Friedrich der Große
Briefe
Friedrich der Große

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An Voltaire

Charlottenburg, 27. Juni 1740.

Ihre Briefe, lieber Voltaire, bereiten mir stets unendliche Freude, nicht durch die Lobreden, die Sie mir halten, sondern durch Ihre belehrende Prosa und die reizenden Verse. Sie wollen, daß ich von mir selbst rede wie der ewige Abbé Chaulieu. Was tut's? Ich muß Sie zufriedenstellen.

Nachstehend die verlangte Berliner Zeitung.

Ich traf Freitag abend in Potsdam ein, wo ich den verstorbenen König in sehr traurigem Zustande fand. Ich dachte mir gleich, daß sein Ende bevorstünde. Er erwies mir tausend Freundlichkeiten und sprach mit mir mehr als eine volle Stunde über die inneren und die äußeren Staatsgeschäfte, und zwar mit aller erdenklichen Geistesklarheit und Vernunft. Das gleiche tat er am Sonnabend, Sonntag und Montag. Er schien sehr ruhig und gefaßt und ertrug seine unendlichen Leiden mit größter Standhaftigkeit. Am Dienstag früh fünf Uhr legte er die Regierung in meine Hände, nahm zärtlich Abschied von meinen Brüdern, von allen höheren Offizieren und von mir. Die Königin, meine Brüder und ich waren in seinen letzten Stunden um ihn; er bewies in seinen Qualen den Stoizismus Catos. Er starb mit der Neugier eines Physikers über das, was im Augenblick seines Todes in ihm vorging, und mit dem Heroismus eines großen Mannes und hinterließ uns allen den aufrichtigen Schmerz über seinen Verlust und das nachahmenswürdige Beispiel seines tapferen Sterbens.

Die Fülle von Arbeit, die mir seit seinem Tode zugefallen ist, hat mir zu meinem berechtigten Schmerze kaum Zeit gelassen. Ich glaubte, daß ich seitdem ganz dem Vaterland gehörte. In diesem Sinne habe ich nach besten Kräften gearbeitet und schleunigst Maßnahmen zum allgemeinen Wohle getroffen, soweit ich es vermochte.

Ich habe gleich damit begonnen, die Wehrkraft des Staates um sechzehn Bataillone, fünf Schwadronen Husaren und eine Schwadron Gardesdukorps zu vermehren. Ich habe die Grundlagen unserer neuen Akademie gelegt. Wolff, Maupertuis, Vaucanson und Algarotti habe ich gewonnen. Von's Gravesande und Euler erwarte ich die Antwort. Ich habe eine neue Behörde für Handel und Industrie geschaffen; ich nehme Maler und Bildhauer in Dienst und reise nach Ostpreußen, um mir dort huldigen zu lassen.

Meine Lebensweise ist gegenwärtig recht ungeregelt, da die Ärzte es für angebracht hielten, mir ex officio Pyrmonter Brunnen zu verordnen. Ich stehe um 4 Uhr auf, trinke bis 8 Uhr Brunnen, schreibe bis 10, besichtige bis Mittag die Truppen, schreibe bis 5 Uhr und erhole mich des Abends in guter Gesellschaft. Wenn die Reisen zu Ende sind, wird meine Lebensweise ruhiger und gleichmäßiger werden, aber bisher habe ich die gewöhnlichen Geschäfte und außerdem die neuen Einrichtungen zu bearbeiten; überdies sind noch viele unnütze Komplimente zu drechseln und Rundschreiben zu erlassen.

Die meiste Mühe macht mir die Errichtung von Kornmagazinen in allen Provinzen, die so groß sind, daß das ganze Land für anderthalb Jahre Nahrung vorrätig hat.

Doch genug von mir! Mich will's verdrießen!
Teurer Freund, erfahre, welche Lust
Mir schon jetzt erfüllt die Brust,
Bald Dich an mein Herz zu schließen!

*


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