Anastasius Grün
Robin Hood
Anastasius Grün

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Robin Hood und der Klosterbruder.Die Volksüberlieferung stellt dem frommen und andachteifrigen Robin Hood auch eine Art Haus- und Feldkaplan in der Person eines Mönches, des Fraters (friars) Tuck an die Seite. In W. Scotts Ivanhoe fand dieser gleichfalls seine charakteristische Stelle. Im Morristanz ist ihm eine der vier Hauptrollen zugewiesen. Sollte der Klosterbruder dieser Ballade mit dem Bruder Tuck identisch sein, so müßte letzterer dem Zisterzienserorden, dessen Eigentum Fountains Abbey war, angehört haben.

        Im Sommer war's, das Laub war grün,
Die Blumen frisch in Pracht,
Auf Spiel und Kurzweil war Robin
Mit seiner Schar bedacht.

Der eine springt, der andre läuft,
Geschoß der dritte probt;
Wer schnellt den Pfeil mir, daß sein Schuß
Den guten Schützen lobt?

Wer legt mir einen Dambock hin,
Wer legt mir hin ein Tier,
Wer legt den fetten Hirsch mir hin,
Fünfhundert Fuß von hier?

Will Skadlock legt den Rehbock hin,
Und Midge legt hin das Tier,
Klein John legt hin den fetten Hirsch,
Fünfhundert Fuß von hier.

»Gott segne dich,« sprach Robin Hood,
»Für diesen Schuß zum Kern!
Zu finden deinesgleichen ritt'
Ich hundert Meilen gern!«

Da lacht Will Skadlock herzlich auf,
Er lacht, daß er sich biegt:
»In Fountains Stift, da lebt ein Mönch,
Der euch allzwei besiegt.

In Fountains Abbey jener Mönch
Den stärksten Bogen strammt,
Und dich und deine ganze Schar,
Er schlägt euch allgesamt!«

Da schwur Robin den Eid, er schwur's
Bei unsrer lieben Frau:
»Ich esse nicht, ich trinke nicht,
Bis ich den Mönch erschau'!«

Robin nahm seinen Harnisch blank,
Aufs Haupt den Eisenhut,
Nahm Schild und Breitschwert an die Seit',
Die Rüstung stand ihm gut.

Er nahm den Bogen in die Hand
Aus zähem Holz wie Stahl,
Ein Bündel Pfeile ins Gehäng'
Und zog gen Fountains Tal.

Und als er kam ins Klostertal,
Hemmt' er des Rosses Gang,
Den Klosterbruder sah er dort,
Der schritt den Strom entlang.

Der Mönch trug einen Harnisch blank,
Am Haupt den Eisenhut
Und Schild und Breitschwert an der Seit',
Die Rüstung stand ihm gut.

Vom Sattel sprang Robin und band
An einen Strauch sein Pferd:
»Auf, Frater, trag mich durch den Strom,
Wenn dir dein Leben wert!«

Der Mönch lud auf den Rücken ihn,
Das Wasser war nicht seicht,
Er sprach kein Wort, nicht gut, nicht bös,
Bis er den Strand erreicht.

Flink sprang Robin vom Mönch herab,
Der Frater doch spricht nun:
»Trag du mich durch den Strom, Gesell,
Sonst möcht' es leid dir tun.«

Robin lädt auf den Rücken ihn,
Das Wasser ist nicht seicht,
Er spricht kein Wort, nicht gut, nicht bös,
Bis er den Strand erreicht.

Flink sprang der Mönch von Robin ab,
Doch sprach Robin aufs neu':
»Jetzt, Frater, trage mich zurück,
Sonst brächte dir es Reu'.«

Der Mönch nimmt auf den Rücken ihn,
Steigt knietief in die Flut,
Er spricht bis mitten in dem Strom
Kein Wort, nicht bös, nicht gut.

Doch als er mitten stand im Strom,
Da warf er ihn hinein:
»Versink nun oder schwimm heraus,
Gesell, die Wahl ist dein!«

Robin schwamm hin zum Ginsterbusch,
Der Mönch zum Weidenbaum;
Robin nahm sein Geschoß zur Hand,
Als er am Ufer kaum.

Und seines Köchers besten Pfeil
Sandt' er dem Bruder zu;
Der Mönch mit seinem Eisenschild,
Der fängt ihn auf mit Ruh'.

»Schieß zu, Geselle schieße zu,
Und schieße noch so viel;
Schieß einen ganzen Sommertag,
Gern dien' ich dir als Ziel!«

Robin der schoß mit Meisterschaft,
Sein letzter Pfeil flog aus,
Da griffen sie zu Schwert und Schild,
Da gab's mannhaften Strauß.

Der währt vom zehnten Glockenschlag
Bis vier Uhr nachmittag,
Bis, Gnade flehend, Robin Hood
Auf seinen Knien lag.

»Eins bitt' ich, Mönch, und laß' gewährt
Mir diese Bitte sein,
Laß führen mich mein Horn zum Mund
Und dreimal blasen drein.«

»Das mag geschehn!« der Frater sprach,
»Du bläsest mir kein Leid;
O blase, bis dir aus dem Kopf
Die Augen springen beid'!«

Robin setzt an den Mund sein Horn
Und bläst der Stöße drei:
Ein halbes Hundert Schützen flog
Zum Schuß bereit herbei.

»Wes sind die Leute,« frug der Mönch,
»Die kommen wie im Flug?«
»Mein sind die Leute,« sprach Robin,
»Mönch, hast du nun genug?«

»Eins bitt' ich,« sprach der Mönch, »und laß'
Gewährt es gleichfalls sein,
Laß führen mich die Faust zum Mund
Und dreimal pfeifen drein!«

»Das mag geschehn!« sprach Robin Hood,
»Sonst brächte mir's kein Lob!
Drei Pfiff' in eines Mönchleins Faust,
Nur lachen kann ich drob.«

Der Mönch setzt an den Mund die Faust
Und pfeift der Pfiffe drei;
Da fliegt ein halbes Hundert wohl
Von Doggen flink herbei.

»Da ist ein Hund für jeden Mann,
Dir will ich selber stehn!«
»Bei meinem Eid!« rief Robin Hood,
»Das kann und soll nicht gehn.«

Zwei Hunde springen Robin an
Rückwärts und vorn im Bund,
Sein linkolngrüner Mantel fliegt,»Sein linkolngrüner Mantel fliegt.« Linkoln stand in älterer Zeit in dem Rufe, das beste Grün zu färben. In gleichem Ansehen stand Coventry für Blau; auch Kendalgrün erfreut sich großer Berühmtheit. Jäger und Förster liebten die grüne Farbe, welche sie im Walde davor schützte, vom Wilde zu früh wahrgenommen zu werden. So pflegten die schottischen Hochländer braune Plaids zu tragen, um auf der Heide sich nicht bemerklich zu machen.
Vom Leib gezerrt, zum Grund.

Der Schützen Pfeil gen Ost und West,
Gen Nord und Süden fährt,
Die Doggen fahn die Pfeil' im Mund,
So hat man sie's gelehrt.

»Schaff fort die Hunde!« rief Klein John,
»Tu, Mönch, wie ich gesagt!«
»Wes Dienstmann bist du,« frug der Mönch,
»Der hier solch Reden wagt?«

»Ich bin Klein John, bin Robins Mann,
Mönch, glaub' es auf mein Wort:
Tust du's nicht schnell, so schaff' ich selbst
Dich samt den Kötern fort.«

Den Bogen nimmt Klein John zur Hand,
Er schießt mit Meisterschaft,
Da lagen auf dem Grund alsbald
Zehn Doggen hingerafft.

»Halt ein, Geselle!« bat der Mönch,
»Und noch in dieser Stund'
Mit deinem Meister schlag' ich ein
Den Friedensschluß und Bund!«

Da sprach Robin: »Laß Fountains Tal,
Laß die Abtei zurück!
Alljeden Sonntag sei dein Lohn
Ein blankes Nobelstück;

Alljeden Festtag neu Gewand,
Dir schmückend die Gestalt;
Und wie im Kreuzgang still und kühl,
Ist's auch im grünen Wald.«

Der Mönch, der sieben Jahr' und mehr
Im Kloster hat gelebt,
Der lebt im Walde jetzt, will's Gott,
Bis man ihn einst begräbt.


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