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So eben hatte die edle Frau mit eigenen zarten Händen ihren Ritter entwaffnet, – nur im Felde durften nach ihrem Gebothe sich Knappen oder Reisige mit Montfaucons Rüstung abgeben, – und nun hing sie ihm den himmelblauen, goldbesäumten Sammetmantel um, als die Thür sich leise öffnete, und Sintram demüthig grüßend in das Gemach trat.
Zu Anfang winkte ihm Gabriele freundlich entgegen, wie sie es in der Art hatte, aber plötzlich erbleichend wandte sie sich ab und sagte: »um Gott, Sintram, wie sehet ihr aus? Und wie hat euch eine einzige Nacht so gar entsetzlich verwandeln können?«
Sintram blieb ganz angedonnert stehen, und wußte selbst nicht recht, was ihm eigentlich widerfahren sey.
Da nahm ihn Folko bey der Hand, führte ihn gegen einen spiegelblanken Schild, und sagte sehr ernsthaft: »schauet einmahl hinein, mein junger Rittersmann!«
Entsetzt fuhr Sintram auf das erste Anschauen zurück. Es war ihm, als sehe Kleinmeister mit der einen, schief emporstarrenden, Feder seines wunderlichen Hauptschmuckes heraus; aber endlich ward es ihm klar, das Spiegelbild sey ganz allein er selbst und niemand anders, und nur der wilde Dolchschnitt in seine Locken habe ihm ein so entfremdendes, und, wie er es sich nicht läugnen konnte, gespensterhaftes Ansehen gegeben.
»Wer hat Euch das gethan?« fragte Folko, noch immer streng und ernst. »Und welch Entsetzen hat euer zerzaustes und zerrissenes Haar so himmelan getrieben?«
Sintram wußte nichts zu antworten. Ihm war, als stehe er vor Gericht, und es sey an dem, daß man ihn der Ritterwürde entsetzen wolle.
Plötzlich wieder zog ihn Folko von dem Schilde fort, und führte ihn gegen das klirrende Fenster, und fragte: »wo kommt dies Unwetter her?
Abermals schwieg Sintram. Seine Glieder begannen gegen einander zu fliegen, und Gabriele flüsterte bleich und zitternd: »o Folko, mein Held; was ist geschehen? O sage es mir, sind wir denn eingekehrt in eine Zauberburg?«
»Unser heimathlicher Norden,« erwiederte Folko feyerlich, »ist reich an mancher geheimen Kunst. Man darf deßhalb nicht gleich die Leute Zauberer nennen; aber der junge Mensch dort hat Ursache, sich genau zu hüten; wen das Böse nur einmal bei einem Haare gefaßt hat.« –
Sintram hörte nichts mehr. Er taumelte ächzend aus dem Gemach.
Draußen kam ihm der alte Rolf entgegen, noch ganz erstarrt vom Schloßenwetter und Sturmgeheul dieser Nacht. Der, nur froh, seinen jungen Herrn wieder zu haben, ließ dessen verstörtes Aussehen unbemerkt; aber indem er ihn zur Lagerstatt geleitete, sprach er doch: »Hexen und Wettermacher müssen am Meeresstrand ihr Wesen getrieben haben. Ich weiß, dergleichen ungestüme Luftverwandlung geht ohne teuflische Künste nicht zu.«
Sintram ward ohnmächtig, und nur mühsam stellte ihn Rolf so weit her, daß er zur Mittagsstunde in der großen Halle zu erscheinen vermochte. Aber bevor er noch da hinab schritt, ließ er einen Schild herbei bringen, spiegelte sich wieder, und schnitt im bangen Grauen den Rest seines langen, schwarzen Haupthaares mit dem Dolch herunter, daß er beinahe anzusehen war, wie ein Mönch, und so ging er zu den Andern, die schon bei Tische saßen, hinein.
Alle blickten ihn staunend an, jedoch ganz verwildert fuhr der alte Biörn empor: »Willst Du mir auch etwa ins Kloster gehen, wie die schöne Frau Mutter?«
Ein gebiethender Wink des Freyherrn von Montfaucon zügelte den weiteren Ausbruch, und wie begütigend setzte Biörn mit, gezwungenem Lächeln hinzu: »ich meine nur, ob es ihm etwa wie Absalon gegangen ist, und er sich aus den Hauptschlingen durch den Verlust seiner Locken lösen mußte.«
»Ihr sollt nicht scherzen mit heiligen Dingen;« wiederhohlte der streng gewordene Freyherr, und alles schwieg, und gleich nach aufgehobener Tafel schritten Folko und Gabriele, sittig ernsten Grußes, in ihre Gemächer hinauf.