In Nottingham des Sheriffs Herz
Der Ärger fast zerrieb,
Er spricht nicht gut von Robin Hood,
Dem kühnen, trotz'gen Dieb.
Sein Leid zu klagen, hat er sich
Nach London aufgemacht;
Der König dort zog jedes Wort
Gar ernstlich in Bedacht.
»Ei,« sprach Richard, »was kann ich tun?
Bist nicht mein Sheriff du?
Gesetz in Kraft schützt dich und schafft
Dir vor Beleid'gern Ruh'.
Drum geh nach Haus, und mit dir selbst
Berat ein schlaues Spiel,
Das bring' zu Fall die Meutrer all',
So hilf dir selbst ans Ziel.«
Der Sheriff schied, auf seinem Weg
Des Königsworts gedenk,
Wie er die Sach' fein allgemach
Zu gutem Ende lenk'.
In seinem Sinn so vor sich hin,
Dacht' er ein Kampfspiel aus,
Da fänden sich ein die Vogelfrein
Als Schützen wohl zum Strauß.
Und einen Pfeil, des Spitze Gold,
Des Schaft von Silber weiß,
Den trägt zum Lohn der Sieger davon,
Als Schützenrecht und Preis.
Die Nachricht kam zu Robin Hood
Im grünen Waldrevier:
»Auf! rüstet heut euch, meine Leut',
Zum Festspiel wollen wir!«
Da trat ein wackres Bürschlein vor,
David von Donkaster:
»Rührt euch sobald nicht aus dem Wald,
O tut, wie ich begehr'!
In Wahrheit, ich erfuhr's genau,
Das Spiel ist eitel Lug,
Der Sheriff, wißt, ersann die List
Uns Schützen nur zum Trug.«
»Das schmeckt nach Feigheit!« rief Robin,
»Mir sprichst du nicht zu Gunst;
Ich prüf' aufs Glück heut mein Geschick
In edler Schützenkunst.«
Drauf sprach der tapfre, kleine John:
»Laßt uns den Gang bestehn!
Doch kommt und hört, wie ungestört
Und unerkannt wir gehn.
Die Mäntel all' von Linkolngrün,
Die bleiben hier versteckt.
Wählt mit Bedacht verschiedne Tracht,
So gehn wir unentdeckt.
Der eine weiß, der andre blau,
Der gelb und jener rot,
So ganz entstellt zum Schützenfeld
Gehn wir, und was auch droht.«
Sie ziehn, das Herz voll Mut und Stolz,
Zum grünen Wald hinaus,
All' hocherfreut, des Sheriffs Leut'
Hart zu bestehn im Strauß.
Sie mengten sich zum andern Volk,
Daß jeder Argwohn ruht,
Denn stünden sie zusammen hie,
Es wäre Übermut.
Der Sheriff sieht sich um im Kreis
Wohl von achthundert Mann,
Doch kamen nicht ihm zu Gesicht,
Die längst er wünscht' heran.
Man sprach: »Selbst Robin, wär' er hier
Samt seiner Kumpanie,
Besiegte heut nicht diese Leut',
So prächtig schießen sie!«
»Ich dacht', er käm',« der Sheriff ruft's
Und kratzt sich hinterm Ohr,
»Doch da er fehlt, scheint's, daß der Held
Dazu den Mut verlor.«
Das Wort schnitt tief in Robins Herz
Und trieb empor sein Blut:
»Nicht lange währt's, und er erfährt's,
Daß hier war Robin Hood!«
»Blaujacke!« ruft man hier, dort: »braun!«
»Brav Gelb!« ein dritter spricht,
Ein vierter dann: »In Rot der Mann
Hat hier desgleichen nicht!«
Und dieser war Kühn Robin selbst
Er trug ein rot Gewand,
Mit jedem Schuß gewann zum Schluß
Solch fest' und sichre Hand.
Den Pfeil, des Spitze ganz aus Gold,
Des Schaft von Silber weiß,
Den trug zum Lohn Robin davon
Als Schützenrecht und Preis.
Und jeden Argwohn zu zerstreun,
Die Schar den Heimweg nahm,
In kleiner Zahl, drei, vier zumal,
So ging sie, wie sie kam.
Als sie beisammen saßen all'
Im grünen Waldesdicht,
Gedacht' ihr Wort der Kurzweil dort
Mit fröhlichem Bericht.
»Eins kümmert mich,« sprach Robin Hood,
»Wie ich's dem Sheriff kann
Verkünden klar, daß ich es war,
Der seinen Pfeil gewann?«
Da sprach Klein John: »Mein guter Rat
Hat Euch zuvor erfreut,
So mein' ich drum, – nehmt Ihr's nicht krumm –
Ich rat' Euch nochmals heut.«
»O sprich.« rief Robin, »sprich, dein Witz
Ist flink und echt zugleich,
Kein Mann, ich weiß, ist hier im Kreis
An Mutterwitz so reich.«
»Mein Rat ist dieser,« sprach Klein John,
»Man schreibt ein Brieflein fein,
Und schickt das Blatt in seine Stadt
Dem Sheriff dann hinein.«
»Der Rat ist gut,« sprach Robin Hood,
»Doch wie wird's hingesandt?«
»Bah, Meister, das ist Kinderspaß,
Laßt Ihr mir freie Hand.
Ich steck' an meinen Pfeil den Brief
Und schieß' ihn in die Stadt;
Wenn's niederfiel, bringt schon ans Ziel
Die Aufschrift Euer Blatt.«
So flog's hinein nach Nottingham,
Der Sheriff hob's empor,
Ward rot und blaß, als er's durchlas,
Und kratzt sich hinterm Ohr. |