Am Ufer dort, wo Ginster wächst,
Sprach Robin zu Klein John:
»Wir schossen manchen guten Schuß
Für manches Goldpfund schon.
Doch jetzt kein Schuß mir glücken will,
Mein Pfeil das Fliegen scheut;
Im Kloster dort mein Mühmchen soll
Mir aderlassen heut.«
Da brach Robin gen Kirkley auf,
So schnell als er nur kann,
Doch eh' er kam dahin, bei Gott,
Gar übel ward dem Mann.
Und als er kam nach Kirkleyhall,
Da schellt er laut am Tor;
Sein Mühmchen läßt ihn ein gar schnell,
Niemand kam ihr zuvor.
»Ei, setzt Euch, Vetter,« sprach sie hold,
»Trinkt guten Biers ein Glas!«
»Ich esse nicht, ich trinke nicht,
Erst mach den Aderlaß.«
»Hab' eine Zelle,« sprach sie hold,
»Nie saht Ihr das Gelaß,
Beliebt es Euch, so mach' ich dort
Euch Euren Aderlaß.«
Sie reicht die Hand ihm lilienweiß
Und führt ihn ins Gemach;
Sie ließ ihm Blut, solang' hervor
Ein roter Tropfen brach.
Sie sah ihn an mit mildem Blick:
»Er ist mein Vetter gut.«
Da regt sich mitleidvoll die Hand,
Zu stillen ihm das Blut.
Sie sah ihn an mit strengem Blick:
»Der Priester Feind ist er!«
Da sank erbarmungslos die Hand,
Das Blut floß immer mehr.
Sie ließ mit offner Ader ihn
Und schloß die Zelle dann,
Daß all den langen Tag sein Blut
Bis nächsten Mittag rann.
Da fiel sein Blick aufs Fenster frei,
Das ladet ihn zur Flucht;
Er ist zu schwach zu Sprung und Schwung,
Drum läßt er's unversucht.
Da fiel sein Blick aufs treue Horn,
Das hing zu seinen Knien;
Er setzt's zum Mund und läßt ins Rund
Drei schwache Stöße ziehn.
Das hört alsbald der kleine John
Wohl unterm Waldesdach,
»Dem Meister droht wohl Todesnot,
Er bläst so schwer und schwach.«
Klein John lief gegen Kirkley schnell,
So schnell er kann herbei.
In Kirkleyhall sprengt er in Hast
Zwei Schlösser oder drei;
Und als er stand vor Robin Hood,
Aufs Knie fällt der Genoß.
»Gewährt, o Meister,« sprach Klein John,
»Mir eine Gnade bloß.«
»Und welche Gnade?« frug Robin,
»O nenne dein Begehr!«
»Verbrennen laß mich Kirkleyhall
Und all sein Nonnenheer!«
»Nicht doch, nicht doch!« sprach Robin Hood,
»Die Bitt' versag' ich dir;
Nie tat ich Leides einer Frau
Und keinem, der mit ihr.
Nie tat ich Leides einer Maid
Und tu's auch nicht zum Schluß;
Doch gib den Bogen mir zur Hand
Und einen Pfeil zum Schuß.
Und wo der Pfeil jetzt niederfällt,
Sollt graben ihr mein Grab;
Legt unters Haupt, legt mir zum Fuß
Ein Rasenstück hinab;
Legt meinen Bogen mir zur Seit',
Der wie Musik mir klang,
Und macht den Rand aus Gras und Sand,
Macht's breit genug und lang;
Macht schlicht und schlecht das Bett zurecht
Dem Schläfer, der da ruht;
Dann spricht noch spät, wer vorübergeht:
Hier liegt kühn Robin Hood.« |