

Hundertundsechsundsiebzigste Nacht.

setzte sich auf sein Polster und recitierte den Koran, indem er die Suren die Kuh, das Haus Amrân, die Sure J. S., der Barmherzige, »Gepriesen sei Gott« und die beiden SchutzsurenGemeint sind die 2., 3., 36., 55., 67., 113. und 114. Sure. Letztere beiden heißen die Schutzsuren, da sie als Talismane gegen das böse Auge und Verzauberung gesprochen werden. hersagte, worauf er ein Gebet sprach, seine Zuflucht zu Gott vor dem gesteinigten Satan nahm und sich auf sein Polster auf einer Matratze aus maadenerEl-Maaden ist eine Stadt. Satin mit zwei Oberseiten, die mit Straußenfedern gestopft war, zur Ruhe legte. Dann legte er seine Sachen ab, zog seine Hosen aus und schlief nun in einem Hemd aus dünner Wachsleinwand, mit einem blauen Merwer Linnentuch um den Kopf und einem seidenen Schleier über dem Gesicht, so daß er in jener Nacht dem vollen Mond in seiner vierzehnten Nacht glich, während die Laterne ihm zu Füßen und die Kerze zu Häupten brannte, ohne das mysteriöse Ereignis, das ihm bevorstand, und den Ratschluß, den Gott, der Kenner aller Geheimnisse, über ihn verhängt hatte, zu ahnen. Das Gemach und der Turm waren aber alt und seit langer Zeit verlassen, und es befand sich in jenem Gemach ein römischer Brunnen, der von einer Dschinnîje aus der Nachkommenschaft des verfluchten Iblîs bewohnt war, welche Meimûne, die Tochter des Ed-Damerjât hieß, eines berühmten Königs der Dschânn.

Hundertundsiebenundsiebzigste Nacht.

Als nun Kamar es-Samân das erste Drittel der Nacht geschlafen hatte, stieg jene Ifrîte aus dem Brunnen heraus, um gen Himmel zu steigen und unbemerkt zu lauschen. Wie sie jedoch an den Rand des Brunnens gekommen war und in dem Turm ganz gegen die Gewohnheit, da sie bereits lange Jahre daselbst gehaust hatte, ein Licht scheinen sah, sprach sie bei sich: »Ich habe so etwas hier noch nicht gesehen,« und verwunderte sich hierüber über die Maßen und dachte, daß hierfür sicherlich ein Grund sein müßte. Darauf bewegte sie sich gegen das Licht zu und fand, daß dasselbe aus dem Gemach kam. Wie sie nun in dasselbe eindrang, fand sie einen Eunuchen an der Thür desselben schlafen und sah im Gemach ein Polster liegen, auf welchem ein Menschenbild schlief, dem zu Häupten eine Kerze und eine Laterne zu Füßen brannte. Verwundert über dieses Licht, näherte sich die Ifrîte mit herabgesenkten Flügeln Schritt für Schritt und trat an das Polster, wo sie nun den Schleier von Kamar es-Samâns Antlitz hob und dasselbe beschaute. Von seiner Schönheit und Anmut betroffen, verharrte sie so eine ganze Stunde, wobei sie fand, daß sein Antlitz die Kerze überstrahlte und hell schimmerte, daß seine Augen verliebte Gazellenblicke warfen, seine Pupillen dunkel erglänzten, seine Wangen rot erglühten, daß seine Lider müde blinzten, seine Brauen bogenförmig geschweift waren, und er selber würzigen Moschusduft aushauchte, wie der Dichter sagt:

Ich küßte ihn, und es wurden schwärzer seine Pupillen,
Sie, die meine Verführung sind, und rot erglühten seine Wangen.
O Herz, wenn die Tadler behaupten, seinesgleichen
Gäbe es noch an Schönheit, so sprich: Sie irren.

Wie ihn nun die Ifrîte Meimûne, die Tochter Ed-Damerjâts, erblickte, pries sie Gott und rief: »Gesegnet sei Gott, der herrlichste Schöpfer!« Es war nämlich jene Ifrîte eine gläubige Dschinnîje. Nachdem sie ihm dann eine Weile ins Gesicht geschaut und Gottes Einheit verkündet und seine Schönheit und Anmut neidlos bewundert hatte, sprach sie bei sich: »Bei Gott, ich will ihm nichts zuleide thun und keinem erlauben ihm einen Schaden zuzufügen, und will selber sein Lösegeld für alles Böse sein, das ihm zustoßen könnte, denn dieses schöne Antlitz verdient nur, daß man es anschaut und seinen Schöpfer lobpreist. Wie aber konnten seine Angehörigen ihn so leichtfertig an diesem öden Ort vergessen! Wenn einer unserer Mâride ihn jetzt hier fände, so würde er ihn sicherlich umbringen.« Darauf neigte sich die Ifrîte über ihn und küßte ihn zwischen die Augen; dann ließ sie den Schleier wieder über sein Gesicht fallen, verhüllte es damit, und spannte nun ihre Flügel und stieg von jenem Gemach aus zum Himmel empor, bis sie dem untersten Himmel nahe gekommen war, als sie mit einem Male Flügelschläge vernahm. Sie flog dem Geräusch entgegen und erblickte, als sie ihm nahe gekommen war, einen Ifrîten, Namens Dahnasch, auf welchen sie nun wie ein Sperber losschoß. Als Dahnasch sie wahrnahm und in ihr Meimûne, die Tochter des Königs der Dschinn, erkannte, fürchtete er sich vor ihr, daß ihm die Schultern erbebten, und flehte sie um Gnade an, indem er zu ihr sagte: »Ich beschwöre dich bei dem höchsten Namen und dem verehrungswürdigsten Talisman, der in Salomos Siegelring eingegraben ist, sei gütig gegen mich und thue mir nichts zuleide.« Als Meimûne diese Worte von Dahnasch vernahm, empfand ihr Herz Mitleid mit ihm, und sie erwiderte ihm: »Du hast mich mit einem gewaltigen Schwur beschworen, doch lasse ich dich nicht eher los, als bis du mir gesagt hast, von wannen du zu dieser Stunde kommst.« Da antwortete ihr Dahnasch: »Wisse, Herrin, ich komme von der äußersten Grenze des Landes China und mitten von seinen Inseln und will dir ein Wunder erzählen, das ich in dieser Nacht geschaut habe. Findest du, daß ich die Wahrheit rede, so laß mich meines Weges ziehen, doch schreib' mir zu dieser Stunde mit deiner Handschrift eine Freilassungsurkunde, daß mir niemand von den Scharen der Dschinn, die in der Höhe fliegen, oder derer, die in der Tiefe hausen oder derer die ins Meer tauchen, entgegentreten.« Meimûne entgegnete ihm darauf: »Dahnasch, was ist's, was du heute Nacht geschaut hast? Sag's mir und lüg' mir nichts vor, um durch deine Lüge meiner Hand zu entrinnen, denn ich schwöre dir bei dem Bild, das in den Stein von dem Siegelring Salomos, des Sohnes des David – Frieden komme auf beide! – eingegraben ist, sprichst du nicht die Wahrheit zu mir, so rupfe ich dir deine Federn mit meiner Hand aus, zerreiße deine Haut in Fetzen und zerbreche dir deine Knochen.« Da entgegnete ihr der Ifrît Dahnasch, der Sohn des Schemhûrisch, der Geflügelte: »Wenn meine Worte nicht wahr sind, so thue mit mir nach deinem Belieben, meine Herrin.

Hundertundachtundsiebzigste Nacht.

Ich zog heute Nacht von den inneren Inseln des Landes China aus, dem Lande des Königs El-Ghajûr, des Herrn der Inseln, der Meere und der sieben Schlösser. Ich sah dort eine Tochter jenes Königs, das schönste Mädchen seiner Zeit, das Gott erschaffen, und ich weiß nicht, wie ich sie dir beschreiben soll, da die Zunge sie würdig zu beschreiben nicht imstande ist. Doch will ich dir ihre Schönheiten, so weit es möglich ist, schildern. Ihr Haar, es gleicht den Nächten der Trennung und des Scheidens, ihr Antlitz aber den Tagen seliger Vereinigung. Wie schön sagt der Dichter in ihrer Beschreibung:

Drei Locken breitete sie von ihrem Haare aus,
Nacht war's, und vier Nächte wurden es so;
Zum Mond am Himmel erhob sie ihr Angesicht,
Und Sonne und Mond erblickt' ich zu gleicher Zeit.

Ihre Nase ist wie eines polierten Schwertes Schneide, ihre Wangen leuchten wie des feurigsten Weines Purpur und wie die Noomânsanemonen, ihre Lippen gleichen Korallen und Karneolen, ihr Speichel ist begehrenswerter als Edelwein und löscht den Geschmack höllischer Feuersqualen aus, ihre Zunge wird von reichem Verstand und schnell bereiter Antwort in Bewegung gesetzt, ihr Busen ist eine Verführung für jeden, der ihn erblickt – Preis Ihm, der sie geschaffen und gebildet! – und von dem Busen gehen zwei weiche und runde Oberarme aus. Dann hat sie zwei Brüste wie Elfenbeinbüchschen, die Sonne und Mond mit ihrem Glanz beschämen, und das alles wird mit einer Taille beschlossen, die ein Kompendium aller Phantasiegebilde ist, über einem Gesäß, schwer wie ein Sandhaufen, welches sie niederzieht, wenn sie sich erheben will und sie aus dem Schlaf erweckt, und das auf zwei Schenkeln gleich zwei Säulen aus Perlen ruht. Ihre weitern Schönheiten kann kein Beschreiber aufzählen, und all das, was ich erwähnt habe, wird von zwei Füßen getragen, dem Werk des Schützers und Vergelters, die so zart sind, daß ich mich wundere wie sie die Last, die auf ihnen ruht, zu tragen vermögen. Das weitere übergehe ich –

Hundertundneunundsiebzigste Nacht.

weil die Sprache dazu nicht ausreicht, und eine Andeutung nicht genügen würde. Der Vater jenes Mädchens aber ist ein gewaltiger König und ein ungestümer Rittersmann, welcher die Meere jener Gegenden Nacht und Tag befährt, der vor dem Tod sich nicht scheut und das Verderben nicht fürchtet, sintemalen er ein grausamer Tyrann und ein gewaltthätiger Eroberer ist. Er ist der Herr vieler Streiter und Heerscharen, und Länder, Inseln, Städte und Höfe und heißt der König El-Ghajûr, der Herr der Inseln, der Meere und der sieben Schlösser. Er liebte nämlich diese seine Tochter, die ich dir beschrieb so innig, daß er die Schätze aller Könige aufhäufte und ihr für dieselben sieben Schlösser erbaute, die alle voneinander verschieden sind. So ist das erste Schloß aus Krystall, das zweite aus Marmor, das dritte aus chinesischen Eisen, das vierte aus Onyx und dergleichen, das fünfte aus Silber, das sechste aus Gold und das siebente aus Edelsteinen erbaut. Alle diese sieben Schlösser stattete er auf das reichste aus mit prächtigen Teppichen und Polstern, mit goldenen und silbernen Gefäßen und allen den Sachen, derer Könige benötigen, und befahl seiner Tochter jedes Schloß während einer bestimmten Zeit im Jahr zu bewohnen und dann in ein anderes Schloß zu ziehen. Ihr Name aber ist Königin Budûr.Vollmonde. Als nun ihre Schönheit weit und breit gepriesen und ihr Name in allen Landen bekannt wurde, schickten alle die andern Könige Brautwerber zu ihrem Vater, doch weigerte sie sich, als ihr Vater zu ihr über die Heirat sprach, sich zu vermählen, indem sie zu ihrem Vater sagte: »Mein Vater, mich verlangt nimmer nach der Ehe, denn ich bin eine Herrin und Königin die über das Volk gebietet, und verlange nicht nach einem Manne, der über mich zu gebieten hat.« Bei jedem Korb aber, den sie austeilte, wuchs das Verlangen ihrer Bewerber, so daß alle Könige der innern Inseln Chinas zu ihrem Vater Geschenke und Kostbarkeiten schickten und in Schreiben an ihn sich um seine Tochter bewarben. Als ihr Vater ihr deshalb trotz ihres Widerspruchs immer wieder die Heiratsanträge vorhielt, wurde sie zornig auf ihn und sprach zu ihm: »Mein Vater, wenn du mir noch einmal mit dem Heiraten kommst, so nehme ich ein Schwert, stelle seinen Knauf auf die Erde, richte die Spitze gegen meinen Leib und lehne mich gegen sie, daß sie mir zum Rücken herausfährt, und ich mir so das Leben nehme.« Als ihr Vater ihre Worte vernahm, wurde der lichte Tag in seinem Angesicht Finsternis, sein Herz entbrannte aufs schmerzhafteste um ihretwillen, und er fürchtete, daß sie sich das Leben nehmen möchte. In seiner Ratlosigkeit, was er mit ihr und den Königen, die sich um sie beworben hatten, thun sollte, sagte er dann zu ihr: »Wenn du dich durchaus nicht verheiraten willst, so gehe weder ein noch aus.« Darauf führte sie ihr Vater in ein Haus, schloß sie dort ein, gab ihr zehn alte Frauen als Aufseherinnen und verbot ihr eins der sieben Schlösser aufzusuchen. Indem er sich stellte, als ob er auf sie erzürnt wäre, schickte er Briefe an alle Könige und teilte ihnen mit, daß seine Tochter geistesgestört wäre. Ein Jahr ist jetzt darüber verstrichen, daß sie eingesperrt ist, ich aber, meine Herrin, besuche sie in jeder Nacht, schaue sie an, betrachte ihr Angesicht und küsse sie, wenn sie schläft, zwischen die Augen, doch thue ich ihr nichts zuleide, weil ich sie liebe und weil sie so wunderbar schön und anmutig ist, daß jeder, der sie schaut, eifersüchtig auf sie wird. Ich beschwöre dich, meine Herrin, kehre mit mir um und schau' dir ihre Schönheit und Anmut, ihre Gestalt und ihr Ebenmaß an und züchtige und fessele mich hernach, wenn du es willst, denn dein ist der Befehl und das Verbot.«

Nach diesen Worten senkte der Ifrît Dahnasch sein Haupt zu Boden und ließ seine Flügel niederhängen. Die Ifrîte Meimûne spie ihm jedoch lachend ins Gesicht und sagte: »Was für ein erbärmliches Ding ist das Mädchen, von dem du mir da erzählst! Was würdest du erst sagen, wenn du meinen Schatz gesehen hättest! Bei Gott, ich glaubte Wunderdinge von dir zu hören zu bekommen. Verruchter, ich sah heute Nacht einen Menschen, hättest du den auch nur im Traum gesehen, du würdest gelähmt werden und der Speichel würde dir laufen.« Der Ifrît Dahnasch fragte sie darauf: »Wie ist die Geschichte dieses Jünglings?« Da sagte sie: »Wisse, Dahnasch, mit diesem Jüngling hat sich das Gleiche wie mit deinem Schatz zugetragen. Sein Vater hatte ihm mehrmals befohlen sich zu verheiraten, er hatte es jedoch nicht gewollt und sich seinem Vater widersetzt, so daß ihn sein Vater erzürnt in den Turm, in welchem ich hause, einsperrte. Ich sah ihn heute Nacht, als ich herauskam.« Dahnasch bat sie nun: »Meine Herrin, zeig' mir diesen Jüngling, daß ich schaue ob er schöner als mein Schatz, die Königin Budûr, ist oder nicht, da ich nicht glaube, daß in dieser Zeit jemand gefunden wird, der meinem Schatz gleicht.« Die Ifrîte entgegnete ihm jedoch: »Du lügst, Verruchter, du unseligster Mârid und verächtlichster Satan; ich weiß bestimmt, daß niemand in diesen Landen gefunden wird, der meinem Schatz gleicht.

Hundertundachtzigste Nacht.

Bist du etwa verrückt, daß du meinen Schatz mit deinem vergleichen willst.« Dahnasch erwiderte ihr hierauf: »Ich beschwöre dich bei Gott, meine Herrin, folge mir und besieh' dir meinen Schatz und dann will ich mit dir zurückkehren und mir deinen Schatz ansehen.« Meimûne erwiderte ihm: »Sicherlich soll das geschehen, Verruchter, da du ein verschlagener Satan bist; doch wollen wir wetten, sei es, daß ich dir folge oder du mich begleitest. Wenn dein Schatz schöner als der meinige ist, so hast du gewonnen, ist aber mein Schatz schöner, so hab ich gewonnen.« Da sagte der Ifrît Dahnasch zu ihr: »Ich nehme diese Bedingung an, meine Herrin, und bin es zufrieden, folge mir nun nach den Inseln.« Meimûne entgegnete ihm jedoch: »Mein Schatz wohnt näher als der deinige, er ist gerade unter uns. Steig mit mir hinab, und schau dir meinen Schatz an, und dann wollen wir zu deinem Schatz fliegen.« Dahnasch erwiderte: »Ich höre und gehorche,« und nun ließen sie sich zum Turmgemach hinab, wo Meimûne den Ifrîten Dahnasch neben das Polster stellte. Dann streckte sie ihre Hand aus und hob die Decke von dem Antlitz Kamar es-Samâns, des Sohnes des Königs Schahrimân. Da strahlte, leuchtete, funkelte und schimmerte es, und Meimûne wendete sich sogleich, nachdem sie es betrachtet hatte, zu Dahnasch und sagte zu ihm: »Schau, Verruchter, und sei nicht der gemeinste Verrückte; ich bin ein Mädchen und bin von ihm bezaubert.« Hierauf betrachtete ihn Dahnasch genau, doch schüttelte er nach einer Weile den Kopf und sagte zu Meimûne: »Bei Gott, meine Herrin, du bist zu entschuldigen, doch muß auch noch berücksichtigt werden, daß ein Mädchen und ein Mann verschieden sind. Bei Gott, dieser dein Schatz ist von allen Menschen meinem Schatz am ähnlichsten, was Schönheit, Anmut, Eleganz und Vollkommenheit anlangt, und beide sehen aus, als wenn sie beide in der Form der Schönheit gegossen wären.«

Als Meimûne diese Worte von Dahnasch vernahm, ward das Licht in ihrem Angesicht Finsternis; sie versetzte ihm mit ihrem Flügel einen so starken Schlag auf seinen Kopf, daß sie ihm beinahe den Garaus gemacht hätte, und sagte zu ihm: »Ich schwöre bei der Glorie seines leuchtenden Angesichts, machst du dich nicht sofort auf den Weg, Verruchter, und bringst deinen Schatz geschwind hierher, daß wir sie zusammenlegen, und sie, während sie nebeneinander schlafen, betrachten können und so erkennen, wer der schönere ist, so verbrenne ich dich mit meinem Feuer, Verruchter, ich sprühe dir meine Funken entgegen, ich zerreiße dich in Stücke und werfe sie über die Steppen zum Exempel für jeden Bewohner und nächtigen Wanderer.« Dahnasch erwiderte ihr: »Meine Herrin, ich gehorche deinem Befehl, doch weiß ich, daß meine Liebste hübscher und süßer ist.« Darauf schwebte der Ifrît Dahnasch sofort empor, und Meimûne begleitete ihn, um ihn zu überwachen. Nachdem sie eine Stunde fortgeblieben waren, kehrten sie mit jenem Mädchen in ihren Armen zurück, das mit einem zarten venetianischen Hemd mit wunderbarer Goldstickerei und zwei goldenen Säumen bekleidet war, auf dessen Ärmelenden folgende Verse gestickt standen:

Drei Dinge hinderten sie an einem Besuch bei uns,
Fürchtend den Späher und den Zorn des Neidharts:
Der Glanz ihrer Stirn, ihres Schmuckes Geklirr
Und der Ambraduft, der ihrer Gestalt entströmt.
Mag sie die Stirn mit dem Zipfel des Ärmels verdecken,
Mag sie abthun den Schmuck – ihr Duft muß ihr bleiben.

Als sie sich nun mit dem Mädchen niedergelassen, es an die Seite des Jünglings hingelegt –

Hundertundeinundachtzigste Nacht.

und die Gesichter der beiden aufgedeckt hatten, da sahen beide unter allen Menschen am ähnlichsten aus, als wären sie Zwillinge oder doch wenigstens Geschwister, und waren beide eine Verführung für die Gottesfürchtigen. Meimûne und Dahnasch betrachteten sie lange, dann sagte Dahnasch: »Mein Schatz ist hübscher.« Meimûne sagte jedoch: »Nein, mein Schatz ist hübscher, wehe dir, Dahnasch, bist du blind, siehst du denn nicht seine Schönheit und Anmut, seine Gestalt und sein Ebenmaß? Höre, was ich von meinem Liebsten sage und sprich, wenn du ein aufrichtiger Liebhaber bist, von deiner Liebsten das gleiche.« Darauf gab sie Kamar es-Samân viele Küsse und sprach zu seinem Lobe ein langes Gedicht, mit welchem sie Dahnasch in das höchste Entzücken und die größte Verwunderung versetzte.

Hundertundzweiundachtzigste Nacht.

Nachdem sie dasselbe beendigt hatte, sagte Dahnasch zu ihr: »Du hast diese zarten Verse zum Preise dessen, den du liebst, gesprochen, da dein Herz von ihm erfüllt ist; nun aber will ich mich auch zusammennehmen und mit den besten Versen, die mir in den Sinn kommen, meine Geliebte feiern.« Darauf trat Dahnasch an seinen Schatz, die Prinzessin Budûr, küßte sie zwischen die Augen und sprach, indem er bald die Ifrîte Meimûne bald sein Liebchen Budûr anschaute, wiewohl er ungeübt war, ein Lobgedicht, worauf Meimûne zu ihm sagte: »Bravo, Dahnasch, doch wer von beiden ist schöner?« Dahnasch erwiderte: »Mein Liebchen Budûr ist schöner als dein Liebster.« Da sagte sie: »Du lügst, Verruchter; mein Liebster ist schöner als dein Liebchen.« So stritten sie miteinander, bis ihn schließlich Meimûne anschrie und ihm Gewalt angethan hätte, wenn er sich nicht vor ihr gedemütigt und mit sanftem Tone gesprochen hätte: »Laß dich nicht durch die Wahrheit verletzen, sondern laß meine und deine Worte ungeschehen sein, da ein jeder von uns zu Gunsten der Schönheit seines Schatzes aussagt; wir wollen beide unsere Worte nicht gelten lassen, sondern einen gerechten Schiedsrichter zwischen uns entscheiden lassen, und bei seinem Ausspruch bleiben.« Da sagte Meimûne: »So soll's sein.« Darauf stampfte sie mit dem Fuß auf die Erde, und gleich darauf stieg ein einäugiger, krätziger Ifrît mit der Länge nach durchs Gesicht geschlitzten Augen aus der Tiefe hervor, der auf dem Kopfe sieben Hörner und vier bis auf die Erde niederfallende Stirnlocken, KutrubhändeDer Kutrub ist ein kleines, nicht näher bekanntes, sich schnell bewegendes Tier, dann aber auch ein böser Dämon, ähnlich dem Ghûl., Löwenklauen, Elefantenfüße und Eselshufe hatte.

Als dieser Ifrît emporgestiegen war und Meimûne erblickte, küßte er die Erde vor ihr, kreuzte die Arme auf seinem Rücken und fragte sie: »Was ist dein Begehr, meine Herrin und Prinzessin?« Sie entgegnete ihm: »Kaschkasch, ich wünsche, daß du zwischen mir und dem verruchten Dahnasch hier Schiedsrichter bist.« Darauf erzählte sie ihm die ganze Geschichte von Anfang bis zu Ende. Wie nun der Ifrît Kaschkasch nach ihren Worten das Antlitz des Jünglings und des Mädchens betrachtete und sie in gegenseitiger Umarmung schlummern sah, wie eines jeden Arm unter dem Nacken des andern lag, und wie beide so gleich schön und holdselig waren, verwunderte er sich über ihre Schönheit und Anmut, und wendete sich, nachdem er die beiden lange Zeit betrachtet hatte, zu Meimûne und Dahnasch um und sprach zu ihnen die Verse:

Such auf deine Geliebte und laß die Neider reden,
Die der Liebe doch keine Hilfe gewähren.
Keinen schöneren Anblick hat der Barmherzige erschaffen,
Als ein Liebespaar ruhend auf einem Lager, innig umstrickt.

Dann sagte er zu ihnen: »Bei Gott keiner von beiden ist mehr oder weniger schön als der andere, sondern beide sind in ihrer Schönheit, Anmut, Eleganz und Vollkommenheit einander am ähnlichsten von allen Menschen und unterscheiden sich nur durch ihr verschiedenes Geschlecht. Doch möchte ich den Vorschlag machen, die Sache auf anderm Wege zu entscheiden. Wir wollen jeden von ihnen wecken, ohne daß der andere etwas davon merkt; wer dann von beiden das stärkste Feuer fängt, der ist dem andern an Schönheit und Anmut unterlegen.« Da entgegnete Meimûne: »Dein Vorschlag ist ausgezeichnet, und ich nehme ihn an,« worauf Dahnasch ebenfalls sagte: »Ich bin's zufrieden,« und sich in einen Floh verwandelte.

Hundertunddreiundachtzigste Nacht.

Alsdann biß er Kamar es-Samân an einer weichen Stelle im Nacken, so daß dieser mit der Hand in den Nacken fuhr und die Bißstelle wegen des brennenden Schmerzes kratzte. Als er sich hierbei unruhig hin und her bewegte, merkte er etwas Weiches neben sich und verspürte einen Hauch, duftiger als Moschus und einen Leib, weicher als Rahm. Aufs äußerste hierüber verwundert, richtete er sich unverzüglich auf und betrachtete jenes Wesen, das an seiner Seite ruhte, und siehe, da war's ein Mädchen gleich einer kostbaren Perle von alifschlanker Gestalt und fünf Spannen langem Wuchs. Wie er nun die Herrin Budûr, die Tochter des Königs El-Ghajûr in ihrer Schönheit und Anmut erblickte und sie ohne Hosen, nur mit einem venezianischem Hemd bekleidet, an seiner Seite schlafen sah, und ein goldenes, mit Juwelen besetztes Tuch um ihren Kopf und ein Band aus kostbaren Steinen um ihren Hals, wie es nur Könige besitzen können, bemerkte, wurde er verblüfft. Dann aber erregte ihre Schönheit und Anmut natürliches Begehren in ihm, und Gott erfüllte sein Herz mit Verlangen nach ihr. »Was Gott will,« sprach er bei sich, »das geschieht, und was er nicht will, das geschieht auch nicht.« Darauf kehrte er sie mit seiner Hand zum zweitenmal um und öffnete ihren Hemdenkragen, so daß ihr Leib und ihr Busen sichtbar wurde, und seine Liebe und sein Verlangen wuchs. Er wollte sie aufwecken, doch erwachte sie nicht, da Dahnasch sie in tiefen Schlaf hatte fallen lassen. Da schüttelte er sie hin und her und rief: »Ach, Geliebte, erwache doch und schau wer ich bin, ich bin Kamar es-Samân.« Doch erwachte sie nicht und regte nicht einmal ihren Kopf, so daß er eine Stunde lang in Gedanken versank und bei sich sprach: »Wenn meine Vermutung richtig ist, so ist dies jenes Mädchen, mit dem mich mein Vater seit drei Jahren verheiraten wollte, während ich mich weigerte. Aber, so Gott will, werde ich, sobald der Morgen kommt, zu meinem Vater sagen: »Vermähle mich mit ihr, –

Hundertundvierundachtzigste Nacht.

und ehe noch der Mittag verstrichen ist, will ich mit ihr vereint sein und mich ihrer Schönheit und Anmut erfreuen.« Hierauf neigte sich Kamar es-Samân über Budûr, um sie zu küssen, so daß die Dschinnîje Meimûne erbebte und verlegen wurde, während der Ifrît Dahnasch vor Freude flog. Da aber schämte sich Kamar es-Samân vor Gott und sprach bei sich, indem er sein Gesicht abwendete: »Ich will mich gedulden, sicherlich hat mein Vater, nachdem er mich erzürnt hier eingesperrt hat, die Braut hierhergebracht und ihr befohlen, an meiner Seite zu schlafen, um mich auf die Probe zu stellen, und ihr auch eingeschärft, sich nicht von mir wecken zu lassen, und hat zu ihr gesagt: Was auch immer Kamar es-Samân mit dir thun mag, teile es mir mit. Vielleicht steht mein Vater auch an irgend einem Versteck, von wo er mich beobachten kann, ohne von mir gesehen zu werden, und alles, was ich mit diesem Mädchen thue, sieht, so daß er mich morgen ausschimpfen und zu mir sagen wird: Wie kannst du sagen, dir wäre das Heiraten nicht von nöten, wo du jenes Mädchen geküßt und umarmt hast? Ich will mich deshalb ihrer enthalten, daß ich mich nicht vor meinem Vater bloßstelle, und dieses Mädchen weder anrühren noch mich zu ihr wenden, nur daß ich mir ein Andenken von ihr nehme, das als Erkennungszeichen zwischen uns beiden dienen kann.« Darauf hob er die Hand des Mädchens und zog ihr den Siegelring von ihrem kleinen Finger ab, der sehr wertvoll war, da sein Stein ein kostbares Juwel war, um welches folgende Verse eingegraben standen:

Glaubt nicht, daß ich euer Versprechen vergaß,
So lange ihr mir auch abgeneigt waret.
O mein Herr, seid großmütig und gütig,
Vielleicht darf ich eure Lippen und Wangen küssen.
Bei Gott, ich will euch nimmer verlassen,
Mögt ihr auch das Maß der Sehnsucht überschreiten.

Nachdem er dann den Siegelring der Königin Budûr an seinen kleinen Finger gesteckt hatte, kehrte er ihr den Rücken zu und schlief ein. Als die Ifrîte Meimûne dies sah, sagte sie erfreut zu Dahnasch und Kaschkasch: »Habt ihr meinen Liebsten Kamar es-Samân gesehen und bemerkt, wie keusch er sich gegen dieses Mädchen in seinem vollendet schönen Wesen benommen hat? Schaut doch nur, wie er dieses Mädchen in ihrer Schönheit und Anmut gesehen und sie doch nicht umarmt und nicht einmal mit seiner Hand berührt, sondern ihr den Rücken gekehrt hat und wieder eingeschlafen ist.« Beide antworteten ihr darauf: »Wir haben gesehen, wie tadellos er sich benommen hat,« und nun verwandelte sich Meimûne in einen Floh, kroch unter die Kleider von Dahnaschs Schatz, krabbelte auf ihr Bein und stach sie in die Lende, worauf sie die Augen öffnete und sich aufrecht setzte. Da sah sie einen schnarchenden Jüngling neben sich liegen, dessen Wangen wie Noomânsanemonen leuchteten, dessen Augen die der schönen Huris zu Schanden machten, dessen Mund Salomonis Siegel glich und dessen Speichel süß schmeckte und heilsamer als Theriak war. Als die Königin Budûr Kamar es-Samân erblickte, wurde sie von wahnsinniger Liebe und von Verlangen gepackt, –

Hundertundfünfundachtzigste Nacht.

und sie sprach bei sich: »Ach, die Schande! da ist ein fremder Jüngling, den ich nicht kenne; warum liegt er nur neben mir auf einem Lager?« Alsdann betrachtete sie ihn wieder und sagte, als sie seine Eleganz und Grazie, seine Schönheit und Anmut wahrnahm: »Bei Gott, dieser Jüngling ist hübsch wie der Mond, und mein Herz wird fast zerrissen von leidenschaftlicher Liebe zu ihm und von heißem Verlangen nach seiner Schönheit und Anmut, doch weh über meine Schande! Bei Gott, hätte ich gewußt, daß dies der Jüngling war, der sich um mich bei meinem Vater bewarb, ich hätte ihn nicht abgewiesen, sondern ihn geheiratet und seine Anmut genossen.« Darauf blickte ihm die Königin Budûr zur selbigen Zeit und Stunde wieder ins Gesicht und rief ihn an: »Mein Herr, du Geliebter meines Herzens und Licht meiner Augen, erwach' aus deinem Schlaf und erfreue dich meiner Schönheit und Anmut.« Hierauf berührte sie ihn mit ihrer Hand, doch ließ die Dschinnîje Meimûne den Schlaf tief auf ihn niedersinken und legte ihren Fittich schwer auf sein Haupt, so daß er nicht wach wurde. Da rüttelte ihn die Königin Budûr mit beiden Händen und rief: »Bei meinem Leben, gehorch' mir, erwach' aus deinem Schlaf, schau die zarte Narzisse und erfreue dich ihrer von dieser Stunde an bis zum Morgen. Erheb' dich, mein Herr, stütz' dich aufs Kissen und schlaf' nicht;« doch gab ihr Kamar es-Samân keine Antwort und erwiderte ihr kein Wort, sondern schnarchte im Schlaf. Da sagte die Königin Budûr: »Was bist du so stolz auf deine Schönheit und Anmut, deine Eleganz und deine Grazie? Bist du hübsch, so bin ich es auch; was soll dies Benehmen? Haben sie dir etwa gesagt, du solltest so spröde zu mir sein, oder hat mein Vater, der unselige Scheich, dir verboten, heute Nacht mit mir zu reden?« Da öffnete Kamar es-Samân die Augen, so daß ihre Liebe zu ihm wuchs; und Gott erfüllte ihr Herz mit Liebe, und sie schaute ihn an mit einem einzigen Blick, der tausend Seufzer in ihr erweckte, ihr Herz ungestüm pochen ließ, all ihr Inneres in Aufruhr brachte und ihre Glieder erbeben machte. »Ach, mein Herr,« hob sie von neuem zu Kamar es-Samân an, »sprich doch zu mir, ach, mein Geliebter, rede doch zu mir, ach, mein Schatz, gieb mir doch Antwort und sag mir, wie du heißest, denn, siehe, du hast mir den Verstand geraubt.« Alles dies aber geschah, während Kamar es-Samân tief in Schlaf versunken dalag und ihr kein Wort erwiderte. Darauf seufzte die Königin Budûr und klagte: »Was bist du doch so hoffärtig,« und schüttelte ihn von neuem und küßte ihm die Hand, wobei sie ihren Siegelring an seinem kleinen Finger erblickte. Da schrie sie in starrer Verwunderung laut auf und rief: »Ach, ach, ach, bei Gott, du bist mein Liebster und liebst mich auch, wiewohl du dich so spröde zu mir stellst. Während ich schlief, kamst du zu mir, und ich weiß nicht, was du mit mir gethan hast, doch will ich meinen Ring dir nicht vom Finger ziehen.« Darauf öffnete sie den Busen seines Hemdes, neigte sich über ihn und küßte ihn auf den Nacken; dann suchte sie nach einem Gegenstand, den sie sich von ihm nehmen könnte, und zog ihm seinen Siegelring vom Finger, ihn an Stelle des ihrigen nun an ihren kleinen Finger steckend. Nachdem sie ihm dann Lippen, Hände und den ganzen Leib mit Küssen bedeckt hatte, nahm sie ihn an ihre Brust, umarmte ihn, legte die eine Hand unter seinen Nacken, die andere unter seine Achsel und schlief wieder an seiner Seite ein.

Hundertundsechsundachtzigste Nacht.

Als sie wieder eingeschlafen war, sagte Meimûne, in höchster Freude über alles, was zwischen beiden vorgefallen war, zu Dahnasch: »Verruchter, hast du gesehen, was dein Schatz in seiner Verliebtheit mit meinem Schatze gethan hat, und wie stolz und spröde sich mein Schatz verhalten hat? Kein Zweifel, mein Schatz ist schöner als der deinige, doch vergebe ich dir.« Hierauf schrieb sie ihm einen Freilassungsschein und wendete sich dann zu Kaschkasch und sagte zu ihm: »Schlüpfe mit ihm unter seinen Schatz, lad ihn auf und hilf ihm sie wieder an ihren Ort zurückzubringen, denn die Nacht ist vergangen und die Zeit für mein Vorhaben verstrichen.« Da traten Dahnasch und Kaschkasch an die Königin Budûr heran, schlüpften unter sie, luden sie auf und flogen mit ihr nach ihrem Ort fort, wo sie sie wieder auf ihr Lager legten, während Meimûne allein zurückblieb und Kamar es-Samân in seinem Schlaf betrachtete, bis der größte Teil der Nacht verstrichen war, worauf sie wieder verschwand.

Als nun die Morgenröte anbrach, und Kamar es-Samân erwachte, wendete er sich nach rechts und links und sprach bei sich, als er das Mädchen nicht mehr an seiner Seite fand: »Was bedeutet dies? Mein Vater wollte in mir das Verlangen nach der Heirat mit diesem Mädchen erwecken und hat es nun heimlich wieder fortgenommen, daß mein Verlangen nur um so größer würde.« Darauf rief er nach dem Eunuchen, welcher an der Thür schlief, und schrie: »Wehe dir, Verruchter, steh auf!« Da stand der Eunuch auf und brachte ihm verschlafen das Becken und den Eimer, worauf Kamar es-Samân aufstand, die Waschung vollzog, betete und sich wieder setzte und Gott pries. Hierauf blickte er den Eunuchen an, der vor ihm dienstbereit stand, und sagte zu ihm: »Wehe dir, Sawâb, wer ist hierher gekommen und hat mir das Mädchen von meiner Seite, während ich schlief, fortgenommen?« Da fragte ihn der Eunuch: »Welches Mädchen?« Kamar es-Samân antwortete: »Das Mädchen, das die Nacht über neben mir schlief.« Erschrocken über Kamar es-Samâns Worte, sagte der Eunuch: »Es war weder ein Mädchen noch sonst jemand bei dir, wie sollte das Mädchen wohl hereingekommen sein, während ich hinter der Thür schlief, und diese obendrein verschlossen war? Bei Gott, mein Herr, weder eine Manns- noch eine Weibsperson war bei dir.« Kamar es-Samân schrie jedoch: »Du lügst, nichtsnutziger Sklave; wie kannst du dich unterstehen, mich belügen zu wollen und mir nicht zu sagen, wo das Mädchen, das die Nacht über neben mir schlief, geblieben ist, und wer es von mir fortgeholt hat!« Da sagte der Eunuch, über seine Worte erschrocken: »Mein Herr, ich sah weder ein Mädchen noch einen Jüngling.« Kamar es-Samân ergrimmte nun über die Antwort des Eunuchen und sagte zu ihm: »Sie haben dich geheißen, mich zu belügen, Verruchter; komm heran!« Wie der Eunuch aber an ihn herantrat, packte er ihn an seinen Kragen und warf ihn zu Boden; dann kniete er auf ihn, versetzte ihm Fußtritte und würgte ihn, bis ihm die Sinne schwanden. Hierauf band er ihn an das Brunnenseil, ließ ihn zum Wasser hinunter – es war aber gerade die kalte Jahreszeit und ein scharfer Winter – und tauchte ihn in einemfort auf und unter, wobei er ihm auf seine Hilferufe und sein Zetermordio erwiderte: »Bei Gott, Verruchter, ich ziehe dich nicht eher wieder aus diesem Brunnen heraus, als bis du mir gesagt hast, was es mit diesem Mädchen auf sich hat, und wer sie von meiner Seite fortnahm, als ich schlief.«


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