Anastasius Grün
Robin Hood
Anastasius Grün

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Robin Hoods Tod.

            Am Ufer dort, wo Ginster wächst,
Sprach Robin zu Klein John:
»Wir schossen manchen guten Schuß
Für manches Goldpfund schon.

Doch jetzt kein Schuß mir glücken will,
Mein Pfeil das Fliegen scheut;
Im Kloster dort mein Mühmchen soll
Mir aderlassen heut.«

Da brach Robin gen Kirkley auf,»Da brach Robin gen Kirkley auf.« Kirkleys, Kirklees, jetzt Kirkless Park genannt, zwischen den Städten Wakefield und Huddersfield, auch Kirkleghes, früher Kuthale, in der Dekanei von Pontrefract, war ein Nonnenkloster des Zisterzienser, nach andern des Benediktinerordens, unter der Regierung Heinrichs II. von Reynerus Flandrensis zu Ehren der Jungfrau Maria und des heil. Jakob gegründet.

Nach dem »Lyttell geste« soll ein Sir Roger of Doncaster, der gegen Robin wegen irgend einer erlittenen Unbill aufgebracht war, die Priorin von Kirkleys (nach einigen Robins Muhme) zu dem tödlichen Vorgehen gegen diesen aufgereizt haben. Die Priorin ließ den Leichnam Robin Hoods hart an der Heerstraße, wo er manche seiner Räubereien begangen hatte, begraben, damit die Vorübergehenden nun mit jenem Gefühl von Sicherheit, welches ihnen bei seinen Lebzeiten fremd war, ihren Weg fortsetzen möchten. Die in den Papieren des Dr. Gales, weiland Dechants von York, aufgefundene, wohl apokryphe Grabschrift soll gelautet haben:

»Hear undernead dis laitl stean
laiz robert earl of huntingtun
nea arcir ver az hie sae gend
an pipl kauld im Robin Hend
sick utlawz as hi an is men
vil England nivir si agen.
    obiit 24 kal, dekembris, 1247.

Auf der gegenwärtig als Grabstätte Robin Hoods bezeichneten Stelle befindet sich ein sehr beschädigter Stein mit einem Kreuze und unlesbarer Inschrift. Dieser Grabstein wurde jedoch wahrscheinlich anders woher an diese Stelle gebracht und bezeichnet wohl die letzte Ruhestätte einer ganz andern Person, vermutlich der Elisabeth de Staynton, Priorin des Klosters. Ein Stein mit der oben angeführten Inschrift aber befand sich niemals an diesem Orte. Die Nachgrabungen, welche der verstorbene Grundeigentümer Sir Samuel Armitage daselbst veranlaßt hatte, sollen das Vorhandensein einer Leichenstätte an dieser Stelle durchaus nicht bestätigt haben. (Ritson und Gutch.)

In der Erzählung über Robin Hoods Todesart stimmen Volkslied und Tradition mit den Sitten des 12. Jahrhunderts ganz überein. Wie bereits erwähnt, beschäftigten sich damals in den reichen Klöstern viele der Frauen mit dem Studium der Heilkunde und mit der Verfertigung von Arzneien, welche sie den Armen unentgeltlich ausfolgten. Zudem waren seit der Eroberung die Oberinnen [und] die meisten Nonnen in den Klöstern Englands von normännischer Abkunft, wovon noch ihre in altfranzösischer Sprache verfaßten Satzungen Zeugnis geben. In diesem Umstande liegt wohl die Erklärung, wie der vom König geächtete Sachsenhäuptling in einem Kloster statt der gesuchten Hilfe nur seinen Untergang finden sollte.


So schnell als er nur kann,
Doch eh' er kam dahin, bei Gott,
Gar übel ward dem Mann.

Und als er kam nach Kirkleyhall,
Da schellt er laut am Tor;
Sein Mühmchen läßt ihn ein gar schnell,
Niemand kam ihr zuvor.

»Ei, setzt Euch, Vetter,« sprach sie hold,
»Trinkt guten Biers ein Glas!«
»Ich esse nicht, ich trinke nicht,
Erst mach den Aderlaß.«

»Hab' eine Zelle,« sprach sie hold,
»Nie saht Ihr das Gelaß,
Beliebt es Euch, so mach' ich dort
Euch Euren Aderlaß.«

Sie reicht die Hand ihm lilienweiß
Und führt ihn ins Gemach;
Sie ließ ihm Blut, solang' hervor
Ein roter Tropfen brach.

Sie sah ihn an mit mildem Blick:
»Er ist mein Vetter gut.«
Da regt sich mitleidvoll die Hand,
Zu stillen ihm das Blut.

Sie sah ihn an mit strengem Blick:
»Der Priester Feind ist er!«
Da sank erbarmungslos die Hand,
Das Blut floß immer mehr.

Sie ließ mit offner Ader ihn
Und schloß die Zelle dann,
Daß all den langen Tag sein Blut
Bis nächsten Mittag rann.

Da fiel sein Blick aufs Fenster frei,
Das ladet ihn zur Flucht;
Er ist zu schwach zu Sprung und Schwung,
Drum läßt er's unversucht.

Da fiel sein Blick aufs treue Horn,
Das hing zu seinen Knien;
Er setzt's zum Mund und läßt ins Rund
Drei schwache Stöße ziehn.

Das hört alsbald der kleine John
Wohl unterm Waldesdach,
»Dem Meister droht wohl Todesnot,
Er bläst so schwer und schwach.«

Klein John lief gegen Kirkley schnell,
So schnell er kann herbei.
In Kirkleyhall sprengt er in Hast
Zwei Schlösser oder drei;

Und als er stand vor Robin Hood,
Aufs Knie fällt der Genoß.
»Gewährt, o Meister,« sprach Klein John,
»Mir eine Gnade bloß.«

»Und welche Gnade?« frug Robin,
»O nenne dein Begehr!«
»Verbrennen laß mich Kirkleyhall
Und all sein Nonnenheer!«

»Nicht doch, nicht doch!« sprach Robin Hood,
»Die Bitt' versag' ich dir;
Nie tat ich Leides einer Frau
Und keinem, der mit ihr.

Nie tat ich Leides einer Maid
Und tu's auch nicht zum Schluß;
Doch gib den Bogen mir zur Hand
Und einen Pfeil zum Schuß.

Und wo der Pfeil jetzt niederfällt,
Sollt graben ihr mein Grab;
Legt unters Haupt, legt mir zum Fuß
Ein Rasenstück hinab;

Legt meinen Bogen mir zur Seit',
Der wie Musik mir klang,
Und macht den Rand aus Gras und Sand,
Macht's breit genug und lang;

Macht schlicht und schlecht das Bett zurecht
Dem Schläfer, der da ruht;
Dann spricht noch spät, wer vorübergeht:
Hier liegt kühn Robin Hood.«


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