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Uralt der Tempel, uralt der Ölbaum.
Wer würde durch den Anblick dieses Baumes nicht an jenen erinnert, in dessen Höhlung der göttliche Dulder, an der Phäakeninsel gestrandet, Schutz suchte und fand: –
›Könnten doch dort zwei Männer, ja drei, im Gewitter sich bergen,
Mitten im Winter sogar, wenn am ungestümsten die Stürme.‹
Dieser wahrlich gibt jenem an Größe nichts nach.
An Alter aber auch nicht, falls der Odysseusbaum noch am Ufer der Phäakeninsel grünt.
Denn siehe: dort im Giebel ist mit archaischer Kunst eine Gruppe gebildet.
Ein Jüngling in griechischem Gewand trägt eine Bildsäule; vor ihm ist eine Priesterin stehen geblieben und zeigt auf den Grund. Unter ihnen steht mit schiefen, unregelmäßigen griechischen Buchstaben:
ORESTES IPHIGENEIA
Zwischen den Beiden aber, das ganze Giebelbild in zwei Hälften trennend, ist der Stamm eines Ölbaumes dargestellt, an dessen Formen man leicht das getreue Ebenbild unseres Baumes erkennt. Knorrig, geborsten, unten gänzlich gespalten, mit beiden Beinen vielfüßig auseinandertretend: so drachenhaft ungetümlich, wie er hier in Holz, das so hart wie Stein anmutet, von der Natur gebildet ist, steht er dort oben im Giebel von Künstlerhand in Stein gemeißelt.
Wuchs er also schon hier, als einst das hohe Geschwisterpaar, wie es scheint, dies Heiligtum dem geretteten Artemisbild stiftete, dann mußte er gleichzeitig mit Odysseus' Phäakenbaum das goldige Licht Helios' getrunken haben, und die Stürme, die Poseidon aus allen Himmelsgegenden erweckte, um das Schiff des Vielverschlagenen zu zerschmettern, hatten durch seine altehrwürdige Krone gebraust.
Uralt das Heiligtum – urälter noch der Baum, selber ein Heiligtum.
Als solcher ist er gekennzeichnet durch die kreisförmige Einhegung: eine niedrige Mauer, aus unregelmäßigen Felssteinen zusammengefügt und mit marmorner Fassung versehen.
Nach dem See zu öffnet sich die Ringmauer, und hier hat sich der Jüngling auf die eine Ecke, wie auf eine hohe Bank, gesetzt.
Ebenso wie der Greis hat er die rechte Hand vor die Brauen gehoben. Denn der hellgraue Schatten des Ölbaumes ist durchbrochen und unstet bewegt.
Zwischen Daumen und Zeigefinger hält die beschattende Hand einen Zweig.
Allein dieser Zweig kann nicht vom Baume herstammen.
Gerte und Blätter sind aus purem Gold.