Anastasius Grün
Robin Hood
Anastasius Grün

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Robin Hood und John Klein.John Klein, oder wie er gewöhnlich heißt Klein John, dieser treueste, lustigste und tapferste Genosse und untrennbare Begleiter Robin Hoods (schon Fortun erwähnt sie zusammen: »Robertus Hude et littill Johanne«) soll mit seinem eigentlichen Zunamen Nailor geheißen haben, wenn diese Bezeichnung nicht etwa auf sein früheres Handwerk (nailor, Nagelschmied) hinweisen mag. Angebliche Nachkommen Johns mit dem Familiennamen Nailor existierten noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts. Um dieselbe Zeit befand sich in dem Besitze eines Edelmanns in Yorkshire ein Bogen, angeblich von Klein John herrührend und mit dem Namen »Naylor« bezeichnet. Nach Robin Hoods Tode und Zerstreuung seiner Bande soll Klein John sich in Irland und Schottland flüchtig herumgetrieben haben; eine Sage läßt ihn sogar auf Arborhill in Dublin hingerichtet werden. Jedenfalls streiten drei Länder (England, Schottland und Irland) um die Ehre, seine Todes- und Begräbnisstätte in sich zu schließen; die Wahrscheinlichkeit jedoch spricht für England. In der Ortschaft Hathersage, sechs englische Meilen von Castleton in Derbyshire, wird noch Johns Wohnhaus und dessen Grabstätte mit zwei aufrecht stehenden Steinen gezeigt. Letztere ward gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aus Veranlassung eines Neugierigen geöffnet und daraus ein menschliches Gerippe ausgegraben, dessen ungewöhnliche Größe mit den traditionellen Körperverhältnissen Johns völlig übereinstimmte. Da diese Entheiligung der Grabesruhe dem Veranlasser derselben und dem dabei mitwirkenden Küster eine Reihe von Unfällen zuzog, wurden jene Reste bald wieder der Erde zurückgegeben. Johns Grab und dessen Umgebung war lange berühmt, die besten Schleifsteine zu liefern. In dem bekannten »Morristanz« ist der Figur Klein Johns eine der Hauptrollen zugeteilt.

        Kaum zwanzig Jahr war Robin alt,
Als sich John Klein ihm fand,
Ein muntres Blut, fürs Handwerk gut,
Ein Arm, geflohn im Land.

Klein hieß er, sieben Fuß doch maß
Sein Körper ungeschlacht,
Voll Kraft dabei. Hört, wie die zwei
Bekanntschaft einst gemacht.

Robin zu seinen Schützen sprach:
»Bitt' euch, bleibt hier im Hain,
Merkt auf den Schall des Horns mir all',
Derweil ich streif waldein.

Zwei Wochen keine Kurzweil gab's,
Drum seh' ich jetzt mich um;
Wenn ich bedrängt und eingeengt,
Dann bleibt mein Horn nicht stumm.«

Den Leuten sagt er Lebewohl
Und schüttelt jede Hand;
Er schritt gemach, bis dort am Bach
Er einen Fremdling fand.

Auf schmaler Brücke standen sie,
Wollt' keiner weichen auch,
Robin stand quer und rief: »Ich lehr'
Dich Nottinghamer Brauch!«

Vom Köcher nimmt er einen Pfeil
Mit Graugansschwingen dran;
Der Fremdling schnell: »Ich walk' dein Fell,
Rührst du den Strang nur an!«

»Du sprichst wie'n Esel!« versetzt Robin,
»Wenn mein Geschoß gespannt,
Durchs Herz so stolz fliegt dir mein Bolz,
Bevor du ballst die Hand.«

»Du sprichst wie'n Feigling,« jener drauf,
»Bist mit Geschoß bewehrt,
Durchbohrst mit Lust des Gegners Brust,
Dem nur ein Stab beschert.«

»Nie heiß' ich Feigling!« rief Robin,
Den Bogen schleudr' ich weit;
Ein Stab bewähr' auf dein Begehr
Mir deine Tapferkeit.«

Im Busch den braunen Eichenpflock
Erlas sich Robin Hood;
Als das getan, trat er heran
Zum Fremdling frohgemut:

»Sieh, hier mein Stock ist schwer und zäh,
Die Walstatt sei der Steg;
Besiegt soll sein, wer fällt hinein,
Dann ziehn wir unsern Weg.«

»Von Herzen gern!« der Fremdling drauf,
»Ich weich' um keinen Strich.«
Dies Wörtlein bloß, dann geht es los,
Die Stecken schwingen sich.

Robin gibt ihm den ersten Schlag,
Daß jeder Knochen klingt;
Der Fremdling sprach: »Das zahl' ich nach!
Ich geb's, so gut Ihr's bringt.

Solang' den Stock ich schwinge, Freund,
Pfui, wenn ich dein Schuldner blieb'!«
Drauf ging's von vorn, als dräschen sie Korn,
Mit Wucht fiel Hieb auf Hieb.

Der Fremdling klopft' auf Robins Haupt,
Daß Blut entquoll sogleich.
Robin in Hast, von Zorn erfaßt,
Ließ wettern Streich auf Streich.

Er schlug auf ihn wie Hagelschlag
So dicht, so schwer und jäh,
Daß Dampf auftrieb von jedem Hieb,
Als ob in Brand er steh'.

Hei! da ergrimmt der Fremde wild,
Wirft einen Blick voll Wut,
Führt einen Schlag, und Robin lag
Geschleudert in die Flut!

»Sag an, Gesell, wo bist du nun?«
So höhnt der Fremdling ihn;
Kühn Robin spricht: »Mein Eid, im Bach!
Im Strome treib' ich hin.

Du bist ein tapfres Herz, fürwahr,
Und Friede sei gemacht!
Gern stimm' ich ein: der Tag ist dein,
Zu End' ist unsre Schlacht.«

Er watet ans Gestad und schwingt
Sich auf am Hagedorn
Und bläst alsbald, daß laut es schallt,
In sein vielliebes Horn.

Das Echo durch die Täler flog,
Die Schützen rief der Klang;
Im Grüngewand, das prächtig stand,
Den Meister suchten sie bang.

»Was ist hier los?« frug Will Stuteley,»Was ist hier los? frug Will Stuteley.« William Stuteley, auch Stouteley, ein oft genanntes Mitglied der Schützenschar Robin Hoods, so benannt wahrscheinlich nach seiner hervortretendsten Eigenschaft (stoutly, herzhaft, tapfer).
»Meister, wie naß Ihr seid!«
»Nichts ist hier los, dies Bürschlein bloß
Warf mich hinein im Streit.«

»Das sei vergolten!« drohten sie
Und tauchten gern ihn ein;
Robin rief schnell: Halt! der Gesell
Ist brav, drum laßt es sein!

Von keinem fürcht' ein Leides, Freund,
Die Schützen sind mein Schutz,
Wohl sechzig und neun; ei, werde mein,
Du trägst dann gleichen Putz.

Trägst, was dem Mann an Rüstung frommt;
Sprich frei, mein Junge, sprich!
Ich lehr dann auch des Bogens Brauch,
Den Schuß aufs Damwild dich.«

»Topp!« rief der Fremdling, »Hand darauf!
Ich dien' Euch mit Herz und Haupt,
Bin rühriger Hand, John Klein genannt,
Spiel meinen Part, das glaubt!«

»Den Namen ändern wir!« sprach Will,
»Als Pate tret' ich ein.
Bestellt ein Mahl, doch nicht zu schmal,
Und laßt uns fröhlich sein!«

Sie holen ein paar fette Hirsch'
Und Trank, der feurig rinnt,
Sie lieben was gut! – So in Waldeshut
Tauft man das holde Kind.

Das mißt zwei Ellen um den Leib,
Ist lang bloß sieben Schuh:
Ein Püppchen schwach! Kühn Robin sprach
Das Taufgebet dazu.

Im Kreise stehn die Schützen all',
Aus Nottingham entstammt,
Mit sieben Mann kommt Stuteley dann
Und übt sein Patenamt.

»Dies Knäblein,« sprach er, »hieß John Klein,
Nun tauscht des Namens Klang,
Versetzt die Wort': er heißt sofort
Klein John sein Lebelang.«

Da jubelt's daß die Luft erbebt,
Und nach der Taufe zog
Die Schar zu Tisch, wo froh und frisch
Den edlen Trank sie sog.

Robin staffiert das Knäblein aus
Vom Scheitel bis zum Schuh,
In grün Gewand, das prächtig stand,
Den Bogen schmuck dazu.

»Ein Schütze sei, den besten gleich!
Durchstreif mit uns den Wald;
Uns fehlt nicht Gold, solang's noch hold
In Bischofsbörsen schallt.

Wir leben Lords und Rittern gleich
Auch ohn' ein Fußbreit Land,
Wir tafeln hier bei Wein und Bier
Und jeden Wunsch zur Hand.«

Musik und Tanz beschließt den Tag,
Die Sonne senkt den Lauf,
Die Schar auch sucht in Waldesschlucht
Die Lagerstätten auf.

John Klein jedoch, so groß er war,
Hieß, seinem Wuchs zum Hohn,
Seit dieser Stund' in aller Mund
Sein Lebtag nur Klein John.


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