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Achtes Kapitel.

Leona v. Lassot befand sich im Besitze des reichen Erbes, welches Frau v. Lauren ihr als ihrer Universalerbin hinterlassen hatte. Nach Auszahlung aller Legate blieben der Haupterbin noch über zweimalhunderttausend Kronen, sowie zwei stattliche Zinshäuser, eine reizvoll gelegene Villa und mehrere Grundstücke in der Nähe von Wien.

Der plötzliche Wechsel in ihren äußeren Verhältnissen stieg der reichen Erbin aber keineswegs zu Kopf. Betrachtete sie sich doch gleichsam nur als Verwalterin des ihr zugefallenen Vermögens, das sie dazu bestimmt hatte, einem ganz besonderen Zwecke zu dienen.

Aus dem einsamen Walddörfchen zog sie in die ererbte Villa in der Nähe von Klosterneuburg, dem einstigen römischen Kastell, dieser stimmungsreichsten, uralten Stadt Niederösterreichs. Ihr neues Heim konnte sie von ihrer Wiener Wohnung aus sowohl mittels der Bahn als auch in ihrer Equipage sehr rasch erreichen. Den Luxus eines eigenen Wagens hatte sich auch schon Frau v. Lauren gegönnt, und das elegante Gefährt war jetzt sehr oft auf der Landstraße zu sehen, welche die Residenz mit Klosterneuburg verbindet.

Etwa eine Stunde braucht ein gutes Gespann auf dieser dicht an der Donau hinführenden Straße, welche einerseits fast immer einen freien Blick auf den majestätischen Strom gewährt, und anderseits von den rebentragenden Hügeln Nußdorfs und weiter flußaufwärts von dem altberühmten Kahlenberg und seinen Ausläufern begrenzt wird.

Die letzteren erstrecken sich bis Klosterneuburg, welches stolz gekrönt wird von dem interessanten Stiftsgebäude, das mit seinen herrlichen Gärten die uralte Kirche umgibt, welche Leopold, der dritte Babenberger dieses Namens, im zwölften Jahrhundert gegründet hat.

Die Fahrt auf dieser Straße ist eine sehr lohnende, selbst in der Glut eines heißen Augusttages, wie der heutige einer war.

Doch Leona v. Lassot, die mit finsterer Miene in den Kissen lehnte, empfand nichts von der Schönheit der sie umgebenden Natur. Fast täglich legte sie diesen Weg zurück, immer nur mit denselben Gedanken und Plänen beschäftigt. Erstens zog es sie, seit sie damals ihres Sohnes Grab besucht, immer wieder dahin, und zweitens suchte sie noch immer etwas in ihrer Wiener Wohnung – den letzten Brief ihres Sohnes. Sie erinnerte sich nur dunkel daran, daß sie ihn damals nicht an sich genommen hatte, und diese Erinnerung wurde noch mehr verdunkelt durch die Aufregungen jener Nacht und jenes Morgens. Erst Tage danach war ihr der Brief wieder eingefallen, und da begann sie ihn zu suchen.

Die Wohnung der Frau v. Lauren war zu ihrer Verfügung geblieben. Notar Fester wußte ja, daß sie die Universalerbin war, und so nahm er auf eigene Verantwortung hin Umgang von gewissen Förmlichkeiten. Ebenso hatte er es ganz ihr überlassen, den Dienstleuten zu kündigen oder sie zu behalten.

Daraufhin war Tini sofort entlassen worden, denn Frau v. Lassot hatte ihr den Empfang, den sie ihr bereitet, nicht vergessen. Die immer devot gebliebene Köchin dagegen und den Kutscher, welcher für allerlei häusliche Arbeiten verwendet wurde, hatte sie behalten.

Die Köchin, das neuaufgenommene Stubenmädchen und der Kutscher wohnten nun mit Frau v. Lassot draußen in Klosterneuburg. Fuhr letztere nach Wien, so befand sie sich ganz allein in ihrer Wohnung, und das war ihr eben recht.

So konnte sie den Brief ungestört suchen. Nur fand sie ihn nicht.

Sie war auch schon bei Fester gewesen, wußte sie doch, daß sie ihn an jenem Morgen vor dem offenen Schreibtisch gesehen hatte. Es hatten damals eine Menge Papiere auf der Platte des Tisches gelegen. Vielleicht hatte Fester auch Roberts Brief an sich genommen, als er Frau v. Laurens Korrespondenz mitnahm, um sie auftraggemäß Zu vernichten.

Der Notar aber erklärte ihr, daß der gesuchte Brief nicht durch seine Hände gegangen sein könne, und Frau v. Lassot glaubte ihm. Er hatte ja auch gar keinen Grund, sie zu täuschen.

Nein – nein, Roberts letzte Worte mußten sich zu Hause noch irgendwo vorfinden.

Sie fing also immer wieder von neuem an, dort zu suchen, und um ihre Nachforschungen fortzusetzen, war sie auch heute nach Wien gefahren.

Sie spürte, daß es in der nun schon seit Tagen verschlossen gewesenen Wohnung zum Ersticken heiß und dunstig war. Sie riß daher in jedem Zimmer ein Fenster auf, dann warf sie ihre Handschuhe und ihre Mantille auf ein Sofa und nahm, nun schon zum siebenten Male, ihre Nachforschungen wieder auf. Wieder durchstöberte sie jedes Schubfach des schon so oft durchsuchten Schreibtisches, wieder durchforschte sie, wiewohl sie es sich sagte, daß dies ein Unsinn sei, alle anderen Möbel. Alles umsonst!

Fast weinend vor Zorn und Ungeduld sank sie endlich auf einen Sessel.

So saß sie wohl eine Viertelstunde lang, fast ohne sich zu regen.

Da erhob sie jäh den Kopf. Bis in die Schläfen war ihr das Blut geschossen.

»Da wird er sein! Ja – da muß er sein!« sagte sie laut vor sich hin, erhob sich rasch und ging hinaus.

Neben dem Schlafzimmer der Verstorbenen lag eine Kammer, in welcher nur Kleiderschränke untergebracht waren. Nicht einen Augenblick lang hatte Leona bis jetzt an diese Schränke gedacht, scharfes Denken war ja niemals ihre Sache gewesen.

Weil sie den Brief damals in dem Wohnzimmer ihrer Tante gelassen hatte, meinte sie, ihn auch dort suchen zu müssen, und kam sich schon ungeheuer weitsehend vor, weil sie ihr Nachsuchen auch noch auf die zwei dem Wohnzimmer benachbarten Räume, das Speise- und das Schlafzimmer, ausgedehnt hatte. Nun aber war ihr eingefallen, daß Frau v. Lauren den Brief in die Tasche gesteckt haben könne. Welches Kleid oder welchen Schlafrock hatte sie damals wohl angehabt?

Sie schloß den ihr zunächst befindlichen Schrank auf und schüttelte dann den Kopf. Der Schrank enthielt nur Wäsche. Aber der neben ihm stehende war vielleicht der richtige. In ihm befanden sich Kleider.

Frau v. Lassot nahm sie eilig von den Haken. Aber es waren Winterkleider.

Wieder öffnete sie einen Schrank. Der war der richtige. Hier befanden sich die leichteren Toiletten der Verstorbenen.

Leona legte einen der Röcke nach dem anderen auf den Tisch, der am Fenster der Kammer stand, und griff in jede der Taschen. Allein sie waren leer.

Schon wollte sie mutlos werden, da dachte sie daran, daß ihre Tante ja oft bis zum Abend Schlafröcke getragen hatte, namentlich dann, wenn sie sich nicht ganz wohl fühlte. Und damals hatte sie ja schon Vormittags über Kopfweh und Unruhe geklagt.

Frau v. Lassot riß die Schlafröcke aus dem Schrank. Jedoch kam auch aus deren Taschen kein Brief zum Vorschein. Aber einen Schlüssel fand sie in einem der Schlafröcke. Es war ein kleiner, feingearbeiteter Schlüssel, und sein blitzblanker Griff bezeugte, daß er bis in die jüngste Zeit hinein oft benützt worden war. Sie kannte ihn gut.

Sie trat in die Wohnstube und eilte zu Frau v. Laurens niedlichem Nähtisch. Im nächsten Augenblick schon steckte der kleine Schlüssel, den sie gefunden hatte, in dem Schlosse.

Gleich danach ertönte ein Schrei, und Frau v. Lassot preßte den gesuchten Brief an ihre Lippen.

Dann sank sie auf einen Stuhl und strich zärtlich über das maigrüne, dicke, noch jetzt nach irgend einem exotischen Parfüm duftende Papier, auf dem so gräßliche Worte standen.

Und wieder und wieder las sie den Fluch, den Robert v. Lassot über Ernst und dessen Schwester ausgesprochen, und die schweren Beschuldigungen, welche er gegen die beiden erhob.

Lange saß sie so, ein Bild versteinernden Grimmes. Endlich erhob sie sich und schaute auf ihre Uhr. Um ein Uhr wollte sie in Klosterneuburg sein, denn dann erwartete sie dort der Baumeister, welcher einige Veränderungen in der Villa vornehmen sollte.

Es war elf Uhr. Sie konnte also leicht zu richtiger Zeit zurück sein.

Sie nahm die Mantille um und langte nach ihren Handschuhen. Ganz in Gedanken zog sie diese an und wendete sich zur Tür.

Aber mitten im Zimmer hielt sie an. Wieder strömte ihr das Blut zu Kopfe, daß sie nicht weitergehen konnte. Und dann lächelte sie. Es war ein grausames Lächeln, das ihr brutales Gesicht nur noch widerwärtiger machte.

»Daß ich nicht schon früher an ihn gedacht habe!« sagte sie laut. »Er ist der richtige Mann für so etwas.«

Und nun hatte sie es plötzlich sehr eilig. Rasch versperrte sie die Wohnung, grüßte zerstreut die Hausmeisterin und stieg in den Wagen.

Der Kutscher, den Hut in der Hand, fragte: »Halten sich Euer Gnaden unterwegs irgendwo auf?«

»Krugerstraße,« sagte sie kurz und nannte noch eine Hausnummer; dann lehnte sie sich zurück, und die Pferde zogen an.

Eine Viertelstunde später stand sie vor Eduard Schimmels Tür, und zwei Minuten danach ließ sie sich auf den Sessel nieder, der an des Doktors Schreibtisch stand. Schimmel fragte zurückhaltend: »Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches?«

Sie konnte nicht sogleich antworten, denn noch war sie atemlos, und so gewann der wackere Doktor Zeit, seine Gedanken zu sammeln. Er mußte zunächst an die viertausend Kronen denken, welche ihm bei Ordnung des Wechselgeschäftes in die Tasche gefallen waren. Sollte die Lassot hinter dieses Profitchen gekommen sein? War sie nun da, ihm das Geld wieder abzujagen?

Alles war möglich, und Schimmel daher auch auf alles gefaßt.

Da begann Frau v. Lassot: »Herr Doktor, ich bedarf Ihrer Hilfe.«

Schimmel richtete sich auf. Alle Sorge war von seinem Herzen gefallen. »Meine Gnädige, ich würde mich Ihnen ja gern zur Verfügung stellen, jedoch bin ich jetzt so überhäuft mit Arbeiten und Geschäften, daß –«

»Sie werden schon Zeit finden,« bemerkte die Besucherin trocken. »Ich kann Sie ja jetzt reichlich bezahlen.«

»Ist es wirklich wahr, daß Sie Ihre Tante, die Frau v. Lauren, beerbt haben?«

»Ich bin Ihre Universalerbin.«

»Gnädige Frau!« stammelte Schimmel, und dann verneigte er sich tief vor der Frau, die jetzt so viel Geld hatte. »Natürlich stehe ich zu Ihren Diensten. Zu jeder Stunde und in allen Dingen können Sie über mich verfügen.«

Frau v. Lassots Hand lag plötzlich schwer auf der seinigen. »Ist das wahr?« fragte sie hart.

»Buchstäblich wahr,« antwortete er.

»Zu jeder Stunde und zu allen Dingen?«

»Zu jeder Stunde und in allen Dingen.«

»Es handelt sich um meinen Sohn,« fuhr sie fort und ihre Stimme zitterte.

»Ich kann es mir denken,« fiel Schimmel ein.

»Erinnern Sie sich des schrecklichen Wechsels?«

Schimmel begann unruhig zu werden. »Gewiß, Gnädigste. Nur weiß ich nicht –«

»Der Wechsel hat Robert in den Tod getrieben. Dafür sollen mir jene büßen, die meinen Sohn in dieser bitteren Not verlassen haben.«

»Hassen Sie denn die Tecks so sehr?«

»Soll ich sie etwa nicht hassen? Sie, die Robert von sich gestoßen, und ihren Bruder, der ihn in den Tod getrieben hat? Sie müssen mir doch zugeben, daß Ernst nicht so herzlos sein durfte, ihn wegen der Unterschrift zur Verzweiflung zu treiben?«

Tiefaufatmend sagte Schimmel: »Das, meine gnädige Frau, gebe ich selbstverständlich zu. Es hätte das Entsetzliche nicht zu geschehen brauchen, und es wäre nicht geschehen, wenn Baron Teck nicht vergessen hätte, was er seinen Verwandten schuldig war.«

Ganz ergriffen sah der alte Halunke aus, als er, die ohnehin schon maßlose Verblendung dieses Weibes leise schürend, so redete.

Was er gewollt, hatte er mit seinen Worten erreicht, er hatte die Aufregung seiner Besucherin so gesteigert, daß sie gar keine Selbstbeherrschung mehr besaß. Solche Leute wägen ihre Worte nicht, die sprudeln alles heraus, was sie auf dem Herzen haben, und geben sich ganz in die Hände derer, zu denen sie reden. Doktor Schimmel aber hatte seine Klienten gern ganz und gar in der Hand.

Schon setzte Leona zu neuen leidenschaftlichen Worten an, da ließ sich die sanfte Stimme der Heister von der Tür her vernehmen: »Herr Doktor, der Konzipient ist da.«

Das war genau nach ihrer Instruktion. Sowie die Besucher ihres Herrn erregt wurden, hatte sie mit dieser Meldung einzugreifen. Schimmel fuhr auf. »Schon gut. Gehen Sie nur!« rief er geärgert.

Die Heister verschwand, und der wackere Schimmel bemerkte zu seiner Befriedigung, daß ihr Erscheinen nichts verdorben hatte. Frau v. Lassots Hand lag noch immer auf seinem Arm, und jetzt umklammerte sie diesen sogar.

»Nein – das Entsetzliche wäre nicht geschehen!« stöhnte sie. »Aber weil Ernst es geschehen ließ, weil er meines Sohnes Mörder wurde und mir mein einziges Glück nahm, soll auch er elend werden und mit ihm Klemi, die Robert so tief gekränkt, so tief beleidigt hat. An Roberts Grab habe ich den zweien Rache geschworen, und der Himmel hat mein Gelöbnis gehört, denn er hat mich reich gemacht in derselben Stunde, in der ich meinen Schwur getan, in derselben Stunde hat er mir die Mittel gegeben, diesen Schwur halten zu können. Was die zwei noch besitzen, was es auch sei, ich will es ihnen nehmen. Arm – bettelarm will ich sie wissen. Ihr Vaterhaus – ich will es haben. Ihre Ehre – ich will sie ihnen nehmen. Unmöglich will ich sie machen bei denen, die ihnen heute noch anhängen, aus jedem Winkel will ich sie jagen, in dem sie Schutz gefunden haben, ruhelos will ich sie machen, wie ich selber es durch sie geworden bin!«

Aufschluchzend sank sie in ihren Sessel zurück.

Der Doktor betrachtete sie fast bewundernd. Solch ein Haß! Ei, solch ein Haß war etwas wert!

»Bitte, der Herr hat Eile!« kam es da wieder von der Tür her.

Mühsam löste Schimmel seine Gedanken von dem Gegenstande, welcher sie so ganz in Anspruch nahm, und wandte sich der Heister zu. »Lassen Sie mich ungeschoren! Ich will nicht gestört sein!« schrie er ihr so zornig zu, daß die blasse Frau sich rasch zurückzog.

Aber als sie die Tür schloß, fiel es ihr ein, daß dies alles ja doch nur Komödie sei, und sie mußte lächeln. »Heute spielt er sie noch natürlicher als sonst,« dachte sie, während sie in ihre Küche ging.

Schimmel wendete sich wieder zu seinem Besuch. »Entschuldigen Sie, gnädige Frau. Ich werde Vorkehrungen treffen, daß wir nicht mehr gestört werden können.«

Und er erhob sich und verschloß die äußere der beiden Doppeltüren, welche das Vorzimmer von der Kanzlei trennten. Es war eine mit einer grünbezogenen Matratze bespannte Tür. Als Schimmel auch die zweite Tür geschlossen hatte, wußte er, daß jetzt kein Laut mehr zur Heister hinausdrang.

»Meine Gnädigste, jetzt sind wir ganz unbelauscht,« sagte er, sich wieder setzend, »jetzt können Sie mir ohne jeden Rückhalt sagen, weshalb Sie mir die Ehre Ihres Besuches zu teil werden ließen, und in welcher Weise ich Ihnen dienen kann. Zuvor jedoch lassen Sie mich Ihnen noch einmal sagen, daß Sie zu jeder Stunde und in allen Dingen über mich verfügen können.«

Leonas Augen hefteten sich scharf auf ihn, unwillkürlich richtete sie sich höher auf, und nun sagte sie langsam und deutlich und mit einem Anflug von Hohn: »Weshalb ich zu Ihnen gekommen bin, das können Sie, da ich Ihnen meine Absichten schon nannte, sich wohl selber sagen. Sie haben es ja bereits bewiesen, daß Sie der Mann sind, der gerade solche Geschäfte, wie ich sie Ihnen übertragen will, gern übernimmt und brillant durchzuführen versteht. Daß ich nicht knickern werde, dafür bürgt Ihnen der Ernst, mit welchem ich meine Sache verfolge.«

»O – meine Gnädige!«

»Lassen Sie alle Beteurungen – ich weiß doch, mit wem ich es zu tun habe! Also seien Sie eifrig, stellen Sie mir Ihre ganze Geschäftskenntnis und Ihren ganzen Scharfsinn zu Gebote, dann werden wir beide zufrieden sein, denn wir werden beide an unser Ziel kommen. Sobald jedoch das Urteil, das ich über die zwei gefällt habe, vollstreckt ist, trennen sich unsere Wege wieder. Das sage ich Ihnen sofort. Und nun glaube ich deutlich genug gewesen zu sein, und wir können jetzt zu unserem eigentlichen Thema übergehen.«

*

Als Leona die Kanzlei Schimmels verließ, spielte ein Lächeln um ihren Mund.

»Nun rasch! Der Baumeister soll nicht zu lange warten!« rief sie dem Kutscher zu, als sie im Wagen saß. –

Eduard Schimmel aber hatte heute seine gewohnte Mittagszeit versäumt. Allein er beachtete dieses sonst für ihn so wichtige Vorkommnis kaum. Er aß ganz mechanisch die mühsam warm erhaltenen Speisen, welche die Heister ihm vorsetzte, und dachte noch immer über die gehabte Unterredung nach.

»Wenn Frau v. Lassot da ist, will ich nie mehr gestört sein,« sagte er ganz sanft, als die Heister die Mehlspeise hereinbrachte.

Die Frau war wieder einmal, wie schon so oft in diesem Hause, erstaunt. »Da muß er ja ein sehr gutes Geschäft gemacht haben,« dachte sie im Hinausgehen.

Drinnen erhob der alte Schlemmer sein feingeschliffenes Glas, in dem grünlicher Grinzinger flimmerte, und brachte einen Toast aus. »Es lebe die Rachsucht und die Dummheit!« sagte er ganz laut und trank das Glas leer.


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