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Hoch über Innsbrucks Thalgrund, auf einem Felsenstück Saß Kaiser Max ganz einsam, mit still gesenktem Blick, Die Armbrust an der Seite, im grünen Jagdgewand, Und auf dem leichten Hütlein Gemsbart und grünes Band. Horch, alter, wackrer Schütze, und hört es nicht dein Ohr? Wie regungslos und ruhig der greise Jäger sitzt! Die Gemsen kommen näher und weiden rund um ihn, Max pflückt von seinem Hute Gemsbart und Seidenband Du Wonne meiner Jugend, kühnkräft'ge Weidmannslust, Und als der Kaiser wieder heim in die Hofburg kam, Max nippt am vollen Kelchglas mit herbverzognem Mund: Max nippt am zweiten Becher und wirft ihn, zornerglüht, Schon blinkt der dritte Becher voll Weines hell und klar, Der Kaiser faßt das Kelchglas und nippt zum drittenmal »Beim Himmel!« rief kopfschüttelnd der Kellermeister drauf, Max aber murmelt leise: »Der Mann hat wahrlich recht, Und sinnend schritt der Kaiser nun aus der Burg hinaus; Und ringsum wallt er prüfend und ruft dann scheltend aus: Der Meister zog das Käppchen: »Erhabner Herr, verzeiht, Da lispelt still der Kaiser: »Der Mann hat wahrlich recht, Drauf winkt er einen Schreiner ganz insgeheim zu sich: Den Sarg stellt Max zum Bette, wenn Schlaf sein Aug' beschlich, Einst saß im Abenddunkel Max vor dem Sarg allein In dich, du Haus des Todes, begraben und versenkt Den reichen Purpurmantel und Kron' und Edelstein, Aufsprang ergrimmt der Kaiser und wandte sich zurück, O armer, treuer Kunze, wie brach dir jetzt das Herz, Der Kaiser sieht ihn weinen, er sieht's mit innrer Qual, »Vergib! Jetzt fühl' ich's doppelt, bald mach' ich ew'ge Rast! Der Baum, der nicht den Boden, der ihn gebar, mehr liebt, Da schlich der Mond ins Zimmer und sah, wie Hand in Hand |
Am Innstrand harrt ein Schifflein beim ersten Frührothschein, Da stieg, verhüllt im Mantel, der kranke Kaiser ein, Die treue Eichentruhe lehnt düster neben ihm, Fort schießt im raschen Strome das Schiff mit Ungestüm. Am Strande murmelt fragend nun Innsbrucks Volk im Kreis: Es lehnt am Eichensarge sein Haupt, von Sorgen schwer, Die Fluth umrauscht das Schifflein, und schnell vor Maxens Blick Auf Wiesen klirrt die Sense, in Wäldern knallt das Rohr, Und weiterhin dann Felder, die dicht voll Saaten stehn, Und rings auf allen Straßen lebendiges, heitres Drängen! Mit lustigem Ruderschlage, mit flatternden Wimpeln ziehn Sieh dort vor dem Gehöfte, in frischer Trift gelegen, Und Städte stehn am Ufer mit Mauern, schmuck und weiß, Noch lehnt am Eichensarge sein Haupt, von Alter schwer, |
Wie's durch der Hofburg Gänge zu Wels geschäftig wallt Von Kriegern und von Rittern und Edlen mannigfalt, In Wappenschmuck und Goldwamms, in Seidenrock und Stahl, All' auf den Zehen schleichend zum hohen Fürstensaal! Da liegt im Krankenlager der Kaiser hingebeugt, Gleichwie in Fürstengrüften Standbilder still und stumm, Da stand der kühne Freundsberg, vom Schlachtenrauch gebräunt, Da stand der Dietrichsteiner,Sigmund von Driechstein gehört zu den nächsten und liebsten Umgebungen des ritterlichen Kaisers, der auch im Grabe noch mit dem Liebling vereinigt sein wollte. Die Grabstätten der beiden Freunde in der Neustadt liegen hart neben einander. das Herz von Trauer schwer, Der Kaiser, warm und innig, faßt nun des Freundes Hand: Aufrichtet sich der Kaiser und lächelt mild und nickt »Fried' ist's in allen Landen, dem Ew'gen Dank und Preis! Nicht Zepterglanz noch Purpur, nicht eitle Kronenzier, Nach Neustadt führt die Leiche dann still im Trauerwagen, In Neustadts Burgkapelle, hart unterm Altarstein, Des Schicksals Drang und Sehnsucht trieb mich von Süd zu Nord, Du aber, Karl, mein Enkel, o trete näher mir, Des Bluts, der Liebe Bande zerriß der Tod mir schon, Wohl Mancher hat's vergessen, vom tollen Wahn erfaßt, Leicht trug ich meine Krone, sie ließ kein Wundmal mir, Dich rufen andre Kämpfe, die Schwerter rosten ein, Ein neuer Dom steigt herrlich in Deutschland dann empor, Am Altar weht ein Flämmchen, die Flamme wächst zur Gluth, Geläutert schwebt aus Gluthen dann der Gedank' ans Licht Doch auf des Lebens Höhe wirst du dann selig gehn, Und nun, mein Karl, die Hände leg' ich aufs Haupt dir auf Gesegnet sei durch Stärke, gesegnet sei durch Kraft! Gesegnet sei durch Milde! Sie, die als Blum' entzückt, Gesegnet sei durch Weisheit! Sie, die gebaut die Welt, Gesegnet sei durch Liebe! Sie, die als Taub' im Flug Sie, die als blauer Odem das Rund der Welt umhegt, Und dein Geschlecht erblühe, gleich dir, an Segen reich, Und nun, lebt wohl ihr Alle! Dank euch, ihr Treuen und Frommen, |
Schon strahlt auf alle Lande das Frühroth hell und warm, Da lehnte Max im Sammtstuhl, ein Buch hielt er im Arm; Das Buch war's seiner Thaten, genannt der Theuerdank, Der Spiegel seines Lebens, sein eigner Schwanensang. Er liest in seinen Thaten! – Der Engel, der gesandt, Er liest, wie Junker Fürwitz oft an des Abgrunds Rand, Er liest es, sieht nach oben und preist der Gottheit Kraft, Er liest nun fort, wie Neidhart, der arge böse Greis, Er liest's, greift an den Busen und preist des Menschen Kraft, Fort liest er; blühend liegt nun vor ihm die ferne Zeit, Im weißen Brautgewande, mit grünem Myrthenzweig, Es glüht ein mildes Lächeln auf seiner Wang' empor, So fanden ihn die Seinen; so saß er regungslos, Und feuchten Auges knieten jetzt nieder All' im Kreis Der Tag, da Max gestorben, ist Nacht für Oesterreich, Nein! glänzend strahlt der Himmel, und Frühlingslüfte wehn, Hart an der Burg zu Neustadt steht eines Schreiners Haus, Mehr denn ein halb Jahrhundert ist wohl seither verrauscht, Bunt war die Bahn des Königs, kein Tag dem andern gleich, Da trat herein zur Werkstatt ein trüber düstrer Mann: Der Schreiner thürmt die Balken als Leichenbühn' hinan, »Wohin, ihr Reiterheere? Wohin, du trüber Kumpan? |